Pilati

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Wappen der Grafen Pilati von Thassul zu Daxberg

Die Pilati sind ein aus Tassullo im Nonsberg stammendes katholisches Adelsgeschlecht des Fürstbistums Trient, das ab dem 14. Jahrhundert in Erscheinung trat.[1] Eine Nebenlinie der Familie, die Grafen Pilati von Thassul zu Daxberg, lebt heute noch in Österreich, Deutschland und Polen weiter, während die Nachfahren der anderen Linien (Pilati bzw. Pilati di Tassullo) in Trentino-Südtirol (Italien) geblieben sind.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carlantonio Pilati
Palazzo Pilati in Tassullo

Der Nachname Pilati, der mit dieser Familie in Verbindung gebracht wird, taucht zum ersten Mal in einem Dokument aus dem Jahr 1275 auf. In einem Verzeichnis der bischöflichen Besitztümer in Dermulo wird ein gewisser Martino erwähnt, der der Urgroßvater des Nicolò genannt „Pilato“ war,[2] der als Stammvater der um 1370 in Tassullo ansässigen Familie Pilati angesehen wird. Nicolò zog womöglich von Dermulo nach Tassullo, weil er eine reiche Frau aus jenem Dorf heiratete.[2] Im Laufe der Zeit genoss die Familie immer mehr an Ansehen und Reichtum, und das soziale Prestige der Familie wuchs beträchtlich, sodass die Familie Pilati innerhalb weniger Jahre zu einer der wichtigsten Familien in der Umgebung wurde.

Der erste geadelte Pilati war Giovanni Battista 1° Pilati (* 1573), der am 23. Juli 1602 in Prag von Rudolf II. (HRR) einen Adelsbrief erhielt.

Am 13. Februar 1642 adelte der Fürstbischof von Trient Carlo Emanuele Madruzzo die Söhne des oben genannten Giovanni Battista, Nicola und Federico Pilati. Der Adelstitel wurde von Nachfolger des Madruzzo auf dem Bischofsstuhl, Sigmund Alphons von Thun, am 15. Dezember 1670 an Carlo Pilati, Sohn des Nicola, bestätigt. Von diesem Zeitpunkt an gehörten die Pilati dem Kreise der bischöflichen Familiares an.[3] Fürstbischof Francesco Alberti di Poja erneuerte am 10. Juni 1683 abermals diese Würde gegenüber den Söhnen von Carlo Pilati (Carlo Antonio, Giulio, Federico, Nicolò und Giovanni Battista Pilati).[4]

Die Nachkommen dieses Familienzweiges gehörten dem Nonsberger Landadel an. Das berühmteste Familienmitglied war Carlantonio Pilati (1733–1802), unter Napoleon Ministerpräsident des südlichen Tirols, Jurist und Professor in Halle und Leipzig, Philosoph der Aufklärung, Mitglied des Illuminatenorden. Er schrieb folgende Werke: Di una riforma d’Italia, Lettres sur l’Hollande, Briefe aus Berlin, Plan d’une Législation criminelle.[5]

Eine Nebenlinie der Familie, die Grafen Pilati von Thassul zu Daxberg, gehörte dem Beamtenadel an. Sie geht auf Giuseppe Antonio Pilati (1659–1733) aus Tassullo zurück, der nach Österreich auswanderte. Wegen seiner guten Beziehungen zu Joseph I. wurde er stellvertretender Verwalter der vier schlesischen Fürstentümer Brieg, Ohlau, Liegnitz und Jägerndorf. Sein Gönner machte ihn zu seinem ständigen Diener und Begleiter – und auch Geldgeber für die Mobilmachung von Regimenten. 1705 wurde er von Kaiser Joseph I. in den alten Ritterstand der österreichischen Erblande aufgenommen, und am 19. Juni 1707 erwarben er und seine Brüder Giulio und Giovanni Battista Pilati den ungarischen Freiherrenstand. 1710 erhielt Giuseppe Antonio außerdem auch die erbländisch-österreichische Reichsfreiherrenwürde mit Prädikat „von Thassul“, sowie die Herrschaften Schlegel und Königshain in der bis 1763 böhmischen Grafschaft Glatz.

Dem Enkelsohn von Giuseppe Antonio Freiherr Pilati von Thassul, Johann Baptist (1748–1821), verlieh Franz II. im Jahre 1795 die Grafenwürde mit erweitertem Prädikat „von Thassul zu Daxberg“.

Graf Oskar (* 1817), Sohn des 1834 verstorbenen Grafen Anton, war Erbherr der Herrschaft Schlegel im preußischen Landkreis Neurode und unvermählt.[6] Sein Bruder Maximilian (* 1819) hatte seinen Adel niedergelegt. Ein Sohn dieses Maximilian, Eustachius Pilati (* 1870) ist der Verfasser des 1904 erschienenen Benimm- und Anstandbuches Etikette-Plaudereien.

