Heizkraftwerk Berlin-Mitte
Heizkraftwerk Berlin-Mitte | |||
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Das Heizkraftwerk Mitte von der Spreeseite aus gesehen | |||
Lage | |||
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Koordinaten | 52° 30′ 41″ N, 13° 25′ 16″ O | ||
Land | Deutschland | ||
Daten | |||
Typ | Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk | ||
Primärenergie | Fossile Energie | ||
Brennstoff | Erdgas | ||
Leistung | 440 MW elektrisch brutto 638 MW Fernwärme | ||
Eigentümer | Vattenfall Wärme Berlin AG | ||
Betreiber | Vattenfall Wärme Berlin AG | ||
Turbine | 2 Gasturbinen 1 Dampfturbine |
Das Heizkraftwerk Berlin-Mitte bzw. offiziell Heizkraftwerk Mitte ist ein Heizkraftwerk (HKW) im Berliner Ortsteil Mitte.
Das in Betrieb befindliche Kraftwerk wurde von 1994 bis 1996 nach Plänen des Kasseler Architekten Jochem Jourdan errichtet und gilt als Beispiel für moderne Industriearchitektur. Auf dem Gelände der südlich angrenzenden, 1997 stillgelegten Altanlage entstand ein Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk (GuD-Kraftwerk), in dem elektrische Energie und Fernwärme in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden.
Das Kraftwerk gehört dem landeseigenen Energiekonzern Berliner Energie und Wärme AG (BEW AG).[1]
Technisches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwei Alstom-GT13E2-Gasturbinen, zwei nachgeschaltete Abhitzekessel und eine Dampfturbine mit drei Heizkondensatoren sind so miteinander kombiniert, dass diese Anlage gleichzeitig Strom und Wärme mit einem Brennstoffenergie-Ausnutzungsgrad von fast 90 Prozent erzeugen kann. Die Gasturbinen werden mit Erdgas gefeuert und liefern die Antriebsenergie für die Generatoren zur Stromerzeugung. Mit der Abgaswärme der Gasturbinen wird in den Abhitzekesseln Dampf erzeugt. Dieser treibt die Dampfturbine und den damit gekoppelten Generator zur zusätzlichen Stromerzeugung an. Anschließend gibt der Dampf seine Restwärme in den Heizkondensatoren an das Heiznetz Mitte ab. Die installierte elektrische Leistung des HKW Mitte betrug ursprünglich 380 MW, wurde mittlerweile aber auf 440 MW (brutto) erhöht. Die Heizleistung beträgt 398 MW. Zusätzlich stehen im Heizkraftwerk Mitte zwei erdgasgefeuerte Heißwassererzeuger zur Spitzenlastabdeckung zur Verfügung.
Einbindung in die Berliner Versorgungsnetze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für eine dicht besiedelte Stadt wie Berlin bietet sich die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme an. Seit den 1960er Jahren wurde im Zuge des wachsenden Wohnungsneubaus diese umwelt- und ressourcenschonende Art der Versorgung von Haushalten, Industrie und Gewerbe mit Fernwärme sowie Warmwasser durch die Bewag forciert und ausgebaut. Durch die zentrale Lage des HKW Mitte und die sich daraus ergebenden kurzen Transportwege zu den Wohngebieten und Gewerbeflächen im Zentrum der Stadt bleiben die Wärmeverluste niedrig und die ökologischen Belastungen so gering wie möglich. Das Heiznetz Mitte reicht von der Charité über den Alexanderplatz bis zur Halbinsel Stralau und berücksichtigt den Energiebedarf des zentralen Bereichs rund um den Potsdamer Platz. Das Heizkraftwerk Mitte ist der größte und wichtigste Wärmelieferant dieses Heiznetzes, unterstützt im nördlichen Bereich durch das Heizwerk Scharnhorststraße mit 132 MW Heizleistung. Mit der Koppelstation Liebigstraße wurde eine in beide Richtungen nutzbare Verbindung zum Heiznetz HKW Klingenberg und zum HKW Lichtenberg geschaffen. Dadurch konnte die Fernwärmeversorgung in den zentralen und östlichen Bezirken Berlins optimiert werden.
Ein weiterer Schritt war die Schaffung zusätzlicher Verbindungen zwischen dem HKW Mitte und Versorgungsgebieten außerhalb des Heiznetzes Mitte. Die Anlage versorgt Wohnungen, Bürogebäude und Industrieanlagen in der Mitte Berlins. Die Wärmeleistung des HKW Mitte reicht aus, um 60.000 Wohnungen und 500 Großkunden wie öffentliche Einrichtungen, Kunden aus dem Dienstleistungsbereich, aus Gewerbe und Industrie mit Fernwärme zu versorgen. Die Einspeisung des Stroms in das Hochspannungsnetz von Vattenfall Europe Distribution Berlin[2] erfolgt über eine 110-kV-Schaltanlage mit SF6-gasisolierten Komponenten.
