Nachrichtentruppe von Wehrmacht und Waffen-SS
Die Nachrichtentruppe, im sinne von Fernmeldetruppe, war eine Truppengattung des Heeres der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS, welche zur Einrichtung und Betrieb der Nachrichtenverbindungen, insbesondere von Fernsprech- und Funkverbindungen aufgestellt wurde.
Sie gehörte gemäß Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 14. Oktober 1942 zu den fechtenden Truppen der deutschen Wehrmacht un der Waffen-SS bis 1945.
Die 1935 der Nachrichtentruppe zugeteilte Waffenfarbe (Wehrmacht) und Waffenfarbe (Waffen-SS war Zitronengelb. Die Waffenfarbe der Luftnachrichtentruppe der Luftwaffe hingenen war "braun".
Nachkriegsentwicklun
Sowohl die Waffenfarbe Zitronengelb als auch die Bezeichnung Nachrichtentruppe wurden in der NVA der DDR bis 1990 beibehalten.
Die Deutsche Bundeswehr hingegen änderze die Bezeichnung in Fernmeldetruppe, behielt jedoch die Waffenfarbe Zitronengelb unverändert bei.
Vorgeschichte: Erster Weltkrieg und Reichswehr
Vorläufer der deutschen Nachrichtentruppe war die 1899 als eigene Truppengattung gebildete Telegrafentruppe. Telegrafenbataillone, Festungs- und Armee-Fernsprechabteilungen wurden bereits im Ersten Weltkrieg 1917 erstmals zur Nachrichtentruppe zusammengefasst.[1] Zur Nachrichtenübermittlung wurden neben Funk- und Fernsprechverbindungen sowie den neu entwickelten Fernschreibern auch Brieftauben und Heliographen verwendet. Während des Ersten Weltkrieges erfuhr insbesondere die Funktelegrafie zunehmende Bedeutung. So erfolgte 1915 der erste Einsatz von Tastfunkgeräten durch die Fliegertruppe zur Artilleriebeobachtung. 1916 operierten bereits an vorderster Linie erste mit mobilen Funkgeräten ausgerüstete Funktrupps.
In der Reichswehr war ab 1921 jeder Division eine Nachrichtenabteilung mit zwei Kompanien unterstellt. Neben Funk- und Fernsprechverbindungen wurden weiterhin auch Brieftauben zur Nachrichtenübermittlung verwendet. Ab 1930 wurden zur Verschlüsselung geheimer Nachrichten erstmals automatische Enigma-Chiffriermaschinen verwendet.
Nachrichtentruppe der Wehrmacht
Aufstellung
Im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht erfolgten die ersten streng geheimen Aufrüstungsmaßnahmen bereits im Frühjahr 1933 mit der Aufstellung neuer Abteilungen bzw. zweiter Funkkompanien bei bestehenden Abteilungen, der Erhöhung der Anzahl der zum 1. April 1933 eingestellten Offiziersanwärter auf das Achtfache und deren zahlenmäßigen Verstärkung des Offiziers- und Unteroffizierskorps durch ehemalige Nachrichtensoldaten und deren lehrgangsmäßigen Vorbereitung.[2] Ab 1934 entstanden so aus den bisherigen Nachrichtenabteilungen die notwendigen Kader für die Aufstellung zahlreicher neuer Verbände, wobei die Divisionen der Wehrmacht jeweils eine Nachrichtenabteilung erhielten. Die Nachrichtentruppe fächerte währenddessen stetig ihr Fähigkeitsspektrum weiter aus; sie verfügte nun über leichte, mittlere und schwere Fernsprechtrupps, Fernsprechanschluss- und –betriebstrupps, Telegraphenbautrupps, leichte und schwere Funktrupps, Kleinfunktrupps, Funksprech- und Funk-Horchtrupps, Patrouillenfunktrupps, Schlüssel- und Auswertetrupps und Sammlerladetrupps.
Die Ausbildung der Nachrichtentruppe erfolgte ab 1935 an der Heeres- und Luftnachrichtenschule, ab 1936 Heeresnachrichtenschule in Halle-Dölau. Als Kommunikationszentren wurden zwei zentrale Bunkeranlagen in Zossen und in Ohrdruf errichtet.
Fachlich wurde die Nachrichtentruppe durch den Inspekteur der Nachrichtentruppen im Oberkommando des Heeres geführt, die einzelnen Verbände und Einheiten unterstanden den jeweiligen Befehlshabern und Kommandeuren des Feldheeres.
