Russische Nationale Einheit

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Русское национальное единство
Russische Nationale Einheit
Emblem

Flagge

Partei­vorsitzender Alexander Barkaschow
Gründung Oktober 1990
Gründungs­ort Moskau
Aus­richtung Rechtsextremismus
Neonazismus
Panslawismus
Antisemitismus[1]
Antiamerikanismus
Mitglieder­zahl 6.000[1]
Internationale Verbindungen World Union of National Socialists
Website www.rusnation.org

Die Russische Nationale Einheit, kurz RNE, (russisch Русское Национальное Единство) ist eine paramilitärisch organisierte, nicht registrierte neonazistische politische Partei in Russland. Sie wurde 1990 von Alexander Petrowitsch Barkaschow in Moskau gegründet.[2]

Das Logo der RNE ist nach Angaben des Gründers Barkaschow ans Hakenkreuz angelehnt.[3] Seit dem Beginn des Russisch-Ukrainischen Kriegs 2014 verwendet die Organisation zusätzlich sowjetische Symbole sowie das Sankt-Georgs-Band.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Russische Nationale Einheit wurde im Oktober 1990 von Alexander Barkaschow gegründet, welcher gute Kontakte zur deutschen rechtsextremen mittlerweile verbotenen Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige und der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei pflegt.[5] Während der Russischen Verfassungskrise 1993 waren mehr als 160 bewaffnete Mitglieder im Weißen Haus und stellten sich auf die Seite des Volksdeputiertenkongresses der Russischen Föderation. Die Organisation unterstützte die russische Regierung während des Ersten und des Zweiten Tschetschenienkrieges.[6] Laut Führungsangaben hatte die Organisation 1998 mehr als 50.000 Mitglieder. Nach einer Spaltung 1999 nahm die Aktivität der Organisation stark ab.

Wirken im Russisch-Ukrainischen Krieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie die Nationale Befreiungsbewegung, Alexander Dugins Eurasische Jugendunion oder die Russische Reichsbewegung unterstützt die RNE prorussische Rebellen im Ukraine-Krieg und wirbt Kämpfer an.[7] Ein ehemaliges Mitglied der RNE, Pawlo Hubarjew, ist als Wortführer der prorussischen Separatisten in Donezk in Erscheinung getreten.[8][9][10] Ein weiteres ehemaliges Mitglied, Sergej Korotkich, kämpfte hingegen im ultranationalistischen Regiment Asow für die Ukraine und bekam als Auszeichnung vom damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko die ukrainische Staatsbürgerschaft verliehen.[11]

Die Russische Nationale Einheit soll enge Kontakte zu Dmitrij Boizow gehabt haben, einem Kommandeur der Miliz Russische Orthodoxe Armee. Laut einer vom ukrainischen Geheimdienst SBU veröffentlichten Audioaufnahme habe RNE-Anführer Barkaschow diesem persönliche Anweisungen erteilt,[12][13] was die Historikerin und Politikwissenschaftlerin Marlène Laruelle jedoch bestreitet. Die Tatsache, dass RNE-Gründer Barkaschow Aktionen der Aufständischen auf seiner Facebook-Seite gefeiert habe, bedeute nicht, dass diese Befehle von ihm entgegengenommen hätten.[14]

Ideologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie viele andere rechtsextreme Organisationen hetzt die RNE gegen Ausländer, aber auch gegen Teile der russländischen Bevölkerung, vor allem gegen Kaukasier. Vor allem zeichnet sich die RNE durch ihre antisemitische Haltung aus. Organisationsgründer Alexander Barkaschow bezeichnete Adolf Hitler als „einen großen Helden der deutschen Nation und aller weißen Rassen. Es gelang ihm, die ganze Nation dazu zu inspirieren, gegen den Abbau und die Vernichtung nationaler Werte zu kämpfen.“[15]

Verbots- und Strafverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Organisationsgründer Alexander Barkaschow landete in Untersuchungshaft, nachdem er 1993 auf der Seite des Obersten Sowjets Russlands am bewaffneten Konflikt während der Verfassungskrise in Moskau teilgenommen hatte. Ein Jahr später wurde er allerdings wieder im Rahmen einer Amnestie freigelassen, woraufhin er seine nationalistischen Aktivitäten aktiv fortsetzte.[16]

