Hypozykloide

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Die rote Kurve ist eine Hypozykloide, die durch Abrollen des kleinen Kreises in dem großen Kreis erzeugt wird. (Die Parameter sind es ist eine Astroide).

Eine Hypozykloide (von altgriechisch ὑπό hypó = unter und lateinisch cyclus bzw. altgr. κύκλος kýklos = Kreis) ist eine Rollkurve, die sich folgendermaßen beschreiben lässt: Auf der Innenseite eines gegebenen Kreises (Rastkreis) mit Radius rollt ein kleinerer Kreis (Gangkreis) mit Radius , ohne zu gleiten. Die Bahn, die ein mitrotierender Punkt auf dem Umfang des Gangkreises beschreibt, wird als Hypozykloide bezeichnet.[1][2] Die Hypozykloide ist das Gegenstück zur Epizykloide und ein Spezialfall der Hypotrochoide. Ein verwandter Begriff ist die Zykloide, bei der ein Kreis auf einer Geraden rollt.

Zweifache Erzeugung von Hypozykloiden

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In einem festen Kreis mit Radius erzeugen zwei kleinere Kreise mit Radius bzw. beim Abrollen auf der Innenseite kongruente Hypozykloiden.

Geschlossenheit

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Sowohl Epizykloiden als auch Hypozykloiden sind genau dann geschlossene Kurven, wenn das Längenverhältnis = der Radien rational ist[3] und sich als gekürzter Bruch von zwei ganzen Zahlen und schreiben lässt. Mathematisch ausgedrückt bedeutet das:

Dabei bezeichnet den größten gemeinsamen Teiler von und . Im ersten Bruch ist der Radius des stehenden „Rades“ und der Radius des umlaufenden „Rades“. Bei der technischen Umsetzung in Form von Zahnrädern ist die Anzahl der „Zähne“ maßgeblich, sodass sich stets geschlossene Kurven ergeben. Im Folgenden wird immer ein rationales Verhältnis vorausgesetzt.

Anzahl der Spitzen

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Die Anzahl der Spitzen einer geschlossenen Hypozykloide ist gleich der ganzen Zahl .

Anzahl der Umläufe

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Die Anzahl an Umläufen des sich bewegenden „Rades“ während einer Periode ist . In den Bildern wird für jeden Teil der Hypozykloide, der während eines Umlaufs des bewegten „Rades“ entsteht, eine andere Farbe verwendet.

Parametergleichung

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Die kartesischen Koordinaten eines Kurvenpunktes lassen sich berechnen durch[4]

Dabei wird vorausgesetzt, dass der Mittelpunkt des festen Kreises mit dem Ursprung übereinstimmt. Die Startposition des erzeugenden Punktes ist . Als Parameter wird der Winkel verwendet, den die Verbindungsstrecke zwischen dem Ursprung und dem Mittelpunkt des bewegten Kreises mit der x-Achse einschließt. Die Gleichungen lassen sich dadurch begründen, dass man in der Parameterdarstellung der Epizykloide den Radius des bewegten Kreises durch ersetzt.[5] Mit der Abkürzung können die Gleichungen noch einfacher formuliert werden:

Eigenschaften der Hypozykloide

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Zahl der Schnittpunkte

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Für bzw. (also ), ist die Zahl der Schnittpunkte gleich .[6] Falls die Hypozykloide nur einen Umlauf aufweist (), existieren keine Schnittpunkte. Ist die Zahl der Umläufe größer (), so erhöht sich bei jedem Umlauf die Zahl der Schnittpunkte um . Für bzw. ist, entsprechend der zweifachen Erzeugung, durch und durch zu ersetzen. Insgesamt gilt für die Zahl der Schnittpunkte

Für ganzzahliges beträgt die Gesamtlänge der Hypozykloide [5]

Spezielle Hypozykloiden

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Für ganzzahlige Längenverhältnisse ergeben sich spezielle Hypozykloiden:

  • Für (Cardanische Kreise) ergibt sich eine geradlinige Hypozykloide, deren sämtliche Punkte auf einem Durchmesser liegen.[5]
  • Für ergibt sich eine Deltoide (Hypozykloide mit 3 Spitzen).
  • Für ergibt sich eine Astroide[5] (Hypozykloide mit 4 Spitzen): das Karo, wie man es von Spielkarten kennt.
Die rot gezeichnete Hypotrochoide entsteht durch Abrollen des kleineren schwarzen Kreises auf der Innenseite des größeren blauen Kreises (Parameterwerte R = 5, r = 3, d = 5).

Die Hypotrochoide ist eine nahe liegende Verallgemeinerung der Hypozykloide. Ein kleinerer Kreis mit Radius rollt auf der Innenseite eines größeren Kreises mit Radius . Der erzeugende Punkt hat zum Mittelpunkt des bewegten Kreises einen Abstand .

