Riesendornschrecke

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Riesendornschrecke

Riesendornschrecken (Trachyaretaon carmelae), Pärchen

Systematik
Ordnung: Gespenstschrecken (Phasmatodea)
Familie: Heteropterygidae
Unterfamilie: Obriminae
Tribus: Obrimini
Gattung: Trachyaretaon
Art: Riesendornschrecke
Wissenschaftlicher Name
Trachyaretaon carmelae
Lit & Eusebio, 2005

Die Riesendornschrecke, Große Dornschrecke[1] oder Glatte Gespenstschrecke[2] (Trachyaretaon carmelae, Syn.: Trachyaretaon brueckneri) ist eine Art aus der Ordnung der Gespenstschrecken. Der Name Riesendornschrecke wird gelegentlich auch für die größere Eurycantha calcarata verwendet, welche aber unter dem Namen Dorngespenstschrecke besser bekannt ist. Der deutsche Name ist für Trachyaretaon carmelae insoweit passend, als es sich bei dieser Art um den bisher größten bekannten Vertreter der Unterfamilie Obriminae handelt.

Merkmale

Weibchen erreichen eine Länge von 135 Millimetern. Männchen bleiben mit 75 Millimetern Länge deutlich kleiner. Die in beiden Geschlechtern flügellosen Tiere haben gelbe Augen und sind meist hell- bis dunkelbraun gefärbt. Gelegentlich treten Tiere mit ins rötliche (meist weibliche) oder grünliche (meist männliche) abweichenden Brauntönen auf. Die Hinterränder der Hinterleibssegmente und des Prothorax sind heller, orangebraun oder rosabräunlich gefärbt. Weibchen haben gelegentlich ein oder zwei weiße Hinterleibssegmente und häufig auch kleine weiße Bereiche auf dem Thorax (beispielsweise paarige weiße Flecke auf dem Mesothorax).[2][3] Der Habitus entspricht dem der restlichen Unterfamilie Obriminae. Die seitlichen Ränder von Meso- und Metathorax sind gekielt und deutlich gezackt (gezähnt). Beide Thoraxsegmente werden nach hinten breiter, wobei der Hinterrand des Mesothorax deutlich breiter ist, als der Vorderrand des Metathorax, dessen Hinterrand die breiteste Stelle des Körpers ist. Auf Meso- und Metathorax erhebt sich je ein Paar sehr kurzer Dornen, welche die höchste Stelle des Thorax bilden und von unauffälligeren, kleinen Dornen umgeben sind. Insgesamt sind adulte Tiere weniger bedornt als viele andere Vertreter der Gattung und habe eine relativ glatte und glänzende Körperoberfläche, was den Namen Glatte Gespenstschrecke erklärt.

Vorkommen und Systematik

Trachyaretaon carmelae ist auf den zu den Philippinen gehörenden Babuyan-Inseln heimisch. Ireneo L. Lit, Jr. und Orlando L. Eusebio beschrieben die Art im Jahr 2005 an Tieren, die im Jahr zuvor auf der Insel Dalupiri gesammelt wurden und hinterlegten als Holotypus ein weibliches Tier, sowie diverse Paratypen, darunter auch Männchen, Nymphen und Eier, an der University of the Philippines in Los Baños. Bereits 2003 wurden auf der Nachbarinsel Calayan Tiere gefunden, diese wurden von Oskar V. Conle und Frank H. Hennemann als Trachyaretaon brueckneri beschrieben wurden. Das Artepitheton wurde zu Ehren von Martin Brückner gewählt, einem Münchener Biologen und Freund der Autoren. Ein männliches Tier wurde als Holotypus in der Zoologische Staatssammlung München hinterlegt.[4] Diese Beschreibung wurde aufgrund von Verzögerungen bei deren Veröffentlichung erst 2006 publiziert. Schnell war klar, dass dem von Lit und Eusebio vergebenen Namen der Vorrang zu geben ist, da es sich um Vertreter derselben Art handelt. Zwar wurde Trachyaretaon brueckneri bisher formal nicht synonymisiert,[5] sie wird aber sowohl von den Autoren der Art[3] als auch in jüngeren Arbeiten[6] stets als Trachyaretaon carmelae bezeichnet.

