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„Insektenpheromone“ – Versionsunterschied

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{{Zitat|''Substanzen, die von einem Individuum nach außen abgegeben werden und bei einem anderen Individuum der gleichen Art spezifische Reaktionen auslösen''|Peter Karlson, Martin Lüscher, 1959.<ref>Peter Karlson, Martin Lüscher, 1959, Pheromones: A new term for a class of biologically active substances, ''[[Nature]]'', 183, S.&nbsp;55–56.</ref>}}
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Durch die im Laufe der Jahre enorm verfeinerten Extraktions- und Analyseverfahren identifizierten Chemiker und Biologen zahlreiche weitere Pheromone. So genügte zur Identifizierung der zweiten Komponente des Pheromoncocktails von Bombyx Mori, dem [[Bombykal]] ((10Z,12E)-Hexadecadienal), ein Extrakt von 460 Drüsen, aus denen je 15&nbsp;[[Nanogramm]] des Pheromons isoliert wurden.<ref>Gerhard Kasang, Karl Ernst Kaißling, Otto Vostrowsky, Hans Jürgen Bestmann: ''Bombykal, eine zweite Pheromonkomponente des Seidenspinners Bombyx mori L..'' In: ''Angewandte Chemie.'' 90, 1978, S.&nbsp;74–75, {{DOI|10.1002/ange.19780900132}}.</ref>
Durch die im Laufe der Jahre enorm verfeinerten Extraktions- und Analyseverfahren identifizierten Chemiker und Biologen zahlreiche weitere Pheromone. So genügte zur Identifizierung der zweiten Komponente des Pheromoncocktails von ''Bombyx Mori'', dem [[Bombykal]] ((10Z,12E)-Hexadecadienal), ein Extrakt von 460 Drüsen, aus denen je 15&nbsp;[[Nanogramm]] des Pheromons isoliert wurden.<ref>Gerhard Kasang, Karl Ernst Kaißling, Otto Vostrowsky, Hans Jürgen Bestmann: ''Bombykal, eine zweite Pheromonkomponente des Seidenspinners Bombyx mori L..'' In: ''Angewandte Chemie.'' 90, 1978, S.&nbsp;74–75, {{DOI|10.1002/ange.19780900132}}.</ref>


== Funktionsprinzip ==
== Funktionsprinzip ==
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== Anwendung ==
== Anwendung ==
Die Anwendung von Pheromonen zum Fang oder Anlocken von Insekten zum Beispiel in Lockstofffallen ist keine neue Erfindung. Im Tierreich werden Pheromone, die eigentlich der intraspezifischen Kommunikation dienen sollen, durch andere Arten imitiert und genutzt.

