Willi Bredel

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Datei:Stamps of Germany (DDR) 1971, MiNr 1647.jpg
Briefmarke der Deutschen Post der DDR (1971) aus der Serie Berühmte Persönlichkeiten

Willi Bredel (* 2. Mai 1901 in Hamburg; † 27. Oktober 1964 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller und Präsident der Akademie der Künste der DDR. Er gehörte zu den Pionieren der sozialistisch-realistischen Literatur.

Leben

Willi Bredel war Sohn eines Zigarrenmachers. Nach Volksschulabschluss lernte er 1916 bis 1918 Eisen- und Metalldreher in der damaligen Hamburger Großwerft Blohm & Voss. 1916 bis 1917 war er Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, von 1917 bis 1920 des Spartakusbundes und seit 1919 der KPD. 1923 nahm er am Hamburger Aufstand teil und wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner Amnestierung 1925 arbeitete er als Seemann, Taxichauffeur, Dreher und war journalistisch für die Bremer Arbeiterzeitung und das Essener Ruhrecho tätig. 1928 wurde er Redakteur der Hamburger Volkszeitung. Wegen „Vorbereitung literarischen Hoch- und Landesverrats“ wurde er 1930 zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt. In der Haft schrieb er seine ersten Romane.

Im März 1933 wurde er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in „Schutzhaft“ genommen und kam nach Fuhlsbüttel.

Willi Bredel als Spanienkämpfer (Briefmarke der DDR)

1934 glückte ihm die Flucht in die Tschechoslowakei. Von dort emigrierte er nach Moskau. In London erschien sein Roman „Die Prüfung“, der erste international beachtete Roman über ein deutsches Konzentrationslager. 1936 bis 1939 gab er mit Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger die literarische Zeitschrift Das Wort heraus. 1937 bis 1938 nahm er als Kriegskommissar des Thälmann-Bataillons der 11. Internationalen Brigade am Spanischen Bürgerkrieg teil. 1939 kehrte er nach Moskau zurück und nahm ab 1941 auf sowjetischer Seite am Zweiten Weltkrieg teil. Im Winter 1942/1943 war er gemeinsam mit Walter Ulbricht und Erich Weinert an der Stalingrader Front, um die deutschen Soldaten von der Sinnlosigkeit der Fortsetzung des Krieges zu überzeugen. Bredel war 1943 Mitbegründer des Nationalkomitee Freies Deutschland.

1945 kehrte er mit der Untergruppe Sobottka der „Gruppe Ulbricht“ zurück nach Deutschland und arbeitete als hauptamtlicher politischer Instrukteur für das Zentralkomitee der KPD in Mecklenburg-Vorpommern (ab 1947 Mecklenburg). Im August 1945 war er Mitbegründer des Landes-Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. 1947 bis 1949 war Bredel Abgeordneter des Mecklenburgischen Landtages und 1948 bis 1950 der Volkskammer der DDR. Er arbeitete als Chefredakteur der Literaturzeitschriften Heute und Morgen (1947−1950) und ndl (neue deutsche literatur) (1952−1956). 1950 war er Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste. Wohnraum hatte er in der Straße 201, in der viele Künstler und Wissenschaftler untergebracht waren.[1]

Der Präsident der Deutschen Akademie der Künste, Prof. Otto Nagel, überbringt Willi Bredel die Glückwünsche der Akademie zu dessen 60. Geburtstag.

1954 bis 1964 war Bredel Mitglied des Zentralkomitees der SED, seit 1957 Mitglied der Kulturkommission. Von 1962 bis 1964 war er als Nachfolger von Otto Nagel Präsident der Deutschen Akademie der Künste, die sich unter seiner Leitung auf Beschluss des ZK der SED zur „sozialistischen Akademie“ entwickelte.

1961 bis 1976 erschien in Berlin und Weimar eine Werkausgabe in vierzehn Bänden.

Literarisches Schaffen

Bredel verstand seine literarischen Arbeiten immer als Teil des Klassenkampfes. Er begann seine literarische Laufbahn als Arbeiterkorrespondent. Seine journalistischen Arbeiten bildeten dann auch die Grundlage seines ersten Romans Maschinenfabrik N.&K. Wenn er – nach eigenem Bekunden – auch auf seine Erfahrungen bei der Hamburger Fabrik Nagel & Kaemp zurückgriff, schilderte er aber kein wirkliches Geschehen, das er selbst erlebt hatte.

Kritiker wie Georg Lukács warfen Bredel vor, seine Charaktere seien zu holzschnittartig, keine wirklichen Gestalten, sondern nur Chargen, seine Sprache zu sehr die von Referaten, seine literarische Methode „trotzkistisch“. Bredel ging es in seinen frühen Romanen Maschinenfabrik N.&K. und „Rosenhofstraße“ allerdings nicht darum, besondere Charaktere darzustellen, sondern er wollte die gegensätzlichen Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen darstellen. Deshalb sind die Helden dieser Romane oft keine Einzelpersonen, sondern Kollektive (eine kommunistische Betriebszelle in der „Maschinenfabrik“, eine Straßenzelle in der „Rosenhofstraße“).

