Leopold III. Friedrich Franz (Anhalt-Dessau)

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Christoph Friedrich Reinhold Lisiewski, Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, 1762, Schloß Mosigkau
Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau
Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau
Denkmal in Dessau von August Kiss
Medaille von 1801 auf das 50-jährige Regierungsjubiläum Leopold Friedrich Franz von Loos

Leopold III. Friedrich Franz, Fürst und Herzog von Anhalt-Dessau, genannt Fürst Franz, auch Vater Franz (* 10. August 1740 in Dessau; † 9. August 1817 ebenda) war ab 1758 regierender Fürst bzw. seit 1807 Herzog von Anhalt-Dessau.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fürst Franz war der älteste Sohn Fürst Leopolds II. von Anhalt-Dessau und der Fürstin Gisela Agnes von Anhalt-Köthen. Bereits 1751 verwaist, wurde er unter der Vormundschaft seines Onkels Dietrich von Anhalt-Dessau erzogen. In der Tradition seines Großvaters und Vaters diente er zunächst in der preußischen Armee im Regiment Anhalt zu Fuß in Halle. 1752 wurde er dort Regimentschef. Nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges folgte Leopold seinem Onkel Moritz. Unter dem Eindruck der Schlacht bei Kolin trat Leopold 1757 aus der preußischen Armee aus. 1758 mit Zustimmung des Kaisers für volljährig erklärt, trat er die Regierung in Anhalt-Dessau an. Im weiteren Verlauf des Siebenjährigen Krieges hielt Leopold sein Fürstentum neutral, musste allerdings als Strafaktion von Preußen auferlegte Kontributionen in Höhe von 180.000 Talern dulden. Diese bezahlte er aus seinem Privatvermögen.[1] Leopold III. heiratete 1767 seine Cousine Luise Prinzessin von Brandenburg-Schwedt auf Vermittlung Friedrichs II. in Charlottenburg. Dieser ernannte ihn 1769 zum Ritter des Schwarzen Adlerordens, und Leopold trat 1785 dem von Friedrich initiierten Fürstenbund bei. 1806 versuchte Napoleon I. sein hohes Ansehen zu nutzen, indem er ihn nach Paris einlud. Leopold musste als einer der letzten deutschen Fürsten durch Vertrag vom 18. April 1807 dem Rheinbund beitreten. Andererseits bot er Ferdinand von Schill 1809 einen ehrenhaften Empfang in Dessau.

Beim Beitritt zum Rheinbund, 1807, nahm Leopold III. Friedrich Franz den Titel eines Herzogs von Anhalt-Dessau an. Er war Senior des Gesamthauses Anhalt, also Ältester der Regenten in den Fürstentümern, nunmehrigen Herzögtümern Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg. Sein Vetter, der Fürst von Anhalt-Bernburg, hatte 1806 noch kurz vor Auflösung des Heiligen Römischen Reiches für viel Geld vom Kaiser den herzoglichen Titel erworben. Schon vorher hatten alle Fürsten von Anhalt den Herzogstitel in ihrer großen Titulatur: „Fürst von Anhalt, Herzog von Sachsen, Engern und Westphalen, Graf zu Ascanien, Herr zu Bernburg und Zerbst etc“.[2]

Leopold III. verstarb 1817 an den Folgen eines Reitunfalls. Nachfolger wurde sein Enkel Leopold IV. Friedrich. Leopold III. wurde im Mausoleum in der Dorfkirche Jonitz beigesetzt, dessen Bau er von seinem Krankenlager in Schloss Luisium aus leitete.[3]

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinsam mit seinem Freund Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, den er schon 1756 kennengelernt hatte, unternahm er mehrere Studienreisen nach Italien, Frankreich, in die Schweiz, nach Holland und England, wo er umfangreiche kulturhistorische und ökonomische Studien betrieb. Die Kavalierstour des Fürsten Franz zählt zu den beispielhaften Reisen aufgeklärter Fürsten des 18. Jahrhunderts.

Heimgekehrt setzte er die auf den Reisen gewonnenen Erkenntnisse in seinem Land um und führte zahlreiche Reformen auf den Gebieten Bildung, Gesundheitswesen, Sozialwesen, Straßenbau, Land- und Forstwirtschaft und Gewerbe durch. Sie machten Anhalt-Dessau nicht nur zu einem der modernsten Kleinstaaten Deutschlands und zum Vorbild für viele andere Reformer, sondern erhöhten auch seine Wirtschaftsleistung erheblich. Seine zahlreichen Bauten führten zu einer klassizistischen Umgestaltung und Erweiterung seiner Residenz Dessau. Die Intensivierung der Landwirtschaft und des Gartenbaus nach neuesten Erkenntnissen, die Anlage landwirtschaftlicher und technischer Musterbetriebe und die Anlage zahlreicher, von mehreren Baumreihen (meist Obstbäumen) gesäumten Straßen waren Teil einer großräumigen Landschaftsgestaltung auf einer Fläche von etwa 200 km2. Durch sie entstand das schon im 18. Jahrhundert so genannte Dessau-Wörlitzer Gartenreich. Dazu gehörten auch der Park und Schloss Großkühnau, Luisium und Georgium in Dessau und Schloss Oranienbaum sowie Schloss Wörlitz und der Wörlitzer Park. Die pädagogische Absicht des Fürsten resultierte aus der Philosophie Jean-Jacques Rousseaus, der Ästhetik Johann Georg Sulzers und der Kunsttheorie Johann Joachim Winckelmanns.

