Föderaler Dienst für die Aufsicht im Bereich der Kommunikation, Informationstechnologie und Massenkommunikation
Föderaler Dienst für die Aufsicht im Bereich der Informationstechnologie und Massenkommunikation — Roskomnadsor — | |
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Stellung der Behörde | Bundesbehörde |
Aufsichtsbehörde(n) | Ministerium für Digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien |
Hauptsitz | Moskau |
Haushalt | 8,5 Milliarden Rubel |
Behördenleitung | Andrey Yurievich Lipov[1] |
Website | https://rkn.gov.ru/ |
Der Föderale Dienst für die Aufsicht im Bereich der Informationstechnologie und Massenkommunikation (russisch Федеральная служба по надзору в сфере связи, информационных технологий и массовых коммуникаций, kurz Роскомнадзор/Roskomnadsor) ist die russische Regulierungs-, Aufsichts- und Zensurbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz.
Die Behörde betreibt Systeme zur Überwachung der Aktivitäten der russischen Bürger im Internet.[2] Sie kann Medien schließen, die binnen eines Jahres mehr als einen Gesetzesverstoß begehen.[3] Dazu zählen auch Verstöße gegen ein Gesetz, welches das Fluchen in Russland verbietet. So wurde im Juli 2015 in einer Literaturrezension der regierungskritischen Nowaja gaseta ein Wort beanstandet, womit der Zeitung eine Schließung von Amts wegen drohte.[4][5] Die Behörde bewilligt und beaufsichtigt Massenmedien und kann auch Internetseiten in Russland blockieren lassen.[6]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Behörde mit Dienstsitz in Moskau wurde im Jahr 2008 gegründet. Vorsitzender bis März 2020 war Alexander Alexandrowitsch Scharow; während einer Kampagne gegen Telegram wurden bis zu 10 Millionen IP-Adressen in Russland blockiert.[7] Nach dem Weggang von Scharow auf seinen Posten als CEO von Gazprom Media soll die Anzahl blockierter Webseiten kurzfristig von nahe 20.000 pro Tag auf Null gefallen sein.[8] Dies fiel allerdings mit der COVID-19-Pandemie zusammen. Andrej Lipow, einer der Initiatoren des Souveränen Runet, welches von der Behörde dank eines im November 2019 in Kraft getretenen Gesetzes gefiltert werden kann, wurde im März 2020 zum neuen Direktor ernannt.[9][10]
Januar 2020 gab die Behörde die Blockierung des E-Mail-Dienstes ProtonMail bekannt.[11][12] Nachdem Roskomnadsor im Dezember 2019 eine Sperre von mailbox.org beantragt hatte, erklärte Mailbox.org im Januar 2020, dass sie sich in einem Rechtsstreit anwaltlich vertreten lasse, da sie das Vorgehen der Behörde als Bestrebung zur Zensur des Internets betrachtet.[13] Im Februar 2020 zog Roskomnadsor den gegen mailbox.org eingereichten Sperrantrag zurück, nachdem sich mailbox.org einverstanden erklärte, die eigenen, öffentlich einsehbaren, Webimpressum-Daten in das russische Telekommunikationsverzeichnis eintragen zu lassen.[14][15]
Bei den Protesten in Russland 2021 wurden Videos zur Unterstützung der Demonstrationen über hundert Millionen Mal abgerufen. Roskomnadsor verstärkte ihre Bemühungen, die Online-Mobilisierung zu unterdrücken; sie drohte Social-Media-Unternehmen bei Verbreitung protestbezogener Inhalte Strafen an. Daraufhin strich das chinesische TikTok rund 38 % der Beiträge, in denen zur Teilnahme an den Demonstrationen aufgefordert wurde. Laut Roskomnadsor entfernte auch der US-Konzern YouTube und das russische Netzwerk VK rund 50 % der gekennzeichneten Inhalte. Das zu Facebook gehörende Instagram entfernte laut der russischen Agentur 17 % seiner protestbezogenen Beiträge. Die Agentur sagte, bei den Beiträgen habe es sich um Aufrufe zur „Teilnahme an illegalen Aktionen“ gehandelt.[16][17][18]
Nachdem YouTube am 28. September 2021 die deutschen Kanäle von RT sperrte, drohte Russland im Gegenzug mit der Sperre von YouTube in Russland.[19]
Im Zusammenhang mit dem Russischen Überfall auf die Ukraine 2022 sperrte Roskomnadsor zahlreiche aus Sicht der Regierung unliebsame Webseiten, so z. B. von Bellingcat[20], Google News[21] und Bild.de.[22] Mit Programmen zur verschlüsselten Kommunikation über sogenannte virtuelle private Netzwerke (VPN) waren die Internetseiten jedoch weiterhin zu erreichen.
