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Malizia II
Datei:MALIZIA II 02.jpg
Die Malizia II mit aktueller Besegelung (August 2019)
Die Malizia II mit aktueller Besegelung (August 2019)
Schiffsdaten
Flagge Deutschland Deutschland
andere Schiffsnamen

Gitana 16

Schiffstyp Segelyacht
Klasse Open 60
Rufzeichen DGCG
Heimathafen Hamburg[1]
Eigner Gerhard Senft, Stuttgart
Bauwerft VPLP design / Multiplast (Vannes)
Stapellauf 7. August 2015
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 18,28 m (Lüa)
Breite 5,70 m
Tiefgang (max.) 4,50 m
Verdrängung 7,6 t
 
Besatzung 1–2
Takelung und Rigg
Takelung Kutter
Anzahl Masten 1
Segelfläche am Wind 290 m²
Geschwindigkeit
unter Segeln
max. 25 kn (46 km/h)
Sonstiges

Malizia II, vormals Gitana 16, ist eine Hochseeyacht der Bootsklasse Open 60. Sie wird vom „Team Malizia“ betrieben und fährt unter deutscher Flagge.[1] Skipper sind Boris Herrmann und Pierre Casiraghi.

Die Yacht wurde im August 2019 von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg zur Reise zum UN-Klimagipfel 2019 in New York genutzt.

Das Boot

Gitana 16 im Hafen

Die Einrumpfyacht (engl. Monohull) Malizia II wurde von VPLP design und Guillaume Verdier entworfen und in der Bootswerft MULTIPLAST S.A.S in Vannes gebaut.[2] Sie gehört der Bootsklasse Open 60 an und verfügt über Kippkiel und Tragflügel, sogenannte Hydrofoils oder Foils. Die Yacht ist eine der ersten der Open 60 Klasse, welche unter Zuhilfenahme von Foils segelt. Die Flügel entwickeln eine nach oben gerichtete Hebekraft von fünf bis sechs Tonnen und können den gesamten Schiffsrumpf aus dem Wasser heben. Der Bootsrumpf wurde aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff gefertigt. Die Spitzengeschwindkeit von 25 Knoten kann bereits bei 22 Knoten Windgeschwindigkeit erreicht werden, damit ist das Boot eines der schnellsten Boote der Klasse. Der Mast hat klassenregelkonform eine Höhe von 29 Metern, die Länge des Bootes beträgt 18,28 Meter (60 Fuß).[3][4]

Cockpit der Gitana 16

Der Stapellauf fand am 7. August 2015 statt. Das Boot wurde auf den Namen Gitana 16 getauft, dann jedoch auch Edmond de Rothschild genannt. Erster Besitzer war das Team Gitana, gegründet 2000 vom französischen Bankier Benjamin de Rothschild.[5] Die Gitana 16 wurde dem französischen Profisegler Sébastien Josse anvertraut, der damit zur Vendée Globe 2016–2017 antrat. Das Boot war damals am Hafen von Lorient stationiert. 40 Knoten Wind und acht Meter hohe Wellen verursachten während der Vendée Globe erhebliche Schäden an den Foils und zwangen Josse im Dezember 2016 zur Aufgabe. Zu diesem Zeitpunkt lag er an dritter Stelle.[6] In der Folge wurde das Boot an den Stuttgarter Immobilienunternehmer Gerhard Senft verkauft.[1][7] Es liegt in Monaco und wurde umgefärbt, und auf den Namen Malizia II umgetauft.

Das Reglement für die Wettbewerbsklasse IMOCA verlangt, dass das Boot mit einem Motor ausgestattet ist, der das Boot über einen Zeitraum von 5 Stunden mit einer Geschwindigkeit von 5 Knoten in jede Richtung antreiben kann.[8] Aktuell wird diese Anforderung durch einen 377 kg schweren Dieselmotor erfüllt, der auch zum Laden von Akkus für die Stromversorgung von Licht und Elektronik, Navigationssystem dient. Entsprechend dem Reglement darf der Motor während Regatten nicht als Antrieb verwendet werden.[8][9][3] Das Team Malizia plant, das Boot mit einem Elektromotor auszustatten.[10]

Die Malizia II bietet als Regattayacht kaum Komfort an Bord. Es gibt lediglich zwei Rohrkojen, keine Toilette und keine Pantry. Fährt das Schiff schneller als 15 Knoten, wird der Lärm unter Deck ohrenbetäubend.[11]

