Wilfried Körtzinger

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Wilfried Körtzinger vor dem Porträt seines Großvaters Hugo Anton Körtzinger (Gemälde von Hugo Körtzinger)

Wilfried Körtzinger[1] (* 24. Juni 1933 in Brake (Unterweser); † 17. Juli 2022 in Kiel) war ein deutscher Künstler, Architekt und Kunstpädagoge. Er ist der Neffe des Bildhauers, Malers, Schriftstellers und Orgelspielers Hugo Körtzinger und Vater des Meereschemikers Arne Körtzinger und der Ökotrophologin Inga Asbeck geb. Körtzinger.

Kindheit, Jugend und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilfried Körtzinger verbrachte seine ersten Lebensjahre in Oberhammelwarden an der Unterweser, bevor er 1939 mit seiner Mutter nach Burglesum/Bremen zog. Er absolvierte zunächst eine Handwerkslehre als Modelltischler in Bremen. Nach der Gesellenprüfung und dem Besuch der Abendoberschule studierte er von 1954 bis 1959 Malerei bei Gustav-Adolf Schreiber und Karl Gustav Weinert sowie Architektur bei Kurt Schulze und Helmut Reischel an der Staatlichen Kunstschule Bremen. Nach dem Examen wechselte er an die Hochschule für bildende Künste Hamburg, wo er im Bereich Kunst auf Lehrer wie Berto Lardera (Metallplastik), Max Bense (Ästhetik), Otto Lindig (Keramik) und Otto Stelzer (Kunstgeschichte) und im Bereich Architektur auf Werner Hebebrand (Stadtplanung) sowie Godber Nissen, Fritz Trautwein und Werner Kallmorgen (Architektur) traf.

Berufliche Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1961 arbeitete Körtzinger als Hochbauarchitekt und Stadtplaner bei Bremer Architekten, später als freier Mitarbeiter am Bremer Institut für Stadt- und Raumplanung. Aus dieser Zeit stammen Entwurfsbearbeitungen für Büro- und Wohnbauten, Schulen und Hochgaragen sowie Mobilbauten für die Montanunion. Im Jahr 1967 gab er den Architekturberuf aufgrund mangelnder Überstimmung der ihm abgeforderten Einstellung mit seinen Vorstellungen einer nachhaltigen und menschenwürdigen Architektur auf. Er trat ab 1967 in den niedersächsischen Schuldienst und arbeitete bis zu seiner Pensionierung 1996 als Kunsterzieher und Werklehrer am Clemens-August-Gymnasium Cloppenburg. Von 1973 bis 1999 übernahm Körtzinger Lehraufträge an niedersächsischen Hochschulen und Fachhochschulen in den Fachbereichen Kunst- und Werkpädagogik sowie Fotografie. Nebenbei war er kontinuierlich als freiberuflicher Graphiker tätig und gestaltete eine Vielzahl von Logos, Briefköpfen, Broschüren, Plakaten etc. Körtzinger lebte von 1967 bis 2021 in Cloppenburg/Niedersachsen und zog anschließend mit seiner Frau Karin nach Kiel.

Künstlerisches Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Architektur mit Schlitzen, Siebdruck (5 Farben), 1971

Frühe Arbeiten Körtzingers sind noch stark von seinen akademischen Lehrmeistern beeinflusst und stehen dem Informel nahe. Der ab Ende der 1960er Jahre begonnene Aufbau einer Druckwerkstatt in seinem Wohnhaus in Cloppenburg führt zunächst zu abstrakten, dem Spiel mit Form und Farbe gewidmeten und mitunter Elemente der Pop Art aufgreifenden Siebdrucken.