Seit dem 16. Dezember 2022 steht die Behörde auf den Sanktionslisten der EU.[23]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Offizielle Website
- Russische Föderation: Neue Regelungen für das Internet
- Sergey Medvedev: Aus russischen Blogs: Roskomnadsor – Aufsicht oder Zensur?, Bundeszentrale für politische Bildung vom 29. April 2015
- 700 Gigabyte geleakt: Russische Internetüberwachung durch Roskomnadsor enthüllt, heise.de, 22. September 2022
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ government.ru (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven)
- ↑ Meduza fand heraus, dass Roskomnazdor bereits 2020 ein System zur Verfolgung von Antikriegsmaterialien im Internet erstellt hat. Informationen gelangen an den FSB, das Innenministerium, die Nationalgarde, die Gouverneure und die Putin-Administration, Meduza, 13. April 2022.
- ↑ David Nauer: Verdammt, Herr Putin!, Basler Zeitung, am 19. Juni 2015, abgerufen am 8. Dezember 2017.
- ↑ Novaya Gazeta Could Face Closure After Second Government Warning, The Moscow Times, vom 21. Juli 2015, abgerufen am 8. Dezember 2017.
- ↑ Nowaja Gaseta erhält erneut Verwarnung von der russischen Medienaufsicht ( vom 8. Dezember 2017 im Internet Archive), Eurasiablog.de, vom 21. Juli 2015, abgerufen am 8. Dezember 2017.
- ↑ Andrew E. Kramer: Russians Selectively Blocking Internet. In: nytimes.com. The New York Times, 31. März 2013, abgerufen am 2. März 2022 (englisch).
- ↑ Кирилл Мартынов: Жаровых меняют на Шмаровых. In: novayagazeta.ru. 24. März 2020, abgerufen am 2. März 2022 (russisch, Feuerwehrmänner wechseln zu Shmarovs).
- ↑ Анастасия Тороп: Ваш милый цензор. In: novayagazeta.ru/. 26. März 2020, abgerufen am 2. März 2022 (russisch, Dein süßer Zensor).
- ↑ Mischustin ernannte einen neuen Leiter von Roskomnadzor. Es war Andrej Lipow von der Präsidialverwaltung, Nowaja gaseta, 29. März 2020.
- ↑ Katharina Wagner: Kontrolle des Interts Der Traum von der großen russischen Firewall. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Mai 2019, abgerufen am 2. März 2022.
- ↑ Russia blocks encrypted email service ProtonMail. In: Reuters. 29. Januar 2020 (reuters.com [abgerufen am 5. April 2020]).
- ↑ Roskomnadsor zieht Sperrantrag gegen mailbox.org zurück – mailbox.org. Abgerufen am 5. April 2020.
- ↑ Russische Aufsichtsbehörde Roskomnadsor beantragt Sperre von mailbox.org vor Gericht – mailbox.org. Abgerufen am 5. April 2020.
- ↑ Max Hoppenstedt: Russland droht deutschem E-Mail-Anbieter mit Netzsperre. Abgerufen am 5. April 2020.
- ↑ Russische Aufsichtsbehörde Roskomnadsor beantragt Sperre von mailbox.org vor Gericht – mailbox.org. Abgerufen am 5. April 2020.
- ↑ The Moscow Times: Social Media Platforms Delete Russian Posts Promoting Navalny Protests – State Censor. 22. Januar 2021, abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- ↑ Russia orders TikTok to restrict calls for Alexei Navalny protests. 22. Januar 2021, abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- ↑ More Than 3,000 Arrested In Russia In Protests Calling For Release Of Alexei Navalny. Abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- ↑ Harsche Reaktion — Russland droht mit Youtube-Sperrung. In: srf.ch. 29. September 2021, abgerufen am 29. September 2021.
- ↑ Russische Behörde sperrt Websites von mindestens 15 russischen und ausländischen Medien
- ↑ Abkapselung: Russland zensiert Google News
- ↑ Nach Arbeitsverbot für Deutsche Welle: Russland sperrt Webseite der „Bild“-Zeitung
- ↑ Verordnung (EU) 2022/2476 (ABl. L 322I vom 16. Dezember 2022, S. 422)