Wischnjowoje (Kaliningrad, Selenogradsk)

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Ortsteil
Wischnjowoje
Wosegau

Вишнёвое
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Selenogradsk
Frühere Namen Wosgow (vor 1540),
Wosegau (bis 1947)
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40150
Postleitzahl 238530
Geographische Lage
Koordinaten 54° 57′ N, 20° 28′ OKoordinaten: 54° 56′ 37″ N, 20° 28′ 0″ O
Wischnjowoje (Kaliningrad, Selenogradsk) (Europäisches Russland)
Wischnjowoje (Kaliningrad, Selenogradsk) (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Wischnjowoje (Kaliningrad, Selenogradsk) (Oblast Kaliningrad)
Wischnjowoje (Kaliningrad, Selenogradsk) (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Wischnjowoje (russisch Вишнёвое, deutsch Wosegau, litauisch Vozgava) ist ein Ortsteil der Stadt Selenogradsk (Cranz) im Rajon Selenogradsk in der russischen Oblast Kaliningrad.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortseinfahrt von Wischnjowoje (Wosegau)

Die Ortschaft liegt im ehemaligen Ostpreußen, drei Kilometer südwestlich des Zentrums von Selenogradsk (Cranz) und 26 Kilometer nördlich von Kaliningrad (Königsberg) an der Regionalstraße 27A-013 (ex A192), in die innerorts eine von Muromskoje (Laptau) und Mochowoje (Wiskiauten) kommende Nebenstraße mündet. Die nächste Bahnstation ist Selenogradsk an der Bahnstrecke Kaliningrad–Pionerski (Königsberg–Neukuhren), und der Flughafen Kaliningrad bei Chrabrowo (Powunden) ist über den neuerbauten Primorskoje Kolzo (Küstenautobahnring) in weniger als einer Stunde erreichbar.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es war bereits im Jahre 1254, als der prußische Freie Ponatho Grundbesitz in Wosegau[1] verschrieben bekam[2], wobei er bzw. sein erbender Sohn zum Kriegsdienst für den Deutschen Orden und zum Burgenbau verpflichtet wurde. Ausschließlich prußische Freie waren noch um 1400 Landeigentümer in Wosegau. Im Jahre 1533 wandelte Herzog Albrecht Wosegau in ein Landgut um. 1636 war ein Ernst Rappe Besitzer von Wosegau, außerdem der Güter in Bledau (heute russisch: Sosnowka) und Wargienen (Malinowka). Bis 1820 treten Vertreter der Familie Korff als Eigentümer auf. Im Jahre 1822 ersteigerte Wilhelm Ephraim Tortilowicz von Batocki das Gut, das in der Folgezeit verpachtet wurde. Letzte Herrin auf Wosegau mit einem Areal von 351 Hektar bis 1945 war Ada von Brandt, der Tochter des Adolf Tortilowicz von Batocki-Friebe.

Blick auf Wischnjowoje (2009)

Am 13. Juni 1874 wurde Wosegau Sitz und namensgebender Ort des neu errichteten Amtsbezirks Wosegau[3] im Landkreis Fischhausen im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. Zu diesem Amtsbezirk gehörte lediglich der Gutsbezirk Wosegau. Am 17. Juli 1896 wurde verfügt, dass die Besitzungen Nuskern (heute russisch: Besymjanka), Wickiau (Klinzowka), Wiskiauten und Wosegau den Gutsbezirk Wosegau bilden sollen. 1896 wurde die bis dahin kommunalfreie Besitzung Cranzkrug in den Gutsbezirk Wosegau eingegliedert, Teile davon jedoch gleich in die Landgemeinde Cranz (Selenogradsk) umgegliedert. In den Jahren 1898, 1900, 1902, 1921, 1926 und 1928 wurden jeweils Teile von Wosegau nach Cranz umgegliedert. Am 1. Januar 1929 schließlich wurden die Ortsteile Wickiau und Wiskiauten nach Cranz umgemeindet, während das Vorwerk Nuskern mit den Landgemeinden Kiauten (Luschki) und Laptau (Muromskoje) sowie dem Gutsbezirk Laptau zur neuen Landgemeinde Laptau zusammengeschlossen wurden. Am 23. April 1930 erfolgte die Auflösung des Amtsbezirks Wosegau.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das nördliche Ostpreußen und mit ihm Wosegau gemäß dem Potsdamer Abkommen der Sowjetunion zur Verwaltung unterstellt. Der Ort erhielt im Jahr 1947 die russische Bezeichnung Wischnjowoje und wurde gleichzeitig in den Dorfsowjet Cholmski selski Sowet im Rajon Primorsk eingeordnet.[4] Im Jahr 1959 wurde der Ort selber Sitz eines Dorfsowjets. Im Jahr 2002 wurde Wischnjowoje in die Stadt Selenogradsk eingemeindet.[5]

