„Radaufhängung“ – Versionsunterschied

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Die '''Radaufhängung''' ist ein kinematischer Mechanismus, der einem [[Rad]] oder auch mehreren gemeinsam geführten Rädern eine vorgegebene Bewegung gegenüber dem Fahrzeugkörper gestattet.<ref name="Matschinsky" /> Die Hauptaufgabe ist im Wesentlichen die vertikale Bewegung, um dem Rad Ein- und Ausfederbewegungen zu ermöglichen. Die [[Bauteil (Technik)|Bauteile]] der Radaufhängung gehören zum [[Fahrwerk]] eines [[Fahrzeug]]s. Sie verbinden die Räder mit dem [[Fahrgestell]] oder der [[Karosserie#Selbsttragende Karosserie|selbsttragenden Karosserie]]. Die Gestaltung der Radaufhängung ist ein wesentlicher Teil der [[Fahrzeugtechnik]].
Die '''Radaufhängung''' ist ein kinematischer Mechanismus, der einem [[Rad]] oder auch mehreren gemeinsam geführten Rädern eine vorgegebene Bewegung gegenüber dem Fahrzeugkörper gestattet.<ref name="Matschinsky">
Wolfgang Matschinsky. ''Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion'', Springer, 2007, ISBN 978-3-540-71196-4
</ref> Die Hauptaufgabe ist im Wesentlichen die vertikale Bewegung, um dem Rad Ein- und Ausfederbewegungen zu ermöglichen. Die [[Bauteil (Technik)|Bauteile]] der Radaufhängung gehören zum [[Fahrwerk]] eines [[Fahrzeug]]s. Sie verbinden die Räder mit dem [[Fahrgestell]] oder der [[Karosserie#Selbsttragende Karosserie|selbsttragenden Karosserie]]. Die Gestaltung der Radaufhängung ist ein wesentlicher Teil der [[Fahrzeugtechnik]].


== Allgemein ==
== Allgemein ==
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== Führung ==
== Führung ==
[[Datei:Gm_epsilon_arm.jpg|mini|Dreieckslenker einer vorderen Radaufhängung: Außenseite (links) das [[Kugelgelenk#Technik|Traggelenk]], innen die beiden [[Silentbloc|Gummilager]]]]
[[Datei:Gm epsilon arm.jpg|mini|Dreieckslenker einer vorderen Radaufhängung: Außenseite (links) das [[Kugelgelenk#Technik|Traggelenk]], innen die beiden [[Silentbloc|Gummilager]]]]
Ziel der Radaufhängung ist es die zunächst 6 Freiheitsgrade des Radträgers bei einer Einzelradaufhängung auf einen (Federn) zu reduzieren. Bei Starrachsen sind das die Freiheitsgrade ''Federn gleichseitig'' und ''Federn wechselseitig''. Das wird mit sogenannten ''Lenkern'' erreicht. Diese sind im einfachsten Fall Stablenker, die über Kugelgelenke oder Gummilager mit dem Fahrgestell und dem Radträger verbunden sind. Weitere Bauformen sind Dreieckslenker, die man sich als Zusammenfassung zweier Stablenker zu einem Bauteil vorstellen kann und Trapezlenker. <ref>[http://www.audi.de/de/brand/de/neuwagen/a5/a5-sportback.engine_compare.8ta0uc_0.techdata.html Trapezlenkerachse bei Audi]</ref> Je nach Richtung in der die Lenker führen, unterscheidet man [[Querlenker]], Schräglenker und [[Längslenker]]. Die Rotationsachsen liegen bei Querlenkern näherungsweise in Fahrtrichtung, bei Schräglenkern in einem Winkel zwischen 0 und 90° zur Fahrtrichtung und bei Längslenkern quer zur Fahrtrichtung. [[Schwinge (Technik)|Schwingen]] verbinden Lenker starr mit dem Radträger. Sie sind mit einem "Scharniergelenk" am Aufbau befestigt, lassen daher nur einen Freiheitsgrad (Federn) zu.
Ziel der Radaufhängung ist es die zunächst 6 Freiheitsgrade des Radträgers bei einer Einzelradaufhängung auf einen (Federn) zu reduzieren. Bei Starrachsen sind das die Freiheitsgrade ''Federn gleichseitig'' und ''Federn wechselseitig''. Das wird mit sogenannten ''Lenkern'' erreicht. Diese sind im einfachsten Fall Stablenker, die über Kugelgelenke oder Gummilager mit dem Fahrgestell und dem Radträger verbunden sind. Weitere Bauformen sind Dreieckslenker, die man sich als Zusammenfassung zweier Stablenker zu einem Bauteil vorstellen kann und Trapezlenker. <ref>[http://www.audi.de/de/brand/de/neuwagen/a5/a5-sportback.engine_compare.8ta0uc_0.techdata.html Trapezlenkerachse bei Audi]</ref> Je nach Richtung in der die Lenker führen, unterscheidet man [[Querlenker]], Schräglenker und [[Längslenker]]. Die Rotationsachsen liegen bei Querlenkern näherungsweise in Fahrtrichtung, bei Schräglenkern in einem Winkel zwischen 0 und 90° zur Fahrtrichtung und bei Längslenkern quer zur Fahrtrichtung. [[Schwinge (Technik)|Schwingen]] verbinden Lenker starr mit dem Radträger. Sie sind mit einem "Scharniergelenk" am Aufbau befestigt, lassen daher nur einen Freiheitsgrad (Federn) zu.


