Zeev Erlich
Zeev Chanoch „Jabo“ Erlich (hebräisch זאב חנוך ארליך, geboren 1953; gestorben 20. November 2024 in Chamaa, Südlibanon) war ein israelischer Historiker und Archäologe. Erlich war ein führender Vertreter der Land-Israel-Studien.
Biografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erlich gehörte 1975 zu den Gründungsmitgliedern von Ofra im nördlichen Westjordanland, einem der ersten Siedlungsprojekte von Gusch Emunim. Er baute dort eine Feldschule auf. Zusammen mit Yoel Elitzur engagierte er sich für die Benennung von Orten im Westjordanland nach biblischen Vorgaben, um den israelischen Anspruch darauf zu stärken. Dazu bedienten sich Erlich und Elitzur einer Kombination aus antiker und mittelalterlicher jüdischer Literatur, archäologischen Befunden und arabischen Ortsnamen. Mit dieser Argumentation konnte Gusch Emunim sowohl traditionell-religiöse als auch säkulare Israelis ansprechen.[1]
Die etablierten israelischen Historiker hielten zunächst Abstand zu den „Siedler-Forschern“ (settler-researchers) von Gusch Emunim. Seit 1991 finden in dem College der großen Westbank-Siedlung Ariel, das organisatorisch mit der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan verbunden ist, jährlich Konferenzen zur Judäa-und-Samaria-Forschung statt, die sich mit Geographie, Flora und Fauna, aber auch Archäologie befassen. Erlich war der Organisator dieser Konferenzen, zu denen auch renommierte Archäologen wie Gabriel Barkay eingeladen wurden.[2]
Erlich suchte mehrfach in palästinensischen Dörfern nach antiken Funden und wurde dabei vom israelischen Militär geschützt. Mit einer regelmäßigen Kolumne in der Sabbatausgabe der Zeitung Makor Rishon machte er archäologische Neuigkeiten einer größeren Öffentlichkeit bekannt. „Aber es war die enge Zusammenarbeit mit den Israelischen Verteidigungsstreitkräften, die Erlich einzigartig machte. Über Jahre hinweg stellte er seine Expertise ehrenamtlich zur Verfügung, um Soldaten die strategische Bedeutung antiker Stätten zu vermitteln und überwand so den Abstand zwischen akademischer Forschung und militärischer Notwendigkeit.“[3]
Am Morgen des 20. Novembers 2024 überquerte Erlich in israelischer Armeeuniform die israelisch-libanesische Grenze, um Feldforschung in einer kreuzfahrerzeitlichen Festung im libanesischen Dorf Chamaa zu betreiben.[4] Die archäologische Stätte wird in der christlichen Legende auch mit einem Grab des Apostels Simons des Zeloten in Verbindung gebracht.[5] In Chamaa befindet sich außerdem eine für Schiiten heilige Stätte, Cham’oun El Safa. Dieser schiitische Heilige wiederum wird zum christlichen Hauptapostel Simon Petrus in Beziehung gesetzt, weil hier wie in einigen anderen libanesischen Orten die Anwohner hoffen, in Reiserouten biblisch interessierter Touristen aufgenommen zu werden und davon wirtschaftlich zu profitieren.[6]
Erlich bekleidete den Rang eines Majors der Reserve und war nach Angaben seiner Familie als Reservist im Libanon zum Zweck archäologischer Forschungen eingesetzt;[7] die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte erklärten dagegen, Erlich habe den Libanon als Zivilist betreten. Chamaa galt als vom israelischen Militär gesicherter Ort, doch Erlich und seine Begleiter gerieten dort in einen Hinterhalt. Bei dem Feuergefecht starben zwei Hisbollah-Kämpfer sowie Erlich und ein Soldat der Golani-Brigade; der Stabschef dieser Brigade, Yoav Yarom, wurde mittelschwer verletzt, ein Kompanieführer schwer. Nach Untersuchungen des Militärs genehmigte Yarom, ohne dazu befugt zu sein, Erlichs Besuch der archäologischen Stätte.[8]
Das israelische Militär erkannte Erlich aufgrund seiner langjährigen Dienste als Major der Reserve ein Begräbnis mit militärischen Ehren zu. Erlich hinterließ die Witwe Tamar und sechs Kinder.[9]
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- (mit Emanuel Danati): A Hoard of Denarii and a Tridrachm from Wadi el-Daliyeh. In: Israel Numismatic Journal, Band 5 (1981), S. 33–37.