Im Dezember 1998 warf der Oberbürgermeister Moskaus, Juri Michailowitsch Luschkow, der Russischen Nationalen Einheit Aufstachelung zu ethnischem Hass vor und verbot ihren Kongress in der russischen Hauptstadt. Am 31. Januar 1999 hielt die RNE eine nicht genehmigte Demonstration in Moskau ab, woraufhin die städtische Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Anführer Barkaschow einleitete. Dieser drohte damit, „hunderttausend junge, gesunde Männer in Uniform, die ihre Rechte mit allen verfügbaren Mitteln verteidigen werden“, in die Hauptstadt zu bringen. Einen Monat später reichte die Staatsanwaltschaft beim Butyrskij-Gericht einen Antrag auf Verbot der Moskauer Regionalniederlassung der Russischen Nationalen Einheit ein. Nachdem im darauffolgenden Gerichtsprozess im April 1999 sowjetische Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges zu Gunsten der Staatsanwaltschaft auftraten, ließ die RNE ihrerseits einen Veteranen des Zweiten Weltkrieges in den Gerichtssaal bringen, welcher aussagte Tatar und Mitglied der RNE zu sein. Zudem ließen Anwälte der Organisation ein Video eines weiteren Veteranen und Helden der Sowjetunion abspielen, in welchem dieser erklärte, dass „patriotische Organisationen wie die RNE“ im Rahmen der Ausweitung der „NATO-Aggression auf dem Balkan“ einfach notwendig wären und an ihren Swastiken nichts Gefährliches sei, da es sich dabei um „alte orthodoxe und buddhistische Symbole“ handele, welche die Nazis übernommen hätten. Am Ende des Prozesses wurde die regionale Moskauer Organisation der Russischen Nationalen Einheit „im Zusammenhang mit den gröbsten Verstößen gegen die russische Gesetzgebung“ schließlich verboten.[17][18]

Im Oktober 2002 verbot das Omsker Regionalgericht den lokalen Zweig der RNE in der Oblast Omsk wegen der Aufstachelung zu ethnischem Hass und der Verwendung verbotener Nazi-Symbolik in ihrem Emblem. Zuvor hatten lokale Mitglieder der Russischen Nationalen Einheit Flugblätter verteilt, in denen Juden, Chinesen und russische Behörden als „satanisch“ bezeichnet wurden.[19][20]

Im Mai 2003 beschloss der Oberste Gerichtshof Tatarstans das Verbot der Organisation auf dem Gebiet der Republik Tatarstan. Damit gab das Gericht der Staatsanwaltschaft statt, welche auf die Verwendung von Nazi-Symbolik durch die lokale RNE-Organisation und Texte in ihrer Parteizeitung „Russische Ordnung“ aufmerksam gemacht hatte, in denen ethnische Vorherrschaft begründet und gerechtfertigt wurde.[21]

RNE-Anführer Barkaschow wurde 2007 wegen Körperverletzung eines Vollzugsbeamten zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.[22]

Im Jahr 2008 wurde die regionale Organisation der Russischen Nationalen Einheit in der Stadt Rjasan aufgrund „extremistischer Tätigkeit“ verboten.[23][24] Im selben Jahr wurden in Kasan sechs Mitglieder der in Tatarstan verbotenen RNE aufgrund der Mitgliedschaft in einer extremistischen Organisation sowie Erpressung, Lagerung und Herstellung von Sprengkörpern, Anstiftung zu ethnischem Hass, Rowdytum und anderen Vergehen verhaftet. Ekaterina Melnikowa, Anführerin der lokalen RNE-Organisation, wurde zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, fünf ihrer Mitstreiter erhielten Haftstrafen von eineinhalb bis zu sechs Jahren und fünf Monaten.[25]