Energieversorgung

Um CO2-neutral segeln zu können, wird die Energieversorgung inzwischen durch eine speziell für das Boot entwickelte Photovoltaikanlage und durch Hydrogeneratoren (am Heck in den Fahrwasserstrom einschwenkbare kleine Turbinen) für Schlechtwetterphasen sichergestellt. Die Solarpaneele summiert 1,149 kWp, sind vom italienischen Hersteller Solbian in Dünnschichttechnik gefertigt und dank Kunststoffoberfläche biegsam. Der in Schiffsmitte verbaute Typ weist für bessere Begehbarkeit eine rutschfeste Linsenstruktur auf; die an beiden Seiten außerhalb der Reling an Deck geklebten Paneele sind hingegen strömungsgünstig glatt ausgeführt. Eine besondere Herausforderung war es, die Toleranz der Anlage auch durch geometrisches Design gegen die wechselnde Abschattung durch Mast und Segel zu heben.[12] 33 Serien (strings) mit integrierten Bypassdioden liefern Leistung an 15 Step-Up-Regler mit Maximum Power Point Tracking (MPPT), die die verfügbare Spannung an die 48-Volt-Lithium-Ionen-Akkus anpassen. Mitkonstruiert wurde die Anlage durch das im Jahr 2014 gegründete Grazer Unternehmen Sailectron. Nach einem Monat Planungsphase erfolgte die Fertigung der Paneele und die Montage der Anlage in der Winterpause 2018/2019 an nur einachsig gewölbten Partien des Decks.[13][14][15]

Team Malizia

Das Team Malizia wurde 2016 von Pierre Casiraghi gegründet. Die beiden Akteure haben sich sportlich hohe Ziele gesteckt: Boris Herrmann will als erster Deutscher im Jahr 2020 mit Malizia II an der prestigeträchtigen Vendée Globe teilnehmen, einer Non-Stop-Regatta für Einhandsegler um den Globus, entlang des Südpolarmeeres.[16] Für 2021 ist die Teilnahme am Ocean Race angekündigt.[1][17]

MALIZIA II
Open 60 Rennyacht Malizia II; gut sichtbar der unter Wasser befindliche Kippkiel und die Hydrofoils

Die Namensgebung symbolisiert für Casiraghi die tiefe Verbundenheit seiner Familie mit dem Meer und soll Francesco Grimaldi ehren, der 1297 auf dem Seeweg in Monaco ankam und dort die Familiendynastie gründete. Er wurde in der monegassischen Sprache La Malizia genannt, was „Der Listige“ bedeutet.[18]

Im November 2018 nahm Herrmann mit der Malizia II an der Route du Rhum teil, einer Regatta von Saint-Malo nach Pointe-à-Pitre. Er lag zeitweilig in Führung und wurde nach 13 Tagen, 3 Stunden, 47 Minuten und 30 Sekunden Fünfter in der Gesamtwertung der Kategorie IMOCA 60'.[19] Das Bermuda-1000-Rennen im Mai 2019 beendete er als Sechster. Das Rennen startet in Douarnenez, führt um den Fastnet Rock, dann zu den Azoren und zurück nach Brest. Bei Teilnahmen am Fastnet Race in den Jahren 2017 und 2019 belegte das Team in der Klasse IMOCA 60 jeweils auf die Plätze drei und neun. Im Juni 2019 war die Malizia II bei der Fête de la Mer in Monaco zu sehen.

Casiraghi und Herrmann definieren (zusätzlich zu den sportlichen) drei gesellschaftliche Ziele: Forschung, Umweltschutz und Jugendarbeit.[20] Für die Erfassung von Wasserwerten befindet sich eine in etwa Kubikmeter große Vorrichtung (OceanPack RACE des Herstellers SubCtech) mit Sensoren an Board. Durch eine Öffnung am Kiel führt ein Schlauch ins Meerwasser, wodurch mittels Pumpen Meerwasser zu den Sensoren befördert wird. Diese messen laufend die Temperatur, den pH-Wert, den Salz- und den CO2-Gehalt des Wassers. Die Daten werden hauptsächlich zur Unterstützung der Meeresforschung gesammelt. Die erfassten Daten können für eine weitere Auswertung auf ein Speichermedium kopiert werden. Es besteht eine Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.[21][1][22][23] Die Kampagne Ocean Challenge will zusätzlich Schulkinder für den Meeres- und Klimaschutz sensibilisieren.[20]

Thunbergs Reise nach Amerika

Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg gab Ende Juli 2019 bekannt, dass sie Mitte August mit der Hochseeyacht zum UN-Klimagipfel vor und während der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 23. bis 29. September 2019 in New York City reisen wird.[24] Sie will unter anderem die USA, Kanada und Mexiko besuchen, an Klimademonstrationen und schließlich an der UN-Klimakonferenz 2019 in Chile im Dezember 2019 teilnehmen. Für die Reise mit der Segelyacht von Plymouth nach New York wurden circa zwei Wochen veranschlagt. Thunberg wurde von ihrem Vater Svante Thunberg und einem Filmemacher begleitet.[25][26] Am 14. August 2019 startete die Atlantiküberfahrt.[27] Die Überfahrt wurde unter anderem durch Texte, Bilder und Videos vom Skipper auf sozialen Medien begleitet; Schiffs-Telemetrie und Wetterbedingungen samt Route wurden als interaktive Kartenansicht online zur Verfügung gestellt.[28] Am 28. August 2019 traf die Klimaaktivistin in New York ein und wurde von zahlreichen Sympathisanten begrüßt.[29]

