Sennheiser MD 421

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Sennheiser MD 421

Das Sennheiser MD 421 ist ein 1960 eingeführtes, weitverbreitetes dynamisches Tauchspulenmikrofon mit nierenförmiger Richtcharakteristik. Seine Schallwandler werden seit der Einführung von dessen Hersteller Sennheiser unverändert produziert.

Eigenschaften

Mit einem Membrandurchmesser von 27 mm zählt das MD 421 zu den relativ seltenen dynamischen Großmembranmikrofonen. Sein Frequenzgang (30-17.000 Hz, ±3 dB) übertraf die ehemalige HiFi-Norm und rückte es an die Spitze dynamischer Richtmikrofone und in dieser Hinsicht in die Nähe der kapazitiven Wandler (Kondensatormikrofone). Neu war der gedrungene Aufbau des Wandlersystems, bei dem die bis dahin üblichen Schalleintrittsöffnungen in der Wand des Griffstücks („Variable-D-System“) entfallen konnten. Mikrofone dieser Bauart konnten nur bedingt in der Hand gehalten werden, ohne dass die Richtwirkung nachließ und klangliche Verfärbungen eintraten. Das geschlossene Kunststoffgriffstück und der abgesetzte Metallkorb, der das Wandlersystem schützte, bot das MD 421 für Reportagezwecke an.

Eine weitere technische Besonderheit des MD 421 stellte die Brummkompensationspule dar: Sie ist gegenphasig zur Spule des Wandlersystems beschaltet. Tieffrequente Störfelder (z. B. von magnetisch nicht geschirmten Netztransformatoren) werden unterdrückt.

Alle MD 421 mit Kleintuchel- oder XLR-Stecker besitzen zwischen Griffstück und Steckverbinder einen gerändelten Kunststoffring, mit dem sich ein verstellbarer induktiver Hochpass (Roll-Off-Filter) bedienen lässt, der in Stellung „S“ (Sprache) die Übertragung tiefer Frequenzen dämpft und in Stellung „M“ (Musik) unwirksam ist. Die Zwischenstellungen dieses Filters sind seit den 70er Jahren mit einem Rastwerk und Markierungen versehen. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung handelt es sich bei dem M/S-Schalter nicht um eine „Mono/Stereo“-Schaltung.

Geschichte

US-Schriftsteller Truman Capote wird 1968 mit MD 421 interviewt
Willy Brandt wird 1969 von Peter Merseburger mit MD 421 interviewt
José Feliciano mit zwei an Schwanenhälsen befestigten MD 421 (1970)
Hans Koschnick mit MD 421 und Windschutz MZW 22 (1968)
Franz-Josef Strauß bei einer Rede 1972 mit MD 421

Wie schon das 1953 erstmals produzierte Modell Sennheiser MD 21 mit kugelförmiger Richtcharakteristik wurde das MD 421 vom Hersteller als Studiomikrofon beworben.[1] Beide Mikrofone sind nach wie vor im Programm des Herstellers. Die zeitweilig produzierten Nachfolgetypen MD 22-U und 422-U konnten sich am Markt nicht durchsetzen. Der Hersteller Beyer (heute Beyerdynamic) brachte Ende der 1960er Jahre als Antwort auf den Erfolg des MD 421 das Soundstar X 1 auf den Markt.[2]

Das MD 421 etablierte sich seit seiner Einführung im Jahre 1960 in nahezu allen Bereichen der professionellen Tontechnik, besonders der Übertragungstechnik von Hörfunk und Fernsehen wie auch der Beschallungstechnik (PA). Zu seinem Erfolg verhalf dem Mikrofon neben seinen klanglichen Vorzügen auch das oben erwähnte „Musik/Sprache-Filter“. Dieser Hochpass bewährte sich sowohl beim Einsatz als Gesangsmikrofon (Unterdrückung des Nahbesprechungseffekts) als auch bei Aussenübertragungen und -Aufnahmen mit Uher-Report- und Nagra III-Tonbandgeräten, die über keinerlei Trittschallfilter verfügten. Hantierungsgeräusche und tieffrequenter Straßenlärm wurden wirksam reduziert.

Die charakteristische Formgebung des MD 421 gehörte bis in die 90er Jahre hinein zum Erscheinungsbild unzähliger Pressekonferenzen, Politikerreden und Fernsehreportagen. 1971 führte Sennheiser mit dem Sennheiser MD 441 einen weiteren dynamischen Mikrofonklassiker ein.