Die Parks gehörten zu den ersten landschaftlichen Parkanlagen außerhalb Englands. Sie sollten nicht der Unterhaltung der Hofgesellschaft dienen, sondern das Schöne mit dem Nützlichen verbinden, die Besucher erfreuen, bessern und belehren. Konsequenterweise waren die Parks von Anfang an für jedermann zugänglich.

Leopold III. war ein Anhänger der Aufklärung, insbesondere auch im Hinblick auf die Erziehung der Bevölkerung durch das Studium der Natur und der Wissenschaften. So konnte durch seine Toleranzpolitik in Dessau die erste deutschsprachige jüdische Zeitung Sulamith gegründet werden und der Anteil der jüdischen Bevölkerung seines Landes stieg erheblich an. Seinen aufgeklärten Zeitgenossen galt Leopold III. Friedrich Franz zusammen mit Carl August von Weimar und Karl Friedrich von Baden als ein vorbildlicher Herrscher.

Eine Reihe von Institutionen wurden in Dessau gegründet, die dem Geist der Aufklärung verpflichtet waren. 1774 entstand unter Johann Bernhard Basedow das Philanthropin, eine pädagogischen Reformgedanken verpflichtete schulische Einrichtung. Es wurde später von Joachim Heinrich Campe geleitet. Eine Landesschulreform im Sinne der Aufklärung wurde 1785 durch Carl Gottfried Neuendorf durchgeführt. Sie hatte allerdings keinen Bestand.

Die Allgemeine Buchhandlung der Gelehrten entstand 1781, um wissenschaftliche Autoren von den Verlegern unabhängig zu machen. Eine weitere Einrichtung war die Chalkographische Gesellschaft, die er 1796 von Friedrich Moritz Freiherr von Brabeck kaufte und die durch hochwertige graphische Reproduktionen die Werke der Malerei einem breiteren Publikum zugänglich machen sollte. Finanziert wurden alle diese Maßnahmen nicht nur aus den Steuern des eigenen Landes, sondern auch aus den Einkünften der brandenburgischen und ostpreußischen Güter, die die Fürsten von Anhalt-Dessau als Bezahlung ihrer preußischen Dienste erhalten hatten, und die 66.000 mehr Einwohner hatten als Anhalt-Dessau selbst mit 53.000.

Vor allem die Dessau-Wörlitzer Parklandschaft ist bis heute ein beeindruckendes Beispiel für das Wirken Leopolds III. Sie zieht jährlich Tausende von Besuchern an und gehört zum Welterbe der UNESCO. In seinen späteren Jahren, insbesondere nach dem Tode Erdmannsdorffs, verringerte sich der Reformeifer Leopolds. Nach seinem Tode ging viel von diesen Ansätzen wieder verloren.

Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leopold III. hatte nur zwei legitime Kinder, jedoch eine größere Anzahl von Bastarden, von denen einige geadelt wurden, andere nicht.

Erbberechtigte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der Ehe mit Prinzessin Luise von Brandenburg-Schwedt:

Nicht Erbberechtigte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Aus der vorehelichen Verbindung mit Johanna Eleonore Hoffmeier (* 12. November 1739[4] in Zerbst; † 3. Mai 1816 in Dessau; seit 1765 verehelichte von Neitschütz). Sie war die Tochter des Ersten Predigers an der reformierten Kirche zu Zerbst, Schwester des Archidiakons an der Dessauer Großen Kirche. Die Absichten Leopold III. auf seinen Thron zu verzichten und mit seiner Geliebten als Privatmann in England zu leben, wurden von Friedrich II. von Preußen verhindert. Johanna Eleonore Hoffmeier heiratete 1765 den Oberstallmeister Adolf Heinrich von Neitschütz (1730–1772), Leopold III. 1767 auf Drängen Friedrichs II. seine Cousine Luise Prinzessin von Brandenburg-Schwedt. Aus dieser vorehelichen Verbindung mit Johanna Eleonore stammten die Grafen von Waldersee:
Bastardwappen derer von Beringer
  • Aus der Nebenehe mit Leopoldine Louise Schoch (~ 10. Mai 1770), der Tochter des Gartenbaumeisters Johann Leopold Ludwig Schoch, als von Beringer (auch Baeringer) geadelt, nach dem mythischen Vorfahrengeschlecht Beringer der Askanier:
    • Wilhelmine Sidonie (1789–1860) ⚭ in Wörlitz am 20. Juni 1815 Wilhelm von Goerne († 1857)
    • Luise Adelheid (1790–1870) ⚭ in Wörlitz am 19. August 1812 Friedrich Ludwig Wilhelm Georg von Glafey († 1858)
    • Franz Adolf (1792–1834) ⚭ Auguste Wilhelmine Roeser (1793–1855)
  • Aus der außerehelichen Verbindung mit Johanna Magdalena Luise Jäger (* 1763):
    • Franziska (* 1789)
    • Leopoldine (1791–1847)
    • Amalie (1793–1841)
  • Aus der außerehelichen Verbindung mit Friederike Wilhelmine Schultz geb. Favreau (1772–1843):
    • Ludwig Ferdinand Schultz (1800–1893)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet

  • Marco Chiriaco: Die Antikensammlungen des 18. Jhs. am Beispiel der Sammlung des Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Seminararbeit, GRIN-Verlag, München 2003, ISBN 3-638-77983-1.
  • Heinrich Dilly, Holger Zaunstöck (Hrsg.): Fürst Franz. Beiträge zu seiner Lebenswelt in Anhalt-Dessau 1740–1817. Halle 2005, ISBN 3-89812-319-7.
  • Kaevan Gazdar: Herrscher im Paradies: Fürst Franz und das Gartenreich Dessau-Wörlitz. Aufbau Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-351-02633-1.
  • Klaus-Werner Haupt: Johann Winckelmann. Begründer der klassischen Archäologie und modernen Kunstwissenschaften. Weimarer Verlagsgesellschaft, Weimar 2014, ISBN 978-3-86539-718-8.
  • Klaus-Werner Haupt: Die zwei Federn des Johann Winckelmann. Oder: Wer sein Glück erkennt und nutzt, der ist es wert! Druckzone Cottbus, Cottbus 2012, ISBN 978-3-00-038509-4.
  • Erhard Hirsch: Die Dessau-Wörlitzer Reformbewegung im Zeitalter der Aufklärung. Personen – Strukturen – Wirkungen. (= Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung Band 18). Niemeyer, Tübingen 2003, ISBN 3-484-81018-1. * Erhard HirschLeopold III. Friedrich Franz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 268–270 (Digitalisat).
  • Erhard Hirsch: Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. (= DKV-Kunstführer Nr. 561/4). Deutscher Kunstverlag, München/ Berlin 2003.
  • Antje und Christophe Losfeld (Hrsg.): Die Grand Tour des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau und des Prinzen Johann Georg durch Europa. Aufgezeichnet im Reisejournal des Georg Heinrich von Berenhorst 1765 bis 1768. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2012, ISBN 978-3-89812-931-2.
  • Friedrich Reil: Leopold Friedrich Franz, Herzog und Fürst von Anhalt-Dessau, ältestregierender Fürst in Anhalt, nach seinem Wesen und Wirken geschildert. Aue, Dessau 1845 (Digitalisat); Nachdruck: Kettmann, Wörlitz 1995, ISBN 3-930696-01-0).
  • Michael Rohrschneider: Österreich und der Immerwährende Reichstag: Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745–1763). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-36079-8, S. 291 ff., S. 295 f.
  • Anna-Franziska von Schweinitz: Fürst und Föderalist. Tagebücher einer Reise in die Schweiz 1783 und der Bund der Eidgenossen als Modell im Alten Reich. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2004, ISBN 3-88462-196-3.
  • Anna-Franziska von Schweinitz: Waldersee und Vater Franz. Vom Unglück der nichtehelichen Geburt, Verlag Janos Stekovics, Wettin-Löbejün 2017, ISBN 978-3-89923-381-0.
  • Ferdinand SiebigkLeopold Friedrich Franz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 356–367.
  • Holger Zaunstöck (Hrsg.): Das Leben des Fürsten. Studien zur Biografie von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817). Halle 2008, ISBN 978-3-89812-492-8.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Leopold III. Friedrich Franz (Anhalt-Dessau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Peter Stoltzenberg: Franz der Weise. In: Der Tagesspiegel. 28. Dezember 2012, S. 21.
  2. Carl von Kaltenborn: Geschichte der deutschen Bundesverhältnisse und Einheitsbestrebungen, Band 1, Berlin 1857, S. 276.
  3. Erhard Hirsch: Dessau-Wörlitz. Koehler & Amelang, Leipzig 1985, S. 173.
  4. Nicht erst 1746 geboren, wie oft in der Literatur zitiert, lt. Mitteilung des Pfarramt Zerbst/Anhalt vom 6. Dezember 2021.
VorgängerAmtNachfolger
Leopold II.Fürst von Anhalt-Dessau
1751–1807
er selbst als Herzog von Anhalt-Dessau
er selbst als Fürst von Anhalt-DessauHerzog von Anhalt-Dessau
1807–1817
Leopold IV.