Die elektrische Leistung des HKW Mitte reicht aus, um ca. 600.000 Haushalte mit Strom zu versorgen.
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Kraftwerksblock
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Blick auf die Welle der Dampfturbine
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Schallhaube des Generators der Gasturbine 1
Kunst am Bau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lage des HKW Mitte nahe dem Zentrum der Hauptstadt am Ufer der Spree erforderte große Anstrengungen der Architekten unter Leitung von Jochem Jourdan und der beteiligten Ingenieure bei der Gestaltung des Bauwerks im Einklang mit seiner technischen Funktionalität. Der Standort des HKW Mitte war durch die Lage des alten Kraftwerks bestimmt. So war auch der durchgängig geringe Abstand zur Nachbarschaft vorgegeben. Es wurde angestrebt, ein städtebauliches Ensemble zu schaffen, das sich harmonisch in seine Umgebung einfügt. Dies soll durch sechs Kunstwerke unterstützt werden, die auf einem internationalen Workshop (Kurator: Kasper König) ausgewählt wurden.
Kunstwerke und Künstler
- Der begehbare Pavillon Dan Grahams verlegt die jenseits des HKW fließende Spree mit optischen Mitteln in den Eingangsbereich und korrespondiert in seiner Form mit dem Trias-Gebäude am nördlichen Ufer des Flusses. Im Foyer des Verwaltungsgebäudes findet sich ein Wandfries von Franz Ackermann, das Details aus der Berliner Stadtlandschaft verfremdet darstellt und in neue Zusammenhänge bringt.
- Die Fassade des Werkstattgebäudes zur Michaelkirchstraße bietet den Untergrund für die 40 Meter breite und sechs Meter hohe „Wandzeitung“ von Thomas Bayrle. Hier wurde auf insgesamt 12.000 gebrannten Kacheln ein Zitat aus dem Alten Testament abgebildet. Neben der öffentlichen Auseinandersetzung über das Bibelwort in der heutigen Zeit bietet auch die Methode der Herstellung Anlass zum Nachdenken. Erst bei einer ausreichenden Distanz zum Kunstwerk erschließt sich dem Betrachter der Sinn der Worte.
- Per Kirkebys Mauer aus Wittmunder Klinker schirmt zwar das Gelände gegenüber dem Uferbereich ab, schafft aber mittels gut platzierter Durchbrüche die Möglichkeit, dem Gebäude auch von der Wasserseite aus optisch nahezukommen. Der zum Ensemble gehörende Treppenturm wurde aus dem gleichen Material errichtet und macht es möglich, den Niveauunterschied zwischen der Michaelkirchstraße und dem Uferbereich zu überwinden.
- Von dem außerhalb des Kraftwerksgeländes führenden Uferweg kann man das HKW nicht nur sehen, sondern man kann eines seiner Produkte sogar fühlen. Die mit Trafoabwärme beheizten Bänke der türkischen Künstlerin Ayse Erkmen verwirklichen den Leitsatz der Bewag, dass die im Gebäude verborgenen Funktionen nach außen verdeutlicht werden sollen.[3]
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Der begehbare Pavillon von Dan Graham
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"Wandzeitung" von Thomas Bayrle
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Mit Abwärme beheizte Bank
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Mit Abwärme beheizte Bänke
Ehemaliges Kraftwerk Berlin-Mitte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der verbleibende Bauteil des ehemaligen Heizkraftwerk Berlin-Mitte beherbergt heute unter anderem den Techno-Club Tresor. Die großen Räume des Kraftwerksbaus werden heute als Kultur- und Veranstaltungsstätte genutzt, der Name ist Kraftwerk Berlin.
Der städtebauliche Zusammenhang des alten Heizkraftwerks Berlin-Mitte war die Neuplanung des historischen Stadtzentrums Berlin. 1958 gab es die Auslobung für den Ideenwettbewerb zur sozialistischen Umgestaltung der Hauptstadt der DDR, Berlin.[4] Basierend auf den Ergebnissen dieses Wettbewerbes entstanden zahlreiche repräsentative Bauten in Berlin-Mitte. Dazu gehören beispielsweise das Haus des Lehrers, Haus des Reisens, Berliner Fernsehturm, Palast der Republikund Staatsratsgebäude. Um Wärme und Strom für den Betrieb der neuen Gebäude zu liefern, baute der VEB Energieprojektierung ein neues Heizkraftwerk. Planung begann 1960, Fertigstellung war 1964.[5] Der Entwurf stammte von Dietrich Zimbal und der Bauabteilung des VEB Energieprojektierung.[6] Zuerst wurde das Kraftwerk mit Schweröl befeuert, ab 1982 dann mit Erdgas. Die Stilllegung war 1992, es folgte der der Bau des neuen Heizkraftwerk Berlin-Mitte.[7] 1994 begann die Errichtung des Neubaus, der Betrieb begann 1996.[8] Teile des Altbaus wurden abgebrochen, manche Teile der Bausubstanz wurden in den Neubau mit einbezogen.[9] Das Maschinenhaus aus den 1960er Jahren blieb ungenutzt erhalten. Die Oberfläche der ursprünglichen Fassade bestand aus hellen glasierten Keramikplatten. Mittlerweile wurde der Bau mit Wellblech verkleidet.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang W. Timmler: Das Heizkraftwerk Mitte. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 3, 2000, ISSN 0944-5560, S. 57–60 (luise-berlin.de).
