Russische Orthodoxe Kirche im Ausland

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Russische Orthodoxe Kirche im Ausland (ROKA) bzw. kurz: Russisch-Orthodoxe Auslandskirche nennt sich heute eine autonome orthodoxe Kirche, die dem Moskauer Patriarchat untersteht. Von der Oktoberrevolution bis zu ihrer Vereinigung mit der Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats im Jahr 2007 war die russisch-orthodoxe Kirche im Ausland die russische Exilkirche.

Geschichte

Die Russisch-orthodoxe Kirche im Ausland ist nach der Oktoberrevolution und dem Bürgerkrieg von russisch-orthodoxen Christen außerhalb der Sowjetunion gegründet worden. Sie entstand aus Gemeinden von Flüchtlingen, die Russland wegen der kommunistischen Christenverfolgung verlassen mussten.[1] Als in den 1920er Jahren der Kontakt zur Kirchenleitung in Russland selbst abbrach, forderte der damalige Patriarch Tichon in einem Dekret jene Teile der russischen Kirche, die wegen der politischen Situation ohne Verbindung zur kirchlichen Leitung standen, dazu auf, eine eigene oberste kirchliche Verwaltung einzurichten. Seit 1927 verwaltete sich die Russisch-Orthodoxe Auslandskirche selbst.[2]

Aufgabe und Wesen

Während der 70-jährigen Verfolgung und Unterdrückung der Kirche in der russischen Heimat versuchte die Russisch-Orthodoxe Kirche im Ausland, das religiöse Erbe der russischen Orthodoxie zu wahren. Unterschiede in der Glaubenslehre bestanden zur Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats zwar zu keinem Zeitpunkt, aber das Moskauer Patriarchat stand nach Ansicht großer Teile der russischen Diaspora dem sowjetischen Regime zu nahe und war teilweise vom KGB unterwandert.

Von Seiten der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats galt die russisch-orthodoxe Auslandskirche bis zur Wiedervereinigung mit dem Moskauer Patriarchat als Kirche mit irregulärem Status. Nach ihrem Selbstverständnis war sie jedoch Teil der einen Russischen Kirche.

Missionarisch im Sinne des westlich-lateinischen Christentums ist die ROKA zwar nicht, aber sie ist bemüht, den orthodoxen Glauben auch dort zu verbreiten, wo eigentlich das westliche Christentum dominiert. So ist sie seit Jahren dabei, nicht-orthodoxe Gläubige zum orthodoxen Glauben zu führen, ihnen dabei aber die westlich-liturgischen Formen zu belassen. Dadurch ist in den letzten Jahrzehnten eine Art „Orthodoxie mit westlichem Ritus“ entstanden, den einzelne Pfarreien und Klöster angenommen haben. Neben der Abtei St. Petroc in Cascades (Tasmanien)[3] ist die Abtei Christ the Savior in Hamilton (Ontario), Kanada,[4] das bedeutendste Kloster der ROKA mit westlichem Ritus.

Oberhaupt

Die „Oberste Kirchenverwaltung“ wurde vom „Metropoliten der russisch-orthodoxen Auslandskirche“ geleitet und hatte ihren Sitz zuerst in Konstantinopel, dann seit 1957 in New York. Von 2001 bis zu dessen Tod am 16. März 2008 wurde die ROKA von ihrem Ersthierarchen Laurus Schkurla geleitet.[5]

Ersthierarchen

Bischofskonzil

Beschlüsse von gesamtkirchlicher Bedeutung wurden durch das von allen Bischöfen gebildete Bischofskonzil gefällt.

Diözesen

Die Russisch-orthodoxe Auslandskirche umfasste etwa 450 Gemeinden und Eparchien in Nord- und Südamerika, Westeuropa, Großbritannien, Deutschland. Seit 1990 gibt es auch in Russland Gemeinden der Auslandskirche.