=== Lockstofffallen ===
=== Lockstofffallen ===
[[Datei:Lockstofffalle.jpg|mini|hochkant|Lockstofffalle für Borkenkäfer]]
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Die [[Ragwurzen]] nutzen die Abgabe von insektoiden Sexuallockstoffen, um die Männchen bestimmter Insektenarten zur Pseudokopulation anzuregen um so selbst bestäubt zu werden. Diese Nutzung von Pheromonen wird als Sexualmimikry bezeichnet. Die Blüten der Ragwurzen weisen eine Ähnlichkeit mit Insekten auf, was sich in Bezeichnungen wie [[Bienen-Ragwurz]] und [[Fliegen-Ragwurz]] widerspiegelt. Die Funktion dieser Form war lange Zeit unbekannt. Schon [[Charles Darwin]] beschrieb, dass [[Bienen]] die Blüten dieser [[Orchideen]]art angegriffen und wie einen Teufel behandelt hätten, den man bekämpfen müsse.<ref>{{Internetquelle|url= http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/DENISIA_0020_0255-0294.pdf|titel=H. F. Paulus: ''Wie Insekten-Männchen von Orchideenblüten getäuscht werden – Bestäubungstricks und Evolution in der mediterranen Ragwurzgattung Ophrys'', bei Landesmuseum.at|zugriff=2013-09-06}}</ref>
Die [[Ragwurzen]] nutzen die Abgabe von insektoiden Sexuallockstoffen, um die Männchen bestimmter Insektenarten zur Pseudokopulation anzuregen um so selbst bestäubt zu werden. Diese Nutzung von Pheromonen wird als Sexualmimikry bezeichnet. Die Blüten der Ragwurzen weisen eine Ähnlichkeit mit Insekten auf, was sich in Bezeichnungen wie [[Bienen-Ragwurz]] und [[Fliegen-Ragwurz]] widerspiegelt. Die Funktion dieser Form war lange Zeit unbekannt. Schon [[Charles Darwin]] beschrieb, dass [[Bienen]] die Blüten dieser [[Orchideen]]art angegriffen und wie einen Teufel behandelt hätten, den man bekämpfen müsse.<ref>{{Internetquelle|url= http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/DENISIA_0020_0255-0294.pdf|titel=H. F. Paulus: ''Wie Insekten-Männchen von Orchideenblüten getäuscht werden – Bestäubungstricks und Evolution in der mediterranen Ragwurzgattung Ophrys'', bei Landesmuseum.at|zugriff=2013-09-06}}</ref>
Im Jahr 1916 beobachtete M. Poyanne, dass die Männchen der [[Dolchwespen]]art Dasyscolia ciliata auf den Blüten des [[Spiegel-Ragwurz]] Paarungsversuche durchführten. Er schloss daraus, dass die Männchen die Blüten für ihre Weibchen hielten.<ref>H. Correvon, M. Pouyanne: ''A curious case of mimicry in Ophrys.'' In: ''J. Soc. Nat. Horticult France'' 4 (1916): S.&nbsp;29-47.</ref>
Im Jahr 1916 beobachtete M. Poyanne, dass die Männchen der [[Dolchwespen]]art Dasyscolia ciliata auf den Blüten des [[Spiegel-Ragwurz]] Paarungsversuche durchführten. Er schloss daraus, dass die Männchen die Blüten für ihre Weibchen hielten.<ref>H. Correvon, M. Pouyanne: ''A curious case of mimicry in Ophrys.'' In: ''J. Soc. Nat. Horticult France'' 4 (1916): S.&nbsp;29-47.</ref>

[[Bolaspinnen]] immitieren die Sexuallockstoffe von [[Motten]], um männliche Motten anzulocken und zu fangen.<ref>M. K. Stowe, J. H. Tumlinson, R. R. Heath: ''Chemical Mimicry: Bolas Spiders Emit Components of Moth Prey Species Sex Pheromones.'' In: ''Science.'' 236, 1987, S.&nbsp;964–967, {{DOI|10.1126/science.236.4804.964}}.</ref> Durch die Optimierung der emmitierten Mengenanteile gelingt es der Spinnen je nach Tageszeit, Männchen verschiedener Arten anzulocken.<ref>K. F. Haynes, C. Gemeno, K. V. Yeargan, J. G. Millar, K. M. Johnson: ''Aggressive chemical mimicry of moth pheromones by a bolas spider: how does this specialist predator attract more than one species of prey?.'' In: ''Chemoecology.'' 12, 2002, S.&nbsp;99–105, {{DOI|10.1007/s00049-002-8332-2}}.</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 8. September 2013, 19:27 Uhr

Der Sexuallockstoff des Seidenspinners Bombyx mori war das erste identifizierte Pheromon.

Pheromone sind Botenstoffe, die der biochemischen Kommunikation zwischen Lebewesen einer Spezies dienen. Seit dem ersten Nachweis eines Pheromons durch Adolf Butenandt im Jahr 1959 ist die Aufklärung der chemischen Strukturen der Pheromone und deren Wirkungsweise für verschiedene Insektenarten, wie Schmetterlinge, Borkenkäfer, Bienen, Ameisen, Fliegen und Schaben gut untersucht und verstanden. Insekten nutzen diese Stoffe zum Auffinden von Geschlechtspartnern, der Markierung der Territorien und der Auffindung von Nest- und Futterplätzen. Die Land- und Forstwirtschaft verwendet Insektenpheromone kommerziell im Pflanzenschutz in Lockstofffallen.

