Russische Botschaft in Berlin

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RusslandRussland Russische Botschaft in Berlin
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Staatliche Ebene bilateral
Stellung der Behörde Botschaft
Aufsichts­behörde(n) Außenministerium der Russischen Föderation
Bestehen seit 1837
Hauptsitz Deutschland Berlin
Botschafter Wladimir Michailowitsch Grinin
Website russische-botschaft.de
Hauptgebäude, Unter den Linden

Die Russische Botschaft in Berlin ist der Hauptsitz der diplomatischen Vertretung der Russischen Föderation in Deutschland. Sie befindet sich im Berliner Ortsteil Mitte und nimmt einen Gebäudekomplex ein, der aus dem Hauptgebäude Unter den Linden 63–65 sowie mehreren Verwaltungs- und Wohngebäuden an der Behren- und der Glinkastraße besteht.

Geschichte

Erstes Botschaftsgebäude durch Umnutzungen und Erweiterungen

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Königreich Preußen und dem Russischen Zarenreich begann in den 1820er Jahren. In Berlin etablierte sich 1837 in der Straße Unter den Linden 7 die Kaiserlich-Russische Gesandtschaft. Dazu hatte Russland für seine ständige diplomatische Mission mit dem Attaché Yasnowski an der Spitze[1] ein zweigeschossiges Rokoko-Palais mit einem Grundstück zwischen Unter den Linden und der Behrenstraße erworben. Dieses Haus war 1734 erbaut worden und befand sich seit 1764 im Eigentum der Prinzessin Amalie von Preußen. Diese ließ es im Folgejahr von Johann Boumann umbauen.[2] Nach dem Kauf ließ Russland das Anwesen durch Eduard Knoblauch erweitern und verändern, vor allem wurde das Gebäude 1840/1841 auf drei Etagen aufgestockt. Es bot jetzt Diplomatenwohnungen, Kanzleien, Festsäle sowie eine Wohnung für den Zaren bei seinen Aufenthalten in Berlin. Nach dem erfolgten Umbau diente das Palais rund 100 Jahre lang durchgehend – mit Ausnahme der Jahre 1914–1918, als die diplomatischen Beziehungen beider Staaten während des Ersten Weltkriegs unterbrochen waren – als Sitz der russischen und später sowjetischen Botschaft. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg 1941 und der Ausweisung aller sowjetischen Diplomaten wurde das Gebäude geräumt und versiegelt. Im Juni 1942 zog in das Gebäude das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete ein, das unter der Leitung des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg stand.[3] Das Gebäude wurde im Februar 1944 bei den Luftangriffen der Alliierten zerstört. Einige Akten des Ostministeriums, die sich in einem Panzerschrank unter den Trümmern befanden, konnten erst ein Jahr später geborgen werden; wobei bis heute unklar ist, wieso ein amerikanisches Kommando im sowjetischen Sektor Akten bergen konnte.[4]

Neubau eines Botschaftsgebäudes nach Kriegszerstörung

Die sowjetische Botschaft 1958

Nach Kriegsende und mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur DDR beschloss die Sowjetunion, auf dem Grundstück unter Hinzukauf benachbarter Flächen – nunmehr in Ost-Berlin – ein neues Botschaftsgebäude zu errichten und beauftragte ein Architektenkollektiv um Anatoli Strischewskij, A. Lebedinskij, Sichert und den deutschen Baumeister Friedrich Skujin mit dem Wiederaufbau.[2][5] An dessen Entwurf beteiligte sich ebenfalls der Berliner Architekt Fritz Bornemann. So entstand von 1949 bis 1953 ein dreiteiliges symmetrisches Gebäude. Das in der Zeit des Spätstalinismus neu entstandene Botschaftshauptgebäude ist im Stil des Sozialistischen Klassizismus mit Elementen des Berliner Klassizismus des frühen 19. Jahrhunderts gehalten. Dieser Baustil war wenige Jahre später auch bei der Anlage und Bebauung der Stalinallee (seit 1961: Karl-Marx-Allee) wegweisend. Im Inneren wurde das Bauwerk sehr prunkvoll ausgestattet, darunter der für Feierlichkeiten und Empfänge genutzte Kuppelsaal, der sich direkt unter der Dachkonstruktion des Gebäudemittelpunktes befindet und mit Glasmosaiken reichlich dekoriert wurde, ein Spiegelsaal, ein Konferenzsaal. Die feierliche Einweihung der neuen Botschaft erfolgte offiziell zum 35. Jahrestag der Oktoberrevolution am 7. November 1952. Letzte Arbeiten zogen sich noch bis in das nächste Jahr hin.

Haupteingang des Botschaftsgebäudes Unter den Linden
Zwei Botschaftsgebäude an der Behrenstraße

In den folgenden Jahrzehnten diente das Gebäude als Hauptsitz der diplomatischen Vertretung der Sowjetunion in der DDR auch der Durchführung internationaler diplomatischer Treffen; so fand hier 1954 die Konferenz der Außenminister der vier Siegermächte (Sowjetunion, USA, Großbritannien, Frankreich) statt. Von 1970 bis 1971 handelten hier die gleichen Staaten das Viermächteabkommen über Berlin aus. In den 1960er und 1970er Jahren entstanden in der Nähe des Hauptgebäudes mehrere Wohn- und Geschäftshäuser, die neben den Räumlichkeiten der eigentlichen Botschaft auch Einrichtungen wie die sowjetische Außenhandelsvertretung, eine russische Auslandsschule und den Sitz der damals staatlichen Fluglinie Aeroflot beherbergten.

