Haus des Rundfunks

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Haus des Rundfunks
Eingangsbereich

Eingangsbereich

Daten
Ort Berlin-Westend
Baumeister Max H. Berling
Architekt Hans Poelzig
Bauherr Magistrat von Berlin
Baustil Neue Sachlichkeit
Baujahr 1929–1931
Grundfläche 8.140 m²
Koordinaten 52° 30′ 28,9″ N, 13° 16′ 36,7″ OKoordinaten: 52° 30′ 28,9″ N, 13° 16′ 36,7″ O
Besonderheiten
Gebäude besteht aus vier getrennten Komplexen. 2008 wurde ein weiteres Gebäude im Innenhof eröffnet.

Das Haus des Rundfunks ist ein architektonisch und rundfunkgeschichtlich bedeutendes Gebäude gegenüber dem Funkturm im Berliner Ortsteil Westend des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Seine Hauptfassade erstreckt sich entlang der Masurenallee. Seit Mai 2003 ist es Sitz des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Im Haus des Rundfunks werden die Hörfunkprogramme Radio Berlin 88,8, Kulturradio und Inforadio produziert. Die beiden Sendesäle dienen auch für öffentliche Konzerte.

Geschichte

Baugeschichte und die ersten Jahre der Nutzung bis 1945

Reichspostminister Georg Schätzel bei der Grundsteinlegung im Mai 1929

Das von Hans Poelzig entworfene Gebäude mit dem Grundriss eines an zwei Seiten abgerundeten Dreiecks wurde in den Jahren 1929/1930 unter der Bauleitung von Poelzigs Meisterschüler Max H. Berling errichtet. Verantwortlich für die Innengestaltung war Kurt Liebknecht, der zwei Jahrzehnte später als erster Präsident der Deutschen Bauakademie die Ausrichtung des Architekturstudiums in der frühen DDR maßgeblich beeinflussen sollte. Das Haus des Rundfunks wurde am 22. Januar 1931 eingeweiht. Das Gelände wird nördlich begrenzt von der Bredtschneiderstraße, östlich daneben stehen auf der Fläche zwei moderne Einzelgebäude mit jeweils acht Stockwerken sowie ein viergeschossiges Parkhaus. Die Soorstraße bildet die Begrenzung. Ab 1931 sendeten die Funk-Stunde Berlin, die Deutsche Welle GmbH (ab 1933: Deutschlandsender) und die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft aus dem Haus des Rundfunks. Am 22. März 1935 begann dort der Deutsche Fernseh-Rundfunk (DFR) seinen Betrieb. Das erste reguläre Fernsehprogramm in Deutschland wurde über den benachbarten Funkturm vom Fernsehsender Paul Nipkow ausgestrahlt (→ Geschichte des Fernsehens in Deutschland). Ab 1937 wurde das DFR-Programm im Deutschlandhaus am nahegelegenen Adolf-Hitler-Platz (heute: Theodor-Heuss-Platz) produziert. Von 1939 bis 1945 war das Haus des Rundfunks die Zentrale des Großdeutschen Rundfunks.

Unter sowjetischer Regie 1945–1956

Warnschild aus der Besatzungszeit, 1955

Am 2. Mai 1945 besetzte Major Popow[1] mit einer Kompanie der Roten Armee das Haus des Rundfunks. Als Rundfunkfachmann kannte er das Gebäude, da er von 1931 bis 1933 als Ingenieur-Praktikant hier gearbeitet hatte. Ab 4. Mai wurden unter sowjetischer Leitung erste Aufrufe und Nachrichten gesendet. Am 13. Mai 1945 begann wieder ein regulärer Sendebetrieb.[2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus zum Spielball des Kalten Krieges. Mit der Aufteilung in vier Sektoren begannen Briten, Franzosen und Amerikaner in Ihren Sektoren mit eigenen Rundfunkprogrammen (Nordwestdeutscher Rundfunk und RIAS).

Obwohl im britischen Sektor gelegen, diente es bis 1950 dem von der sowjetischen Besatzungsmacht kontrollierten Berliner Rundfunk. Im Haus des Rundfunks bauten die Sowjets in aller Stille die technische Einrichtung ab und verbrachten sie in ihren Sektor in das neu gebaute Funkhaus Nalepastraße im Ostteil Berlins.[2]

Im Jahr 1952 sperrte die Britische Armee es als Reaktion auf die Abriegelung Steinstückens ab.

Bis zur Übergabe von der sowjetischen Militärkommandantur am 5. Juli 1956 an den Berliner Senat, vertreten durch den West-Berliner Regierenden Bürgermeister Otto Suhr, wechselte sich alle 14 Tage ein jeweils 10- bis 15-köpfiges Wachkommando in der Bewachung des leeren Gebäudes ab. In dieser Zeit sind vermutlich die kyrillischen Schriftzeichen in den Putz geritzt worden. Diese „Graffiti“ wurden bei Sanierungsarbeiten an der Fassade 1998/1999 entdeckt und wegen ihrer Bedeutung als Dokument für die wechselvolle Geschichte des Hauses konserviert und dokumentiert.[2]

Seit 1957 Sender Freies Berlin / Rundfunk Berlin-Brandenburg

Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten diente das Gebäude ab Ende 1957 dem Sender Freies Berlin (SFB) zur Produktion und Ausstrahlung seiner Hörfunkprogramme. Da die Sowjets die gesamte Studiotechnik demontiert und mitgenommen hatten, musste das Gebäude mit komplett neuer Technik ausgestattet werden. Dadurch wurde der SFB im Haus des Rundfunks zum Vorreiter für die Entwicklung der Stereofonie und ihren Einsatz im Hörfunk. Am 1. Mai 2003 ging der SFB mit seinen Programmen und Gebäuden im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) auf.