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Einzelradaufhängungen sind Radführungen, bei denen sich die Radstellungen beider Seiten beim Federn nicht gegenseitig beeinflussen. Zur Verbesserung der Fahreigenschaften eines Fahrzeugs sind viele unterschiedliche Bauarten entwickelt worden. In Abhängigkeit von Kosten, erwünschter Fahrdynamik und Einsatzzweck wird die bestmögliche Bauform ausgewählt. Folgende Bauarten sind oder waren gebräuchlich:
Einzelradaufhängungen sind Radführungen, bei denen sich die Radstellungen beider Seiten beim Federn nicht gegenseitig beeinflussen. Zur Verbesserung der Fahreigenschaften eines Fahrzeugs sind viele unterschiedliche Bauarten entwickelt worden. In Abhängigkeit von Kosten, erwünschter Fahrdynamik und Einsatzzweck wird die bestmögliche Bauform ausgewählt. Folgende Bauarten sind oder waren gebräuchlich:


*an einem Schiebe-Drehgelenk: mit verschiebbarer Säule: erste Einzelradaufhängung an einem Auto: [[Decauville]] Voiturelle; mit verschiebbarer Hülse: [[Morgan Motor|Morgan]], [[Lancia]]
*an einem Schiebe-Drehgelenk: mit verschiebbarer Säule: erste Einzelradaufhängung an einem Auto: [[Decauville]] Voiturelle; mit verschiebbarer Hülse: [[Morgan Motor|Morgan]], [[Lancia]]
*an einem Schiebegelenk: [[Geradewegfederung|Geradwegfederung]] bei Motorrädern, ähnlich die [[Teleskopgabel]]
*an einem Schiebegelenk: [[Geradewegfederung|Geradwegfederung]] bei Motorrädern, ähnlich die [[Teleskopgabel]]
*an parallelen Kurbellenkern (längs eingebauten Dreieckslenkern): gezogen:[[Kurbellenkerachse]]; auch geschoben
*an parallelen Kurbellenkern (längs eingebauten Dreieckslenkern): gezogen:[[Kurbellenkerachse]]; auch geschoben
*an [[Schwinge_(Technik)|Schwingen]]: [[Längslenkerachse]], [[Schräglenkerachse]], [[Pendelachse]]
*an [[Schwinge (Technik)|Schwingen]]: [[Längslenkerachse]], [[Schräglenkerachse]], [[Pendelachse]]
*an zwei Dreieckslenkern mit einer Spurstange: [[Doppelquerlenkerradaufhängung]] (auch mit einer oder zwei Querblattfedern statt Lenkern); Aufhängung an Quer- und Längslenker
*an zwei Dreieckslenkern mit einer Spurstange: [[Doppelquerlenkerradaufhängung]] (auch mit einer oder zwei Querblattfedern statt Lenkern); Aufhängung an Quer- und Längslenker
*an Querlenker(n) und einem Schiebegelenk: [[MacPherson-Federbein]] oder [[Dämpferbein]]
*an Querlenker(n) und einem Schiebegelenk: [[MacPherson-Federbein]] oder [[Dämpferbein]]
*an bis zu fünf einzelnen Lenkern: [[Mehrlenkerachse]]
*an bis zu fünf einzelnen Lenkern: [[Mehrlenkerachse]]
*an einem (starr am Achsschenkel befestigten) Zentrallenker und zwei Querlenkern: Zentrallenkerachse<ref>[http://www.alfisti.net/alfa-forum/attachments/alfisti-talk/9369d1265449705-alfa-romeo-giulietta-ii-e36.jpg Zentrallenkerachse]</ref>
*an einem (starr am Achsschenkel befestigten) Zentrallenker und zwei Querlenkern: Zentrallenkerachse<ref>[http://www.alfisti.net/alfa-forum/attachments/alfisti-talk/9369d1265449705-alfa-romeo-giulietta-ii-e36.jpg Zentrallenkerachse]</ref>
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Angetriebene Starrachsen gibt es in verschiedenen Bauformen:
Angetriebene Starrachsen gibt es in verschiedenen Bauformen:
