Osmium(VIII)-oxid

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Kristallstruktur
Struktur von Osmiumtetroxid
_ Os8+ 0 _ O2−
Kristallsystem

monoklin

Raumgruppe

C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15

Gitterparameter

a = 938 pm, b = 452 pm, c = 863 pm, β = 116,58°

Allgemeines
Name Osmium(VIII)-oxid
Andere Namen
  • Osmiumtetroxid
  • Osmiumsäure
Verhältnisformel OsO4
Kurzbeschreibung

farblose, monokline Nadeln[1] mit stechendem Geruch[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 20816-12-0
EG-Nummer 244-058-7
ECHA-InfoCard 100.040.038
PubChem 30318
Wikidata Q422021
Eigenschaften
Molare Masse 254,23 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[2]

Dichte

4,91 g·cm−3[3]

Schmelzpunkt

40 °C[3]

Siedepunkt

130 °C[3]

Dampfdruck

10 hPa (20 °C)[3]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300+310+330​‐​314
P: 260​‐​270​‐​280​‐​303+361+353​‐​304+340+310​‐​305+351+338[2]
MAK

Schweiz: 0,2 μl·m−3 bzw. 2 μg·m−3 (berechnet als Osmium)[5]

Toxikologische Daten

15 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[3]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−386 kJ·mol−1[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Osmium(VIII)-oxid (auch: Osmiumsäure) ist das Oxid des Elementes Osmium in seinem höchsten Oxidationszustand (+8).

Darstellung und Gewinnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Osmium(VIII)-oxid wird durch Oxidation aus Osmium oder von Osmiumlösungen mit Salpetersäure oder Natriumperoxodisulfat in Schwefelsäure hergestellt. Wegen seiner Flüchtigkeit und Giftigkeit kommt es in Ampullen eingeschmolzen in den Handel.

1 g Osmiumtetroxid in einer Ampulle

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Physikalische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Osmium(VIII)-oxid bildet blassgelbe Kristalle mit einem sehr niedrigen Schmelzpunkt von 40 °C und einem Siedepunkt von 130 °C. Diese Verbindung besitzt einen durchdringenden ozonähnlichen Geruch (altgriechisch ὀσμή osmē „Geruch, Gestank“), was die Namensgebung für das Metall Osmium erklärt. Osmium(VIII)-oxid besitzt eine monokline Kristallstruktur mit der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15. Die Gitterparameter sind a = 938 pm, b = 452 pm, c = 863 pm und β = 116,58°.[7] Es löst sich nur mäßig in Wasser, jedoch sehr gut in Tetrachlorkohlenstoff CCl4.

Chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Osmium(VIII)-oxid ist ein starkes Oxidationsmittel und reagiert mit reduzierenden und brennbaren Stoffen. Es wird leicht durch organische Verbindungen zu schwarzem Osmium(IV)-oxid reduziert.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der organischen Synthese kann es verwendet werden, um Alkene zu Diolen zu oxidieren (Dihydroxylierung). Dabei entsteht stereoselektiv ein Diol mit cis-ständigen OH-Gruppen. Da das Reagens sehr teuer und giftig ist, wurden die Reaktionsbedingungen inzwischen so verbessert, dass Osmium(VIII)-oxid nur in kleinen Mengen als Katalysator erforderlich ist, während Wasserstoffperoxid oder N-Methylmorpholin-N-oxid als Oxidationsmittel wirken.[8]

Osmolyse
Osmolyse

Für die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) wird typisch 1%ige[9] Osmiumtetroxidlösung zum Nachfixieren und Kontrastieren von Proben aus biologischem Material verwendet. Insbesondere Lipide werden dabei optisch schwarz angefärbt.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 6. April 2004 berichtete die amerikanische Nachrichtenagentur ABC News, dass der britische Geheimdienst glaubte, einen Bombenanschlag unter Verwendung dieser Substanz vereitelt zu haben. Andere Quellen bezweifeln diese Darstellung, da Osmium(VIII)-oxid trotz seines hohen Schadenspotenzials für die Verwendung als Giftgas zu teuer sei.

Am 27. Mai 2011 ereignete sich ein Unfall an der Universitätsklinik Magdeburg: Eine Flasche mit 20–50 ml 2-%-Osmiumtetroxid-Lösung ging zu Bruch. Personen kamen dadurch nicht zu Schaden, das Haus 1 musste jedoch teilweise evakuiert werden. Die Feuerwehr reinigte den Unfallort.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Eintrag zu Osmiumtetroxid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 18. Juli 2011.
  2. a b c d e Eintrag zu Osmium(VIII)-oxid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c d e f Datenblatt Osmium(VIII)-oxid bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
  4. Eintrag zu Osmium tetraoxide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 20816-12-0 bzw. Osmium(VIII)-oxid), abgerufen am 2. November 2015.
  6. A. F. Holleman, N. Wiberg: Anorganische Chemie. 103. Auflage. 2. Band: Nebengruppenelemente, Lanthanoide, Actinoide, Transactinoide. Walter de Gruyter, Berlin / Boston 2016, ISBN 978-3-11-049590-4, S. 1975 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. B. Krebs, K. Hasse: Refinements of the crystal structures of KTcO4, KReO4 and OsO4. Bond lengths in tetrahedral oxo-anions and oxides of d0 transition metals. In: Acta Crystallographica Section B. Band 32, 1976, S. 1334–1337, doi:10.1107/S056774087600530X.
  8. V. VanRheenen, D.Y. Cha, W.M. Hartley: Catalytic Osmium Tetroxide Oxidation of Olefins: cis-1,2-Cyclohexanediol In: Organic Syntheses. 58, 1978, S. 43, doi:10.15227/orgsyn.058.0043; Coll. Vol. 6, 1988, S. 342 (PDF).
  9. Eva-Maria Rottmayr: Licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen der Tunika von Cystodytes dellechiajei DELLA VALLE. Dissertation, München 2001, S. 28.
  10. Uni Magdeburg (Hrsg.): UMMD – intern. Fakultätsratsinfo. Nr. 5, 2011 (uni-magdeburg.de [PDF; 763 kB; abgerufen am 21. Mai 2016]).