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1782 –. zehn Feuerstellen (Haushaltungen)[6]
1818 117 [7]
1831 156 [8]
1852 167 [9]
1858 202 sämtlich Evangelische, auf einer Fläche von 1915 Morgen[10]
1864 194 am 3. Dezember[11]
1910 456 am 1. Dezember[12][13]
1933 327 [14]
1939 432 [14]

Amtsbezirk Wosegau (1874–1930)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem Amtsbezirk Wosegau[3], der in den Jahren von 1874 bis 1930 bestand und zum Landkreis Fischhausen gehörte, war lediglich ein Ort eingegliedert, nämlich der Gutsbezirk Wosegau selbst.

Wischnjowski selski Sowet/okrug 1959(–2005)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Dorfsowjet Wischnjowski selski Sowet (Вишнёвский сельский Совет) wurde im Jahr 1959 im Rajon Primorsk eingerichtet.[15] Er war in erster Linie der Nachfolger des aufgelösten Cholmski selski Sowet, es gelangten aber auch Orte aus dem aufgelösten Melnikowski selski Sowet sowie dem Romanowski selski Sowet in diesen Dorfsowjet. Der Verwaltungssitz war zunächst der Ort Wischnjowoje. Vor 1988 wurde der Verwaltungssitz nach Kowrowo verlegt.[16] Nach dem Zerfall der Sowjetunion bestand die Verwaltungseinheit als Dorfbezirk Wischnjowski selski okrug (ru. Вишнёвский сельский округ). Etwa im Jahr 2000 wurde der Name des Dorfbezirks in Kowrowski selski okrug (ru. Ковровский сельский округ) geändert.[17] Im Jahr 2002 wurden einige Orte, darunter auch Wischnjowoje, in die Stadt Selenogradsk eingemeindet. Im Jahr 2005 wurden die verbliebenen Orte des Dorfbezirks in die neu gebildete Landgemeinde Kowrowskoje selskoje posselenije übernommen.

Ortsname Name bis 1947/50 Bemerkungen
Cholmy (Холмы) Mülsen Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst der Verwaltungssitz des Dorfsowjet Cholmski.
Kamenka (Каменка) Michelau Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet.
Klinzowka (Клинцовка) Wickiau Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet. Er wurde im Jahr 2002 in die Stadt Selenogradsk eingemeindet.
Kowrowo (Коврово) Nautzau Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet. Er war seit vor 1988 der Verwaltungssitz und seit etwa 2000 der Namensgeber.
Malinowka (Малиновка) Ortsstelle Wargenau. Der Ort wurde im Jahr 2002 in die Stadt Selenogradsk eingemeindet.
Mochowoje (Моховое) Wiskiauten Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet.
Nisowka (Низовка) Nadrau Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Melnikowski eingeordnet.
Opornoje (Опорное) Friedrichswalde Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet. Er wurde offenbar vor 1988 an den Ort Kamenka angeschlossen.
Priboi (Прибой) Rosehnen, 1938–1947:
Seebad Rosehnen
Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet. Er wurde im Jahr 2002 in die Stadt Selenogradsk eingemeindet.
Rodniki (Родники) Radnicken Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Romanowski eingeordnet.
Roschtschino (Рощино) Grünhoff Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Romanowski eingeordnet.
Salskoje (Сальское) Friedrichshof Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet. Er wurde vermutlich vor 1988 an den Ort Mochowoje angeschlossen.
Schumnoje (Шумное) Schupöhnen Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Romanowski eingeordnet.
Sokolniki (Сокольники) Weischkitten Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Cholmski eingeordnet.
Wassilkowo (Васильково) Kirschnehnen Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Melnikowski eingeordnet.
Wischnjowoje (Вишнёвое) Wosegau Verwaltungssitz bis vor 1988 und Namensgeber bis etwa 2000. Der Ort wurde im Jahr 2002 in die Stadt Selenogradsk eingemeindet.