Der Familie gehörte von 1775 bis 1827 das (teil-)namensgebende Schloss Dachsberg in (Prambachkirchen/Oberösterreich), heute befindet sich dort ein vom Salesianer-Orden betriebenes Gymnasium.[7] Durch Erbschaft von den Fürsten Khevenhüller befinden sich seit dem 20. Jahrhundert das niederösterreichische Schloss Riegersburg und die nahegelegene Burg Hardegg im Besitz der Grafen Pilati. Schloss Riegersburg, oder wie es heute genannt wird, Schloss Ruegers, wurde Ende 2021 verkauft und gehört somit nicht mehr den Nachkommen der Grafen Pilati.[8]

Edmund Johann Niemela aus Ratibor diente als königlich-preußischer Hauptmann im Ersten Weltkrieg zuerst im Infanterie-Regiment König Wilhelm I. (6. Württembergisches) Nr. 124, später dann im Infanterie-Regiment Nr. 183, war zuletzt infolge der Verkleinerung des Heeres durch den Versailler Vertrag als Hauptmann außer Diensten entlassen worden.[9] Bald darauf wurde er vom Schriftsteller Eustachius Graf Pilati von Thassul zu Daxberg adoptiert und durfte als 36-Jähriger gemäß Ermächtigung des Preußischen Justizministeriums von Ende November 1920 ausnahmsweise nicht nur den Namen des 60-jährigen Adoptivvaters annehmen, sondern auch seinen eigenen Namen als „Graf Pilati von Thassul zu Daxberg-Niemela“ anfügen.[10] Schon zu Silvester 1920 erhielt er auf eigenen Antrag die Ermächtigung zur Führung des vereinfachten Namens „Graf von Thassul zu Daxberg“.[11]

Eine zweite Adoption durch Eustachius Graf Pilati von Thassul zu Daxberg, die der Lehrerin Klementine Niemela aus Beuthen, wurde spätestens 1936 wegen fehlenden Kindschaftsverhältnisses für nichtig erklärt.[12]

Wappen der Grafen Pilati von Thassul zu Daxberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blasonierung: „Quadrierter Schild. 1 und 4 auf rotem Dreiberg ein einwärtsgekehrter goldener Löwe, in den Pranken einen silbernen Schwan haltend. 2 und 3 in Gold ein schwarzer Flügel, belegt mit dem goldenen Buchstaben „J“. Zwei Helme mit schwarz-goldenen Decken; auf dem rechten der Löwe mit dem Schwan wachsend; auf dem linken ein offener, beiderseits mit dem „J“ belegter schwarzer Flug. Die Decken sind rechts blaugolden und links schwarz-golden.“ Wahlspruch: „Sub umbra alarum tuarum protege nos“. (dt. Unter dem Schatten Deiner Flügel beschütze uns. (Ps 17,8 LUT))

Angehörige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herbert H. Schreiber schreibt in seinem Werk Die grafschaftlich-schlesische Siedlungsgemeinschaft im Kapitel 7: Die Entwicklung der Grundherrschaften zum Geschlecht der Pilatis:
„Die Familie Pilati gehörte zu den vornehmsten, zu den reichsten und vielseitigsten des Fürstentums Trient. Aus ihrem Kreise stammen Mathematiker, Dichter, ein Prätor (von Riva), ein Kapuziner, der im Rufe der Heiligkeit verstarb und ein Reichsritter; ihre verwandtschaftlichen Bindungen reichten bis hinein in den römischen Hochadel.“[13]

Ein öffentlich bekanntes, angeheiratetes Mitglied der Familie ist Kristina Gräfin Pilati von Thassul zu Daxberg, geborene Paul, die bis Anfang 2016 in dritter Ehe mit Rudolf Scharping verheiratet war.

Palazzo Pilati[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Palazzo Pilati in Tassullo war bis zur Auflösung der Gemeinde 2015 Sitz des Rathauses.[14]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pilati – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tullio Corradini: Albero Genealogico Pilati di Tassullo. (PDF) In: dermulo.it. 2021, abgerufen am 9. Mai 2023 (italienisch).
  2. a b Paolo Inama: Nicolò detto Pilato. In: dermulo.it. 2020, abgerufen am 9. Mai 2023 (italienisch).
  3. Privilegio vescovile. In: cultura.trentino.it. Abgerufen am 9. Mai 2023 (italienisch).
  4. Conferma di privilegio vescovile. (PDF) In: cultura.trentino.it. Abgerufen am 9. Mai 2023 (italienisch).
  5. Serena Luzzi: Pilati, Carlantonio. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 83: Piacentini–Pio V. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2015.
  6. Stammbaum des Familienszweiges von Schlegel In: „Rootsweb’s World Connect Project“
  7. Schloss Dachsberg auf burgenkunde.at
  8. Schloss Ruegers: Neue prominente Besitzer. In: noe.orf.at. 11. September 2021, abgerufen am 9. Mai 2023.
  9. Deutscher Offizierbund (Hrsg.): Ehren-Rangliste des ehemaligen deutschen Heeres, Berlin 1926, Seite 999
  10. Abteilung VI.: III. Auszug aus dem Scheinadel-Verzeichnis, In: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang 1923, Seite 392, laufende Nummer 10
  11. Siehe im Adelsnamensermächtigungsmatrikularium (Kapitel X.3.) unter E 33
  12. Abteilung VI.: Nichtigkeit von Adoptionen, IV. Fortsetzung, In: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang 1936, Seite 370, Laufende Nummer 45
  13. Grundherrschaften (Memento vom 24. September 2005 im Internet Archive)
  14. Homepage mit Bildern von Tassullo (Memento vom 11. Januar 2012 im Internet Archive)