Etymologie

Das Wort Pheromon wurde von Peter Karlson and Martin Lüscher geprägt und besteht aus den altgriechischen Wortteilen φέρειν phérein, tragen, überbringen, melden, nahebringen, bewirken und ὁρμᾶν hormān, antreiben, erregen, begeistern.[1][2] Laut Karlson und Lüscher war es das Ziel, für eine Klasse von Substanzen, basierend auf einer klaren Definition einen international verständlichen wissenschaftlichen Begriff zu prägen. Es sollte ein kurzes Wort sein, das in vielen Sprachen gesprochen werden kann. Die Endung "mon" dient als Suffix, wie es in den Wörtern Hormon, Kairomon und Allomon vorkommt und deren Verwandtschaft unterstreicht.[3] Der Begriff Ecto-Hormon, wobei das altgriechische Präfix ἐκτός ektos, außen bedeutet, wird gelegentlich alternativ genutzt, konnte sich aber nicht allgemein durchsetzen.

Geschichte

Jean-Henri Fabre

Hinweise auf Lockstoffe und damit der chemischen Natur der Insektenkommunikation fanden sich schon früh. So berichtete Jean-Henri Fabre Mitte des 19. Jahrhunderts über Versuche mit Nachtpfauenaugen und Eichenspinnern, bei denen in Drahtkäfigen gefangene Weibchen innerhalb weniger Tage zu bestimmten Uhrzeiten hunderte von Männchen anlockten.[4] Bei einem Versuch mit markierten Seidenspinnermännchen fanden noch 40 % der Männchen aus einer Entfernung von 4 Kilometern und 26 % der Männchen aus 11 Kilometern zu einem gefangenen Weibchen.[4]

Bei vielen Insektenarten wurde lange Zeit über den Mechanismus des Zusammenfindens der Geschlechtspartner spekuliert. Weder visuelle noch akustische Reize erklärten, wie zum Beispiel Nachtfalter mit großer Sicherheit paarungsbereite Weibchen fanden. Theorien über eine Lockwirkung etwa durch Infrarot- oder andere Strahlung bestätigten sich nicht.

Bombykol, das erste bekannte Pheromon

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckte Ernest Starling die ersten biologischen Botenstoffe, die Hormone.[5] Adolf Butenandt vermutete, dass auch die Kommunikation unter Insekten auf Botenstoffen basierte und begann in den 1940er Jahren ein Projekt zur Identifizierung des Sexuallockstoffs des Seidenspinners Bombyx Mori. Es handelt sich dabei um einem ursprünglich in China beheimateten Schmetterling aus der Familie der Echten Spinner, der dem Seidenbau diente und dessen Aufzucht und Haltung gut bekannt war. Erst nach fast 20-jähriger Arbeit gelang die endgültige Extraktion und Reinigung eines Stoffes aus mehr als 500.000 Insekten, den Butenandt später Bombykol nannte. Durch Elementaranalyse bestimmte Butenandt die Summenformel des Stoffes mit C16H30O. Infrarotspektroskopische Untersuchungen wiesen auf die Anwesenheit von konjugierten Doppelbindungen hin. Mit damals gängigen Methoden wie der katalytischer Hydrierung, der Schmelzpunktbestimmung und dem oxidativen Abbau durch Kaliumpermanganat zeigte Butenandt, dass es sich bei dem gesuchten Stoff um einen ungesättigten Fettalkohol, dem (10E,12Z)-10,12-Hexadecadien-1-ol, handelt.[6]

„Durch Extraktions- und Kondensationsversuche ist jedoch überzeugend gezeigt worden, das ein stoffliches Prinzip vorliegen muss, das von den weiblichen Schmetterlingen aus Duftorganen der letzten Hinterleibssegmente sezerniert und von den Männchen mit ihren Antennen wahrgenommen wird.“

Adolf Butenandt[7]

Butenandt synthetisierte anschließend Bombykol aus Vernolsäure (12-(R),13-(S)-Epoxy-9-cis-Octadecensäure) in mehreren Schritten über die Diolbildung, dessen Spaltung in das Aldehyd, Doppelbindungsisomerisierung und Wittig-Olefinierung. Das synthetische Molekül zeigte dieselbe biologische Aktivität wie das Extrakt. Er synthetisierte die vier möglichen Stereoisomere und testete diese auf ihre biologische Aktivität.[8] Nur ein Isomer zeigte dieselbe Aktivität wie das Extrakt. Damit erbrachte Butenandt den Nachweis, dass die Kommunikation unter Insekten auf stofflicher Basis erfolgt.

