IWL Pitty

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
IWL

Motorroller IWL Pitty (1956)
Pitty
Hersteller VEB Industriewerke Ludwigsfelde
Produktionszeitraum 1955 bis 1956
Klasse Motorroller
Motordaten
Einzylinder-Zweitakt-Ottomotor
Hubraum (cm³) 123 cm³
Leistung (kW/PS) 3,8 kW
Höchst­geschwindigkeit (km/h) 65 km/h
Getriebe 3-Gang
Antrieb Kette
Leergewicht (kg) 140
Nachfolgemodell IWL SR56 Wiesel

Der Pitty ist ein Motorroller-Modell, das in der DDR hergestellt wurde. Er wurde vom Februar 1955 bis April 1956 als erster Motorroller im VEB Industriewerke Ludwigsfelde gebaut. Der zweisitzige Roller hat einen aus der IFA RT 125/1 stammenden gebläsegekühlten 123-cm³-Motor (RT 125/1 M) mit 5 PS. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 65 km/h. Das Modell wurde bis 1956 11.293-mal gebaut. Sein Nachfolger ist das Modell Wiesel.

Anfang der 1950er-Jahre gab es einen ersten Roller-Boom, der mit den erfolgreichen Modellen von Piaggio begann. Nachdem auch in der Bundesrepublik Deutschland einige Hersteller sich diesem Trend angeschlossen hatten, wurde in der DDR die Nachfrage nach einem Motorroller ebenfalls laut. In der zentral gelenkten Wirtschaft erschien es zunächst jedoch schwer, eine geeignete Konstruktion für die Serienfertigung auszuwählen.

Bereits ab 1950 befasste sich der Kfz-Handwerksmeister August Falz mit dem Bau von Motorroller-Versuchswagen, die er Falzo nannte.[1] Seine Roller zeigten interessante konstruktive Details wie einen Handhebel zum Anlassen des Motors anstatt eines Kickstarters. Einer seiner Falzo-Typen wurde auf der Leipziger Messe präsentiert und vermutlich auch in kleinerem Umfang produziert.[2] Warum es nicht zur Fertigung in Großserie kam, ist nicht bekannt. Man bevorzugte den Konstrukteur Max Freihoff, der als Gründer der ersten PGH des Metallhandwerkes in der Gunst der Staatsführung stand. Die geplante Serienfertigung seines Rollers Hexe[3] scheiterte jedoch an konzeptionellen Mängeln wie der Knickfederung, einer Konstruktion, die zwar komfortabel war, den Roller bei Belastung aber in der Mitte einknicken ließ. Daraufhin wurde ein Kollektiv von Ingenieuren und Facharbeitern zusammengestellt, das binnen 81 Tagen ein Versuchsfahrzeug zu präsentieren hatte.[4] Das Ergebnis war Ende 1953 der Pitty. Die für Sommer 1954 angekündigte Serienfertigung verzögerte sich bis Februar 1955. Inzwischen baute August Falz bereits den modernen Roller Sibylle,[5] doch auch diese fortschrittliche Konstruktion wurde nicht in Serie übergeführt. Auf der Leipziger Messe war der Pitty erstmals im Frühjahr 1955 zu sehen.[6]

Pitty in restauriertem Zustand

Rückgrat des Pitty ist ein Stahlrohrrahmen. Hinterrad und Motor sitzen fest an der Hinterradschwinge (Triebsatzschwinge), wobei sich der Drehpunkt vor dem Motor befindet und die Schwinge entsprechend lang ist. Zusammen mit Schraubenfedern und separaten Stoßdämpfern (kein Federbein) ist somit eine relativ weiche Hinterradfederung möglich. Als Antrieb wurde das Aggregat der RT 125 mit 123 cm³ Hubraum und 3-Gang-Getriebe verwendet und um ein Gebläse ergänzt, das etwa 0,2 PS Leistung kostet. Als Maximalleistung stehen im Pitty 5 PS bei 5100/min zur Verfügung. Die 6V-Zündanlage ist als Batteriezündung ausgebildet. Das Fahrzeuggewicht beträgt 140 kg.[7]

Fahreigenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das recht hohe Leistungsgewicht von 37 kg/kW in Verbindung mit dem 3-Gang-Getriebe bewirkte, dass des Öfteren ungenügende Fahrleistungen bemängelt wurden. Der Kraftstoffbehälter fasste 8 Liter, sodass sich bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,5 l/100 km eine etwas knapp bemessene Reichweite von nur 228 km ergab. Die Federung war recht weich ausgelegt. Zwischen 45 und 50 km/h traten starke Vibrationen auf. Die gefällige Verkleidung war aufwendig herzustellen und erforderte große Mengen der schwer zu beschaffenden Tiefziehbleche. Ferner traten Rissbildungen im Heckbereich der Verkleidung auf.[8]

  • Die Nachfolgemodelle des Pitty waren die Roller Wiesel, Berlin und Troll.
  • Der motorisierte Krankenfahrstuhl Piccolo Trumpf ähnelt dem Pitty und besitzt die gleiche Frontverkleidung.
  • In der Sowjetunion wurde ein Typ Tula-200 gebaut, der dem Pitty äußerlich ebenfalls sehr ähnlich war.
  • Auch die zwischen 1953 und 1960 in Stuttgart gebauten Modelle des Rollers Heinkel Tourist besitzen eine sehr ähnliche Karosserie wie der IWL Pitty.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Kraftfahrzeugtechnik 9/1951, S. 221.
  2. Kraftfahrzeugtechnik 10/1953, S. 319–320.
  3. Kraftfahrzeugtechnik 7/1953, S. 229.
  4. Neues vom Motorroller Pitty. In: Kraftfahrzeugtechnik 2/1954, S. 62.
  5. Neuer Falz-Motorroller "Sibylle". In: Kraftfahrzeugtechnik 7/1954, S. 220.
  6. Bildbericht von der Technischen Messe Leipzig 1955. In: Kraftfahrzeugtechnik 5/1955, S. 146.
  7. Die ersten 1000 Kilometer mit dem "Pitty". In: Kraftfahrzeugtechnik Heft 9/1955, S. 317–318.
  8. Karosserieschäden am Motorroller "Pitty". In: Kraftfahrzeugtechnik 1/1956, S. 31.