Im Juli 2010 wurden 14 Mitglieder der Russischen Nationalen Einheit in Twer wegen einer Reihe extremistischer Vergehen verurteilt. Zu den begangenen Verbrechen gehörte die Grabschändung und Zerstörung von jüdischen und islamischen Gräbern sowie das Verteilen von Flugblättern, welche auf das „Schüren von Hass und Feindschaft“ abzielten. Weiterhin wurden RNE-Mitgliedern Raubüberfälle, drei Fälle von schwerer Körperverletzung und vier Morde nachgewiesen. Anführer der lokalen RNE-Gruppe, Dmitrij Orlow, wurde zu lebenslanger Haft in einer „Strafkolonie des Sonderregimes“ verurteilt. Zwei seiner Komplizen, die an der Ermordung von zwei Personen beteiligt waren, erhielten Haftstrafen von jeweils 15 und 17 Jahren in einer „Strafkolonie strengen Regimes“. Andere Mitglieder wurden zu Freiheitsstrafen von drei und halb bis zu zwölf Jahren verurteilt. Drei RNE-Angehörige erhielten Bewährungsstrafen.[26][27]

Im Jahr 2016 wurde bekannt, dass russische Geheimdienste Aktivitäten der Russischen Nationalen Einheit innerhalb der im Föderationskreis Ural stationierten russischen Armee festgestellt hatten. So geht aus einem Geheimdienst-Dokument hervor, dass die Militärstaatsanwaltschaft in einer der Garnisonen des Zentralen Militärbezirks eine Inspektion durchführte, in der festgestellt wurde, dass ein Offizier Hakenkreuzsymbole und RNE-Parolen auf seinem Profil in einem sozialen Netzwerks veröffentlicht hatte. Im Bezug auf den betreffenden Offizier sei dem Kommandanten seiner Militäreinheit ein Vorschlag zur Beseitigung der Ursachen dieser „Sicherheitsbedrohung für die Russische Föderation“ vorgelegt worden. Zudem hätte man den betreffenden Offizier gewarnt, nicht gegen das Gesetz zu verstoßen. In einem ähnlichen Fall habe ein Strafverfahren wegen der „Aufstachelung zu Hass oder Feindschaft sowie Erniedrigung der Menschenwürde“ zu einem Schuldspruch geführt.[28]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b The Reemergence of Political Anti-Semitism in Russia: A Call for Action. Archiviert vom Original am 30. Mai 2015; abgerufen am 12. März 2021.
  2. Alexander Barkashov and the Rise of National Socialism in Russia. In: Demokratizatsiya 4. 1996, S. 519–530; (englisch).
  3. Die roten Neoazis. In: Focus Magazin, 15. Februar 1993.
  4. Andrew Wilson: Ukraine Crisis: What it Means for the West. Yale University Press, New Haven 2014, ISBN 978-0-300-21159-7, 126.
  5. Anton Maegerle: Die Armee der weißen Rasse. bpb.de, 7. September 2007, abgerufen am 12. März 2021.
  6. Ulrich Heyden: »Nationale Revolution« in Russland. antifainfoblatt.de, 12. September 2010, abgerufen am 12. März 2021.
  7. Natalia Yudina: Russian nationalists fight Ukrainian war. In: Journal on Baltic Security (de Gruyter). 1, Nr. 1, 2015, S. 47–69. doi:10.1515/jobs-2016-0012.
  8. Русский и бессмысленный. Последний день «народного губернатора» Донецкой области: репортаж «Ленты.ру» (deutsch: Russisch und bedeutungslos. Der letzte Tag des "Volksgouverneurs" der Oblast Donezk: Eine Reportage von Lenta.ru). In: Lenta.ru. 6. März 2014, abgerufen am 13. April 2022 (russisch).
  9. Губарев ответил по поводу РНЕ: Называю себя русским националистом, однако, с оговоркой... (deutsch: Hubarjews Antwort zum Thema RNE: Ich bezeichne mich als russischen Nationalisten, jedoch mit einem Vorbehalt ...). In: Nakanune.ru. 9. Juni 2014, abgerufen am 13. April 2022 (russisch).
  10. Timothy Snyder: Far-Right Forces are Influencing Russia's Actions in Crimea. In: The New Republic, 17. März 2014.
  11. Natalia Yudina: Russian nationalists fight Ukrainian war. In: Journal on Baltic Security (de Gruyter). 1, Nr. 1, 2015, S. 47–69. doi:10.1515/jobs-2016-0012.
  12. Marlene Raruelle: Is anyone in charge of Russian nationalists fighting in Ukraine? Washington Post, 26. Juni 2014, abgerufen am 28. Februar 2022.
