Tötungsanstalt Bernburg

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In einem abgetrennten Teil der Landes-Heil- und Pflegeanstalt in Bernburg an der Saale (Sachsen-Anhalt) befand sich zwischen dem 21. November 1940 und dem 30. Juli 1943 eine Euthanasie-Tötungsanstalt der so genannten Aktion T4. Hier wurden über 14.000 Kranke und Behinderte mit Kohlenstoffmonooxid in einer Gaskammer ermordet.

Tötungstrakt
Die Gaskammer

Herkunft der Opfer

Die Herkunft der Opfer der Tötungsanstalt Bernburg war durch die vorgegebenen Einzugsgebiete fest umrissen. Dem Organisationsplan folgend, wurden Behinderte und Kranke aus Heil- und Pflegeanstalten der Provinzen Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein, der Länder Anhalt, Braunschweig und Mecklenburg wie aus der Reichshauptstadt Berlin und der Hansestadt Hamburg zum Teil direkt, zum Teil über so genannte Zwischenanstalten nach Bernburg transportiert, um hier im Gas ermordet zu werden.

Bekannte Opfer

Zwischenanstalten

  • Provinz Sachsen: Jerichow (390), Uchtspringe (Kreis Stendal) (864), Altscherbitz bei Schkeuditz (Kreis Delitzsch) (1.385)
  • Provinz Brandenburg: Görden bei Brandenburg (1.110), Neuruppin (1.497) Teupitz, Kreis Teltow (1.564)
  • Land Braunschweig: Königslutter (423)

Opferzahl der ersten Tötungsphase

Nach einer erhalten gebliebenen internen T4-Statistik wurden in der Tötungsanstalt Bernburg in nur 10 Monaten zwischen dem 21. November 1940 und dem 1. September 1941 insgesamt 9.385 Menschen ermordet:

1940 November Dezember 1941 Januar Februar März April Mai Juni Juli August Summe
397 387 788 939 1.004 1.084 1.316 1.406 1.426 638 9.385

(Quelle: Hartheimer Statistik, gedr. in: Ernst Klee, Dokumente, Dok. 87, S. 232)

Diese Statistik umfasst lediglich die erste Mordphase der Aktion T4, die auf eine Anordnung Hitlers hin mit dem Datum 24. August 1941 abgeschlossen wurde.

Der angebliche "Euthanasie-Stopp" in Bernburg

Bernburg war die Nachfolgeeinrichtung der Tötungsanstalt Brandenburg, die dieselben Einzugsgebiete hatte (siehe oben 1). Hier lebten insgesamt etwa 15 Millionen Menschen. In der Vorbereitung der Aktion T4 war in der Kanzlei des Führers für die (wörtlich!) "planwirtschaftliche Erfassung" vereinbart worden: "Von 1.000 Menschen wird einer von der Aktion erfaßt." Mit insgesamt 18.373 ermordeten Patienten bis zum 24. August 1941 hatten die Tötungsanstalten Brandenburg und Bernburg gemeinsam die Planvorgabe für ihre Einzugsgebiete deutlich übererfüllt.

Von daher erscheint es zumindest als fraglich, dass es allein die zahlreichen öffentlich gewordenen Proteste hoher Geistlicher und anderer Honoratioren waren, die den so genannten "Euthanasie-Stopp" bewirkt haben sollen. Nachgewiesen ist, dass die vorgebene Mordquote im August 1941 bereits erfüllt war. Bereits im Juli - also vor der berühmten Predigt des Bischofs von Münster, Graf von Galen - war unter führenden Persönlichkeiten der Verwaltung bekannt geworden, die Aktion würde im August beendet werden.

Aktion 14 f 13 in Bernburg

Die Gestapo legte im September 1939 auf einer Referentenbesprechung fest, dass die groß angelegte Ermordung von Menschen außerhalb justizförmiger Verfahren als Sonderbehandlung bezeichnet werden solle. Die "Sonderbehandlung 14 f 13" betrifft dabei Fälle, in denen Häftlinge der Konzentrationslager durch Gas ermordet werden sollten: Das Aktenzeichen des Inspekteurs der Konzentrationslager für Todesfälle in den KZ lautete "14 f", mit der Nr. "13" wurde die Todesart (durch Gas) bezeichnet. Die Aktion wurde in Verbindung mit der Aktion T4 ab Frühjahr 1941 durch den Besuch von Ärztekommissionen in den KZ vorbereitet. Sie diente dazu, schwer erkrankte oder aus anderen Gründen nicht mehr arbeitsfähige KZ-Häftlinge zu ermorden. Von der "Aktion 14 f 13" wurden außerdem jüdische Gefangene unabhängig von ihrem konkreten Gesundheitszustand erfasst. Zu diesen zählte die in Ravensbrück gefangen gehaltene Olga Benario.

OT-Fronteinsatz

Aktion Reinhardt

Irmfried Eberl war der Arzt medizinischer Leiter der Euthanasie-Anstalten Brandenburg und Bernburg im Rahmen der Aktion T4 und anschließend im Sommer 1942 erster Leiter des Vernichtungslagers Treblinka im Rahmen der Aktion Reinhardt, ebenso war beteiligt der SS-Brigadeführer und Generalleutnant der Waffen-SS, und Generalkommissar für das Sanitäts- und Gesundheitswesen Karl Brandt. Er war der ranghöchste der Angeklagten im Prozess gegen Mediziner im Rahmen des Nürnberger Ärzteprozesses.

Nach 1945

In den Anfangsjahren der DDR wurde das Thema "Euthanasie" in Bernburg nicht angesprochen. Erst in den 80er Jahren, fingen Mitarbeiter des Krankenhauses langsam an, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Im Zuge der Wende, geschah der Umbruch. Es wurde eine Gedenkstätte eröffnet, die 1994 in Landeseigentum übergegangen war. Gedenkstättenleiterin ist Frau Dr. Hoffmann. Seit dem 1. Januar 2007 ist die Gedenkstätte in Trägerschaft der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt.

Literatur

  • Friedrich Karl Kaul: Nazimordaktion T4, Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1972
  • Dietmar Schulze: "Euthanasie" in Bernburg. Die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg/Anhaltische Nervenklinik in der Zeit des Nationalsozialismus. Verlag Die Blaue Eule, Essen 1999, ISBN 3892069549.
  • Ernst Klee (Hrsg.): Dokumente zur "Euthanasie". Fischer Taschenbuch Verlag Nr. 4327, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3596243270.

Weblink