Uğur Şahin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. November 2020 um 11:57 Uhr durch Naronnas (Diskussion | Beiträge) (Änderung 205398457 von Naronnas rückgängig gemacht; Eigene Änderung rückgängig, erstmal Disk abwarten). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Uğur Şahin (2019)

Uğur Şahin [ˈuːʁ ˈʃahin] (* 19. September 1965 in İskenderun, Türkei) ist ein deutscher Mediziner.[1] Seine Forschungsschwerpunkte sind die Krebsforschung und die Immunologie. Er ist mit seiner Frau Özlem Türeci Mitgründer, Vorstandsvorsitzender und Miteigentümer von BioNTech. Er ist seit 2006 Professor für experimentelle Onkologie an der III. Medizinischen Klinik der Universität Mainz.

Leben

Şahin zog im Alter von vier Jahren mit seiner Mutter aus der Türkei zu seinem Vater, der in den Kölner Ford-Werken arbeitete. Neben dem Fußball interessierten ihn vor allem populärwissenschaftliche Bücher, die er in der katholischen Kirchenbücherei auslieh. Nachdem er in Köln sein Abitur gemacht hatte, studierte er Medizin an der Universität Köln.[2][3] Er wurde 1992 mit einer Arbeit zur Immuntherapie bei Tumorzellen, welche mit summa cum laude benotet wurde, promoviert. Sein Doktorvater war Michael Pfreundschuh. Şahin war als Arzt für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie am Klinikum der Universität Köln tätig. Er folgte seinem Doktorvater Pfreundschuh an das Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, wo er in einer Arbeitsgruppe am Serex-Verfahren zur Identifizierung von Antigenen arbeitete. 1999 habilitierte er sich am Universitätsklinikum des Saarlandes. In den Jahren 2000 und 2001 arbeitete er am Universitätsspital Zürich, wo er mit Rolf Zinkernagel und Hans Hengartner zusammenarbeitete, beide spätere Mitglieder im wissenschaftlichen Beirat von BioNTech.[4] Seit 2001 ist Şahin an der Universitätsklinik Mainz in verschiedenen, meist leitenden Positionen in den Bereichen der Krebsforschung und Immunologie tätig und seit 2006 Professor für experimentelle Onkologie an der III. Medizinischen Klinik.[5]

Şahin lernte seine spätere Frau Özlem Türeci während seiner Tätigkeit am Universitätsklinikum in Homburg kennen, als Türeci dort ihr letztes Studienjahr absolvierte. 2002 heiratete das Paar, wobei es am Tag seiner Hochzeit vor dem Standesamt noch im Labor stand und auch danach wieder dorthin zurückkehrte. Seit 2006 hat das Ehepaar eine Tochter.[6]

Wirken

Uğur Şahin arbeitet an der Identifizierung und Charakterisierung neuer Zielmoleküle (Antigene) für die Immuntherapie bei Krebstumoren, z. B. bei Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungenkrebs und anderen gefährlichen Krebserkrankungen. Ziel ist die Entwicklung eines Krebs-Impfstoffes auf der Basis von Ribonukleinsäure (RNA), einem Botenstoff mit genetischen Informationen, der eine entsprechende Reaktion des Immunsystems auslösen und so zur Hemmung und Rückbildung von Tumoren führen soll. Dabei bewirken diese RNA-Impfstoffe keine dauerhafte genetische Veränderung im Erbgut der Zellen, sondern werden, vereinfacht ausgedrückt, nach „Einmalgebrauch“ zur Bildung von Eiweiß wieder aufgelöst. Ein Problem besteht darin, ein gentechnisches Verfahren zu entwickeln, damit diese Impfstoffe nach Injektion eine direkte und gezielte Antwort des Immunsystems auslösen. Bei der Entwicklung solcher optimierter RNA-Ketten konnte Uğur Şahin mit seinem Forschungsteam in den letzten Jahren bemerkenswerte Erfolge verzeichnen.

Şahin gründete 2001 mit seiner späteren Frau Özlem Türeci das Unternehmen Ganymed Pharmaceuticals. Dieses Unternehmen entwickelte den monoklonaler Antikörper Zolbetuximab, welcher gegen Speiseröhren- und Magenkrebs eingesetzt werden soll. 2016 wurde das Unternehmen für mindestens 422 Millionen Euro an Astellas Pharma verkauft.[7] Nach erfolgreichen Phase-II-Studien befindet sich das Medikament Stand 2020 in der Phase III.[8][9][10]

Das von ihm geleitete Projekt zur Entwicklung innovativer Impfstoffe gegen Krebserkrankungen war eines von zwölf Projekten, die im Jahr 2006 vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der neu geschaffenen GründungsOffensive Biotechnologie (GO-Bio) mit einem Förderpreis ausgezeichnet wurden.