Im selben Jahr definierten Peter Karlson und Martin Lüscher den Begriff Pheromon folgendermaßen:

Substanzen, die von einem Individuum nach außen abgegeben werden und bei einem anderen Individuum der gleichen Art spezifische Reaktionen auslösen

Peter Karlson, Martin Lüscher, 1959.[9]

Durch die im Laufe der Jahre enorm verfeinerten Extraktions- und Analyseverfahren identifizierten Chemiker und Biologen zahlreiche weitere Pheromone. So genügte zur Identifizierung der zweiten Komponente des Pheromoncocktails von Bombyx Mori, dem Bombykal ((10Z,12E)-Hexadecadienal), ein Extrakt von 460 Drüsen, aus denen je 15 Nanogramm des Pheromons isoliert wurden.[10]

Funktionsprinzip

Männliche Halmfliege (Thaumatomyia notata) verteilt mittels schnellem Flügelschlagen die in den abdominalen Pheromonsäcken gebildeten Pheromone (Video, 50 s).

Die chemische Kommunikation zwischen Lebewesen mittels Pheromonen erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie die technische Signalübermittlung. Ein Sender, z. B. die Drüse eines weiblichen Insekts, gibt das Signal in Form einer chemischen Substanz ab; dieser Stoff wird über ein Medium wie Wasser oder Luft übertragen. Vom Empfänger, zum Beispiel den Pheromonrezeptoren in der Antenne eines Insektenmännchens, wird der Stoff empfangen und löst eine Verhaltensreaktion aus. Der Begriff der Antenne wurde zunächst für die Fühler der Insekten verwendet und danach in der Technik verwendet.[11]

Es hat sich jedoch gezeigt, dass nur in Ausnahmefällen eine einzige Substanz die Botschaft vermittelt. Oft muss ein Gemisch von Substanzen in sehr präzisen Mengenanteilen vorliegen, die neben der chemischen Struktur des einzelnen Pheromons den Informationsinhalt des Pheromoncocktails bestimmen.[12]

Funktionale Klassifikation

Glasflügler an Pheromondispenser

Pheromone sind funktional definiert und können neben den bekannten Sexuallockstoffen unter anderem als Aggregationspheromon, Dispersionspheromon, Alarmpheromone, Spurpheromone, Markierungspheromone oder als Kastenerkennungsstoff dienen. Nach ihrer Wirkung werden zwei Klassen von Pheromonen unterschieden, die Primer- und die Releaser-Pheromone. Primer-Pheromone beeinflussen das Hormonsystem des Empfängers; oft greifen sie über eine Signalkaskade in den Stoffwechsel ein oder aktivieren Proteine, welche an die DNA binden können. Bekannt ist das Beispiel der Bienenköniginpheromone.[13] Diese Pheromone haben einen großen Einfluss auf das Verhalten des Schwarms. Die Pheromone steuern das soziale Verhalten, die Instandhaltung der Waben, das Ausschwärmen und die Ausbildung der Eierstöcke der Arbeitsbienen. Bei den Komponenten handelt es sich um Carbonsäuren und aromatische Verbindungen. (E)-9-Oxo-Dec-2-ensäure (9-ODA) unterdrückt beispielsweise die weitere Zucht von Königinnen und hemmt die Entwicklung der Eierstöcke von Arbeitsbienen. Es handelt sich auch um ein starkes Sexualpheromon für Drohnen auf dem Hochzeitsflug.[14]

Releaser-Pheromone haben eine kurze, unmittelbar verhaltenssteuernde Wirkung. Das erste entdeckte Pheromon, Bombykol, ist ein Beispiel dafür. Zu den Releaser-Pheromonen gehören typischerweise die weiblichen Sexualpheromone, die Alarmpheromone und die Rekrutierungspheromone.[15]

Beispiele

Aggregationspheromone

Aggregationspheromone können von beiden Geschlechtern produziert werden und dienen der geschlechtsunspezifischen Anziehung von Spezies derselben Art. Diese sind z.B. beim Borkenkäfer bekannt.