Bauliche Würdigung

Der Gebäudekomplex aus der Vogelperspektive, 1947
Gebäudeecke Bredtschneiderstraße (links) und Hauptfront an der Masurenallee (rechts)

Das Haus des Rundfunks war 1930 eines der ersten Rundfunkgebäude in Europa, älter ist nur das Münchner Funkhaus. Besonders bemerkenswert ist daher, dass das Gebäude noch immer ideale räumliche Bedingungen für den Hörfunkbetrieb bietet. Hans Poelzig hatte damals kaum Vorbilder und stellte Überlegungen an, die bis heute Gültigkeit haben: Die Büro- und Redaktionsräume befinden sich an den Außenseiten des Gebäudes und umschließen die drei großen Studiokomplexe, die damit vom Straßenlärm weitgehend abgeschirmt sind. Im Büro- und Redaktionstrakt sind nur die Außenwände tragend; sämtliche Zwischenwände können daher je nach Bedarf der Raumgröße variabel herausgenommen und eingebaut werden. Da sich in der Zusammensetzung der Redaktionen häufig Veränderungen ergeben und Zwischenwände versetzt werden, variiert die genaue Anzahl der Räume ständig.

Großer Sendesaal

Der Große Sendesaal ist das Herzstück des Gebäudes. Er ging 1931 in Betrieb und präsentiert sich im 21. Jahrhundert im Erscheinungsbild von 1959. Die Wandtäfelung bestehen aus Rüster-Furnier einer einzigen schottischen Ulme um eine gleichmäßiges Altern des Holzes gewährleisten zu können. Ein großer Teil der 1081 Klappsitze erhielt bereits damals unterschiedliche Lochungen, wodurch sie im unbesetzten Zustand fast dasselbe Absorptionsverhalten wie bei Anwesenheit eines Zuschauers besitzen. So ist die Akustik des Saales im besetzten und unbesetzten Zustand sehr ähnlich, was die Vorbereitung der Tonaufnahmen erleichtert. Der Nachhall beträgt 1,6 Sekunden. Der Große Sendesaal verfügt zudem über ein eigenes – vom Rest des Gebäudes unabhängiges – Fundament, um so die Übertragung von Schwingungen durch den Boden zu verhindern. Da die Bedeutung der Orchestermusik im Hörfunk in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter gesunken ist, finden nunmehr erheblich weniger öffentliche Konzerte als in den 1960er und 1970er Jahren statt. Der Große Sendesaal dient aber auch als Probestätte für das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

Kleiner Sendesaal

Der Kleine Sendesaal befindet sich im Zustand des Eröffnungsjahres 1931. Die Wände sind hier mit Klappelementen ausgestattet. Die eine Seite reflektiert, die andere Seite absorbiert den Schall. So lassen sich die unterschiedlichsten Nachhallzeiten einstellen. Der Saal wird inzwischen für Kammermusik, Jazzkonzerte und eine Reihe von Sonderveranstaltungen genutzt.

Hörspielkomplex

Spiegelbildlich zum Kleinen Sendesaal liegt der Hörspielkomplex, der im Jahr 2005 räumlich und technisch komplett modernisiert wurde. Hier gibt es einen großen Aufnahmeraum mit längerer Nachhallzeit und einer Treppe mit unterschiedlichen Belägen. Dieser Saal wird auch für kleinere Publikumsveranstaltungen genutzt, zum Beispiel zur Voraufführung von Hörspielen und Features. Ein mittelgroßer Aufnahmeraum in etwa der Größe eines Wohnzimmers verfügt über umklappbare Wandelemente zur Veränderung der Akustik, außerdem existieren weitere für Tonaufnahmen optimierte Einbauten, wie eine Küche und ein WC. All diese Räume haben keine parallelen Wände, um die Bildung von Flatterechos zu verhindern. Außerdem ermöglicht ein reflexionsarmer Raum die Nachbildung der Akustik, wie sie außerhalb von geschlossenen Gebäuden herrscht. In diesem Raum sind unterschiedliche begehbare Flächen wie Holzdielen und Kies vorhanden, um eine möglichst realistische Akustik erzeugen zu können. Der gesamte Hörspielkomplex ist als Haus-in-Haus-Konstruktion von den Umgebungsgeräuschen abgekoppelt. Alle Räume sind technisch (zum Teil auch über Studiofenster) mit dem Regieraum verbunden, in dem der Toningenieur und der Hörspiel-Regisseur die Aufnahme gestalten und überwachen.

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Lothar Büttner: Das Haus des Rundfunks in Berlin. Haude & Spener, Berlin 1965 (Buchreihe des Senders Freies Berlin), ISSN 0522-9782.
  • Sender Freies Berlin (Hrsg.), Hans Poelzig. Haus des Rundfunks, Ars Nicolai, Berlin 1994.
  • Wolfgang Bauernfeind: Tonspuren. Das Haus des Rundfunks in Berlin. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-598-0.
  • Marc Stuntz: Hier spricht Berlin. Das Haus des Rundfunks – ein Haus der Radiogeschichte; 4. überarbeitete Auflage, Hrsg: Rundfunk Berlin-Brandenburg, Berlin, Oktober 2011.

Weblinks

Commons: Haus des Rundfunks – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Anmerkung: vermutlich Markian Michailowitsch Popow.
  2. a b c Hinweistafel am Gebäude.