Willy Sachs

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Willy Sachs (* 23. Juli 1896 in Schweinfurt; † 19. November 1958 in Oberaudorf) war ein deutscher Industrieller, SS-Obersturmbannführer und während des Dritten Reichs Wehrwirtschaftsführer. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und war Ehrenbürger von Schweinfurt, Mainberg und Oberaudorf.

Leben

Willy Sachs war der einzige Sohn des Schweinfurter Industriellen Ernst Sachs. Nach mehrjähriger Praktikantenzeit bei verschiedenen internationalen Unternehmen wurde Sachs 1923 Vorstandsmitglied und war nach dem Tode seines Vaters ab 1932 Alleininhaber der Fichtel & Sachs AG in Schweinfurt. Zeitlebens verstand sich Sachs als fürsorglicher Patriarch, den eine oftmals spontane Großzügigkeit kennzeichnete. Der impulsive, gelegentlich auch etwas tollpatschige Erbe sah es als seine Lebensaufgabe, das Werk des Vaters an die nächste Generation weiterzugeben. Von den Talenten des Vaters hatte er jedoch wenig geerbt. Er führte zwar den Titel „Generaldirektor“, tatsächlich lag die Leitung der Firma mit ihren 1939 über 7.000 Beschäftigten aber in den Händen loyaler Direktoren wie Heinz Kaiser, Rudolf Baier und Michael Schlegelmilch. Schon früh nutzte er die Jagd, Frauen und den Alkohol als Fluchtpunkte. Die rauschenden Feste auf Schloss Mainberg und auf der Rechenau sind legendär. „Wo eine Gaudi war, war der Konsul dabei“, heißt es später. Den Titel eines königlich schwedischen Konsuls verdankte er den Beziehungen seines Vaters, der 1929 die Wälzlagerfertigung des Unternehmens an die Svenska Kullagerfabriken (SKF) verkauft hatte.

1933 wurde er Mitglied der SS (Mitgliedsnummer 87.064)[1] und der NSDAP.[2] Als Leiter eines rüstungswichtigen Betriebs war er Wehrwirtschaftsführer. Heinrich Himmler verlieh ihm Orden und Ehrentitel (1943 SS-Obersturmbannführer) und half nach der Scheidung von Elinor von Opel beim Kampf um das Sorgerecht für die Kinder, im Gegenzug flossen mehrere hunderttausend Mark an Spenden. Hermann Göring war Gast bei Sachs-Jagden in Mainberg und auf der Rechenau; Reinhard Heydrich erhielt ein Darlehen von Sachs. Zweifellos berauschte er sich an der Nähe zu den Nazi-Größen. Gleichwohl bescheinigte man ihm intern, von weltanschaulichen Dingen keine Ahnung zu haben und den Anforderungen an einen NS-Betriebsführer nicht zu genügen.

Im Mai 1945 wurde Sachs von US-amerikanischem Militär in Oberaudorf verhaftet und bis Februar 1947 interniert. Im Entnazifizierungsverfahren stuft ihn die Spruchkammer Schweinfurt-Land zweimal als „Mitläufer“ (Kategorie IV) ein. Buchautor Wilfried Rott bezeichnet dieses Verfahren als „Weißwäsche“ und schreibt „Jüdische Bekannte für sich nachträglich zu instrumentalisieren und die kalte Arisierung des Geschäftspartners Max Goldschmidt einfach zu übergehen, zählt zu den dunkelsten Momenten dieser Entnazifizierung, die sonst so beschönigend und verharmlosend ablief, wie die meisten vergleichbaren Fälle“.[3]

Nach der Freilassung aus der Internierung zog er sich mit 51 Jahren auch offiziell aus der aktiven Geschäftsführung zurück, übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat und beschränkte sich innerhalb der Firma auf repräsentative Aufgaben. In Anerkennung seiner sozialen Verantwortung als Unternehmer (u.a. Wiedererrichtung der Ernst-Sachs-Hilfe als betriebliche Altersversorgung) erhielt er 1957 das Bundesverdienstkreuz.

Als Mäzen des 1. FC Schweinfurt 05 stiftete Sachs 1936 das nach ihm benannte Willy-Sachs-Stadion, damals eine der modernsten und großzügigsten Anlagen in Süddeutschland. Dieses Geschenk an die Stadt sicherte ihm bleibende Popularität über den Tod hinaus. Die von der Schweinfurter „Initiative gegen das Vergessen“ aufgrund seiner Nazi-Verstrickungen initiierte und von der Presse (u. a. Süddeutsche Zeitung, Gerhard Fischer, Werner Skrentny) unterstützte Kampagne für eine Umbenennung des Stadions stieß in der breiten Öffentlichkeit nur auf geringe Zustimmung.

Die letzten Lebensjahre verbrachte Sachs überwiegend auf dem Gut Rechenau bei Oberaudorf/Inn, wo er sich am 19. November 1958 im Alter von 62 Jahren mit einer Schusswaffe das Leben nahm. Depressionen[4]und die Furcht vor einer Erpressung hatten ihm zugesetzt. Bei der Beerdigung gaben 20.000 Schweinfurter dem „Konsul“ das letzte Geleit.

Familie

Familiengrab der Sachs

Von 1925 bis 1935 war Willy Sachs mit Elinor von Opel, Tochter von Wilhelm von Opel und Enkelin des Opel-Gründers Adam Opel, verheiratet. Aus der Ehe stammen zwei Söhne:

1937 heiratete er in zweiter Ehe Ursula Meyer, geb. Prey (1947 geschieden).

Seit Ende der vierziger Jahre lebte er mit seiner Lebensgefährtin Katharina Hirnböck zusammen. Aus dieser Verbindung stammt Sohn Peter Sachs (*27. April 1950), dem Willy Sachs 1957 seinen Familiennamen gab.

Publikationen

  • Thomas Horling: Geheimrat und Konsul Sachs, in: ders. - Uwe Müller (Hg.), Fürsten & Industrielle. Schloss Mainberg in acht Jahrhunderten (Veröffentlichungen des Historischen Vereins Schweinfurt N. F. Bd. 8 - Mainfränkische Studien Bd. 80), Schweinfurt 2011, Seite 421-446, ISBN 978-3-88778-360-0
  • Wilfried Rott: Sachs – Unternehmer, Playboys, Millionäre. Blessing, München 2005, ISBN 3-89667-270-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Übertritt von der SA zur SS erfolgte im August 1933 (Rott, Sachs, S. 124). Unzutreffend sind demnach die Angaben über eine SS-Mitgliedschaft vor 1933 bei http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,145245,00.html; Werner Skrentny, Willy-Sachs-Stadion - dieser Name muß nicht sein, in: Werner Skrentny (Hg.), Das große Buch der deutschen Fußballstadien, Göttingen 2001, ISBN 3-89533-306-9, S. 316
  2. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 517.
  3. Zitat Wilfried Rott: Sachs – Unternehmer, Playboys, Millionäre. München 2005, S. 252.
  4. sueddeutsche.de am 1. März 2008: Im Interview: Gunter Sachs "Auch Playboys werden weiser"