Alarmpheromone

Einige Arten geben bei einem Angriff Alarmpheromone ab. Diese können entweder die Flucht oder gesteigerte Aggression auslösen.

Markierungspheromone

Gewisse Insekten markieren z. B. ihre Eiablageplätze in einer Weise, dass andere Weibchen derselben Art den Ort meiden und ihre Eier an anderen Plätzen ablegen, um z. B. Konkurrenz unter dem Nachwuchs um Futter zu vermeiden. Mit Territorialpheromonen können Insekten das Territorium einer Spezies markieren.

Spurpheromone

Spurpheromone sind vor allem bei sozialstaatlichen Insekten bekannt, die ihre Pfade mit schwerflüchtigen Substanzen wie höhermolekularen Kohlenwasserstoffen markieren. Vor allem Ameisen markieren so oft den Weg von einer Futterstelle zum Nest.[16] Solange die Futterstelle besteht, wird die Spur erneuert. Beim Versiegen der Futterstelle kann das Spurpheromon mit einem abstoßenden Pheromon übersprüht werden.[17]

Sexualpheromone

Olean – das Sexualhormon der Olivenfruchtfliege. Nur das (R)-Enantiomere wirkt auf die Männchen, das (S)-Enantiomere ist bei diesen unwirksam. Das Weibchen produziert das Racemat, spricht auf (R)- und (S)-Olean an und stimuliert sich damit auch selbst. [18]

Sexualpheromone signalisieren die Bereitschaft des weiblichen Tieres zur Paarung. Männliche Tiere können ebenfalls Pheromone emittieren, die Informationen über das Geschlecht und den Genotyp enthalten. Viele Insekten setzen Sexualpheromone frei; manche Schmetterling- und Mottenarten können dabei das Pheromon noch in einer Entfernung von 10 Kilometern wahrnehmen. Die Sinnzellenantwort beim männlichen Seidenspinner beginnt bereits bei einer Konzentration von etwa 1000 Molekülen pro Kubikzentimeter.

Aphrodisiakapheromone

Aphrodisiakapheromone stimulieren die Paarungsbereitschaft.

Besonderheiten

Einige Lebewesen ahmen die Pheromone anderer Arten nach. Es gibt Schmetterlingsraupen, welche die Pheromone einer speziellen Ameisenart nachahmen, um sich von dieser als vermeintliche Brut füttern zu lassen. Allerdings werden diese Pheromone dann nur in den seltensten Fällen vom eindringenden Tier selbst synthetisiert, sondern oft durch Kontakt mit den Ameisen angeeignet. Auch die Hummelragwurz ahmt ein Pheromon einer Hummelart nach (Mimikry).

Pheromone der Honigbiene

Die Pheromone der Honigbiene sind Gegenstand vielfältiger Forschung. Sie bestehen aus einer Mixtur verschiedener Substanzen, die die einzelnen Bienen in die Umgebung oder den Bienenstock abgeben und die sowohl die Physiologie als auch das Verhalten der Bienen steuern. Honigbienen besitzen mit das komplexeste auf Pheromonen basierende Kommunikationssystem der Natur. Sie besitzen 15 Drüsen, mit denen sie eine Reihe verschiedener Substanzen herstellen und abgeben.[19][20][21][22]

Die Pheromone werden als Flüssigkeit hergestellt und entweder durch direkten Kontakt übertragen oder als Flüssigkeit oder Dampf in die Umgebung entlassen. Sie können sowohl nicht- als auch leichtflüchtig sein. Die Pheromone werden von der Königin, den Drohnen oder auch den Arbeitsbienen hergestellt. Unter bestimmten Bedingungen können gewisse Pheromone sowohl als Releaser- als auch als Primer-Pheromone wirken. Es sind zwei Alarm-Pheromon-Gemische bekannt. Eines wird durch die Koschewnikow-Drüse in der Nähe des Stachels freigesetzt und enthält mehr als 40 verschiedene Verbindungen, wie Pentylacetat, Butylacetat, 1-Hexanol, n-Butanol, Octanol, Hexylacetat, Octylacetat und 2-Nonanol. Diese Komponenten haben eine niedrige molare Masse, sind flüchtig und sind die unspezifischsten aller Pheromone. Alarm-Pheromone werden freigesetzt, wenn eine Biene ein anderes Tier sticht um andere Bienen anzuziehen und zum Angriff zu verleiten. Rauch kann die Wirkung von Alarm-Pheromonen unterdrücken, was von Imkern ausgenutzt wird.