* Vor der Achse ist das Differential mit den Antriebswellen am Aufbau befestigt. Die Räder werden über je eine Kette angetrieben. Die Achse hängt an Blattfedern. Diese Bauart war nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr üblich.
* Vor der Achse ist das Differential mit den Antriebswellen am Aufbau befestigt. Die Räder werden über je eine Kette angetrieben. Die Achse hängt an Blattfedern. Diese Bauart war nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr üblich.
* eine Kardanwelle mit zwei Gelenken überträgt das Antriebsmoment zum Differential, das in den Achskörper eingebaut ist. Die Achse wird entweder von Blattfedern oder von Lenkern geführt, wenn Schraubenfedern oder (selten) Drehstäbe verwendet werden. Typisch sind vier Längslenker und ein Querlenker ([[Panhardstab]]) oder zwei längs unten und zwei schräg oben angeordnete Lenker. Die oberen schrägen Lenker können auch zu [[Reaktionsdreieck|einem Dreieck vereinigt]] sein. Die Konstruktion mit radführenden Blattfedern wird international auch als „Hotchkiss-System" bezeichnet.
* eine Kardanwelle mit zwei Gelenken überträgt das Antriebsmoment zum Differential, das in den Achskörper eingebaut ist. Die Achse wird entweder von Blattfedern oder von Lenkern geführt, wenn Schraubenfedern oder (selten) Drehstäbe verwendet werden. Typisch sind vier Längslenker und ein Querlenker ([[Panhardstab]]) oder zwei längs unten und zwei schräg oben angeordnete Lenker. Die oberen schrägen Lenker können auch zu [[Reaktionsdreieck|einem Dreieck vereinigt]] sein. Die Konstruktion mit radführenden Blattfedern wird international auch als „Hotchkiss-System" bezeichnet.
* Deichsel- oder Ankerachse („Panhard-System“): die Achse ist T-förmig, sie trägt ein am Differential befestigtes Schubrohr, in dem die Antriebswelle läuft. Die Antriebswelle ist über ein einziges Gelenk mit der Getriebeausgangswelle verbunden. Gelenk und Schubrohr mit Achse haben einen gemeinsamen Drehpunkt. Zur Seitenführung der Achse genügt eine Querblattfeder, ein Panhardstab oder ein [[Wattgestänge]]. Ansonsten führen die Federn die Achse nicht. Ähnlich ist die von [[Opel]] in vielen Pkw bis in die 1980er Jahre die verwendete [[Zentralgelenkachse]].
* Deichsel- oder Ankerachse („Panhard-System“): die Achse ist T-förmig, sie trägt ein am Differential befestigtes Schubrohr, in dem die Antriebswelle läuft. Die Antriebswelle ist über ein einziges Gelenk mit der Getriebeausgangswelle verbunden. Gelenk und Schubrohr mit Achse haben einen gemeinsamen Drehpunkt. Zur Seitenführung der Achse genügt eine Querblattfeder, ein Panhardstab oder ein [[Wattgestänge]]. Ansonsten führen die Federn die Achse nicht. Ähnlich ist die von [[Opel]] in vielen Pkw bis in die 1980er Jahre die verwendete [[Zentralgelenkachse]].
* [[De-Dion-Achse]]: das Differential ist am Wagen befestigt und treibt die Räder über zwei Doppelgelenkwellen. Die Achse ist wie eine nicht angetriebene Achse an Lenkern oder Blattfedern aufgehängt oder wie bei „Panhard“ mit A-förmigen Strebenverbund statt Schubrohr.
* [[De-Dion-Achse]]: das Differential ist am Wagen befestigt und treibt die Räder über zwei Doppelgelenkwellen. Die Achse ist wie eine nicht angetriebene Achse an Lenkern oder Blattfedern aufgehängt oder wie bei „Panhard“ mit A-förmigen Strebenverbund statt Schubrohr.


