Pedro Marieluz Garcés

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Darstellung der Erschießung des Kamillianerpaters Pedro Marieluz.

Pedro Marieluz Garcés (auch Petrus Marielux; * 1780 in Tarma, Peru; † 23. September 1825 in Callao, Peru)[1] war ein peruanischer römisch-katholischer Ordenspriester und gilt als Märtyrer des Beichtgeheimnisses.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pedro Marieluz wurde im ersten Drittel des Jahres 1780 in Tarma als Sohn wohlhabender Eltern geboren. Er trat als 16-Jähriger in den Orden der Kamillianer ein und wurde nach zweijährigem Noviziat und anfänglicher Abweisung durch die Oberen nach Einschaltung eines Anwalts zu den Ordensgelübden zugelassen, die er am 10. August 1798 im Convento de la Buenamuerte, dem Hauptkloster der Kamillianer in Lima, ablegte. Am 28. Juni 1806 wurde er zum Priester geweiht und in den Kamillianerkonvent an der Kirche Santa Liberata in Rímac, einem Außenbezirk Limas, versetzt.

Kriegsteilnahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Unabhängigkeitskrieg stand Pater Pedro Marieluz auf Seiten der Royalisten und schloss sich nach dem Einzug der chilenisch-argentinischen Expeditionstruppen unter José de San Martín nach Lima im Juli 1821 dem Heer des spanischen Vizekönigs José de la Serna an, der sein Hauptquartier in Cuzco errichtet hatte. Auch ein Onkel Pedros gehörte als Oberleutnant zu einer Gardeeinheit des Vizekönigs. Wie auch einige seiner Mitbrüder wurde Pedro Marieluz zum Militärkaplan ernannt. Mit den spanischen Truppen nahm er an verschiedenen Militäroperationen teil und war beim Sieg von Ica am 7. April 1822 bei der royalistischen Armee unter General José de Canterac anwesend. Mit dessen Heer kehrte Marieluz im Juni 1823 kurzzeitig nach Lima zurück, wo er die Plünderungen vor der neuerlichen Aufgabe der Stadt durch die Spanier miterlebte.

Peru war zu dieser Zeit zweigeteilt: Das Küstengebiet mit Lima und Callao befand sich in der Hand der republikanischen Regierung, während der Süden und das Bergland unter spanischer Kontrolle verblieben. Erst die Ankunft großkolumbianischer Kräfte unter Simón Bolívar und Antonio Sucre in Callao im September 1823 brachte die militärische Entscheidung und führte zum endgültigen Erfolg der peruanischen Patrioten.

Im Februar 1824 brachten loyalistischen Kräfte die Hauptstadt nach einer royalistischen Revolte unter den Besatzungen der Forts noch einmal in spanischen Besitz. Der spanische Brigadier José Ramón Rodil Campillo, zu dessen Division der Kamillianerpater gehörte, besetzte die Festungen von Callao und errichtete ein hartes Militärregime in der Umgegend. Nach der entscheidenden Niederlage der Royalisten in der Schlacht bei Ayacucho am 9. Dezember 1824 und der anschließenden Kapitulation des spanischen Vizekönigs schlossen sich die letzten spanischen Verbände, die sich nicht ergeben wollten, unter Rodils Führung in der Fortaleza del Real Felipe in der Bucht von Callao ein und wurden von einem independentistischen Heer unter General Bartolomé Salom belagert. Mit der Übergabe dieser Festung nach fast vierzehnmonatiger Belagerung am 23. Januar 1826 endete die spanische Präsenz in Südamerika.

Tod in Callao[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pater Marieluz befand sich als Festungsgeistlicher unter den Eingeschlossenen. Während der Belagerung entwickelte sich unter den zermürbten Soldaten, die in aussichtsloser Lage auf Entsatz aus Spanien hofften, ein von Entbehrung, Anspannung und gegenseitigem Misstrauen geprägtes Klima, da ständig mit Überläufern und Verrätern gerechnet werden musste. In der Endphase der Belagerung entschlossen sich offenbar einige Offiziere zu einer Revolte gegen den Festungskommandanten José Ramón Rodil, um zu desertieren oder den Platz gegen dessen Willen an die Belagerer zu übergeben. Berichten zufolge kam es zu einer Denunziation, die dann zur Erschießung mehrerer Beschuldigter sowie des Kamillianerpaters Pedro Marieluz auf Befehl des Kommandanten Rodil führte. Das Todesdatum Marieluz’ wird meist im September 1825 angegeben.[2]

Ramón Rodil wurde von König Ferdinand VII. mit dem Titel eines Feldmarschalls geehrt und nach seiner Rückkehr nach Spanien 1831 geadelt. Er war christinischer Heerführer im Ersten Carlistenkrieg, wurde in den 1830er Jahren spanischer Kriegsminister und unter der Regentschaft Baldomero Esparteros kurzzeitig Regierungschef Spaniens.