Folgende Typen werden unterschieden:[7]

  • Verkürzte Hypozykloide ()
  • Verlängerte Hypozykloide ()
  • Hypozykloide (), auch als gespitzte Hypozykloide bezeichnet

Die gelegentlich auftauchenden Begriffe gestreckte Hypozykloide und verschlungene Hypozykloide sind problematisch, weil sie eine Fallunterscheidung erfordern. Beispielsweise verbindet man das Wort „verschlungen“ mit Schleifen. Solche Schleifen existieren aber sowohl bei Hypotrochoiden mit und als auch bei Hypotrochoiden mit und .

Parametergleichung

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Für den allgemeinen Fall (Hypotrochoide) muss in der Parameterdarstellung der Hypozykloide der Faktor (Radius) durch den Abstand ersetzt werden.

Mit lauten die Gleichungen

Für die genaue Beschreibung von Hypotrochoiden sind zwei Begriffe bedeutsam, der Ball'sche Kreis und die Übergangskreise.

Ball'scher Kreis

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Der Ball'sche Kreis, ein Spezialfall der Ball'schen Kurve, ist ein Kreis um den Mittelpunkt des umlaufenden Kreises mit dem Radius[6]

Er spielt beim Krümmungsverhalten einer Hypotrochoide eine wichtige Rolle. Für befindet sich der Ball'sche Kreis innerhalb des umlaufenden Kreises, für außerhalb.

Übergangskreise

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Übergangskreise einer Hypotrochoide (Spezialfall von Übergangskurven) sind dadurch gekennzeichnet, dass die Hypotrochoide Berührungspunkte aufweist, wenn der erzeugende Punkt auf einem dieser Übergangskreise liegt. Da es sich hier um konzentrische Kreise um den Mittelpunkt des bewegten Kreises handelt, ist der Name Übergangskreis sinnvoll. Beim Verschieben des erzeugenden Punkts über einen der Übergangskreise ändert sich die Zahl der Schnittpunkte (Doppelpunkte) der Hypotrochoide. Die Radien der Übergangskreise lassen sich im Allgemeinen nicht analytisch berechnen. Die Ermittlung mithilfe von Näherungsverfahren ist nicht kompliziert, würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen. Für befinden sich die Übergangskreise, falls vorhanden, außerhalb des bewegten Kreises, für innerhalb.

Die Anzahl der Übergangskreise lässt sich berechnen durch

Die hier verwendete Gaußklammer drückt aus, dass der Wert von , falls er nicht ganzzahlig ist, auf die nächstkleinere ganze Zahl abgerundet werden muss.

Minimale und maximale Zahl der Schnittpunkte

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Die minimale Zahl der Schnittpunkte einer Hypotrochoide stimmt mit der Zahl der Schnittpunkte der entsprechenden Hypozykloide überein:

Mithilfe der Zahl der Übergangskreise () lässt sich daraus auch die maximale Zahl der Schnittpunkte ermitteln:

Verkürzte Hypozykloide (d < r)

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1. Fall ()

In diesem Fall besitzt die Hypotrochoide keine Schleifen.

Liegt der erzeugende Punkt zwischen dem Ball'schen Kreis und dem umlaufenden Kreis (), so hat die Hypotrochoide Wendepunkte. Wendepunkte sind durch einen Wechsel zwischen Links- und Rechtskrümmung gekennzeichnet. Hier wechselt der Krümmungskreismittelpunkt von einer Seite der Kurve auf die andere. Für existieren keine Wendepunkte, das Krümmungsverhalten ist also einheitlich. Im Grenzfall hat die Hypotrochoide Abschnitte, die annähernd geradlinig verlaufen.

Die Zahl der Schnittpunkte hat ihren minimalen Wert .

2. Fall ()

In diesem Fall hat die Hypotrochoide Schleifen, entsprechend der Zahl der Spitzen bei der entsprechenden gespitzten Hypozykloide.

Das Krümmungsverhalten ist einheitlich, es gibt keine Wendepunkte.

Wegen ist die minimale Zahl der Schnittpunkte gegeben durch . Liegt der erzeugende Punkt zwischen dem bewegten Kreis und dem äußersten Übergangskreis, so existieren Schnittpunkte. Falls es keinen Übergangskreis gibt, gilt diese Zahl für beliebiges . Verschiebt man den erzeugenden Punkt von knapp außerhalb eines Übergangskreises auf den Übergangskreis, so kommen zu den bisherigen Schnittpunkten Berührungspunkte dazu. Bei weiterer Verschiebung ins Innere des Übergangskreises verschwinden die Berührungspunkte wieder; stattdessen kommen im Allgemeinen weitere Schnittpunkte dazu. Bei geradem gibt es eine Ausnahme zu diesem Verhalten: Durch Verschieben des erzeugenden Punktes über den innersten Übergangskreis (Radius ) nach innen erhöht sich die Zahl der Schnittpunkte nur um .