- Hilmar Bärthel: „Anlagen und Bauten der Elektrizitätsversorgung“. In: Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Bd. A (2) – Stadttechnik. Betreut von Robert Riedel und Peter Lemburg; Redaktion: Peter Güttler. DOM Publishers, Berlin 2006, ISBN 3-86568-012-7, S. 226–227, 247–248, 306, 382. In den Einzelnachweisen abgekürzt als BusB
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heizkraftwerk Mitte auf der Website der Vattenfall GmbH
- Heizkraftwerk Berlin Mitte: Die Energie dreimal nutzen! ( vom 22. August 2011 im Internet Archive) Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Erzeugungsanlagen. Abgerufen am 6. November 2024.
- ↑ Kraftwerksliste Bundesnetzagentur (bundesweit; alle Netz- und Umspannebenen), Stand 2. Juli 2012. (MS Excel; 1,6 MB) Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 22. Juli 2012; abgerufen am 21. Juli 2012.
- ↑ Wulf Olm, Stephan Natz: Spreeufer-Promenade mit Aussichtsturm, beheizbaren Bänken und vielen Bäumen: Künstler werten das neue Kraftwerk Mitte auf. In: Berliner Zeitung, 22. Oktober 1996.
- ↑ Isabell Jürgens: Wie Berlins Altstadt weggeplant wurde. 11. Mai 2009, abgerufen am 14. August 2024.
- ↑ BusB. S. 226: „Der Standort eines neuen Kraftwerkes sollte nahe dem Stadtzentrum und natürlich günstig für die Brennstoffanlieferung liegen. Die gesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung schlossen den Einsatz von Kohle als Brennstoff aus, So entstand ab 1960 in vier Jahren nach dem Entwurf des VEB Energieprojektierung das Heizkraftwerk Mitte für den Betrieb mit schwerem Heizöl.“
- ↑ BusB. S. 382: „Mitte; Köpenicker Straße 59–73, Ohmstraße 18 • 1960–64 von Dietrich Zimbal und der Bauabteilung des VEB Energieprojektierung. • Blockhafter mehrschiffiger Bau, mittlere Halle durch trapezförmigen Aufsatz überhöht; kleine Nebenbauten, hoher Schornstein. Nahezu fensterlose Fassaden, verblendet mit hellen Keramikplatten. Ölfeuerung. Grdst 60333 m². – Leistung 108 MW, Wärmeleistung bis zu 284 MW. • 1982 Umrüstung auf Erdgasbetrieb. 1992 Stillegung und weitgehender Abriß zugunsten Neubau.“
- ↑ BusB. S. 227: „Die maschinelle Ausstattung mit drei 32 MW-Turbinen erlaubte bei voller Leistung noch die Produktion von 130 MW an Wärme, bei Reduzierung der elektrischen Leistung auf 46 MW sogar 284 MW an Wärme. Im Jahre 1982 löste Erdgas das Schweröl ab, zugeführt über eine Hochdruck-Erdgasleitung vom Kraftwerk Klingenberg, die auf dem Grunde der Spree in der Rekordzeit von nur knapp vier Monaten verlegt wurde. 1992 folgten Stillegung und Abriß des Kraftwerkes, um Platz für einen modernen Neubau zu schaffen, der die Energieversorgung an diesem zentralen Standort übernahm.“
- ↑ BusB. S. 247: „Schon unmittelbar nach der Übernahme durch die Bewag war beschlossen worden, das seit 1964 bestehende und inzwischen stark veraltete Heizkraftwerk Mitte stillzulegen und an diesem Standort eine moderne Anlage neu zu schaffen. Von September 1994 bis Dezember 1996 entstand eines der modernsten und effizientesten Heizkraftwerke der Welt und das an einem Standort, der für die bereits im Bau befindlichen Neubauten am Potsdamer Platz sowie für die Regierungsbauten als ideal gelten konnte.“
- ↑ BusB. S. 248: „Die Bausubstanz des alten Werkes konnte zum Teil in das neue Projekt einbezogen und umgenutzt werden.“
Dieser Artikel basiert mit der Genehmigung der Bewag AG auf einem Werbetext derselben.