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=== Verbundlenkerachse ===
=== Verbundlenkerachse ===
Die nicht angetriebenen [[Verbundlenkerachse]]n sind „Halbstarrachsen“, bei denen die Räder an Längsschwingen befestigt sind, die durch ein biegesteifes, aber torsionsweiches T- oder U-Profil ''verbunden'' sind. Dieses nimmt einerseits die Momente um die Hochachse und Seitenkräfte auf, andererseits wirkt es als [[Stabilisator (Automobil)|Stabilisator]]. Die Aufhängungspunkte am Fahrzeug – einer auf jeder Seite – liegen so weit wie möglich auseinander und können deshalb komfortabel weich ausgelegt werden. Die Verbundlenkerachse kann als Zwischenform von [[Torsionskurbelachse]] und [[Längslenkerachse]] verstanden werden. Je nach Lage des Querträgers ist sie in ihren Eigenschaften einer Starrachse bzw. einer Einzelradaufhängung näher. Bei der [[Koppellenkerachse]] sind die Längslenker etwa in deren Mitte über ein unten offenes U-Profil mit eingeschweißtem Torsionsrohr verbunden.
Die nicht angetriebenen [[Verbundlenkerachse]]n sind „Halbstarrachsen“, bei denen die Räder an Längsschwingen befestigt sind, die durch ein biegesteifes, aber torsionsweiches T- oder U-Profil ''verbunden'' sind. Dieses nimmt einerseits die Momente um die Hochachse und Seitenkräfte auf, andererseits wirkt es als [[Stabilisator (Automobil)|Stabilisator]]. Die Aufhängungspunkte am Fahrzeug – einer auf jeder Seite – liegen so weit wie möglich auseinander und können deshalb komfortabel weich ausgelegt werden. Die Verbundlenkerachse kann als Zwischenform von [[Torsionskurbelachse]] und [[Längslenkerachse]] verstanden werden. Je nach Lage des Querträgers ist sie in ihren Eigenschaften einer Starrachse bzw. einer Einzelradaufhängung näher. Bei der [[Koppellenkerachse]] sind die Längslenker etwa in deren Mitte über ein unten offenes U-Profil mit eingeschweißtem Torsionsrohr verbunden.


