Thermonatrit

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Thermonatrit
Villiaumit mit weißer Überkrustung aus Thermonatrit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Tnat[1]

Chemische Formel Na2[CO3] • H2O[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate (und Verwandte)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/D.02
V/D.02-010

5.CB.05
15.01.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol rhombisch-pyramidal mm2[3]
Raumgruppe (Nr.) Pca21[2] (Nr. 29)
Gitterparameter a = 10,72 Å; b = 5,26 Å; c = 6,47 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 1,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,255 (synthetisch); berechnet: 2,262
Spaltbarkeit Bitte ergänzen!
Farbe farblos, weiß, graugelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,420
nβ = 1,506
nγ = 1,524[4]
Doppelbrechung δ = 0,104[4]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 48°; berechnet: 46°[4]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten wasserlöslich; schon in schwachen Säuren unter CO2-Abspaltung löslich
Besondere Merkmale alkalischer (laugenartiger, seifiger) Geschmack, dehydratisiert bereitwillig

Thermonatrit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate (und Verwandte)“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Na2[CO3] • H2O[2]. Chemisch gesehen handelt es sich um ein wasserhaltiges Natriumcarbonat. Es findet sich überwiegend in Form weißer oder graugelber, pudriger Krusten und Ausblühungen. Sehr selten entwickelt er auch farblose bis weiße, nadelige Kristalle.

Besondere Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Thermonatrit einerseits leicht wasserlöslich ist, andererseits an der Luft aber auch bereitwillig dehydratisiert, das heißt Kristallwasser abspaltet und austrocknet, muss er als Mineralprobe in einem luftdichten Behälter geschützt aufbewahrt werden.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Benannt wurde Thermonatrit 1845 durch Wilhelm Ritter von Haidinger, der das Mineral nach dem griechischen Wort θερμός [thermós] für warm und dem verwandten Mineral Soda bzw. der chemischen Verbindung Natron in Anspielung auf dessen Ursprung als "durch Wärmezufuhr ausgetrocknetes Natron" bezeichnete.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Thermonatrit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate ohne fremde Anionen“, wo es zusammen mit Baylissit, Chalkonatronit, Gaylussit, Pirssonit, Soda und Trona eine eigenständige Gruppe V/D.02 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Thermonatrit in die neue Klasse der „Carbonate und Nitrate“ ein (die Borate bilden jetzt eine eigene Klasse). Dort gehört es nach wie vor zur Abteilung der „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“. Diese Abteilung ist allerdings noch präziser unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen Kationen (Alkali- und Erdalkali-Carbonate)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.CB.05 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Thermonatrit wie die alte Strunz'sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ ein, dort allerdings in die Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate“. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 15.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Carbonate mit A+(XO3) • x(H2O)“ zu finden.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thermonatrit bildet sich gewöhnlich auf den Böden von Salzsee und in Evaporit-Lagerstätten, selten auch an vulkanischen Fumarolen und in Hydrothermaladern artverwandter Karbonatite. Begleitminerale sind unter anderem Halit, Soda und Trona.

Insgesamt konnte Thermonatrit bisher (Stand: 2011) an rund 50 Fundorten nachgewiesen werden. In Österreich fand sich das Mineral an der Tiroler Gratlspitze und in der Schweiz trat es in den Salzminen bei Bex im Kanton Waadt zutage.

Weitere Fundorte sind der Wadi Natrun in Ägypten; Kanton San Juan (Provinz Nor Lípez) und Laguna Kollpa (Provinz Sur Lípez) in Bolivien; Damxung und Innere Mongolei in China; Narsaq in Grönland; Mont Saint-Hilaire (Montérégie-Hügel) in Kanada; mehrere Orte in der Großen Ungarische Tiefebene, Szeged und Debrecen in Ungarn; der Vesuv in Italien; der Bogoriasee und der Vulkan Suswa im Rift Valley in Kenia; der Mandara Lake in der libyschen Region Fessan; Antsirabe auf Madagaskar; Tolbatschik auf Kamtschatka, mehrere Orte auf der Halbinsel Kola und Verkhne-Chusovskie Gorodki im Ural in Russland; der Natronsee in Tansania sowie mehrere Salzseen und Salzbergwerke in den US-amerikanischen Bundesstaaten Kalifornien, Michigan, Nevada, New Mexico, Oregon, Utah und Washington.

Synthetische Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thermonatrit lässt sich auch künstlich mit Hilfe einer bei 25° zu 37 °C gesättigten Lösung aus Natriumhydrogencarbonat, die langsam abgekühlt wird, herstellen. Bei einer weniger gesättigten Lösung bei niedrigerer Temperatur entwickeln sich allerdings Kristalle aus Soda.[5]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thermonatrit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe (Raumgruppen-Nr. 29) mit den Gitterparametern a = 10,72 Å; b = 5,26 Å und c = 6,47 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 304.
  3. Webmineral – Thermonatrite (englisch)
  4. a b c Thermonatrite bei mindat.org (engl.)
  5. William Phillips,Henry James Brooke,William Hallows Miller: An elementary introduction to mineralogy, 1852, S. 600

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Thermonatrite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien