Statuenmenhir

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Stelen-Menhire im Alignement von Stantari, Korsika

Statuenmenhire sind in der Regel platten- oder stelenförmige und auf allen Seiten geglättete Steine, die auf der Schauseite eine mehr oder weniger deutliche anthropomorphe Form, zumindest aber Kopfumrisse, Augenpaare oder Gesichter zeigen, oder einfache Gravierungen, wie der Stein 3 der Statuenmenhire de la Gruasse.

Verbreitung

Dame von Saint-Sernin-sur-Rance im Musée Fenaille, Rodez, Aveyron
Statuenmenhir im Museo delle Statue Menhir, Laconi, Sardinien
Stelen-Menhir von Moulin Louat in Murat-sur-Vèbre, Tarn
La Donna von Massa Marittima im Museo archeologico, Toskana
Stelen-Menhire aus Treschietto, Bagnone, Toskana im Museo delle statue stele della Lunigiana in Pontremoli
Le menhir de Santa Maria im Cambia

Statuenmenhire gibt es in einigen Ländern Europas, wo sie meist mit unbearbeiteten Menhiren vorkommen. Eine kleine Anzahl ist in Bulgarien, Deutschland, Griechenland und der Schweiz gefunden worden. An der Nordküste des Schwarzen Meeres findet sich die größte Konzentration von Steinen auf der Krim und in den Steppen der Ukraine, wo 300 Stelen und Statue Menhire vorkommen. Im westmediterranen Raum kommen Statuenmenhire in Spanien, Nordwestitalien, in Apulien sowie auf Korsika und Sardinien vor. Drei große Areale mit zusammen 144 Statuenmenhiren gibt es in:

In Südfrankreich und auf der Iberischen Halbinsel tragen einige einen Krummstab (Báculo).

  • Auf Korsika (insbes. Filitosa) stehen 630 ungestalteten Menhiren lediglich 73 Statuenmenhire gegenüber. Die Statuen-Menhire Korsikas sind allerdings die größten im Mittelmeerraum. Sie sind bis zu drei Meter hoch, etwa 30 cm breit und 26 cm dick. Sie können in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden. Eine mit übergangslosem Kopf und Rumpf und eine, bei der der Kopf klar abgesetzt ist. (Statuenmenhir Sagone 2 und 3, Santa Maria von Cambia)

Roger Grosjean stellte im Jahr 1967 eine 6-spufigr typologische Klassifizierung der korsische Menhire und Statuenmenhire vor, die in erster Linie auf das Vorhandensein oder Fehlen von Waffen beruht[1].

  • Stufe 1: Weniger als ein Meter hohe Monolithe oder Bätyl,
  • Stufe 2: Protoanthropomorph, die menschliche Form schematisch dargestellt,
  • Stufe 3: Anthropomorphe Figur mit separatem Kopf und Körper. Selten mehr als zwei Meter hoch, unterteilt in:
  • Stufe 4: "Südliche Statuenmenhire, unbewaffnet", verfügen über anatomische Details vor allem im Gesicht (Augen, Nase, Mund).
  • Stufe 5: "Südliche Statuenmenhire, bewaffnet" mit Schwertern, Dolchen und Helmen oder Brustpanzern. Anatomische Details sind nicht herausgearbeitet (Gürtel und Lendenschurz).
  • Stufe 6: "Nördliche Statuenmenhire, unbewaffnet", dünner und schlanker als die bisherigen Statuen, langer Hals und Ohren.
  • Auf Sardinien ist der bedeutendste Statuenfund der von Monte Prama. Rund 50 völlig andersartige Exemplare wurden um den Ort Laconi gefunden. Im Jahre 2005 wurde bei Laconi ein neuer fragmentarischer Statuenmenhir gefunden, weitere fand man 1996 beim Gigantengrab von Murisiddi bei Isili. 2008 fand man unzählige zerbrochene Menhire bei Cuccuru e Lai. Eine bestimmte Form prähistorischer Menhire wird als Baityloi (ital. Betili) bezeichnet. Es handelt sich meist um nicht sehr große schlanke, granatenartig aussehende Steine, die aufrecht stehen. Einige haben Löcher anstelle der Augen, andere haben Brüste. Einer hat ein menschliches Antlitz.
  • Auf dem italienischen Festland, besonders in der Lunigiana (hist. Territorium in Italien) heute die Provinzen La Spezia und Massa Carrara, sowie in Südtirol und der Toscana (auch ein weiblicher in Pontremoli und Treschietto).