Diese Achsen sind günstig herzustellen und seit den 1980er Jahren in vielen Klein- und Kompaktwagen zu finden. Eingeführt wurde sie von [[Volkswagen AG|VW]] 1974 im [[VW Scirocco|Scirocco]] und [[VW Golf I|Golf]].
Diese Achsen sind günstig herzustellen und seit den 1980er Jahren in vielen Klein- und Kompaktwagen zu finden. Eingeführt wurde sie von [[Volkswagen AG|VW]] 1974 im [[VW Scirocco|Scirocco]] und [[VW Golf I|Golf]].
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== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur | Autor=Bernd Heißing (Herausgeber), Metin Ersoy (Herausgeber), Stefan Gies (Herausgeber) | Titel=Fahrwerkhandbuch: Grundlagen · Fahrdynamik · Komponenten · Systeme · Mechatronik · Perspektiven (ATZ/MTZ-Fachbuch) | Verlag=Springer Vieweg | Ort= | Band= | Jahr=2013 | ISBN=978-3834801050 | Seiten=750 | Auflage=4}}
* {{Literatur | Autor=Bernd Heißing (Herausgeber), Metin Ersoy (Herausgeber), Stefan Gies (Herausgeber) | Titel=Fahrwerkhandbuch: Grundlagen · Fahrdynamik · Komponenten · Systeme · Mechatronik · Perspektiven (ATZ/MTZ-Fachbuch) | Verlag=Springer Vieweg | Ort= | Band= | Jahr=2013 | ISBN=978-3-8348-0105-0 | Seiten=750 | Auflage=4}}


* {{Literatur | Autor=Wolfgang Matschinsky | Titel=Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion | Verlag=Springer| Ort= | Band= | Jahr=2007 | ISBN=978-3-540-71196-4 | Seiten=454 | Auflage=3}}
* {{Literatur | Autor=Wolfgang Matschinsky | Titel=Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion | Verlag=Springer| Ort= | Band= | Jahr=2007 | ISBN=978-3-540-71196-4 | Seiten=454 | Auflage=3}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references />
<ref name="Matschinsky">Wolfgang Matschinsky. ''Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion'', Springer, 2007, ISBN=978-3-540-71196-4
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</ references>


{{SORTIERUNG:Radaufhangung}}
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Version vom 18. November 2015, 03:21 Uhr

Doppelquerlenker-Radaufhängung
gelb: Querlenker oben und unten, verbunden durch den Achsschenkel

Die Radaufhängung ist ein kinematischer Mechanismus, der einem Rad oder auch mehreren gemeinsam geführten Rädern eine vorgegebene Bewegung gegenüber dem Fahrzeugkörper gestattet.[1] Die Hauptaufgabe ist im Wesentlichen die vertikale Bewegung, um dem Rad Ein- und Ausfederbewegungen zu ermöglichen. Die Bauteile der Radaufhängung gehören zum Fahrwerk eines Fahrzeugs. Sie verbinden die Räder mit dem Fahrgestell oder der selbsttragenden Karosserie. Die Gestaltung der Radaufhängung ist ein wesentlicher Teil der Fahrzeugtechnik.

Allgemein

Die Radaufhängungen sollen ein stabiles Fahrverhalten und eine komfortable Abfederung von Fahrbahnunebenheiten gewährleisten, eine geringe Schwingungsneigung und Geräuschübertragung, lange Lebensdauer und ein geringes Gewicht haben. Dazu müssen sie:

  • die Räder führen,
  • bei Stößen elastisch nachgeben (Federung), ohne die Fahrwerkgeometrie merklich zu verändern und dabei einen möglichst langen Federweg haben,
  • Schwingungen dämpfen,
  • Lenkbewegungen weiterleiten,
  • stabil gebaut und wartungsarm sein,
  • korrosionsfest sein,
  • möglichst klein sein (kleine ungefederte Masse) und aus wenigen Einzelteilen bestehen.

Da sich die Anforderungen teilweise widersprechen, sind Bauart und Abstimmung stets ein Kompromiß.

Teile der Radaufhängung sind Radträger (Achsschenkel oder durchgehender Achskörper), Lenker und Gelenke.