Bildungseinrichtungen

  • Kleriker werden im 1948 gegründeten Holy Trinity Seminar in Jordanville ausgebildet, das das einzige russisch-orthodoxe Priesterseminar außerhalb Russlands ist. In einem fünfjährigen Studiengang erwerben sie dort einen theologischen Abschluss. Seit 2001 ist dem Seminar auch die Holy Trinity School als eine Einrichtung für Fernstudien angegliedert.[10]
  • Die Diözese von Detroit und Mittelamerika verfügt ferner über eine Pastoral School zur Ausbildung von vorwiegend Laienmitarbeitern. Diese Pastoral School bietet ein anerkanntes Fernstudium der orthodoxen Theologie mit dem Schwerpunkt der Pastoraltheologie und -arbeit an.[11]
  • Kirchliche Schulen, teilweise mit Internat, bestehen in San Francisco, Nyack NY, Toronto, Sydney, Brüssel, Buenos Aires und Bethanien (Israel).

Klöster

Zur Russisch-orthodoxen Auslandskirche gehören weltweit einige Klöster.

USA und Kanada

  • Holy Trinity Stavropighial Kloster in Jordanville
  • Stavropighial Konvent der Entschlafung, „Novo Diveevo“, in Nanuet, New York
  • Einsiedelei in Mahopac, New York
  • Heilig-Kreuz-Skite in Wayne (West Virginia)
  • Konvent St. Elisabeth in Mohawk, New York
  • Kloster des Allbarmherzigsten Heilands in Vashon Island, WA
  • Konvent der Geburt der Jungfrau Maria in Wayne, WV
  • Maria-Schutz-Konvent in Bluffton, Kanada

Europa

  • Lesna Konvent der Allheiligen Gottesmutter in Provemont, Frankreich
  • Kloster des heiligen Edward des Märtyrers in England
  • Verkündigungskonvent in London, England

Deutschland

Jerusalem

  • Ölbergskonvent in Jerusalem
  • Gethsemane-Konvent, Kirche der Heiligen Maria Magdalena in Jerusalem

Australien

  • Russisch-Orthodoxer Konvent Unserer Lieben Frau von Kasan, „Novoye Shamarino“ in Kentlyn
  • Skite von der Verklärung des Erlösers in Bombala
  • Kloster des Erzengels Michael in Marrickville, N.S.W.
  • Schwestern der Darstellung des Herrn in Bungarby, N.S.W.

anderswo

Abspaltungen

Die Bemühungen um eine Wiedervereinigung der ROKA mit dem Moskauer Patriarchat wurde von vielen Gläubigen und auch Amtsträgern sehr kritisiert und teilweise völlig abgelehnt. So kam es zur Abspaltung ganzer Gruppen von Gläubigen, die sich wiederum selbst als die einzige und wahre russisch-orthodoxe Kirche verstehen. Zu den bedeutendsten Gruppierungen gehört diejenige um den ehemaligen Ersthierarchen Vitalis, die auch informell nach ihm benannt wurde (ROCOR-V; wobei V für Vitalis steht).[13] Diese hat inzwischen eine eigene Hierarchie aufgebaut. Zeitweise nannte sich die vorwiegend im englischsprachigen Raum beheimatete Gruppe offiziell Russian Orthodox Church in Exile („Russische Orthodoxe Kirche im Exil“).[14]

Wiedervereinigung mit Moskauer Patriarchat

Seit dem politischen Umbruch Anfang der 1990er Jahre strebte die russisch-orthodoxe Auslandskirche die Wiederherstellung der vollen Kircheneinheit an und führte seit 2003 offizielle Gespräche mit der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Im Mai 2006 beschloss die Auslandskirche auf ihren IV. Bischofskonzil die Aufhebung der Kirchenspaltung und die Wiederherstellung der kirchlichen Einheit. Hierbei spielte Erzbischof Mark, ein gebürtiger Deutscher, eine wesentliche Rolle, weil aufseiten der Auslandskirche starke Ressentiments gegen das Moskauer Patriarchat wegen dessen Kollaboration mit dem Sowjetregime vorhanden waren.[15] Ein großes Problem war, dass viele Gläubige der Auslandskirche eine offizielle Verurteilung des sog. Sergianismus verlangten, also jener Loyalität des Moskauer Patriarchats dem Sowjetstaat gegenüber (benannt nach Metropolit Sergij Stragorodskij, 1867–1944).[16]

