„Umami“ – Versionsunterschied

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Mit dem [[Lehnwort]] '''umami''' (von {{jaS|うまみ}} ''umami'' ‚Schmackhaftigkeit‘, zu {{lang|ja|うまい}} ''umai'' ‚schmackhaft, würzig‘) wird in der [[Physiologie]] eine Qualität des Geschmackssinnes bezeichnet,<ref>{{Literatur |Autor=[[Stefan Silbernagl]], [[Agamemnon Despopoulos]] |Titel=Taschenatlas Physiologie |Auflage=8. |Verlag=Thieme |Ort=Stuttgart |Datum=2012 |ISBN=978-3-13-567708-8 |Seiten=360 |Online={{Google Buch |BuchID=nvff2_nmqn4C |Seite=360}}}}</ref> die neben ''süß'', ''sauer'', ''salzig'', ''bitter'' zu den grundlegenden [[Sinnesqualität]]en der [[Gustatorische Wahrnehmung|gustatorischen Wahrnehmung]] beim Menschen zählt und als „fleischig“, „würzig“ oder „wohlschmeckend“ beschrieben wird.<ref name="pmc3136006">Q. Chen, S. Alarcon, A. Tharp, O. Ahmed, N. Estrella, T. Greene, J. Rucker, P. Breslin: ''Perceptual variation in umami taste and polymorphisms in TAS1R taste receptor genes.'' In: ''American Journal of Clinical Nutrition.'' Band 90, Nr. 3, September 2009, S.&nbsp;770–779; {{doi|10.3945/ajcn.2009.27462N}}, {{PMC|3136006}}.</ref> Nicht darunter fällt eine gesonderte Detektion von aus Fetten freigesetzten Fettsäuren.<ref name="Laugerette">F. Laugerette u. a.: ''CD36 involvement in orosensory detection of dietary lipids, spontaneous fat preference, and digestive secretions.'' In: ''J Clin Invest.'' 115, Nr. 11, 2005, S. 3177–3184, {{ISSN|0021-9738}} {{PMC|1265871}}.</ref>
Mit dem [[Lehnwort]] '''umami''' (von {{jaS|うまみ}} ''umami'' ‚Schmackhaftigkeit‘, zu {{lang|ja|うまい}} ''umai'' ‚schmackhaft, würzig‘) wird in der [[Physiologie]] eine Qualität des Geschmackssinnes bezeichnet,<ref>{{Literatur |Autor=[[Stefan Silbernagl]], [[Agamemnon Despopoulos]] |Titel=Taschenatlas Physiologie |Auflage=8. |Verlag=Thieme |Ort=Stuttgart |Datum=2012 |ISBN=978-3-13-567708-8 |Seiten=360 |Online={{Google Buch |BuchID=nvff2_nmqn4C |Seite=360}}}}</ref> die neben ''süß'', ''sauer'', ''salzig'', ''bitter'' zu den grundlegenden [[Sinnesqualität]]en der [[Gustatorische Wahrnehmung|gustatorischen Wahrnehmung]] beim Menschen zählt und als „fleischig“, „würzig“ oder „wohlschmeckend“ beschrieben wird.<ref name="pmc3136006">Q. Chen, S. Alarcon, A. Tharp, O. Ahmed, N. Estrella, T. Greene, J. Rucker, P. Breslin: ''Perceptual variation in umami taste and polymorphisms in TAS1R taste receptor genes.'' In: ''American Journal of Clinical Nutrition.'' Band 90, Nr. 3, September 2009, S.&nbsp;770–779; {{doi|10.3945/ajcn.2009.27462N}}, {{PMC|3136006}}.</ref> Nicht darunter fällt eine gesonderte Detektion von aus Fetten freigesetzten Fettsäuren.<ref name="Laugerette">F. Laugerette u. a.: ''CD36 involvement in orosensory detection of dietary lipids, spontaneous fat preference, and digestive secretions.'' In: ''J Clin Invest.'' 115, Nr. 11, 2005, S. 3177–3184, {{ISSN|0021-9738}} {{PMC|1265871}}.</ref>