Das andere Alarm-Pheromon enthält hauptsächlich 2-Heptanon, ebenfalls eine flüchtige Substanz, die von den Kieferdrüsen freigesetzt wird. Diese Komponente hat einen abstoßenden Effekt auf räuberische Insekten. Brut-Erkennungs-Pheromone werden von Larven und Puppen emittiert und halten Arbeiterbienen davon ab, den Stock zu verlassen, solange noch Nachwuchs zu pflegen ist. Weiterhin unterdrückt es die Ausbildung der Eierstöcke bei den Arbeitsbienen. Das Pheromon besteht aus einer Mischung von zehn Fettsäureestern.

Chemische Struktur und Funktion =

Bei fliegenden Insekten – wie Schmetterlingen – darf das Pheromon als Molekül nicht zu groß sein, da sonst der Dampfdruck und Flüchtigkeit nur gering sind. Ferner müssen die Insekten sehr gute Antennen für eine sehr kleine Anzahl von Molekülen haben, da sie sonst das Signal gar nicht empfangen könnten.

Ähnlich den molekularen Duftstoffen in Blüten – den ätherischen Ölen, die den Insekten Nachricht über eine nektarreiche Blüte geben – geben Pheromone Signale zur Paarung oder zur Nestauffindung. Manchmal kann die Biosynthese des Pheromons nur dann erfolgen, wenn die biochemischen Vorstufen in Form bestimmter Alkaloide aus Futterpflanzen aufgenommen wurden. Der Sexuallockstoff signalisiert in diesem Fall gleichzeitig das Vorkommen von Futterquellen.[23]

Chemie und Synthese

Als Pheromone bei Insekten dienen oft die Decarboxylierungsprodukte von Fettsäuren wie gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffe, Fettalkohole, Ester, Aldehyde aber auch Isoprenoide und andere Verbindungen. Pheromone sind oft nicht reine Stoffe, sondern bestehen aus verschiedenen Komponenten, sogenannten Pheromoncocktails. Oft löst nur ein spezielles Enantiomer einer Verbindung eine Verhaltensreaktion aus, während das andere Enantiomer keine oder andere Reaktionen auslöst.

Identifizierung

Die Identifizierung eines Pheromons verläuft über mehrere Stufen. Zunächst wird ein Extrakt des Pheromons gewonnen. Dies erfolgt herkömmlich nach der schon von Butenandt angewandten Methode der Extraktion von Drüsen oder ganzen Tieren mit einem leicht verdampfbaren Lösungsmittel. Idealerweise erfolgt die Extraktion zum Zeitpunkt hoher Pheromonkonzentration. Alternativ kann das Pheromon an Aktivkohle aus der Gasphase adsorbiert werden und mit wenig Lösungsmittel ein Extrakt gewonnen werden.[24] Für sehr geringe Spuren eignet sich die Festphasenmikroextraktion. Zur Identifizierung werden die Extrakte beziehungsweise die Festphasenmikroextraktionsproben mittels Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung untersucht.[24] Durch die Kopplung von Gaschromatographie und Elektroantennogramm lassen die im Extrakt vorliegenden Verbindungen auf ihre biologische Aktivität überprüfen.

Darstellung

Struktur des Cantharidins

Karl Ziegler und Günther Otto Schenck gelang bereits 1941 die Synthese des Cantharidins, eines in verschiedenen Käferarten vorkommenden Terpenoids, das als männliches Sexualpheromon Verwendung findet.[25][26]

In den siebziger Jahren gelang es unter anderem der Gruppe von Dieter Enders mittels asymmetrischer Synthese und der SAMP-Methode, verschiedene Pheromone enantiomerenrein herzustellen;[27] aber auch Wittig-Reaktionen und andere stereoselektiv verlaufende Reaktionen wurden zur Synthese eingesetzt.[28]

Anwendung

Die Anwendung von Pheromonen zum Fang oder Anlocken von Insekten zum Beispiel in Lockstofffallen ist keine neue Erfindung. Im Tierreich werden Pheromone, die eigentlich der intraspezifischen Kommunikation dienen sollen, durch andere Arten imitiert und genutzt.