Der Spirograph, ein Spielzeug, mit dem sich reizvolle Ornamente gestalten lassen, ermöglicht unter anderem das Zeichnen von verkürzten Hypozykloiden.

Verlängerte Hypozykloide (d > r)

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1. Fall ()

In diesem Fall besitzt die Hypotrochoide Schleifen, entsprechend der Zahl der Spitzen bei der entsprechenden gespitzten Hypozykloide.

Das Krümmungsverhalten ist einheitlich, es gibt keine Wendepunkte.

Wegen ist die minimale Zahl der Schnittpunkte gegeben durch . Liegt der erzeugende Punkt zwischen dem bewegten Kreis und dem innersten Übergangskreis, so beträgt die Zahl der Schnittpunkte . Falls es keine Übergangskreise gibt, gilt diese Zahl für beliebiges . Verschiebt man den erzeugenden Punkt von knapp innerhalb eines Übergangskreises auf den Übergangskreis, so treten außer den bisherigen Schnittpunkten Berührungspunkte auf. Bei weiterer Verschiebung nach außen verschwinden die Berührungspunkte wieder; dafür kommen im Allgemeinen weitere Schnittpunkte hinzu. Bei geradem gibt es eine Ausnahme von diesem Verhalten: Durch Verschieben des erzeugenden Punktes über den äußersten Übergangskreis (Radius ) nach außen erhöht sich die Zahl der Schnittpunkte nur um . Größer kann die Zahl der Schnittpunkte nicht werden.

Beispiel q = 5/1

Eine verlängerte Hypozykloide mit kann also 5 oder 15 Schnittpunkte aufweisen.

2. Fall ()

In diesem Fall besitzt die Hypotrochoide keine Schleifen.

Liegt der erzeugende Punkt zwischen dem umlaufenden Kreis und dem Ball'schen Kreis (), so hat die Hypotrochoide Wendepunkte. Für existieren keine Wendepunkte, das Krümmungsverhalten ist also einheitlich. Im Grenzfall hat die Hypotrochoide Abschnitte, die annähernd geradlinig verlaufen.

Die Zahl der Schnittpunkte hat ihren minimalen Wert .

Allgemeine Bemerkung

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Eine Hypotrochoide, die durch den Mittelpunkt des festen Kreises verläuft und mehr als einen Schnittpunkt aufweist, stellt immer einen Sonderfall dar:

  • Ist eine gerade Zahl, dann weist diese verlängerte Hypozykloide mindestens einen Berührungspunkt auf. Gibt es mehrere Berührungspunkte, so liegen Berührungs- und Selbstschnittpunkte übereinander.
  • Ist eine ungerade Zahl, dann liegen mehrere Schnittpunkte der verlängerten Hypozykloide übereinander.

Sonderfall q = 2

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Ein interessanter Spezialfall liegt vor, wenn der rollende Kreis halb so groß ist wie der feste Kreis ().

  • Falls der erzeugende Punkt am Rand des rollenden Kreises liegt (, Hypozykloide oder gespitzte Hypotrochoide), entsteht ein Durchmesser des festen Kreises (zweifach durchlaufen, auf der -Achse, siehe oben).
  • Falls der erzeugende Punkt innerhalb des rollenden Kreises () oder außerhalb des rollenden Kreises liegt (), entsteht die Ellipse .

Für liegt die große Achse der Ellipse auf der -Achse, für (unüblich) würde sie auf der -Achse liegen. Für ergibt sich ein Kreis.

Eine Ellipse lässt sich also auch immer durch eine Hypotrochoide mit den Parametern erzeugen.

Commons: Hypotrochoide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ilʹja N. Bronštejn: Taschenbuch der Mathematik. 11., aktualisierte Auflage. Haan-Gruiten 2020, ISBN 978-3-8085-5792-1, S. 104–105.
  2. Eric W. Weisstein: Hypocycloid. In: MathWorld (englisch).
  3. Ilʹja N. Bronštejn: Taschenbuch der Mathematik. 11., aktualisierte Auflage. Haan-Gruiten 2020, ISBN 978-3-8085-5792-1, S. 104.
  4. Hypozykloide. Abgerufen am 1. Januar 2025.
  5. a b c d Ilʹja N. Bronštejn: Taschenbuch der Mathematik. 11., aktualisierte Auflage. Haan-Gruiten 2020, ISBN 978-3-8085-5792-1, S. 105.
  6. a b Volker Jäkel: Einteilung einer eben bewegten Ebene in Felder mit qualitativ gleichen Koppelpunktbahnen unter besonderer Berücksichtigung der Übergangskurve. VDI-Verlag, Düsseldorf 2000, Kapitel 4 (S. 67–109): Die Feldeinteilung von Trochoiden erzeugenden bewegten Ebenen, S. 68–69 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Ilʹja N. Bronštejn: Taschenbuch der Mathematik. 11., aktualisierte Auflage. Haan-Gruiten 2020, ISBN 978-3-8085-5792-1, S. 106.