Kaiserliche Armee (HRR)

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Ein kaiserlicher Kürassier im Polnischen Thronfolgekrieg vor Philippsburg 1734 („Jung-Savoyen“ – Zeitgenössische Gudenus-Handschrift)

Mit Kaiserliche Armee, Kaiserliche Truppen, kurz Kaiserliche bezeichnete man über Jahrhunderte vor allem die Soldaten des römisch-deutschen Kaisers in der Frühen Neuzeit. Die Kaiserliche Armee ist zu unterscheiden von der Reichsarmee, die nur mit Zustimmung des Reichstages eingesetzt werden konnte. Die Kaiserlichen waren fast durchgehend Truppen der habsburgischen Kaiser aus dem Hause Österreich, weshalb man sie im 18. Jahrhundert zunehmend als „Österreicher“ bezeichnete, obwohl die Truppen im ganzen Reich geworben wurden.

Für Reich und Habsburgermonarchie

Die Habsburgermonarchie stellte in der Frühen Neuzeit fast durchgängig die römisch-deutschen Kaiser. Kaiser war ein Titel, der nicht so sehr an ein Territorium, sondern an eine Person gebunden war. In der Tradition der römischen Kaiser hatte der Kaiser einen im lateinischen Europa anerkannten universellen Anspruch.

Entsprechend war die Kaiserliche Armee eine von den Kaisern aufgestellte Truppe, mit Privilegien im ganzen Heiligen Römischen Reich. Im Gegensatz zu den Territorien hatte der Kaiser u.a. das Recht, in den Reichsstädten Truppen zu werben. Lediglich die Kurfürstentümer blieben für die kaiserliche Werbung der Soldaten ausgeschlossen. Alle anderen Territorien konnten die Rekrutierung nicht unterbinden.

Unabhängig von der kaiserlichen Werbung stellte der Reichstag die Reichsarmee auf, die „Truppen des Reiches“.

Bayerisches Zwischenspiel und „Österreichisierung“

Eine kaiserlich bayerische Fahne 1745. Der Kaiseradler auf goldenem Grund wurde auf die kurbayerische Fahne aufgenäht. Musée de l'Armée, Paris Aufnahme 2010

Im kaiserlichen Interregnum 1740-1742 waren habsburgischen Truppen schon nicht mehr die Armee des Kaisers, sondern der Königin von Ungarn. Im Österreichischen Erbfolgekrieg kämpfte Königin Maria Theresia und mit ihr das österreichische Haus Habsburg um das Überleben im europäischen Mächtesystem. Ihr Kampf um die römische Kaiserwürde für ihren Ehemann Franz Stephan von Lothringen ging zunächst verloren. Mit der Übernahme der Kaiserkrone durch den Wittelsbacher Karl VII. 1742 bis 1745 wurden die Truppen des Kurfürstentums Bayern kurzfristig Kaiserliche. Ein Jahr nach dem Verlust der Kaiserwürde schrieb die ungarische Königin und österreichische Erzherzogin ihren Truppen Grün statt Gold für die Offiziersschärpen und die Truppenfahnen vor. Gold galt stets als kaiserliches Attribut.

Die königlich ungarische Fahne der habsburgischen Truppen. Der kaiserliche Adler durfte 1743 nicht mehr genutzt werden. Projekt Kronoskaf[1]

Nach der Kaiserwahl Maria Theresias' Gemahls Franz' I. bekamen die Truppen die kaiserlichen Zeichen zurück. Maria Theresia ließ sich zwar Kaiserin nennen, legte aber auf die Krönung als Kaiserin keinen Wert. Dies drückte sich auch in der Benennung ihrer Armee aus, die nun „römisch kaiserlich-königlich“ genannt wurde. Der Begriff österreichisch setzte sich umgangssprachlich verkürzend im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) und in den nachfolgenden Auseinandersetzungen im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/1779), im Russisch-Österreichischen Türkenkrieg (1787–1792) und in den Koalitionskriegen durch.[2] Die preußische und protestantische Publizistik verlor zunehmend das Interesse an einer universellen Reichsidee, die lange Zeit eine besondere Stellung der kaiserlichen Truppen anerkannte. Auch Maria Theresias Sohn Kaiser Joseph II. leistete mit seinen zentralisierenden Reformen, die einen österreichischen Terriorialstaat förderten, einer kaiserlichen Reichspolitik immer weniger Vorschub. Schon 1804 wurde die österreichische Kaiserwürde eingeführt. Erst zwei Jahre später legte der österreichische Kaiser auch die römisch-deutsche Kaiserwürde ab. Bis 1871 gab es in Deutschland fortan nur noch österreichische Kaiserliche.

