Militärlehrschmiede (Hannover)

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Die Militärlehrschmiede in Hannover, links daneben die Intendantur, im Hintergrund rechts die Dachenhausenstraße
Ansichtskarte 143 von Ludwig Hemmer

Die Königliche Militärlehrschmiede war eine um 1900 errichtete[1] Ausbildungseinrichtung in Hannover für Schmiede mit Fertigkeiten für die besonderen Belange des Militärs.[2] Das ehemals denkmalgeschützte Gebäude unter der Adresse Humboldtstraße 3 (Calenberger Neustadt)[1] wurde Ende des 20. Jahrhunderts zugunsten des Neubaus der Calenberger Esplanade abgerissen.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtplan Hannover mit Militärschule und Schmiede auf der westlichsten Ravelin
Stadtplan von 1834, Hahnsche Buchhandlung

Auf dem Ravelin am Calenberger Tor,[4] der westlichsten Verteidigungsanlage der bis 1657 abgeschlossenen Stadtbefestigung Hannovers und der seinerzeit selbständigen Calenberger Neustadt,[5] befanden sich verschiedene Bauten der „Direktion des Armeematerials“ sowie die Militärakademie.[4] Nach dem Siebenjährigen Krieg begann ab 1767 allmählich die Entfestigung der Verteidigungsanlagen,[5] doch das Grundriss des Ravelins zur Glocksee hin blieb trotz des Abrisses zunächst erhalten[4] in seiner mit einem Wassergraben umgebenen Dreiecksform.[6] Das Gelände diente dann als Artilleriehof,[4] auf dem sich seit 1782 und 1784 zwei Militärschulen befanden, die Artillerie- und Ingenieurschule,[7] später auch eine Schmiede.[6]

Nach der Schlacht bei Langensalza im Deutschen Krieg und dem Ende des Königreichs Hannover[8] wurden ab 1866 auch die Gebäude auf dem Artilleriehof abgebrochen.[4] Doch erst nach der Eingemeindung der Glocksee 1869[1] verschwanden auch die letzten Reste des ehemaligen Stadtgrabens „rund“ um Hannover:[5] Der Wassergraben wurde zugeschüttet, und so entstanden ab 1870 die zeitgleich angelegten Straßenzüge Humboldstraße und Goethestraße in Richtung Goetheplatz.[9]

Ab 1900[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als an der Humboldtstraße um 1900[1] endlich die Königliche Militärlehrschmiede errichtet wurde[2] als Nachfolgerin der ehemaligen Schmiede auf dem Ravelin,[6] bezog sich der Zusatz „königlich“ nicht mehr auf König Georg V. von Hannover, sondern auf die Herrschaft des Königreichs Preußen.[10] Die Lehrschmiede an der Humboldstraße wurde Teil eines sich immer weiter ausbreitenden militärischen Komplexes: Von den frühen Anlagen rund um den Waterlooplatz und vor dem Leineschloss[11] zog sich durch die „Haupt- und Residenzstadt“ der preußischen Provinz Hannover[10] ein Gürtel militärischer Einrichtungen; über die Militär-Bekleidungs-Kommission[12] und das Militärhospital in der Adolfstraße[13] über die Lehrschmiede in der Humboldtstraße und die an der dortigen Ecke Calenberger Straße schon zuvor errichtete Intendantur,[14] weiter über die 1896 Garnisonkirche am Goetheplatz[15] und bis zu der schon 1866 nach Hannover verlegten Kavallerieschule im Marstall Am Hohen Ufer, der Artilleriekaserne am Steintor und der späteren Anlagen in Vahrenwald.[16]

Die Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg überstand zumindest das Verwaltungsgebäude der Militärlehrschmiede an der Humboldtstraße. In den 1970er Jahren wurde der Bau unter Denkmalschutz gestellt.[1] Er wurde jedoch zugunsten des 1996 bis 1998 errichteten Gebäudekomplexes der Calenberger Esplanade abgerissen.[3] Erhalten hat sich in seiner Symmetrieachse[3] die ehemalige Militär-Bekleidungs-Kommission, später Hilfslazarett[17] und heutige Deutsche Angestellten-Akademie.[3] In der Namensgebung nimmt die Calenberger Esplanade Bezug auf die Esplanade, bei der es sich um die ehemals als Schussfeld dienende freie Fläche handelte, die auch als Parade- und Waffenplatz diente.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Arnold Nöldeke: Militärakademie und Generalstabsakademie. In: Stadt Hannover. Die Kunstdenkmale der Stadt Hannover, Teil 1, Denkmäler des „alten“ Stadtgebietes Hannover, Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover Bd. 1, H. 2, Teil 1, Hannover, Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Schulzes Buchhandlung, 1932 (Neudruck Verlag Wenner, Osnabrück 1979, ISBN 3-87898-151-1) Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, hrsg. von der Provinzial-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Denkmäler der Provinz Hannover, S. 392.
  • Ilse-Rüttgerodt-Riechmann: Die nordwestliche Vorstadt Glocksee. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, [Bd.] 10.1, ISBN 3-528-06203-7, S. 94f., sowie Calenberger Neustadt, in der Anlage Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege), Stand: 1. Juli 1985, Stadt Hannover, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Institut für Denkmalpflege, S. 6, in: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland ...

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Militärlehrschmiede (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Ilse-Rüttgerodt-Riechmann: Die nordwestliche Vorstadt Glocksee ...
  2. a b Angaben analog zu dieser Ansichtskarte
  3. a b c d Achim Brandau: Calenberger Esplanade (Memento des Originals vom 14. März 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/calenberger-neustadt.de, in: Der Blaue Faden, Webseite der Calenberger-Neustadt.de
  4. a b c d e Arnold Nöldeke: Militärakademie und Generalstabsakademie ...
  5. a b c Helmut Knocke: Stadtbefestigung. In: Stadtlexikon Hannover, S. 585
  6. a b c Stadtplan 1834
  7. Georg Ruppelt (Hrsg.): Von der Büchersammlung zur Bibliothek. Regimentsbibliotheken im 18. und 19. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderbände, Sonderband 93, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann GmbH, 2008, ISBN 978-3-465-03580-0, insbesondere S. 49, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  8. Klaus Mlynek: Deutscher Krieg 1866. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 130.
  9. Helmut Zimmermann: Goethestraße und Goetheplatz sowie Humboldtstraße. In: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover, Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 94, 122
  10. a b Klaus Mlynek: Hauptstadt(funktion). In: Stadtlexikon Hannover, S. 274
  11. Eva Benz-Rababah: Waterlooplatz. In: Stadtlexikon Hannover
  12. Helmut Knocke: Militär-Bekleidungs-Kommission. In: Stadtlexikon Hannover, S. 443
  13. Rainer Kasties (M.A.): Militärhospital Hannover. In: Stadtlexikon Hannover, S. 443
  14. Stadtplan 1888 mit der „Kgl. Intendant.“ an der Calenberger Straße
  15. Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): Garnisonkirche, in: Hannover Chronik
  16. Helmut Knocke: Kavallerieschule. In: Stadtlexikon Hannover, S. 343
  17. Ilse-Rüttgerodt-Riechmann: Adolfstraße und der angrenzende Bereich. In: Denkmaltopographie ..., S. 94

Koordinaten: 52° 22′ 9,3″ N, 9° 43′ 24,3″ O