- Further Evidence for the Possible Location of Ophra, Town of Gideon, at Khirbet Aufar. In: Cathedra: For the History of Eretz Israel and Its Yishuv, Band 28 (1983), S. 151–154 (neuhebräisch)
- (mit Yoel Elitzur): A New bltmya Inscription from Kāmed El-Lawz in the Lebanon Valley. In: Journal of the American Oriental Society, Band 105 (1985), S. 711–714.
- (mit Hanan Eshel): The Fortress of Aqraba in Kh. Urmeh. In: Cathedra: For the History of Eretz Israel and Its Yishuv, Band 47 (1988), S. 17–24 (neuhebräisch)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jaschar Dugalic: Ein israelischer Archäologe wird bei einem Feuergefecht in Libanon getötet – was hatte der Zivilist im Kampfgebiet zu suchen? In: Neue Zürcher Zeitung, 21. November 2024.
- Yaniv Kubovich, Ofer Aderet: IDF Probes Combat Zone Entry of Israeli Civilian Who Was Killed Along With Soldier. In: Haaretz, 21. November 2024.
- Lisa Goursaud: What we know about Zeev Erlich, the Israeli “researcher” killed in southern Lebanon. In: L’Orient Today, 21. November 2024.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- TOI Staff: Slain West Bank historian mourned as questions swirl around his IDF trip into Lebanon. In: The Times of Israel, 21. November 2024.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Michael Feige: Recovering Authenticity: West-Bank Settlers and the Second Stage of National Archaeology. In: Philip L. Kohl, Mara Kozelsky, Nachman Ben-Yehuda (Hrsg.): Selective Remembrances: Archaeology in the Construction, Commemoration, and Consecration of National Pasts. University of Chicago Press, Chicago / London 2007, S. 277–298, bresonders S. 284 und 287 f.
- ↑ Michael Feige: Settling in the Harts: Jewish Fundamentalism in the Occupied Territories. Wayne State University Press, Detroit 2009, S. 103–105.
- ↑ Gila Isaacson: Profile: Who was Ze'ev Erlich? In: JFeed News, 21. November 2024.
- ↑ Jaschar Dugalic: Ein israelischer Archäologe wird bei einem Feuergefecht in Libanon getötet – was hatte der Zivilist im Kampfgebiet zu suchen? In: Neue Zürcher Zeitung, 21. November 2024.
- ↑ Yaniv Kubovich, Ofer Aderet: IDF Probes Combat Zone Entry of Israeli Civilian Who Was Killed Along With Soldier. In: Haaretz, 21. November 2024.
- ↑ Nour Farra-Haddad: Pilgrimages Toward South Lebanon: Holy Places Relocating Lebanon as a Part of the Holy Land. In: Razaq Raj, Kevin Griffin (Hrsg.): Religious Tourism and Pilgrimage Management. 2. Auflage. CAB International, 2015, S. 279–296, hier S. 294.
- ↑ Vgl. Elisha Ben Kimon: Family of Israeli scholar killed in Lebanon disputes IDF’s account. In: ynetnews, 21. November 2024: While the IDF claimed that Erlich entered Lebanon as a civilian, his brother Yigal Amitai disputed this claim. “Contrary to the IDF spokesperson’s claims, we clarify that Jabo was enlisted and treated in the field as a soldier,” Amitai told Ynet. “He was fully recognized as a soldier, entering Lebanon with the IDF’s approval and accompaniment, albeit for archaeological research, as he always did in Judea and Samaria.”
- ↑ TOI Staff: Slain West Bank historian mourned as questions swirl around his IDF trip into Lebanon. In: The Times of Israel, 21. November 2024
- ↑ Elisha Ben Kimon: Family of Israeli scholar killed in Lebanon disputes IDF’s account. In: ynetnews, 21. November 2024.
Personendaten | |
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NAME | Erlich, Zeev |
ALTERNATIVNAMEN | Erlich, Zeev Chanoch; Erlich, Jabo; זאב חנוך ארליך (hebräisch) |
KURZBESCHREIBUNG | israelischer Historiker und Archäologe |
GEBURTSDATUM | 1953 |
STERBEDATUM | 20. November 2024 |
STERBEORT | Chamaa, Südlibanon |