Lockstofffallen

Lockstofffalle für Borkenkäfer

Im Pflanzenschutz ist der Einsatz von Pheromonen in Lockstofffallen zur Bekämpfung von Insekten gängige Praxis. Borkenkäfer werden mit Aggregationspheromonen angelockt, um sie in Fallen zu fangen. Der Lockstoff wird normalerweise beim Einbohren in das Fichtenholz freigesetzt und signalisiert, dass der Baum besiedelt werden kann. Die Borkenkäferfalle ist ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Borkenkäfer.

Eine weitere Anwendung ist die Verwirrmethode oder Paarungsstörung. Dabei wird eine hohe Stoffkonzentration von künstlich hergestellten Pheromonen ausgebracht. Dadurch ist es den männlichen Tieren nicht mehr möglich, den Pheromonen der Weibchen zu folgen und die Vermehrung des Schädlings wird behindert. Die Verwirrmethode ist artspezifisch.[29]

Rothamsted Research entwickelte einen transgenen Weizen, der ein Gen aus der Pfefferminze enthält, welches ein Alarmpheromon synthetisiert, das Blattläuse vertreibt. Die ersten Feldversuche sind für 2012 geplant.[30]

Sexualmimikry

Dasyscolia ciliata auf einer Ophrys-Blüte

Die Ragwurzen nutzen die Abgabe von insektoiden Sexuallockstoffen, um die Männchen bestimmter Insektenarten zur Pseudokopulation anzuregen um so selbst bestäubt zu werden. Diese Nutzung von Pheromonen wird als Sexualmimikry bezeichnet. Die Blüten der Ragwurzen weisen eine Ähnlichkeit mit Insekten auf, was sich in Bezeichnungen wie Bienen-Ragwurz und Fliegen-Ragwurz widerspiegelt. Die Funktion dieser Form war lange Zeit unbekannt. Schon Charles Darwin beschrieb, dass Bienen die Blüten dieser Orchideenart angegriffen und wie einen Teufel behandelt hätten, den man bekämpfen müsse.[31] Im Jahr 1916 beobachtete M. Poyanne, dass die Männchen der Dolchwespenart Dasyscolia ciliata auf den Blüten des Spiegel-Ragwurz Paarungsversuche durchführten. Er schloss daraus, dass die Männchen die Blüten für ihre Weibchen hielten.[32]

Bolaspinnen immitieren die Sexuallockstoffe von Motten, um männliche Motten anzulocken und zu fangen.[33] Durch die Optimierung der emmitierten Mengenanteile gelingt es der Spinnen je nach Tageszeit, Männchen verschiedener Arten anzulocken.[34]

Siehe auch

Literatur

  • Edward O. Wilson, W. H. Bossert (1963): Chemical communication among animals. In: Recent Progress in Hormone Research. Bd. 19, S. 673–716. PMID 14284035.
  • Hans Jürgen Bestmann, Otto Vostrowsky (1993): Chemische Informationssysteme der Natur - Insektenpheromone. In: Chemie in unserer Zeit. Bd. 27, Nr. 3, S. 127–133. doi:10.1002/ciuz.19930270304.
  • Pause, B. M. (2008). Chemische Sinne und Signale als Indikatoren emotionalen Geschehens. In: W.Janke, G.Debus, M.Schmidt-Daffy (Hrsg.): Experimentelle Emotionspsychologie. Pabst-Verlag. ISBN 3-89967450-2.