Verwendung

1966 gewann Udo Jürgens mit dem Titel Merci Chérie den Grand Prix Eurovision de la Chanson (heute Eurovision Song Contest). Er sang in ein MD 421. 1971 wurde mit MD 421-Mikrofonen fast das gesamte Konzert für Bangladesch von George Harrison aufgenommen. Es ist in einem Live-Konzert der Beachboys (UNICEF Konzert) von 1967 als Gesangsmikrofon zu sehen. Im Film Piratensender Powerplay (1982) verwenden Thomas Gottschalk und Mike Krüger ein MD 421 als Mikrofon für ihren Piratensender. In den 1970er Jahren warb Sennheiser mit Dieter Thomas Heck für das MD 421.[3]

MD 421 bei Schlagzeugabnahme

Das Mikrofon ist nach wie vor bei Amateurbands und Homerecording beliebt. Professionell wird es nach wie vor von Journalisten und bei der Produktion aller Musikgenres verwendet. Die Einsatzgebiete des MD 421 sind vor allem Trommeln, Gitarrenverstärker, Holz-, Blechblas- und Perkussionsinstrumente. Es ist bekannt für seinen fast linearen Frequenzgang im Bassbereich bis 1 kHz.[4]

Als dynamisches Mikrofon besitzt es ein schlechteres Impulsverhalten und schlechtere Auflösung in höheren Frequenzen im Vergleich zu Kondensatormikrofonen und ist demnach etwa als Hauptmikrofon bei einem Orchester oder Overhead beim Schlagzeug weniger geeignet.

Zubehör

Neben Tischfuß- (Modellbezeichnung MZT) und Windschutzmodellen (MZW) aus Nylon und später Schaumstoff gehören zum Zubehör eine Stativhalterung und zeitweilig eine Schnellwechselklemme. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Form kann das MD 421 nicht mit einer Standardstativklemme befestigt werden. Zum MD 421 gehört eine steckbare Stativhalterung. Diese wird in eine Nut an der Unterseite des Mikrofons geschoben und mechanisch verriegelt. Für die Verwendung des MD 421 als Gesangsmikrofon gab es zeitweilig es eine sog. Schnellwechselklemme mit Nut für die Stativhalterung.

Versionen

Das Mikrofon wurde in verschiedenen Varianten hergestellt:

  • MD 421-2 mit hellgrau/silberfarbenem Gehäuse und symmetrisch beschaltetem, 3-poligen verschraubbaren Stecker nach DIN 41624 (Großtuchel)
  • MD 421-N mit hellgrau/silberfarbenem Gehäuse, 5-stufigem Drehschalter zur stufenweisen Bassabsenkung und symmetrisch beschaltetem 3-poligen verschraubbaren Stecker nach DIN 41524 (Kleintuchel)
  • MD 421de Luxe mit schwarzem Gehäuse, goldfarbener Einsprache, technisch wie MD 421-N mit 5-stufigem Drehschalter zur stufenweisen Bassabsenkung und symmetrisch beschaltetem, 3-poligen verschraubbaren Stecker nach DIN 41524 (Kleintuchel)
  • MD 421-HL mit hellgrau/silberfarbenem Gehäuse und symmetrisch / unsymmetrisch beschaltetem Stecker nach DIN 41524 (Kleintuchel) und Übertrager für wahlweise hochohmigen Anschluss an Amateurtonbandgeräte u. ä.
  • MD 421-U sowie das aktuell produzierte MD 421 II sind quasi baugleich: schwarzes Gehäuse und symm. beschalteter XLR-Verbinder. Die Versionen 421 U4 und U5 unterschieden sich durch das Gewinde am (abnehmbaren) Stativanschluss. Version U4 besitzt ein Wechselgewinde, während U5 ein Gewinde mit festem 3/8"-Maß besitzt.
  • MD 521 "Blackfire": schwarzes Gehäuse und symmetrisch beschalteter XLR-Anschluss, allerdings ohne den 5-stufigen Bassabsenkungs-Schalter. Mit der Blackfire-Serie wollte Sennheiser in den 1980er Jahren die "Klassiker" MD 421, MD 441, MD 431 und MD 409 in teilweise technisch abgespeckten Versionen für den Musiker-Markt attraktiver machen.

Einzelnachweise

  1. Katalog „Sennheiser-Revue 1968“ ff.
  2. Heinrich Specht: Beyerdynamic X 1, PDF
  3. Sennheiser: Micro-Revue 70/71.
  4. Sennheiser MD 421 Test :: bonedo.de. Abgerufen am 19. April 2020.