== Eigenschaften ==
Der Geschmacksqualität ''Umami'' entsprechen in den [[Geschmacksknospe]]n der [[Zunge]] bestimmte [[Chemorezeptor|chemorezeptive]] [[Sinneszelle]]n mit spezifischen [[Geschmacksrezeptor]]en. Die als [[G-Protein-gekoppelter Rezeptor|Rezeptor]] in die [[Zellmembran|Membran]] dieser [[Geschmackszelle]]n eingebauten [[Protein]]moleküle sind mit denen für ''Süße'' verwandt, erkennen jedoch einige [[Nukleotide]] und [[Aminosäuren]] mit hoher Spezifität, neben [[Asparaginsäure|Asparagin]]- insbesondere [[Glutaminsäure]].
Zur gustatorischen Wahrnehmung von Glutamat können verschiedene Typen ähnlich gebauter [[Geschmacksrezeptor]]en in den Geschmackszellen der Zunge beitragen. Der Geschmacksqualität ''Umami'' entsprechen in den [[Geschmacksknospe]]n der [[Zunge]] bestimmte [[Chemorezeptor|chemorezeptive]] [[Sinneszelle]]n mit einem spezifischen [[Geschmacksrezeptor]], bestehend aus den beiden [[Protein]]en [[T1R1]] und [[T1R3]] in der [[Zellmembran|Membran]] der [[Geschmackszelle]]n. Dabei handelt es sich um ein [[Heterodimer]] aus zwei verkürzten (trunkierten) Proteinen, ähnlich dem Rezeptor ([[T1R2]] + T1R3) für die Geschmacksqualität süß. Alle genannten sind [[G-Protein-gekoppelter Rezeptor|G-Protein-gekoppelte Rezeptoren]] der Klasse C (C-GPCR). In diesen Rezeptoren ist eine sogenannte [[Venusfliegenfalle-Domäne]] an eine [[Transmembranprotein|Transmembrandomäne]] gebunden.<ref name="ss457:160" /> Zu den Rezeptoren für den Umami-Geschmack gehören auch die [[metabotrop]]en [[Glutamatrezeptor]]en [[GluR4]] und [[GluR1]].<ref>K. Yasumatsu, T. Manabe, R. Yoshida, K. Iwatsuki, H. Uneyama, I. Takahashi, Y. Ninomiya: ''Involvement of multiple taste receptors in umami taste: analysis of gustatory nerve responses in metabotropic glutamate receptor 4 knockout mice.'' In: ''Journal of Physiology.'' Band 593, Nr. 4, Februar 2015, S.&nbsp;1021–1034; {{doi|10.1113/jphysiol.2014.284703}}, {{PMC|4398535}}.</ref><ref>X. Li u. a.: ''Human receptors for sweet and umami taste.'' In: ''Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A.'' 99(7), 2002, S. 4692–4696. PMID 11917125 [http://www.pnas.org/cgi/reprint/99/7/4692.pdf (PDF)]</ref> Der Komplex aus T1R1 und T1R3 erkennt einige [[Nukleotide]] und [[Aminosäuren]] mit hoher Spezifität, neben [[Asparaginsäure|Asparagin]] insbesondere [[Glutaminsäure]]. Die eine Hälfte des [[G-Protein-gekoppelter Rezeptor|Rezeptors]] für den Umami-Geschmack (T1R3) wird auch für den Rezeptor für ''Süße'' verwendet. Der Inhibitor [[Lactisol]] hemmt den menschlichen Süß- und Umamigeschmack durch Bindung an T1R3.<ref>M. Zhao, X. Q. Xu, X. Y. Meng, B. Liu: ''The Heptahelical Domain of the Sweet Taste Receptor T1R2 Is a New Allosteric Binding Site for the Sweet Taste Modulator Amiloride That Modulates Sweet Taste in a Species-Dependent Manner.'' In: ''Journal of molecular neuroscience : MN.'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] August 2018, {{DOI|10.1007/s12031-018-1156-5}}, PMID 30120716.</ref><ref>H. Xu, L. Staszewski, H. Tang, E. Adler, M. Zoller, X. Li: ''Different functional roles of T1R subunits in the heteromeric taste receptors.'' In: ''[[Proceedings of the National Academy of Sciences]].'' Band 101, Nummer 39, September 2004, S.&nbsp;14258–14263, {{DOI|10.1073/pnas.0404384101}}, PMID 15353592, {{PMC|521102}}.</ref>


