Rudolf Sendtner

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Rudolf Sendtner (* 13. September 1853 in München; † 16. September 1933 in Füssen) war ein deutscher Alpinist, Lebensmittelchemiker, königlicher Professor und II. Direktor an der königlichen Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel zu München. Er machte sich vorwiegend im Bereich Trinkwasserhygiene verdient.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rudolf Sendtner war eines von vier Kindern aus der ersten Ehe Theodor von Sendtners mit der Großhändlers- und Magistratrathstochter Clothilde Negrioli. Sein Halbbruder war der Mediziner Ignaz Sendtner aus der zweiten Ehe des Vaters.

Er studierte an der philosophischen Fakultät der Universität Erlangen und wurde dort mit seiner Dissertation zum Thema Ueber einige Verbindungen des Urans am 6. April 1877 zum Dr. phil. promoviert.[1] 1879 forschte er mit Casimir Wurster in München.[2]

Es folgte ein postgraduales Studium der Chemie bei Max von Pettenkofer an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Wintersemester 1881/82.[3]

Von 1890 bis zu ihrem Tod am 14. Juni 1891 war Rudolf Sendtner mit Therese Geisreiter verheiratet. Am 31. Oktober 1900 ehelichte er die Konzertsängerin Elisabeth Schmidt. Beide Ehen blieben jedoch kinderlos.

Alpinismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Animiert durch den Vater, der seine Söhne gern mit auf Bergtouren nahm, war auch Rudolf Sendtner begeisterter Bergsteiger. Für die Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins illustrierte er 1881 in einem Bericht[4] über seine 1879 durchgeführte Tour in den Tiroler Tannheimer Bergen die damals noch recht unbekannte Gimpel-Kölle-Gruppe.[5] Durch die 1869 von Hermann von Barth und Sendtners 1879 und 1884 durchgeführten Besteigungen, insbesondere durch Sendtners Beschreibung, wurde die Köllenspitze bekannter.[6]

Freie Vereinigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sendtner war im Frühjahr 1883 Gründungsmitglied der Freien Vereinigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie, die im August 1902 in die neu gegründete Freie Vereinigung Deutscher Nahrungsmittelchemiker umgewandelt wurde, die 1912 in Verein Deutscher Nahrungsmittelchemiker umbenannt wurde.[7]

Er bewirkte unter anderem, dass die Vereinigung 1884 die Reichert-Meissl’sche Untersuchungsmethode zur Erkennung fremder Fettzusätze zum Butterfett anerkannte.[8] Adolf Beythien nannte ihn 1927 anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Vereins Deutscher Nahrungsmittelchemiker neben Max von Pettenkofer, Albert Hilger, Rudolf Emmerich, Anton Halenke und Franz von Soxhlet unter den „wohlbekannten Namen“ der Vereinigung.[9]

Königliche Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In besonderem Maße war Sendtner aber im Bereich der Trinkwasserhygiene engagiert. Bereits von 1880 bis 1883 untersuchte er die Wasserqualität von Brunnen in München und im Vergleich dazu auch in Dillingen an der Donau.[10] Ab dem Sommersemester 1883 war Sendtner dann II: Assistent der Untersuchungsstelle am Hygienischen Institut von Pettenkofer in der Findlingsstraße 34; I. Assistent der Untersuchungsstelle war zu jener Zeit Rudolf Emmerich.[11] Zum Sommersemester 1887 wurde Sendtner dann I. Assistent der Untersuchungsstelle.[12]

Zum Wintersemester 1891/92 wurde das Hygienische Institut umbenannt in Königliche Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel.[13]

Ab 1889 arbeitete er in München als I. Assistent an der königlichen Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel zu München.[14] Im Herbst 1892 zum kgl. Inspektor befördert[15], leitete Sendtner die Untersuchung des Wassers von 1079 Pumpbrunnen in München. In seinem Abschlussbericht 1894 stellte er hierbei fest: „Man wird daher auf Grund der Ergebnisse der chemischen Analysen der Brunnen dieser Stadttheile noch nicht behaupten können, dass thatsächlich im Laufe der letzten 30 Jahre eine wesentliche Reinigung des Bodens der inneren Stadt erfolgt ist.“ Nach seinen Analysen war auch der Salpetersäuregehalt dieser Brunnenwässer 1893 viel höher als im Jahre 1892.[10]