Dass Bredel auch anders konnte, zeigte er mit seinem 1934 in London veröffentlichten Roman „Die Prüfung“, in dem er sein eigenes Erleben im Konzentrationslager Fuhlsbüttel („Kola-Fu“) verarbeitete, zum Teil aber auch Aufzeichnungen des Mitinsassen Fritz Solmitz. Geschrieben im Prager Exil, war es die erste literarische Darstellung aus einem deutschen KZ und wurde in diverse Sprachen übersetzt und – außerhalb Hitlerdeutschlands – verbreitet. Aus der Trilogie „Verwandte und Bekannte“ ragt „Die Väter“ besonders heraus, dieses Werk war Pflichtlektüre in der Abiturstufe an DDR-Schulen. Bredel schaffte es hier, das Leben der sozialdemokratisch geprägten Hamburger Arbeiterschaft kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert mit Humor und genauer Milieukenntnis zu beschreiben. Der zweite Roman, Die Söhne, 1949 veröffentlicht, enthält jedenfalls noch einige lesenswerte Partien. Nach Alfred Kantorowicz in der ZEIT ist der dritte Roman, „Die Enkel“, 1953 veröffentlicht, „auf das geforderte und erzwungene Niveau des depravierten sozialistischen Realismus“ abgesunken, tatsächlich unlesbares Parteischrifttum geworden.[2]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

  • Maschinenfabrik N&K, 1930 komplett lesbar als HTML
  • Die Rosenhofstraße, 1931 komplett lesbar als HTML
  • Der Eigentumsparagraph (konnte wegen der „Machtergreifung“ in Deutschland nicht mehr erscheinen und wurde in deutscher Sprache erstmals 1961 im Dietz Verlag Berlin veröffentlicht; zuvor russisch 1933, ukrainisch 1934)
  • Die Prüfung, 1934
  • Der Spitzel und andere Erzählungen
  • Dein unbekannter Bruder, 1937
  • Begegnung am Ebro. Aufzeichnungen eines Kriegkommissars, 1939
  • Der Kommissar am Rhein und andere historische Erzählungen, 1940
  • Pater Brakel und andere Erzählungen, 1940
  • Verwandte und Bekannte, Trilogie:
    • Die Väter, 1941
    • Die Söhne, 1949
    • Die Enkel, 1953
  • Der Sonderführer, 1943
  • Das schweigende Dorf und andere Erzählungen, 1949
  • Die Vitalienbrüder, 1950
  • Fünfzig Tage, 1950
  • Vom Ebro zur Wolga, 1954
  • Auf den Heerstraßen der Zeit, 1957
  • Für dich – Freiheit, 1959
  • Ein neues Kapitel, Romantrilogie, 1959–64
  • Spanienkrieg, Band 1 / Zur Geschichte der 11. Internationalen Brigade, 1977
  • Spanienkrieg, Band 2 / Begegnung am Ebro : Schriften, Dokumente, 1977
  • Unter Türmen und Masten, 1960
  • Erzählungen I, 1967

Verfilmungen

Literatur

  • Ulf-Thomas Lesle: Willi Bredels frühe Romane. In: Inge Stephan/Hans-Gerd Winter (Hg.): „Liebe, die im Abgrund Anker wirft“. Autoren und literarisches Feld im Hamburg des 20. Jahrhunderts. Hamburg 1990, S. 129-143.
  • Reinhard Müller: Die Säuberung - Moskau 1936 - Stenogramm einer geschlossenen Parteiversammlung. Reinbek 1991, ISBN 3499130122.
  • Brigitte Nestler: Bibliographie Willi Bredel. Frankfurt am Main 1999. ISBN 3-631-32809-5
  • Rolf Richter: Willi Bredel, ein deutscher Weg im 20. Jahrhundert. Rostock 1998. ISBN 3-929544-30-X
  • René Senenko: Willi Bredels Exil in Prag 1934. Hamburg 2001, siehe
  • Beatrice Vierneisel (Hrsg.): Fremde im Land. Aspekte zur kulturellen Integration von Umsiedlern in Mecklenburg und Vorpommern 1945 bis 1953. Waxmann Verlag, Münster u.a. 2006 (Rostocker Beiträge zur Volkskunde und Kulturgeschichte. Hrsg. von Christoph Schmitt; 4) ISBN 3-8309-1762-7
  • Stefanie Wohmann: Realität – Kunst – Propaganda. Willi Bredel und die Exilzeitschriften „Internationale Literatur“ und „Das Wort“. Schkeuditz 2004. ISBN 3-935530-34-X
  • Kurzbiografie zu: Bredel, Willi. In: Wer war wer in der DDR? 5. AusgabeBand 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Einzelnachweise

  1. Seite des Max-Lingner-Archivs in der Akademie der Künste
  2. Alfred Kantorowicz: Willi Bredel - Nachsichtiges Gedenken, Die Zeit, 6. November 1964
Commons: Willi Bredel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Liste verbotener Autoren während der Zeit des Nationalsozialismus