Weblinks

Commons: Pheromone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Pheromon – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Peter Karlson, Martin Lüscher: Pheromones: a New Term for a Class of Biologically Active Substances. In: Nature. 183, 1959, S. 55–56, doi:10.1038/183055a0.
  2. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. Neubearbeitung. Oldenbourg Schulbuchverlag, München 2006, ISBN 3-637-00234-5.
  3. Peter Karlson, Martin Lüscher: The Proposed Biological Term "Pheromone". In: Nature. 183, 1959, S. 1835–1835, doi:10.1038/1831835b0.
  4. a b Adolf Butenandt: Fettalkohole als Sexual-Lockstoffe der Schmetterlinge. In: Fette, Seifen, Anstrichmittel. 64, 1962, S. 187–192, doi:10.1002/lipi.19620640302.
  5. W. M. Bayliss, E. H. Starling: Die chemische Koordination der Funktionen des Körpers. In: Ergebnisse der Physiologie. 5, 1906, S. 664–697, doi:10.1007/BF02321027.
  6. Adolf Butenandt, Rüdiger Beckmann, D. Stamm: Über den Sexuallockstoff des Seidenspinners. In: Z. Naturforsch., 14b (1959), S. 283–384.
  7. Adolf Butenandt, Rüdiger Beckmann, Erich Hecker: Über den Sexuallockstoff des Seidenspinners, I. Der biologische Test und die Isolierung des reinen Sexuallockstoffes Bombykol. In: Hoppe-Seyler´s Zeitschrift für physiologische Chemie. 324, 1961, S. 71–83, doi:10.1515/bchm2.1961.324.1.71.
  8. Adolf Butenandt, Erich Hecker, Manfred Hopp, Wolfgang Koch: Über den Sexuallockstoff des Seidenspinners, IV. Die Synthese des Bombykols und dercis-trans-isomeren Hexadecadien-(10.12)-ole-(1). In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. 658, 1962, S. 39–64, doi:10.1002/jlac.19626580105.
  9. Peter Karlson, Martin Lüscher, 1959, Pheromones: A new term for a class of biologically active substances, Nature, 183, S. 55–56.
  10. Gerhard Kasang, Karl Ernst Kaißling, Otto Vostrowsky, Hans Jürgen Bestmann: Bombykal, eine zweite Pheromonkomponente des Seidenspinners Bombyx mori L.. In: Angewandte Chemie. 90, 1978, S. 74–75, doi:10.1002/ange.19780900132.
  11. Peter Karlson: Evolution der chemischen Kommunikation im Tierreich. In: Information und Kommunikation. Naturwissenschaftliche, medizinische und technische Aspekte, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 1985, S. 23-42
  12. Hans Jürgen Bestmann, Otto Vostrowsky: Chemische Informations-systeme der Natur: Insektenpheromone. In: Chemie in unserer Zeit. 27, 1993, S. 123–133, doi:10.1002/ciuz.19930270304.
  13. Shelley E.R. Hoover, Christopher I. Keeling, Mark L. Winston, Keith N. Slessor: The effect of queen pheromones on worker honey bee ovary development. In: Naturwissenschaften. 90, 2003, S. 477–480, doi:10.1007/s00114-003-0462-z.
  14. Informationen von Pherobase
  15. Fred E. Regnier, John H. Law: Insect pheromones. In: Journal of lipid research 9.5 (1968): S. 541-551.
  16. Excited ants follow pheromone trail of same chemical they will use to paralyze their prey.
  17. Study: Ants Use Scents Like Road Signs.
  18. Bernd Schäfer: Naturstoffe in der chemischen Industrie, Spektrum Akademischer Verlag, 2007, S. 522–524, ISBN 978-3-8274-1614-8.
  19. John B. Free: Pheromones of social bees. Ithaca, N.Y.: Comstock, 1987
  20. Blum, M.S. 1992. Honey bee pheromones in The Hive and the Honey Bee, revised edition (Dadant and Sons: Hamilton, Illinois), 385-389
  21. For Imrie, George Georg Imrie's, Pink Pages Nov. 1999.
  22. Katzav-Gozansky, Tamar; Apidologie 33 (2002) S. 525–537 (PDF; 267 kB)
  23. D. Schneider, Verh. Deutsch. Zool. Ges. (1983).
  24. a b Stefan Schulz: Auf der Spur der chemischen Sprache der Tiere. In: Nachrichten aus der Chemie. 59, 2011, S. 704–709, doi:10.1002/nadc.201173368.
  25. Karl Ziegler, Günther Otto Schenck, E. W. Krockow: Synthese des Cantharidins. In: Die Naturwissenschaften. 29, 1941, S. 390–391, doi:10.1007/BF01479894.
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