Seit 2010 ist Uğur Şahin der Direktor des neu gegründeten Instituts TRON.[11] Das TRON (Translationale Onkologie an der Universitätsmedizin der JGU Mainz gGmbH) widmet sich der individualisierten Medizin und Krebsimmuntherapie. Für seine Arbeit in diesem Bereich wurde Şahin 2019 der Deutsche Krebspreis verliehen.[12]

Firmensitz von BioNTech in Mainz

Şahin gehörte 2008 zu den Gründern des Biotechnologie-Unternehmens BioNTech mit Sitz in Mainz, dessen CEO er seitdem ist. Er hält aktuell 18 Prozent des börsennotierten Unternehmens.[13] BioNTech forscht seit April 2020 unter der Leitung von Şahin und seiner Frau Özlem Türeci, welche ebenfalls Vorstandsmitglied des Unternehmens ist, an einem Impfstoff gegen die Lungenkrankheit COVID-19.[14] Nachdem US-Präsident Donald Trump einen Monat zuvor einen potenziellen Impfstoff exklusiv für die Vereinigen Staaten beansprucht hatte, erklärte Şahin hierzu, dass ein Schlüssel im Kampf gegen COVID-19 internationale Kooperation sei und es „keine Diskussion darüber gibt, ob ein Impfstoff nur für China, Deutschland oder Amerika“ zur Verfügung stehe.[15]

Auszeichnungen

Literatur

  • Armin Mahler: Jedem sein eigenes Medikament. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2017, S. 80 f. (online).

Einzelnachweise

  1. Hatice Akyün: „Wir sind Impfstoff“: Über zwei Wissenschaftler, die nicht nur Hoffnung gegen das Virus machen. In: tagesspiegel.de. 26. April 2020, abgerufen am 21. September 2020.
  2. Sebastian Balzter: Das Traumpaar der Biotech-Branche, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 21. August 2016, S. 27
  3. Entwicklung innovativer Impfstoffe gegen Krebserkrankungen. In: YouTube. Abgerufen am 11. Juli 2020 (10:47 Minute).
  4. How One Professor Built Two Billion-Dollar Biotechs, abgerufen am 4. November 2020
  5. SFB 1399: SFB1399: Prof. Dr. med. Ugur Sahin. Abgerufen am 11. Juli 2020 (englisch).
  6. Kristina Läsker: Die Krebsforscherin in Süddeutsche Zeitung vom 14. Januar 2009, Wirtschaft, Bayern S. 18, München S. 18
  7. BIOCOM AG: Astellas kauft Ganymed. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  8. O. Türeci, U. Sahin, H. Schulze-Bergkamen, Z. Zvirbule, F. Lordick: A multicentre, phase IIa study of zolbetuximab as a single agent in patients with recurrent or refractory advanced adenocarcinoma of the stomach or lower oesophagus: the MONO study. In: Annals of Oncology: Official Journal of the European Society for Medical Oncology. Band 30, Nr. 9, 26. Juni 2019, ISSN 1569-8041, S. 1487–1495, doi:10.1093/annonc/mdz199, PMID 31240302, PMC 6771222 (freier Volltext).
  9. Antibody Shines in Advanced Gastric Cancer. 5. Juni 2016, abgerufen am 10. Juli 2020 (englisch).
  10. A Study of Zolbetuximab (IMAB362) Plus CAPOX Compared With Placebo Plus CAPOX as First-line Treatment of Subjects With Claudin (CLDN) 18.2-Positive, HER2-Negative, Locally Advanced Unresectable or Metastatic Gastric or Gastroesophageal Junction (GEJ) Adenocarcinoma - Full Text View - ClinicalTrials.gov. Abgerufen am 10. Juli 2020 (englisch).
  11. Neues Spitzenforschungsinstitut in Mainz: TRON – Translationale Onkologie, abgerufen am 10. Januar 2011
  12. Ugur Sahin: Mit individualisierten Therapien gegen den Krebs, aerzteblatt.de, abgerufen am 17. Mai 2020
  13. BioNTech Aktie (A2PSR2,BNTX,US09075V1026). Abgerufen am 10. Juli 2020.
  14. Biontech gegen Corona: Sahin und Türeci entwickeln einen Impfstoff
  15. Mainzer Unternehmen: Wie Biontech gegen Corona kämpft, FAZ.net, 16. März 2020, abgerufen am 17. Mai 2020
  16. Mustafa Prize. Abgerufen am 7. September 2020 (englisch).