Gliederung und Stärke
Bei Beginn des Krieges verfügte die Nachrichtentruppe über
- 104 Divisions-Nachrichten-Abteilungen mit Stab, Fernsprech-Kompanie, Funk-Kompanie und leichter Nachschub-Kolonne
- 23 Korps-Nachrichten-Abteilungen mit Fernsprech-Kompanie, Funk-Kompanie, zwei Fernsprech-Funk-Kompanien und leichter Nachschub-Kolonne
- 10 Nachrichten-Regimentern und 12 Feld-Nachrichtenkommandanturen auf Ebene Armee und Heeresgruppe mit Stab, einer I. Abteilung (Betrieb) mit einer Fernsprech- und einer Funk-Kompanie sowie einer II. und III. Abteilung (Bau) jeweils mit einer Betriebs- und drei Bau-Kompanien
- 7 Horch-Kompanien zur Funkaufklärung
- 45 selbständige Feldfernkabelbau-, Fernsprechbetriebs- und Fernsprechbaukompanien;
- 14 Nachrichten-Ersatzabteilungen
Hinzu kamen auf Einheitsebene die Nachrichtenstaffeln der fechtenden Truppe wie z. B. in der Artillerie- oder der Nebeltruppe. Diese gehörten nicht zur Nachrichtentruppe, sondern waren in die Verbände und Einheiten integriert und unterstanden dem Kommando der jeweiligen Kompanien, Batterien und Schwadronen.
Die Propagandatruppe war bis 1942 ebenfalls Teil der Nachrichtentruppe, wurde dann jedoch zu einer eigenständigen Truppengattung.
Im Zuge der Bildung weiterer Großverbände kam es im Verlaufe des Krieges zu zahlreichen Neu- und Ersatzaufstellungen sowie zur Aufstellung selbständiger Nachrichtenkompanien oder Spezialeinheiten, darunter Blankdraht-Baukompanien, Dezimeter-Richtverbindungskompanien, Trägerfrequenz-Kompanien, Durchgangsvermittlungs-Betriebskompanien und Fernsprech-Instandhaltungskompanien.
Einsatz im Zweiten Weltkrieg
Der Inspekteur und General der Nachrichtentruppe Erich Fellgiebel, 1944 hingerichtet aufgrund seiner Beteiligung am Attentat vom 20. Juli 1944 gegen Adolf Hitler, wurde mit der Äußerung zitiert: „Die Nachrichtentruppe hat es schwer. Sie stinkt nicht, sie knallt nicht, dass es sie überhaupt gibt, merken die meisten Leute erst, wenn sie nicht mehr funktioniert.“[3]
Gerade die weiträumigen Operationen der Wehrmacht erforderten in Zusammenarbeit mit der Reichspost den Aufbau und Betrieb eines von der Ostsee bis nach Nordafrika gespannten weitverzweigten Kabelgrundnetzes und die entsprechende Bewältigung großer Reichweitenprobleme. Fellgiebel stellte drei spezialisierte Führungs-Nachrichtenregimenter auf, die mit Hilfe der Trägerfrequenztechnik die Verbindungen über größte Entfernungen sicherten. Dieses aus Drehkreuz- und Felddauerlinien, später auch aus unbespulten Fernkabeln bestehende Verbindungsnetz war vor allem in der zweiten Kriegshälfte durch Sabotage, durch Partisanen und die Rückzugsbewegungen bedroht. Generalstabschef Franz Halder, der im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger beim Kriegsausbruch 1914 die strategische Bedeutung militärischer Nachrichtenverbindungen richtig eingeschätzt hatte, hatte den sowohl als „As der Nachrichtentruppe“ verehrten wie auch abschätzig als „Strippenpapst“ titulierten Fellgiebel im Frühjahr 1939 ins Amt berufen und ihn dann soweit in die Operationsplanung einbezogen, dass der Inspekteur der Nachrichtentruppe auf seinem Gebiet Organisation, Technik und Einsatz erfolgreich vorbereiten konnte. Fellgiebel gelang es, mit seiner Truppe im Verlauf des Krieges ein engmaschiges, über deutsches und okkupiertes Gebiet überlagernd gespanntes Kommunikationsnetz aufzubauen, das robust alle Störungen auffangen und kompensieren konnte; wurden Kabel durch kriegsbedingt zerstört, so ließen sich sofort Ersatz-Verbindungen schalten.[4] Fellgiebels Nachfolger General der Nachrichtentruppe Albert Praun schrieb darüber:
„Die Amerikaner ließen sich in Süddeutschland (nach dem Krieg) unsere Drehkreuzachse mit Vielfachausnutzung vorführen. Sie sagten, das alles sei Schwindel. Sie hatten Ihre Technik nicht, wie wir aus bitterem Zwang, so weit entwickelt. Die Telegraphenstangen, die sie mi ihren Holzquerträgern und Glasisolatoren über den Atlantik brachten, hielten wir später als ‚Christbäume‘ für Produkte der Steinzeit.“[5]
Bis Anfang 1945 blieb das umfangreiche Nachrichtennetz der Wehrmacht funktionsfähig. So fielen nach dem Abschneiden der Heeresgruppe Nord im Kurland-Kessel zwar alle Fernmeldeleitungen zwischen Riga und dem Führerhauptquartier in Rastenburg aus, aber die Heeresgruppe Nord behielt dennoch einen Draht zum 300 Kilometer Luftlinie entfernten Führerhauptquartier. Fernschreiben und Ferngespräche gelangten nun per Land- und Seekabel über die rund 4500 Kilometer lange Strecke Rastenburg – Berlin – Hamburg – Dänemark – Oslo – Narvik – Petsamo – Rovaniemi – Helsinki – Reval – Riga in das Hauptquartier der Heeresgruppe. Albert Praun bezeugte „Die Sprachverständigung … war zwar dünn, aber ausreichend; die Fernschreibverbindung sicher. Das war eine der Glanzleistungen der deutschen Nachrichtentruppe.“[4]
Unentdeckt blieb jedoch die entscheidende Schwachstelle des deutschen Nachrichtenwesens: Es gelang der britischen Funkaufklärung ab 1940 mit einer Geheimoperation unter dem Decknamen Ultra mit steigendem Erfolg, die deutschen Funksprüche durch das Knacken der „Enigma“-Verschlüsselung zu dechiffrieren, was den Alliierten das „Mitlesen“ aller strategisch-taktischen Nachrichten von deutscher Seite ermöglichte und ihnen damit einen kriegsentscheidenden Vorteil verschaffte.