  13. Юури Вендик: Баркашов советует "впарить" Донецку итоги референдума. In: BBC News, Русская Служба. 7. Mai 2014, abgerufen am 1. März 2022 (russisch).
  14. Marlène Laruelle: Russian Nationalism. Imaginaries, Doctrines, and Political Battlefields. In: BASEES/Routledge Series on Russian and East European Studies. 1. Jahrgang, Nr. 1, 2019, S. 256, page 206 (google.de).
  15. Fascism. Encyclopedia Britannica, 12. September 2010, abgerufen am 1. März 2022.
  16. Националистам вышел срок. Почему власти стали суровее к политикам из крайне правых движений (deutsch: Die Zeit der Nationalisten läuft ab. Warum die Behörden härter gegenüber Politikern aus rechtsextremen Bewegungen geworden sind). In: RBK. 24. August 2016, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  17. Первый приговор баркашовцам (deutsch: Erstes Urteil gegen die Barkaschowisten). In: Kommersant. 20. April 1999, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  18. Русские нацисты уже не совсем в законе (deutsch: Russische Nazis sind nicht mehr ganz legal). In: Moskowski Komsomolez. 23. April 1999, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  19. В Омске покончили с нацистами (deutsch: Omsk macht Schluss mit Nazis). In: Kontinent Sibir Online. 18. Oktober 2002, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  20. «Русское национальное единство» запрещено! Пока, к сожалению, только в Омске (deutsch: Die "Russische Nationale Einheit" wurde verboten! Bisher leider nur in Omsk). In: Komsomolskaja Prawda. 12. Oktober 2002, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  21. Татарстан: Татарское "Русское национальное единство" - вне закона (deutsch: Tatarstan: Die tatarische "Russische Nationale Einheit" ist illegal). In: Regnum. 6. Juni 2003, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  22. Националистам вышел срок. Почему власти стали суровее к политикам из крайне правых движений (deutsch: Die Zeit der Nationalisten läuft ab. Warum die Behörden härter gegenüber Politikern aus rechtsextremen Bewegungen geworden sind). In: RBK. 24. August 2016, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  23. Запрещенные организации (deutsch: Verbotene Organisationen). In: Nischni Nowgoroder Staatliche Universität für Architektur und Konstruktion. 25. November 2020, archiviert vom Original am 25. November 2020; abgerufen am 12. April 2022 (russisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nngasu.ru
  24. Перечень НКО, ликвидированных в соответствии с ФЗ "О противодействии экстремистской деятельности" (deutsch: Liste von nicht gewinnorientierte Organisationen, die gemäß dem Föderalen Gesetz "Über die Bekämpfung extremistischer Aktivitäten" verboten wurden). In: Justizministerium der Russischen Föderation. 29. Oktober 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. November 2020; abgerufen am 12. April 2022 (russisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/minjust.gov.ru
  25. Шесть членов РНЕ осуждены в Казани за экстремизм (deutsch: Sechs RNE-Mitglieder in Kasan wegen Extremismus verurteilt). In: Lenta.ru. 26. Mai 2008, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).
  26. Более десяти участников РНЕ осуждены в Твери на сроки от условного до пожизненного (deutsch: Mehr als 10 RNE-Mitglieder in Twer zu Haftstrafen bis hin zu lebenslanger Haft verurteilt). In: Interfax. 27. Juni 2010, abgerufen am 13. April 2022 (russisch).
  27. В Твери осуждена банда нацистов: лидер получил пожизненный срок (deutsch: In Twer wurde eine Bande von Nazis verurteilt: Der Anführer erhielt eine lebenslange Haftstrafe). In: Tvernews.ru. 27. Juni 2010, abgerufen am 13. April 2022 (russisch).
  28. Военными ЦВО интересуются экстремисты. Предупреждение спецслужб (deutsch: Extremisten interessieren sich für das Militär des Zentralen Militärbezirks. Eine Warnung der Geheimdienste). In: Ura.ru. 30. Mai 2016, abgerufen am 12. April 2022 (russisch).