Eine Anzahl dieser Menhire gibt es in/auf:

Aussehen

Weiblicher Menhir von Castel Church, Guernsey

Die meist stelenförmigen Statuenmenhire stellen zumeist männliche und mitunter auch geschlechtlich unbestimmbare oder – an den Brüsten erkennbar – weibliche Wesen dar, die auf Korsika scheinbar auch Waffen tragen (Castaldu I). Eine spätere, stark abstrahierte Ausprägung sind die sardischen Bätyl (Baityloi), die in der Nähe des Gigantengrabes von Tamuli die Verehrung eines Pantheons von sechs zur Hälfte mittels ihrer deutlichen brustartigen Wölbungen als weiblich einzustufenden Göttern darzustellen scheinen.

In der Bretagne und in Großbritannien gibt es Plattenmenhire, bei denen durch ein Rostrum, eine mehr oder weniger ausgeprägte Erhöhung in der Mitte der Oberkante lediglich ein Kopf oder Hals angedeutet ist, die ansonsten aber ungestaltet sind. In Nordirland finden sich im County Fermanagh kleine anthropomorphe Steinfiguren, die als Caldragh Idole bekannt geworden sind, deren Entstehungszeit jedoch nicht feststeht. Auch wegen ihrer mangelnden Größe von etwa 60 cm rechnet man sie nicht zu den Statuenmenhiren.

Datierung

Die meisten Forscher datieren die deutlich kleineren, regelmäßig auf der Vorderseite (meist auch insgesamt) stelenartig geglätteten Statuenmenhire in die Bronze- und frühe Eisenzeit, also ins 3. oder 2. Jahrtausend v. Chr., mithin in eine viel spätere Zeit als die ‚klassischen‘ Großmenhire, die nach dem jüngsten Forschungsstand meist in die Zeit zwischen 4200 und 3500 v. Chr. eingeordnet werden. Außerdem wird in Fachkreisen diskutiert, ob die anthropomorphen Darstellungen bei einigen Stelen dem Originalzustand bei Aufstellung der Steine entsprechen oder aber spätere Bearbeitungen sind – letzteres scheint jedoch in den meisten Fällen eher unwahrscheinlich.

Siehe auch

Literatur

  • Enrico Atzeni: Tombe megalitiche di Laconi (Nuoro). In: G. Bartoli (Hrsg.): Congresso Internazionale l'Età del Rame in Europa. Viareggio 15–18 ottobre 1987. All'Insegna del Giglio, Florenz 1988, S. 524–527 (Rassegna di archeologia 7).
  • Joseph Cesari, Franck Leandri: Note sur la découverte de quatre nouvelles statues-menhirs en Corse. In: Archéologie en Languedoc. 22, 1998, ISSN 0221-4792, S. 93–103.
  • Marta Diaz-Guardamino Uribe: Iconical signs, indexical relations. Bronze Age stelae and statue-menhirs in the Iberian Peninsula. In: Journal of Iberian Archaeology, Jg. 10 (2008) ISSN 0874-2677.
  • Roger Grosjean: La statue-menhir de Santa-Naria (Olmeto, Corse) In: Bulletin de la Société préhistorique française. Comptes rendus des séances mensuelles 1974 S. 53-57
  • Tim Kerig: Ein Statuenmenhir mit Darstellung einer Axt vom Eschollbrückener Typ? Zu einem enigmatischen Steindenkmal aus Gelnhausen-Meerholz (Mainz-Kinzig-Kreis). In: Prähistorische Zeitschrift, Bd. 85 (2010), 59–78 ISSN 0079-4848.
  • Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Europäische Kultplätze der Steinzeit (Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas; Bd. 36). Beier & Beran, Langenweißbach 2003, ISBN 3-930036-70-3.
  • Detert Zylmann: Das Rätsel der Menhire. Probst, Mainz-Kostheim 2003, ISBN 3-936326-07-X.

Weblinks

Commons: Menhir – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.casciani.fr/Fiches/Fiche0002.php