Dem Zusammenbruch im Frühjahr 1945, bei dem sich deutsche Heeresverbände bereits in verschiedene, voneinander isolierte Gruppierungen auflösten, konnte von den übriggebliebenen Führungs-Nachrichtenregimentern noch notdürftig durch ergänzende Leitungsbauten und spezielle Schaltungen begegnet werden. Am 20. April 1945 musste schließlich der zentrale unterirdische Nachrichtenbunker „Zeppelin“ in Zossen angesichts anrollender sowjetischer Panzer abgeschaltet und fluchtartig geräumt werden.
Bilder aus dem Einsatzgeschehen
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Nachrichtensoldat in gepanzertem Funkwagen Sd.Kfz. 250/5
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Fernsprechtrupp in Lappland
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Funker im Einsatz, Warschauer Aufstand 1944
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„Enigma“-Chiffriergerät der 7. Panzerdivision, Ostfront 1941
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Funkgerät in der Instandsetzung, 1943
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Nachrichtenhelferinnen einer Vermittlungsstation, Frankreich 1944
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Aufnahme eines Funkspruchs, Warschau 1944
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Feldkabelbautrupp der Fallschirmjäger, Frankreich 1944
Tradition
Nachdem bereits seit 1918 Kameradschaften der Nachrichtentruppen bestanden, wurde 1961 in Bonn auf Anregung des ehemaligen Generals der Nachrichtentruppe Albert Praun der Fernmeldering e. V. gegründet. Dieser versteht sich seitdem als „Zusammenschluss von Angehörigen der ehemaligen Telegrafen- und Nachrichtentruppe, aktiven und ehemaligen Angehörigen der Fernmeldetruppe der Bundeswehr sowie aller, die sich dem Fernmeldewesen und dem Führungsdienst verbunden fühlen.“[6]
Quellen
Literatur
- Hans-Georg Kampe: Die Heeres-Nachrichtentruppe der Wehrmacht 1935–1945. Dörfler-Verlag, 2003. ISBN 3-89555-098-1.
- Albert Praun, Hella Praun: Albert Praun – Ein deutsches (Soldaten-) Leben 1894–1975. Kastner-Verlag, 2004. ISBN 3-937082-22-0.
Weblinks
- Hans-Georg Kampe Einsatz und Ende der Heeres-Nachrichtentruppe der Wehrmacht, aufgerufen am 20. Mai 2012
- Entwicklungsgeschichte militärischer Drahtnachrichtentechnik bei Reichswehr, Wehrmacht und Bundeswehr 1896–1965, aufgerufen am 21. Mai 2012
- Museum für historische Wehrtechnik, aufgerufen am 21. Mai 2012
Einzelnachweise
- ↑ Kaiserlicher Erlass zur „Neuordnung des Nachrichtenwesens“ vom 18. Juli 1917, nach Hans-Georg Kampe: Das militärische Fernmeldewesen in Deutschland, aufgerufen am 20. Mai 2012
- ↑ Hans-Georg Kampe: Das militärische Fernmeldewesen in Deutschland, aufgerufen am 20. Mai 2012
- ↑ zitiert gem. Hans-Georg Kampe: Das militärische Fernmeldewesen in Deutschland, aufgerufen am 20. Mai 2012.
- ↑ a b Letzter Glanz. In: Der Spiegel. Nr. 19, 1967, S. 64–66 (online – 1. Mai 1967).
- ↑ Martin Benson Fernmeldetechnik, aufgerufen am 21. Mai 2012
- ↑ Fernmeldering e. V., aufgerufen am 20. Mai 2012