Erst danach findet der Künstler in der Auseinandersetzung mit der in seinen Augen inhumanen und umweltzerstörenden Stadt- und Landschaftsplanung seiner Zeit sein erstes großes künstlerisches Thema. Er bekennt sich als „Landschaftsmaler“ zum Realismus, wobei es nicht sein Ziel ist, Abbilder der Realität zu schaffen, sondern Sinnbilder der ihn umgebenden Wirklichkeit. Körtzinger verfolgt das Thema Mensch und Umwelt für die nächsten drei Jahrzehnte und entwickelt dabei einen eigenen Stil, der bewusst ästhetische Farben und Formen in den Kontrast zu den ernsten, mitunter deprimierenden Inhalten setzt. Auch das Mittel der Ironie wird dabei gezielt eingesetzt. Dazu dienen auch die Bildtitel, für die Körtzinger wiederholt Aphorismen von Stanisław Jerzy Lec verwendet.

Körtzinger erweitert die Werkgruppe Grafik um die Drucktechniken Radierung, Lithografie und Zeichnung (Kohle, Pastellkreide, Blei-/Buntstift, Tusche). Außerdem kommt die Werkgruppe Malerei (Öl, Aquarell) wieder hinzu. Er steigert die handwerkliche Qualität seiner Siebdrucke von anfänglich relativ einfachen Drucken mit wenigen Farben zu komplexen Mehrfarbdrucken mit weit über 20 Druckgängen und Irisdruck-Effekten und setzt dabei auf fotomechanische Siebdruckschablonen. Dabei handelt es sich zunächst um einfache Schneidschablonen, die später aber durch Fotoschablonen ersetzt werden, welche durch Tontrennung und malerische Verfahren verfremdet werden. Zu diesem Zweck wird die häusliche Druckwerkstatt um eine Fotowerkstatt erweitert.

Die Analogfotografie entwickelt sich in Körtzingers zweitem großen künstlerischen Thema zu einer eigenständigen Werkgruppe. In einer Kombination von klassischem Akt und Körperbemalung entstehen seine „Körperlandschaften“. Großformatige gemalte Hintergründe und die damit korrespondierende Körperbemalung verbinden sich dabei zu einer neuen Bildwirklichkeit. Bei der handwerklichen Erstellung der großformatigen Farbabzüge im eigenen Fotolabor kommen zusätzlich Filtertechniken zum Einsatz.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Folgenden findet sich eine Auswahl von Werken aus den verschiedenen Werkgruppen und den Jahren 1970–2000.

Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungsplakat von 1979

Ab 1967 verfolgte Körtzinger eine rege Ausstellungstätigkeit mit über 80 Einzelausstellungen und einer Vielzahl von Ausstellungsbeteiligungen vor allem in Norddeutschland (u. a. Beckum, Bergkamen, Berlin, Brake, Bremen, Brunsbüttel, Bückeburg, Cloppenburg, Coburg, Datteln, Dormagen, Dorsten, Düsseldorf, Gütersloh, Hagen, Hamburg, Hannover, Hannoversch-Münden, Herne, Hildesheim, Holzminden, Iserlohn, Lengerich, Leer, Lemgo, Marburg, Marl, Meppen, Moers, Norden, Nordenham, Oldenburg, Osnabrück, Peine, Pforzheim, Lübeck, Münster, Rheine, Siegen, Soest, Stade, Verden, Warendorf, Wilhelmshaven) sowie im Ausland (Dänemark, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweiz, Sowjetunion, Tschechien).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jürgen Weichardt: Kritische Landschaftsbilder. Der Graphiker Wilfried Körtzinger aus Cloppenburg. Aufsatz, 1973.
  • Ludwig Schreiner: Künstler sehen Niedersachsen, Verlag Weidlich, Frankfurt am Main, 1978.
  • Wilfried Körtzinger: Katalog 2, 1985.
  • Alexander von Knorre: Kurzbiographie Wilfried Körtzinger und Zeichnung Landschaft des befreiten Gottesvolkes. Das Kunstheft der Klassischen Moderne, Heft 9, 1986.
  • Wilfried Körtzinger: Landschaft der wackeren neuen Welt, Katalog 3, 1987.
  • Wilfried Körtzinger: Körpermalerei – Arbeiten der letzten Jahre, Katalog, 2000/2001.
  • Jürgen Weichardt (Hrsg.): Kunst im Oldenburger Land, Oldenburgische Landschaft, CULTURCON medien, Berlin/Wildeshausen, 2012.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kulturdatenbank, Stadt Oldenburg i.O.