Überlieferung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeugnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die Grausamkeit und Entschlossenheit des als unduldsam und tyrannisch geschilderten Rodil und über seinen irrational anmutenden Durchhaltewillen als Befehlshaber der eingeschlossenen Brigade in Callao kursierten bereits in den Jahrzehnten nach 1826 anekdotische (oft übertriebene) Schilderungen und Gerüchte in der internationalen Presse. Sie machten sich besonders an den brutalen Maßnahmen kurz vor Beginn der Kapitulationsverhandlungen (etwa um die Jahreswende 1825/26) fest, als die Eingeschlossenen praktisch keinerlei Vorräte mehr besaßen, Rodil eine Übergabe aber weiterhin strikt verweigerte und zahlreiche aufgabewillige Soldaten als Deserteure erschießen ließ.[3] Auch die jüngste quellenkritische Untersuchung des Ablaufs der Belagerung hält an der von dem spanischen Militärhistoriker Verardo García Rey 1930 bestätigten Rekonstruktion fest,[4] wonach die Aufdeckung einer Meuterei mehrerer Hauptleute und deren Erschießung in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 1825 stattfand.[5] Marieluz taucht in diesen, teils auf Rodils eigenen Erinnerungen aufbauenden Darstellungen allerdings nicht auf, sodass nicht völlig geklärt ist, ob der Priester tatsächlich im Zuge der Niederschlagung dieser Revolte oder möglicherweise schon vorher (vielleicht im September) aus anderem Anlass erschossen wurde.

Im Vorfeld eines 1887 auf Betreiben des Kamillianerordens im Erzbistum Lima eröffneten Seligsprechungsprozesses wurden fünf Zeugen vernommen, die Pedro Marieluz noch gekannt hatten; davon zwei Familienangehörige und drei Augenzeugen, die zur eingeschlossenen Besatzung der Festung gehört hatten. Ihre Aussagen bestätigen, dass der Kamillianerpater von den Soldaten als Priester und Seelsorger geschätzt wurde und sein Tod damit zusammenhängt, dass er zwei aufständischen Offizieren[6] die Beichte abgenommen und der Kommandant Rodil Informationen über deren Inhalt verlangt habe. Darum sei Pedro Marieluz von vielen als Heiliger betrachtet worden.

Ricardo Palma[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der peruanische Schriftsteller Ricardo Palma überliefert in seiner zuerst am 15. Mai 1886 in der Zeitung Nacional in Lima veröffentlichten Erzählung[7] El secreto de confesión („Das Beichtgeheimnis“) einige Einzelheiten des Geschehens, die historisch allerdings nur zum Teil gesichert sind und in der für Palma typischen Mischung aus Fiktion und Geschichtsschreibung dargeboten werden. Demnach wurde die Verschwörung verraten und Rodil erhielt am Nachmittag des 23. September 1825 die Mitteilung, für neun Uhr abends sei ein Attentat unter Führung seines Majors Montero auf ihn geplant. Er ließ die mutmaßlichen Verschwörer umgehend verhaften und verhören, aber alle leugneten hartnäckig die Existenz einer Verschwörung. Rodil entschied trotzdem, alle Verdächtigen um neun Uhr, also zu der Zeit, zu der das Attentat hätte ausgeführt werden sollen, erschießen zu lassen. Drei Stunden vor dem Termin rief Rodil den Festungsvikar Pater Marieluz, damit er die dreizehn Verurteilten[6] auf den Tod vorbereite und ihnen die Beichte abnehme.