Führung

Dreieckslenker einer vorderen Radaufhängung: Außenseite (links) das Traggelenk, innen die beiden Gummilager

Ziel der Radaufhängung ist es die zunächst 6 Freiheitsgrade des Radträgers bei einer Einzelradaufhängung auf einen (Federn) zu reduzieren. Bei Starrachsen sind das die Freiheitsgrade Federn gleichseitig und Federn wechselseitig. Das wird mit sogenannten Lenkern erreicht. Diese sind im einfachsten Fall Stablenker, die über Kugelgelenke oder Gummilager mit dem Fahrgestell und dem Radträger verbunden sind. Weitere Bauformen sind Dreieckslenker, die man sich als Zusammenfassung zweier Stablenker zu einem Bauteil vorstellen kann und Trapezlenker. [2] Je nach Richtung in der die Lenker führen, unterscheidet man Querlenker, Schräglenker und Längslenker. Die Rotationsachsen liegen bei Querlenkern näherungsweise in Fahrtrichtung, bei Schräglenkern in einem Winkel zwischen 0 und 90° zur Fahrtrichtung und bei Längslenkern quer zur Fahrtrichtung. Schwingen verbinden Lenker starr mit dem Radträger. Sie sind mit einem "Scharniergelenk" am Aufbau befestigt, lassen daher nur einen Freiheitsgrad (Federn) zu.

Starr- und Elastokinematik

Die durch die Anordnung der Lenker im Raum mögliche kräftefreie Bewegung des Radträgers wird als Kinematik (Starrkinematik) bezeichnet. Dabei werden die Bauteile, Silentblocs und Kugelgelenke, als nicht deformierbar angenommen. Die Elastokinematik berücksichtigt die Nachgiebigkeiten mindestens der Gummi-Metall-Lager, oft der Kugelgelenke und selten der Bauteile.

Auswirkung

Für das Fahrverhalten des Fahrzeuges ist sowohl die Starrkinematik als auch die Elastokinematik von Bedeutung. Die Starrkinematik wird so ausgelegt, dass sich beim Federn und Lenken zwischen Rad und Fahrbahn Sturz- und Spurwinkel einstellen, die gute Voraussetzungen hinsichtlich Kraftübertragung des Reifens zur Fahrbahn und Eigenlenkverhalten des Fahrzeugs bieten. Die Bewegung nach der Starrkinematik wird überlagert durch elastokinematische Effekte. Diese entstehen, weil sich unter Wirkung der am Rad angreifenden Kräfte die Bewegungspunkte und -achsen z. B. in den Gummi-Metall-Lagern im Raum verschieben. Durch gezielte Ausbildung bestimmter Steifigkeiten in den Gummi-Metall-Lagern kann das Fahrverhalten des Fahrzeugs wesentlich verbessert werden.

Bauformen

Bei der Radführung wird, neben der Einteilung in Lenk- und/oder Antriebsachse, unterschieden in:

Einzelradaufhängung

Einzelradaufhängungen sind Radführungen, bei denen sich die Radstellungen beider Seiten beim Federn nicht gegenseitig beeinflussen. Zur Verbesserung der Fahreigenschaften eines Fahrzeugs sind viele unterschiedliche Bauarten entwickelt worden. In Abhängigkeit von Kosten, erwünschter Fahrdynamik und Einsatzzweck wird die bestmögliche Bauform ausgewählt. Folgende Bauarten sind oder waren gebräuchlich:

Starrachse

Starrachsen haben zwei über die Achszapfen in Nabe quer zur Fahrtrichtung starr verbundene Räder. Bis zum Zweiten Weltkrieg auch bei Pkws vorherrschend, werden sie heute (2015) bei Lkws und Geländewagen verwendet. Die Achsen werden mit Längsblattfedern, Lenkern oder einer Deichsel (Schubrohr) mit dem Wagenkörper verbunden und geführt.