Einsatz der habsburgischen kaiserlichen Armee

Kaiserliche Truppen kämpften in der Frühen Neuzeit in allen das Reich betreffenden Kriegen, meist im Verbund mit der Reichsarmee und zusätzlichen Territorialtruppen.

Entwicklung der habsburgischen kaiserlichen Armee

Der Dreißigjährige Krieg bewirkte eine ungemein starke Rüstung des Kaisers. 1635 erreichte die Armee den Höchststand von 65 Regimentern zu Fuß, mit einer Nominalstärke von je 3000 Mann. Insgesamt wurden im Laufe des Krieges 532 Regimenter gegründet und entlassen. 1648 verblieben nur 9 Regimenter zu Fuß, 9 zu Pferde und ein Dragonerregiment.

Nach und nach entwickelte sich aus den zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen ein stehendes kaiserliches Heer heraus. Von 49 für den Zweiten Nordischen Krieg ausgehoben Regimentern verblieben 1660 23. Die 60er Jahre des 17. Jahrhunderts brachten 28, das Folgejahrzehnt weitere 27 Regimentsneuaufstellungen.

Siehe auch

Literatur

  • Kriegsarchiv (Hrsg.): Österreichischer Erbfolgekrieg, 1740–1748. Nach den Feld-Acten und anderen authentischen Quellen bearbeitet in der kriegsgeschichtlichen Abteilung des K. und K. Kriegs-Archivs. Band 1. Seidel, Wien 1896.
  • Heeresgeschichtliches Museum Wien (Hrsg.): Von Söldnerheeren zu UN-Truppen. Heerwesen und Kriege in Österreich und Polen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (= Acta Austro-Polonica. Bd. 3). Heeresgeschichtliches Museum, Wien 2011, ISBN 978-3-902551-22-1.
  • Johann Christoph Allmayer-Beck, Erich Lessing: Die kaiserlichen Kriegsvölker. Von Maximilian I. bis Prinz Eugen. 1479–1718. Bertelsmann, München 1978, ISBN 3-570-00290-X.
  • Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heer unter dem Doppeladler. Habsburgs Armeen 1718–1848. Bertelsmann, München 1981, ISBN 3-570-04414-9.
  • Peter Rauscher (Hrsg.): Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740 (= Geschichte in der Epoche Karls des V. Band 10). Aschendorff, Münster 2010, ISBN 978-3-402-13993-6..
  • Gerhard Papke: Von der Miliz zum Stehenden Heer: Wehrwesen im Absolutismus. In: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden. Band 1, Abschnitt I. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching 1983, ISBN 3-88199-112-3 (Lizenzausgabe der Ausgabe Bernard & Grafe Verlag, München).
  • Jürg Zimmermann: Militärverwaltung und Heeresaufbringung in Österreich bis 1806. In: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden. Band 1, Abschnitt III. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching 1983, ISBN 3-88199-112-3 (Lizenzausgabe der Ausgabe Bernard & Grafe Verlag, München).

Einzelnachweise

  1. Austrian infantry Ordinair-Fahne of the 1743 pattern. Kronoskaf, abgerufen am 31. März 2013.
  2. Vgl.: Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heer unter dem Doppeladler. Habsburgs Armeen 1718–1848. 1981, S. 48f. bzw.: Kriegsarchiv (Hrsg.): Österreichischer Erbfolgekrieg, 1740–1748. Band 1. 1896, S. 384.