Unmittelbar nach der Hinrichtung der Verschwörer kamen Rodil Palma zufolge Zweifel, ob er tatsächlich alle Beteiligten des Komplotts entdeckt hatte. Er habe Marieluz daher zu sich rufen lassen, da er davon ausging, dass diesem das gesamte Ausmaß der Konspiration von den Hingerichteten vor ihrem Tod offenbart worden sein müsste. Nachdem der Geistliche jegliche Auskunft über den Inhalt der Bekenntnisse unter Hinweis auf das Beichtgeheimnis abgelehnt hatte, stellte Rodil ihn vor die Wahl, entweder auszusagen oder selbst wegen Befehlsverweigerung erschossen zu werden. Pedro Marieluz blieb jedoch bei seiner Weigerung und wurde daraufhin auf Befehl Rodils von vier Füsilieren unter dem Kommando des Hauptmanns Iturralde erschossen.

Ikonographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phantasiedarstellung des Märtyrers mit ikonografischen Attributen: Stola und Palmen

Vor seinem Tod soll er sich auf Anordnung der Schergen oder einer eigenen Eingebung folgend in einen der im Hof bereitgestellten Särge gelegt oder so hingekniet haben, dass er von den Kugeln getroffen gleich in den Sarg fiel. Diese Darstellung findet sich auf einem Holztafelbild aus dem Jahr 1887, das im Konvent der Kamillianer im Stadtteil Barrios Altos von Lima erhalten ist.

Ansonsten wird Pedro Marieluz als bartloser oder kurzbärtiger Ordensmann sehr ähnlich dem heiligen Kamillus von Lellis im Ordenshabit der Kamillianer (schwarze Soutane mit aufgenähtem blutroten Stoffkreuz auf der Brust, weswegen man die Kamillianer in Lima Kruziferarier, also „Kreuzträger“ nannte), manchmal auch mit Chormantel (ebenfalls schwarz mit roten Stoffkreuzen auf den Schultern) gezeigt, wobei er eine violette Beichtstola sowie Märtyrerpalmen als Attribute trägt.

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte vom Martyrium des Kamillianers Pedro Marieluz wurde seit etwa 1890 und bis in die 1920er Jahre hinein gelegentlich in katholischen Blättern nacherzählt,[8] wobei den Darstellungen immer die von Ricardo Palma verfasste volkstümliche Erzählung zugrunde liegt. Über den badischen Pfarrer und Schullehrer Joseph Anton Keller (1840–1916),[9] der die aus dem Italienischen übersetzte deutsche Fassung der Erzählung einem 1886 erschienenen Salzburger Kirchenblatt entnahm und in seine aus der katholischen Presse zusammentragenen und „je hundertweise“ veröffentlichten Beispielreihen aufnahm, fand die Episode auch Eingang in die deutschsprachige katholische Exempelliteratur jener Zeit.[10]

Heutige Verehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb seiner Ordensgemeinschaft wird das Andenken an den Priester gepflegt, so ist das Noviziatshaus der Kamillianer in Lima nach ihm benannt,[11] und sein Seligsprechungsverfahren wird vom Generalpostulator des Ordens weiter betreut.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Generalpostulatur der Kamillianer (Hrsg.): Testimoni di Carità della Famiglia Camilliana. Profili biografici. Edizioni Postulazione Generale Religiosi Camilliani, Rom 2007 (italienisch, Auszüge in spanischer Übers. online).
  • Virgilio Grandi: El convento de la Buenamuerte. 275 años de presencia de los padres camilos en Lima. Bogotá 1985, S. 125–129 (Werknachweis).
  • Ricardo Palma: El secreto de confesión, in: Tradiciones peruanas (Wikisource).
  • Constantin Kempf S.J., Francis Breymann S.J. (Übers.): The Holiness of the Church in the Nineteenth Century. Saintly Men and Women of Our Times. Benziger Brothers, New York 1916, S. 375–377.
    Die Episode von Peter Marielux ist in der deutschen 2. Aufl. des Buches (Die Heiligkeit der Kirche im 19. Jahrhundert. Benziger, Einsiedeln, Waldshut, Köln 1912), die der Übersetzung im Übrigen zugrunde liegt, noch nicht enthalten.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Blogeintrag des spanisch-peruanischen Historikers José Antonio Benito (November 2010, spanisch).