Angetriebene Starrachsen gibt es in verschiedenen Bauformen:

  • Vor der Achse ist das Differential mit den Antriebswellen am Aufbau befestigt. Die Räder werden über je eine Kette angetrieben. Die Achse hängt an Blattfedern. Diese Bauart war nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr üblich.
  • eine Kardanwelle mit zwei Gelenken überträgt das Antriebsmoment zum Differential, das in den Achskörper eingebaut ist. Die Achse wird entweder von Blattfedern oder von Lenkern geführt, wenn Schraubenfedern oder (selten) Drehstäbe verwendet werden. Typisch sind vier Längslenker und ein Querlenker (Panhardstab) oder zwei längs unten und zwei schräg oben angeordnete Lenker. Die oberen schrägen Lenker können auch zu einem Dreieck vereinigt sein. Die Konstruktion mit radführenden Blattfedern wird international auch als „Hotchkiss-System" bezeichnet.
  • Deichsel- oder Ankerachse („Panhard-System“): die Achse ist T-förmig, sie trägt ein am Differential befestigtes Schubrohr, in dem die Antriebswelle läuft. Die Antriebswelle ist über ein einziges Gelenk mit der Getriebeausgangswelle verbunden. Gelenk und Schubrohr mit Achse haben einen gemeinsamen Drehpunkt. Zur Seitenführung der Achse genügt eine Querblattfeder, ein Panhardstab oder ein Wattgestänge. Ansonsten führen die Federn die Achse nicht. Ähnlich ist die von Opel in vielen Pkw bis in die 1980er Jahre die verwendete Zentralgelenkachse.
  • De-Dion-Achse: das Differential ist am Wagen befestigt und treibt die Räder über zwei Doppelgelenkwellen. Die Achse ist wie eine nicht angetriebene Achse an Lenkern oder Blattfedern aufgehängt oder wie bei „Panhard“ mit A-förmigen Strebenverbund statt Schubrohr.

Für nicht angetriebene Starrachsen werden im Prinzip die gleichen Aufhängungen benutzt. Bei Deichselachsen wird kein Schubrohr verwendet, sondern das Achsrohr selbst ist entsprechend gekröpft („Omegaachse“) oder mit einem A-förmigen Strebenverbund am Wagenkörper abgestützt.

Verbundlenkerachse

Die nicht angetriebenen Verbundlenkerachsen sind „Halbstarrachsen“, bei denen die Räder an Längsschwingen befestigt sind, die durch ein biegesteifes, aber torsionsweiches T- oder U-Profil verbunden sind. Dieses nimmt einerseits die Momente um die Hochachse und Seitenkräfte auf, andererseits wirkt es als Stabilisator. Die Aufhängungspunkte am Fahrzeug – einer auf jeder Seite – liegen so weit wie möglich auseinander und können deshalb komfortabel weich ausgelegt werden. Die Verbundlenkerachse kann als Zwischenform von Torsionskurbelachse und Längslenkerachse verstanden werden. Je nach Lage des Querträgers ist sie in ihren Eigenschaften einer Starrachse bzw. einer Einzelradaufhängung näher. Bei der Koppellenkerachse sind die Längslenker etwa in deren Mitte über ein unten offenes U-Profil mit eingeschweißtem Torsionsrohr verbunden.

Diese Achsen sind günstig herzustellen und seit den 1980er Jahren in vielen Klein- und Kompaktwagen zu finden. Eingeführt wurde sie von VW 1974 im Scirocco und Golf.

Siehe auch

Literatur

  • Bernd Heißing (Herausgeber), Metin Ersoy (Herausgeber), Stefan Gies (Herausgeber): Fahrwerkhandbuch: Grundlagen · Fahrdynamik · Komponenten · Systeme · Mechatronik · Perspektiven (ATZ/MTZ-Fachbuch). 4. Auflage. Springer Vieweg, 2013, ISBN 978-3-8348-0105-0, S. 750.
  • Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion. 3. Auflage. Springer, 2007, ISBN 978-3-540-71196-4, S. 454.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Matschinsky. Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion, Springer, 2007, ISBN 978-3-540-71196-4
  2. Trapezlenkerachse bei Audi
  3. Zentrallenkerachse
  4. Bilder von Schwertlenkerachsen (VW und Ford)