Nach der Auflösung der Sowjetunion ging der gesamte Gebäudekomplex in den Besitz der Russischen Föderation über, da diese alle Rechte und Pflichten der UdSSR auf völkerrechtlicher Ebene übernahm.[6] Während der 1990er Jahre diente der Botschaftskomplex in Berlin nach der Wende als Außenstelle der Russischen Botschaft auf der Viktorshöhe in Bonn. Ende der 1990er Jahre ließ die Russische Regierung die Botschaftsgebäude grundrenovieren, darunter auch das Hauptgebäude Unter den Linden. In der Behrenstraße wurde eines der Wohngebäude neu erbaut sowie eine Konsularabteilung eingerichtet. Nach dem bis 2000 erfolgten Umzug der Russischen Botschaft von Bonn nach Berlin dient der Komplex wieder als Hauptsitz der diplomatischen Vertretung Russlands in Deutschland. Das von 1976 bis 1991 als sowjetische (und von 1991 bis 1999 auch als russische) Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland genutzte Areal in Bonn fungiert nun als Sitz des Generalkonsulats der Russischen Föderation.

Architektur

Es handelt sich um ein dreiteiliges symmetrisches Gebäude mit Werksteinfassade und zwei langgestreckten Seitenflügeln um einen ins Innere eingerückten, von einem Dachgesims mit Attika-Aufsatz gekrönten Mittelteil mit Paradeeingang und Ehrenhof. Auf der Attikaetage des Mittelblocks stehen vier Sandsteinfiguren und eingerückt eine offene Säulen-Laterne. Das Hauptgebäude und die Seitentrakte sind viergeschossig ausgeführt, ihren Fassaden sind von der ersten bis zur vierten Etage Halbsäulen vorgesetzt. Die zweite und dritte Etage werden jeweils von Rundbogen-Fenstern zusammengefasst. Die Halbrundsäulen ruhen auf den rustifizierten Erdgeschossverkleidungen und sind in ihrem Fußbereich mit verzierten Brüstungen verbunden. Über dem Haupteingang ist ein mit Fahnen und Kordeln sowie Eichenlaub umkränzter Wappenfries zu sehen. Das zentral angeordnete Wappen ist das frühere Staatswappen der Sowjetunion.

Der Haupteingang ist ebenfalls sehr aufwendig gestaltet: über drei parallelen zweiflügeligen Türen mit Glas- und Metallschmuckelementen befinden sich verzierte und geschwungene Sandsteinkonsolen. Diese tragen einen über die gesamte Portalbreite ausgeführten Balkon für Repräsentationszwecke. Jeweils seitlich zwischen den Türen sind Kandelaber aufgestellt.

Die Abgrenzung des Botschaftsareals zur Straße Unter den Linden erfolgt durch eine im mittleren Bereich unterbrochene Mauer, die optisch die Quaderung des Gebäude-Erdgeschosses wieder aufnimmt. Der mittlere Bereich in der Länge des Ehrenhofes wird mittels eines schmiedeeisernes Zaunes von der Straße abgetrennt. Der Gebäudekomplex entlang von Unter den Linden ist rund 185 Meter lang, nimmt mit dem Ehrenhof eine Breite von etwa 35 Meter ein. Die bebaute Fläche samt den später hinzugefügten Bauten in der Behrenstraße und unter Hinzurechnung der Gebäude in der Glinkastraße umfasst 125 Meter × 240 Meter.[7]

Siehe auch

Literatur

  • Kerstin Englert, Jürgen Tietz (Hrsg.): Botschaften in Berlin. Architektur und Diplomatie. Gebr. Mann, Berlin 2003, ISBN 3-7861-2472-8.
Commons: Russische Botschaft in Berlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Yasnowski. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1827.
  2. a b Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 141, 184.
  3. Andreas Zellhuber: „Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu …“ Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1945. München 2006, S. 76 f.
  4. H.D. Heilmann: Aus dem Kriegstagebuch des Diplomaten Otto Bräutigam. In: Götz Aly u. a. (Hrsg.): Biedermann und Schreibtischtäter. Materialien zur deutschen Täter-Biographie. Institut für Sozialforschung in Hamburg: Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik 4, Berlin 1987, S. 164 f (angegebene Quelle: Otto Bräutigam: So hat es sich zugetragen. Würzburg 1968, S. 669.)
  5. Friedrich Skujin. In: archINFORM; abgerufen am 28. Oktober 2015.
  6. Kay Hailbronner, Marcel Kau, in: Graf Vitzthum (Hrsg.): Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, Rn 184.
  7. Abmessungen aus Google Earth abgeschätzt.

Koordinaten: 52° 30′ 58,1″ N, 13° 23′ 0,4″ O

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