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nekrologium der peruanischen Kamillianer (Memento vom 3. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF; 121 kB), Ausgabe 2009, ohne Seitenzählung (Seite 8/11 der Datei).
  2. Teilweise wird sein Tod erst in den Januar 1826 datiert, also unmittelbar vor Aufgabe der Festung (vgl. Generalpostulatur der Kamillianer (Hrsg.): Testimoni di Carità della Famiglia Camilliana. Profili biografici. Rom 2007), was auch den historischen Rekonstruktionen der Revolte besser entspräche. Das Votivbild im Konvent von Lima nennt als Todesdatum Pedros aber den 23. September 1825.
  3. Vgl. für den deutschsprachigen Raum die Sonntagsbeilage der Allgemeinen Zeitung vom 9. August 1834, S. 1241. Die gleiche Geschichte stand eine Woche zuvor fast wortgleich im Schweizerboten (Beilage zu Nr. 61 vom 2. August 1834, Seite 241).
  4. Verardo García Rey: La defensa del Callao por D. José Ramón Rodil, durante el período comprendido entre la capitulación de Ayacucho y el embarco de Rodil en la "Briton". Imprenta Palomeque, Madrid 1930 (Werknachweis).
  5. Christian Anthony Rodríguez Aldana: Las últimas banderas. Rodil, el Callao y las últimas batallas por la independencia del Perú (1824–1826). UNMSM, Lima 2017, S. 181.
  6. a b Über Anzahl, Rang und Namen der Betreffenden gibt es unterschiedliche Angaben; als führende Person wird meist ein Hauptmann oder Major namens Rafael Montero genannt (vgl. Generalpostulatur der Kamillianer (Hrsg.): Testimoni di Carità della Famiglia Camilliana. Profili biografici. Rom 2007). Auch Rodríguez Aldana nennt in Übereinstimmung mit Rodils Erinnerungen und der älteren Literatur den Artilleriehauptmann Rafael Montero als Anführer der im Dezember aufgedeckten Verschwörung, der ein Vertrauter des Kommandanten gewesen sein soll, dessen Verrat Rodil überrascht und erzürnt habe. Er habe seine Pläne gestanden und drei weitere Hauptleute als Mitverschwörer genannt (Las últimas banderas. UNMSM, Lima 2017, S. 181). Der Dichter Ricardo Palma sprach von dreizehn Hingerichteten und bezeichnete Montero als „Major“. Nach kolportierenden Presseberichten aus den 1830er Jahren wurden ein „Oberst und etwa 120 Offiziere und Gemeine“ erschossen (so der „Schweizerbote“ und ihm folgend die „Allgemeine Zeitung“); alle diese Angaben sind nicht verlässlich.
  7. Vgl. Bolletino Salesiano, Jg. X (1886), Ausgabe 9 (Sept.), S. 110f. (ital. Übers. mit Nachweis der peruanischen Erstveröffentlichung). Die Veröffentlichung in Buchform folgte 1889 (Lima) und 1896 (Barcelona) im Rahmen der siebten Reihe der Tradiciones peruanas von Ricardo Palma (Tradiciones peruanas. Séptima serie: Ropa vieja. Montaner y Simón, Barcelona 1896, S. 157–160).
  8. Beispiele: O Brasil, Rio de Janeiro 1890 (port.); La Lectura dominical, Madrid 1895 (span.); La Croix, Paris 1897 (frz.); Gość Świąteczny, Kattowitz 1908 (poln.); Freeman's Journal, Sydney 1912 (engl.); Amigoe de Curação@1@2Vorlage:Toter Link/resources2.kb.nl (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven), Bonaire, Aruba 1924 (ndl.).
  9. Zu Keller vgl. Wolfgang Brückner: Art. Exempelsammlungen, in: Kurt Ranke u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung Band 4 (Ente – Förster). De Gruyter, Berlin/New York 1984, Sp. 592–626, hier: Sp. 625 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Joseph Anton Keller: Beweise für die segensreichen Wirkungen der heiligen Beichte und Märtyrer des Beichtsiegels. Verlag Anton A. Schmid, Durach 2004, ISBN 978-3-932352-79-9 (Neuausgabe der unter dem Titel Hundertdreißig Beweise von den Segnungen des heiligen Bußsakramentes und Märtyrer des Beichtsiegels: eine Verteidigungsschrift dieses heiligen Sakramentes in Beispielen: nach wahrheitsgetreuen Quellen, ersch. 2. Aufl., Kirchheim 1899), S. 154–156. Die Quellenangabe lautet: „‚Der Missionär‘ (Salzb. Kirchbl., Nr. 42, 1886)“ (S. 156).
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