Um Gewicht zu sparen, wurde hauptsächlich Expeditions-Trockennahrung aus Tüten verzehrt, die Zubereitung bedarf lediglich heißen Wassers. An Bord befindet sich ein Gaskocher um Wasser zu erhitzen. Mittels einer Meerwasserentsalzungsanlage wird Trinkwasser gewonnen. Für die Exkretion wird eine Pütz verwendet.[30]

Commons: Malizia II – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Tatjana Pokorny: Unter deutscher Flagge für das Ocean Race gemeldet. Yacht Online, 14. Juni 2019, abgerufen am 3. August 2019.
  2. Sortie de chantier et mise à l'eau du Gitana 16 de Seb Josse, vendeeglobe.org, 7. August 2015, abgerufen am 4. August 2019.
  3. a b Boris Herrmann Racing: The Yacht, abgerufen am 29. Juli 2019
  4. Geo: Zwei Männer und ein Boot: Pierre, Boris und die Malizia, abgerufen am 29. Juli 2019
  5. Team Gitana, abgerufen am 31. Juli 2019
  6. Vendée Globe: SÉBASTIEN JOSSE AND THE MONO60 EDMOND DE ROTHSCHILD ANNOUNCE THEIR RETIREMENT, 7. Dezember 2016
  7. „Mit diesem Hightech-Geschoss wird Greta in die USA segeln“, Die Welt vom 6. August 2019
  8. a b IMOCA Class Rules 2019 V 1.1, abgerufen am 10. August 2019.
  9. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Greta Thunberg segelt zur Klimakonferenz in New York, 29. Juli 2019
  10. BMW and Torqueedo to build electric racing yacht. 2. Mai 2018, abgerufen am 4. August 2019 (amerikanisches Englisch).
  11. Boris Herrmann bringt Greta Thunberg zum UN-Klimagipfel. Yacht, 29. Juli 2019, abgerufen am 31. Juli 2019.
  12. In gewöhnlichen Anlagen sinkt der gelieferte Strom sobald auch nur eine der hintereinander geschalteten Zellen deutlich abgeschattet ist. Mast und Segel schatten unweigerlich veränderliche Flächen der Paneele ab.
  13. Grazer bauen Solaranlage für Thunberg-Jacht orf.at, 8. August 2019, abgerufen 8. August 2019.
  14. Gekrümmte Paneele : Grazer Sailectron konstruierte Solaranlage für Thunberg-Jacht
  15. Yannick Kethers:The new SOLBIAN solar system on board Malizia borisherrmannracing.com, 29. März 2019, abgerufen 8. August 2019. – Interview mit Michael Körner von Solbian.
  16. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Ganz allein auf den Everest der Meere, 1. August 2018
  17. FAZ: Das nächste große Segel-Projekt des Boris Herrmann, Artikel von Sebastian Reuter, 14. Juni 2019
  18. A Symbol, team-malizia.com, abgerufen am 4. August 2019.
  19. Cartographie Tracking IMOCA, abgerufen am 19. November 2018 (englisch)
  20. a b Boris Herrmann: My Ocean Challenge, My Ocean Challenge, borisherrmannracing.com, abgerufen 9. August 2019.
  21. Malizia Ocean Challenge – sailing meets science, Max-Planck-Institut für Meteorologie, 2. August 2018, abgerufen 9. August 2019.
  22. Kathrin Fromm: Wie Segler der Forschung helfen, National Geographic (deutschsprachige Website), 29. Juli 2019, abgerufen 9. August 2019
  23. Greta sails with Malizia, OceanPack RACE on board, Subsea Technologies for the Marine Environment, 4. August 2018, abgerufen 26. August 2019.
  24. Climate Week NYC. 31. Juli 2019, abgerufen am 5. August 2019.
  25. Greta Thunberg: Good news! In: Twitter. 29. Juli 2019, abgerufen am 31. Juli 2019.
  26. Greta Thunberg segelt zur UN nach New York. Das erwartet Greta Thunberg auf ihrem Segeltrip zur UN in New York. In: Der Tagesspiegel. 29. Juli 2019, abgerufen am 31. Juli 2019: „Am Montag twittert das Mädchen, dass es den UN-Klimagipfel in New York im September und ein weiteres Klima-Event in Santiago de Chile besuchen werde, und dass sie den Atlantik auf einem der schnellsten Segelboote zu überqueren gedenke“
  27. Hamburger Abendblatt: Greta Thunberg segelt: So lebt sie an Bord der „Malizia“, 14. August 2019, abgerufen am 14. August 2019.
  28. https://www.stern.de/panorama/greta-thunberg-ueberquert-den-atlantik--verfolgen-sie-die--malizia-ii--live-8850596.html?fbclid=IwAR3F0guqJyhrjAK82vQwCKDZnz8yEDIxyjFlH2SlqEyQ__m4NyyAfydpyh8
  29. Der Spiegel (Hamburg): Greta Thunberg in New York angekommen, 28. August 2019
  30. Kein Klo, keine Dusche: So sieht Gretas Öko-Yacht von innen aus, stern.de, 14. August 2019, abgerufen 26. August 2019.