Die offizielle Wiedervereinigung erfolgte am 17. Mai 2007 in Moskau mit der Unterzeichnung eines „Aktes der kanonischen Gemeinschaft“ durch beide Kirchenoberhäupter.[17] Auf Seiten des Moskauer Patriarchats unterzeichnete Patriarch Alexius II. und für die ROKA unterschrieb Metropolit Lavr (Laurus). Hierdurch unterstellte sich die Russisch-Orthodoxe Auslandskirche als in inneren Angelegenheiten autonome Kirche der übergeordneten Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats. Im Hinblick auf ihre administrativen Angelegenheiten bleibt die Auslandskirche aber selbständig, d. h. sie ist eine autonome Kirche.[18]

Siehe auch

Quellen

  1. Vgl. die Kurzdarstellung: Die Russisch-Orthodoxe Kirche (Memento vom 24. Februar 2009 im Internet Archive)
  2. Vgl. Georg Seide: Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Diözese, S. 23 ff.
  3. Vgl. OrthodoxWiki: St. Petroc Monastery (Cascades, Tasmania) (Stand: 1. Mai 2015) sowie der Blog (Stand: 1. Mai 2015).
  4. Vgl. Christminster.org (Stand: 1. Mai 2015).
  5. Der Name Laurus wird vereinzelt auch als Lawr wiedergegeben, vgl. Лавр.
  6. von ihm stammt eine stark antisemitische und anti-freimaurerische Schrift vom 28. August 1932, genannt Hirtenbrief des Konzils der rechtgläubigen Russischen Erzbischöfe im Ausland, Ortsangabe Sremskije Karlowzy, Jugoslawien, Deutsch zugänglich in Hans Krebs Hg.: Die Weltfront. Stimmen zur Judenfrage. Folge 1. Nibelungen, Berlin und Leipzig 1935, sowie online in einer Dokumentation des antisemitischen deutschen Gutachters Ulrich Fleischhauer im Berner Prozess um die Echtheit der Protokolle der Weisen von Zion, genannt „Sachverständigengutachten: Die echten Protokolle …“ S. 439 - 445. Antonius' Schrift wird hier als Beweis für die Echtheit der Fälschung herangezogen. Die kompletten Berner Prozessunterlagen im Bezugsartikel zu den „Protokollen“ als Weblink. Fleischhauerprivate Page
  7. Ausführliche Informationen über die deutsche Diözese auf der Internetseite der ROKA.
  8. Vgl. Additional Information auf der Internetpräsenz der Russisch Orthodoxen Kirche im Ausland.
  9. http://www.russische-kirche-l.de/l-adressen.htm
  10. Vgl. http://www.synod.com/synod/engrocor/eneducation.html
  11. Vgl. http://www.orthodoxtheologicalschool.org/, Bericht über den ersten Abschlussjahrgang (Memento vom 24. September 2008 im Internet Archive)
  12. ROCOR Western Rite
  13. Vgl. http://www.rocor-v.com/rocor/epistlemet24.html sowie http://orthodoxwiki.org/Vitaly_(Ustinov)_of_New_York
  14. Russian Orthodox Church in Exile - OrthodoxWiki
  15. Vgl. KIRCHE/512: Russische Orthodoxie beendet Spaltung (Herder Korrespondenz)
  16. Vgl. den Beitrag Vereinigung mit Schönheitsfehlern von Gerd Stricker in der Herder-Korrespondenz Nr. 4/2007.
  17. Vgl. den genauen Wortlaut auf der Internetpräsenz der Maria-Obhut-Kirche in Düsseldorf
  18. Vgl. Radio Vatican: Russland: Wiedervereinigung unter Orthodoxen.

Literatur

  • Georg Seide: Die Russisch Orthodoxe Kirche im Ausland unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Diözese, 2001, Verlag Russisch-Orthodoxes Kloster, ISBN 978-3-935217-00-2
  • Gernot Seide: Geschichte der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland von der Gründung bis in die Gegenwart, 1983, Verlag O. Harrassowitz, ISBN 978-3-447-02352-8

Einzelne Kirchen

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