Lebensweise und Fortpflanzung

verschieden gefärbte Nymphen

Die nacht- und dämmerungsaktiven Tiere sitzen meist auf den Nahrungspflanzen. Die adulten Männchen lassen sich oft wochenlang von den Weibchen herumtragen. Fehlen adulte Weibchen, besteigen sie auch die Weibchen anderer Vertreter der Familie Heteropterygidae. Bei der Paarung schiebt das Männchen einen grünlich gefärbten Samenträger (Spermatophore) unter die Subgenitalplatte des Weibchens. Die zylindrischen, etwa fünf Millimeter langen und rund drei Millimeter breiten, dunkelbraunen Eier werden mittels des leicht gebogenen Legestachels (sekundärer Ovipositor) vom Weibchen in den Boden abgelegt. Sie ähneln dem Kot der Tiere und erinnern stark an die der Kleinen Dornschrecke (Aretaon asperrimus), von denen sie sich nur an der schwer zu erkennenden, einem auf dem Kopf stehenden „Y“ ähnelnden Mikropylarplatte unterscheiden lassen. Am Vorderpol der Eier befindet sich ein kreisrunder Deckel (Operculum), welchen die Nymphen bei ihrem drei bis vier Monate nach der Eiablage erfolgendem Schlupf aufdrücken. Die sehr variabel gefärbten Nymphen wachsen in den nächsten sieben Monaten zu erwachsenen Tieren heran. Die Imagines leben dann noch einmal fünf bis acht Monate.[7]

Terraristik

Die Riesendornschrecke stellt an die Haltungsbedingungen im Terrarium keine hohen Ansprüche. Sie lässt sich problemlos mit dem Laub von Brombeeren ernähren. Außerdem werden auch Eichen, Feuerdorn, Efeu und Hasel angenommen. Eine leicht feuchte, einige Zentimeter dicke Bodenschicht oder ein entsprechend gefüllter Blumentopf müssen im Terrarium vorhanden sein, um den Weibchen die Eiablage zu ermöglichen. Temperaturen ab 22 °C und eine Luftfeuchtigkeit von 75 Prozent, welche man durch regelmäßiges Besprühen mit lauwarmem Wasser erreicht, genügen zur Zucht.[7]

Die Art wird von der Phasmid Study Group unter der PSG-Nummer 255 geführt und wurde zunächst bzw. wird weiterhin als Trachyaretaon brueckneri angesprochen,[8] da der Zuchtstamm auf die von Conle und Hennemann eingeführten Tiere zurückgehen, müssen sie korrekt als Trachyaretaon carmelae 'Calayan Island' bezeichnet werden.[3] Von Philip Edward Bragg ist der Biss eines Weibchens in sein Handgelenk dokumentiert worden, ein Verhalten welches für Gespenstschrecken eher außergewöhnlich ist.[9]

Bilder

Commons: Riesendorngespenstschrecke – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Alexander Esch: Stabschrecken, Gespenstschrecken, Wandelnde Blätter: Erfolgreiche Haltung von Phasmiden. Natur und Tier-Verlag, Münster 2012, S. 119–120, ISBN 978-3-86659-221-6
  2. a b Oliver Zompro: Grundwissen Pasmiden – Biologie - Haltung - Zucht. Sungaya Verlag, Berlin 2012, S. 70, ISBN 978-3-943592-00-9
  3. a b c Einordnung von Trachyaretaon brueckneri auf phasmatodea.com von Oskar V. Conle, Frank H. Hennemann, Bruno Kneubühler und Pablo Valero
  4. Frank H. Hennemann & Oskar V. Conle: A new species of Trachyaretaon Rehn & Rehn, 1939 from the Babuyan Islands, Philippines (Phasmatodea: Heteropterygidae, Obriminae, Obrimini), Entomofauna - Zeitschrift für Entomologie, Band 27, Heft 18, 217–228, Ansfelden, 2006, ISSN 0250-4413
  5. Paul D. Brock, Thies H. Büscher & Edward W. Baker: Phasmida Species File Online. Version 5.0./5.0. (abgerufen am 21. März 2021)
  6. Sarah Bank, Thomas R. Buckley, Thies H. Büscher, Joachim Bresseel, Jérôme Constant, Mayk de Haan, Daniel Dittmar, Holger Dräger, Rafhia S. Kahar, Albert Kang, Bruno Kneubühler, Shelley Langton-Myers & Sven Bradler: Reconstructing the nonadaptive radiation of an ancient lineage of ground-dwelling stick insects (Phasmatodea: Heteropterygidae), Systematic Entomology (2021), DOI: 10.1111/syen.12472
  7. a b Roy Bäthe, Anke Bäthe & Mario Fuß: Phasmiden, Schüling Verlag, Münster 2009, S. 229–230 ISBN 978-3-86523-073-7
  8. Phasmid Study Group Culture List (englisch)
  9. Foto eines Bisses in das Handgelenk dokumentiert von Philip Edward Bragg