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ehemalige Wosegau hatte keine eigene Kirche, sondern war – bei überwiegend evangelischer Bevölkerung – bis 1945 in das Kirchspiel Cranz/Sarkau (heute russisch: Selenogradsk/Lesnoi) eingepfarrt. Das gehörte zum Kirchenkreis Königsberg-Land II innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Die Beziehung zur Gemeinde in Selenogradsk ist für das heutige Wischnjowoje geblieben. Sie ist eine Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) innerhalb der Propstei Kaliningrad[18] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Leopold Krug: Die Preussische Monarchie; topographisch, statistisch und wirthschaftlich dargestellt. Nach amtlichen Quellen. Teil I: Provinz Preussen. Berlin 1833, S. 132, Ziffer 57a.
  • Wosegau, Kreis Fischhausen, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Wosegau).
  • Paul Niekammer: Güter-Adreßbuch für die Provinz Ostpreußen mit Anhang: Memelland. 4. Auflage, Reichenbach, Leipzig 1922, S. 200 und S.201.
  • Gustav Theodor Hoffheinz: Wo stand die Burg Neuhaus?. In: Altpreußische Monatsschrift, Band 15, Königsberg in Pr. 1878, S. 619–621 (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wischnjowoje (Kaliningrad, Selenogradsk) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Wosegau
  2. Geschichte von Bledau bei ostpreussen.net
  3. a b Rolf Jehke, Amtsbezirk Cranz/Wosegau
  4. Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 ноября 1947 г. «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Erlass des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR vom 17. November 1947: Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad)
  5. Durch die Решение Зеленоградского районного Совета депутатов от 17 июня 2002 г. № 177 «Об утверждении административных границ сельских и поселковых округов, входящих в состав муниципального образования "Зеленоградский район" Калининградской области» (Entscheidung des Abgeordnetenrats des Rajons Selenogradsk vom 17. Juni 2002, Nr. 177: Über die Festlegung der administrativen Grenzen der Dorf- und Siedlungsbezirke im Bestand der munizipalen Bildung "Rajon Selenogradsk" der Oblast Kaliningrad)
  6. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I, Königsberg/Leipzig 1785, S. 210.
  7. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 191, Ziffer 3889.
  8. Leopold Krug: Die Preussische Monarchie; topographisch, statistisch und wirthschaftlich dargestellt. Nach amtlichen Quellen. Teil I: Provinz Preussen. Berlin 1833, S. 132, Ziffer 57a.
  9. Kraatz: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staates. Berlin 1856, S. 693.
  10. Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 76, Ziffer 393.
  11. Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg: Berlin 1966, Kreis Fischhausen, S. 50–57, Ziffer 305.
  12. Wosegau, Kreis Fischhausen, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Wosegau).
  13. Landkreis Fischhausen – gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2020)
  14. a b Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Fischhausen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  15. Information auf http://www.klgd.ru/
  16. Gemäß der Административно-территориальное деление Калининградской области 1989 (Die administrativ-territoriale Einteilung der Oblast Kaliningrad 1989 (mit Stand von 1988), herausgegeben vom Sowjet der Oblast Kaliningrad) auf http://www.soldat.ru/ (rar-Datei)
  17. Gemäß der OKATO-Änderung 29/2000.
  18. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento vom 29. August 2011 im Internet Archive) (deutsch/russisch)