Ab 1893 gab er zusammen mit Rudolf Emmerich, Albert Hilger und Ludwig Pfeiffer die Forschungs-Berichte über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene, über forense Chemie und Pharmakognosie heraus.[16]

Zum Wintersemester 1894/95 übernahm Albert Hilger die Leitung der Untersuchungsanstalt.[17] 1898 wurde Sendtner zum kgl. Oberinspektor befördert.[18] Aus dem Tageblatt einer Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte im Jahr 1899 geht hervor, dass er zum Thema Nahrungsmittelchemie einführte.[19] 1902 unterzeichnete er die Vereinbarungen zur einheitlichen Untersuchung und Beurtheilung von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Gebrauchsgegenständen für das Deutsche Reich mit.[20]

Für seine Verdienste wurde er 1903 mit dem Berufstitel kgl. Professor ausgezeichnet.[21]

Nach dem Sommer 1905 übernahm der Universitätsprofessor und spätere kaiserliche Geheime Regierungsgeheimrat Theodor Paul die Leitung über die Untersuchungsanstalt.[22]

Unter seiner Leitung wurden die Stellen 1906 neu ausgewiesen: Paul wurde I. Direktor und Oberleiter der Untersuchungsanstalt, Sendtner II. Direktor und Leiter und Pauls Stellvertreter.[23]

In dieser Funktion gehörte Sendter auch der 1909 ins Leben gerufenen Kommission an, die sich mit dem Verfassen der Schrift zum 100-jährigen Bestehen des Polytechnischen Vereins für das Königreich Bayern im Jahr 1915 beschäftigte.[24]

Zum Jahresanfang 1916 trat er in den Ruhestand über. Zum Abschied aus dem Berufsleben wurde Sendtner Ritter III. Klasse des Verdienstorden vom Heiligen Michael.[25], der ihm 1909 bereits in IV. Klasse verliehen worden war.[26]

1919 verlegte Rudolf Sendtner seinen Wohnsitz von München nach Füssen. Seine drei unverheirateten Geschwister Klothilde, Albrecht und Theolinde folgten ihm ein Jahr darauf.[27]

Publikationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kritik der neueren auf dem Reichert-Meissl’schen Verfahren basierenden Butteruntersuchungsmethoden. In: Archiv für Hygiene, Band 8, Verlag R. Oldenbourg, 1888, S. 424–444.
  • Das Thannheimer Gebirge. Mit einem Lichtdruck (Tafel 15) und 5 Ansichten. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Band 12, Deutscher und Österreichischer Alpenverein, 1881, S. 362 ff.
  • Die Kontrolle der Nahrungs- und Genussmittel in Bayern. In: Bayerisches Industrie- & Gewerbeblatt, NF 20, S. 385–389, 395–400, 407–411, 419–424.
  • Zur Kontrolle der Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände. Archiv für Hygiene, Nr. 17, 1893, S. 429.
  • Das Grundwasser in den einzelnen Stadttheilen Münchens. Als Beitrag zur hygienischen Beurtheilung des Untergrundes der Stadt nach den chemischen Analysen der k. Untersuchungsanstalt zu München. Verlag Rieger, München 1894.
  • ab 1894 zusammen mit Emmerich, Hilger und Pfeiffer: Forschungsberichte über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene, über forense Chemie und Pharmakognosie, Verlag E. Wolff, München
  • mit Friedrich Loeffler, Gustav Oesten: Wasserversorgung, Wasseruntersuchung und Wasserbeurteilung. In: Weyls Handbuch der Hygiene. Band 1. Abteilung II, Jena 1896.
  • Geheimmittel zur Verbesserung des Kaffees beim Rösten (Tannin). 16. Jahresversammlung der freien Vereinigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie 1897, Jahresbericht der Pharmacie, Nr. 32, 1897, S. 760.
  • mit Adolf Juckenack: Ueber das Färben und die Zusammensetzung der Rohwurstwaren des Handels mit Berücksichtigung der Färbung des Hackfleisches. In: Zeitschrift für Untersuchung der Nahrung und Genussmittel. Nr. 2, 1899, S. 177 ff.
  • Ueber die Bedeutung der ambulanten Thätigkeit bei der Ausübung der Lebensmittelkontrolle. In: Zeitschrift für Untersuchung der Nahrung und Genussmittel. Nr. 4, 1901, S. 1106 ff.
  • Die Untersuchung der Teigwaren des Handels. In: Zeitschrift für Untersuchung der Nahrung und Genussmittel. Nr. 5, 1902, S. 100–1018.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sendtner, Rudolf. In: Verzeichnis der Erlanger Promotionen 1743–1885, S. 335.
  2. Sendtner, Rudolf. In: Joseph Stewart Fruton: Contrasts in Scientific Style. Research Groups in the Chemical and Biochemical Sciences. American Philosophical Society, 1990, S: 366.
  3. Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1881/82. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1881, S. 62.
  4. Das Thannheimer Gebirge. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jahrgang 1881, (Band XII), S. 362–376. (Online bei ALO)
  5. Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Bände 21–22, 1895, S. 237.
  6. Die Vilser und Tannheimer Berge. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, 1899, S. 249.
  7. Jutta Grüne: Anfänge staatlicher Lebensmittelüberwachung in Deutschland. Der Vater der Lebensmittelchemie Joseph König (1843–1930). Franz Steiner Verlag, 1994, S. 168. ISBN 978-3-515-06580-1
  8. Kritik der neueren auf dem Reichert-Meissl’schen Verfahren basierenden Butteruntersuchungsmethoden. In: Archiv für Hygiene, Band 8, Verlag R. Oldenbourg, 1888, S. 424–444.
  9. Adolf Beythien: 25 Jahre Verein Deutscher Nahrungsmittelchemiker. In: Zeitschrift für Untersuchung der Lebensmittel, 54. Jahrgang, Ausgabe Juli/August 1927, S. 11.
  10. a b Rudolf Emmerich: Jubiläumsschrift zum 50jährigen Gedenken der Begründung der lokalistischen Lehre Max Pettenkofers. Band III, Verlag Julius Friedrich Lehmann, München 1910.
  11. VI. Hygienisches Institut. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Sommer-Semester 1883. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1883, S. 24.
  12. VI. Hygienisches Institut. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Sommer-Semester 1887. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1887, S. 26.
  13. VII. Königl. Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1891/92. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1891, S. 6.
  14. Dr. Sendtner. In: Bericht über die siebente Versammlung der Freien Vereinigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie in Speyer am 10., 11. und 12. September 1888. 1889, S. 158.
  15. VII. Königl. Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1892/93. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1892, S. 6.
  16. Forschungs-Berichte über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene, über forense Chemie und Pharmakognosie. In: Pharmazeutische Centralhalle für Deutschland, Verlag Theodor Steinkopff, 1893, S. 709.
  17. VII. Königl. Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1894/95. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1884, S. 6.
  18. VII. Königl. Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1898/89. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1898, S. 8.
  19. Tageblatt der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. 1899, S. 14 und 24.
  20. Vereinbarungen zur einheitlichen Untersuchung und Beurtheilung von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Gebrauchsgegenständen für das Deutsche Reich. Verlag Julius Springer, Berlin 1902, S. VI. ISBN 978-3-642-98925-4
  21. VI. Königl. Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Sommer-Semester 1903. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1903, S. 8.
  22. VI. Königl. Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel. In: Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1905/06. Druckerei C. Wolf & Sohn, München 1905, S. 8.
  23. Verhältnisse der Beamten. In: Joseph König; Adolf Juckenack: Die Anstalten zur technischen Untersuchung von Nahrungs- und Genußmitteln sowie Gebrauchsgegenständen, die im Deutschen Reiche bei der Durchführung des Reichsgesetzes vom 14. Mai 1879 und seiner Ergänzungsgesetze von den Verwaltungsbehörden regelmäßig in Anspruch genommen werden. Statistische Erhebungen im Auftrage der Freien Vereinigung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. Verlag Julius Springer, Berlin 1907, S. 174.
  24. Vorwort. In: Hundert Jahre technische Erfindungen und Schöpfungen in Bayern. Jahrhundertschrift des Polytechnischen Vereins in Bayern, aus Anlass des Hundertjährigen Bestehens des Vereins im Jahr 1915 herausgegeben vom Ausschuss des Polytechnischen Vereins in Bayern. Polytechnischer Verein in München, Verlag R. Oldenbourg, München und Berlin 1922.
  25. Literarisches Zentralblatt für Deutschland. Nr. 1 (1916), Harrassowitz Verlag, 8. Januar 1916, S. 25.
  26. Münchener medizinische Wochenschrift. Jahrgang 56, Nr. 1, 1909, S. 56.
  27. Stadtarchiv Füssen