Ein ''Umami''-Geschmack wird vornehmlich durch Salze der [[Glutaminsäure]] hervorgerufen, die als Aminosäure ein natürlicher Baustein verschiedener [[Proteine]] (Eiweiße) ist, und daher sowohl in fleisch-, fisch- und milchhaltigen Lebensmitteln vorkommt wie auch in Gemüse oder Algen. Dabei spricht das in den (zubereiteten) Speisen enthaltene freie [[Glutamate|Glutamat]] die Rezeptoren von Umami-Geschmackszellen an, indem es gebunden wird. Daneben wirken auch [[Purine|Purinnukleotide]] wie [[Inosinmonophosphat]] (IMP), [[Guanosinmonophosphat]] (GMP) und [[Adenosinmonophosphat]] (AMP) –, bei [[synergistisch]]er Aktion mit Glutamaten mit erheblicher Verstärkung.
Ein Umami-Geschmack wird vornehmlich durch Salze der [[Glutaminsäure]] hervorgerufen, genauer durch das in wässriger Lösung vorkommende [[Anion]] der Glutaminsäure, die als Aminosäure ein natürlicher Baustein verschiedener [[Proteine]] (Eiweiße) in allen Lebewesen ist, und daher sowohl in fleisch-, fisch- und milchhaltigen Lebensmitteln vorkommt wie auch in Gemüse oder Algen. Dabei spricht die in den (zubereiteten) Speisen enthaltenen freie [[Glutamate]] die Rezeptoren von Umami-Geschmackszellen an, indem es gebunden wird. Umgangssprachlich vereinfachend wird von Glutamat gesprochen, jedoch handelt es sich dabei um verschiedene Salze und das Anion. Daneben wirken auch [[Purine|Purin]]-[[Ribonucleotide]]<ref>F. Zhang, B. Klebansky, R. M. Fine, H. Xu, A. Pronin, H. Liu, C. Tachdjian, X. Li: ''Molecular mechanism for the umami taste synergism.'' In: ''[[Proceedings of the National Academy of Sciences]].'' Band 105, Nummer 52, Dezember 2008, S.&nbsp;20930–20934, {{DOI|10.1073/pnas.0810174106}}, PMID 19104071, {{PMC|2606899}}.</ref> wie [[Inosinmonophosphat]] (IMP), [[Guanosinmonophosphat]] (GMP) und [[Adenosinmonophosphat]] (AMP) [[synergistisch]] verstärkend mit Glutamaten.


Die Signale der Geschmackszellen werden auf Endigungen zugeordneter [[Nervenzelle]]n übertragen und über deren Fortsätze ([[Geschmacksfaser]]n von [[Hirnnerv]]en) zum Gehirn weitergeleitet. Die im [[Markhirn]] liegenden [[Nucleus (ZNS)|Kerngebiete]] ([[Nucleus tractus solitarii]]) dienen für den weiteren Verlauf als Umschaltstelle. Von hier aus bestehen [[Nervenbahn|Bahnen]], über die zum einen via [[Pons]] der [[Hypothalamus]] und Regionen des [[Limbisches System|limbischen Systems]] erreicht werden. Zum anderen führen via [[Thalamus]] Projektionen zu Arealen des [[Gyrus postcentralis]] und der [[Insula]]. Erst auf diesem Integrationsniveau des [[Cortex cerebri]] sind nach gängiger Auffassung Wahrnehmungen möglich, die verbal mitgeteilt werden können, etwa als „schmackhafter“ Eindruck einer Speise.
Die Signale der Geschmackszellen werden auf Endigungen zugeordneter [[Nervenzelle]]n übertragen und über deren Fortsätze ([[Geschmacksfaser]]n von [[Hirnnerv]]en) zum Gehirn weitergeleitet. Die im [[Markhirn]] liegenden [[Nucleus (ZNS)|Kerngebiete]] ([[Nucleus tractus solitarii]]) dienen für den weiteren Verlauf als Umschaltstelle. Von hier aus bestehen [[Nervenbahn|Bahnen]], über die zum einen via [[Pons]] der [[Hypothalamus]] und Regionen des [[Limbisches System|limbischen Systems]] erreicht werden. Zum anderen führen via [[Thalamus]] Nervenfortsätze zu Arealen des [[Gyrus postcentralis]] und der [[Insula]]. Erst im [[Cortex cerebri]] sind nach gängiger Auffassung Wahrnehmungen möglich, die verbal mitgeteilt werden können, etwa als „schmackhafter“ Eindruck einer Speise.


Salze der Glutaminsäure wie Mononatrium-Glutamat (MNG) werden auch industriell produziert und verbreitet als [[Lebensmittelzusatzstoff|Zusatzstoff]] in Lebensmitteln eingesetzt. Unter dem Stichwort „Umami“ wird verschiedentlich versucht, die [[Akzeptanz]] für diese sogenannten [[Geschmacksverstärker]] zu steigern. Insbesondere im westlichen Europa wünschen sich Verbraucher jedoch einen geringeren Einsatz solcher Stoffe,<ref>(Österreichisches) Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.): ''Entwicklung im Bereich von Zusatzstoffen, Aromen und Enzymen.'' Teil 2, März 2016, S.&nbsp;8f und S.&nbsp;14f; [http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/0/5/0/CH1176/CMS1435845259856/lebensmittelherstellung_teil2.pdf pdf]</ref> beziehungsweise einen MNG-freien Umami-Geschmack<ref>Niamh Michail: [http://www.foodnavigator.com/Market-Trends/Does-MSG-have-a-future-in-Europe-as-umami-gains-flavour-favour ''Does MSG have a future in Europe as umami gains flavour favour?''], Oktober 2015; abgerufen auf foodnavigator.com am 27. Februar 2017.</ref> durch natürliche Produkte.
Salze der Glutaminsäure wie [[Mononatrium-Glutamat]] (MNG) werden auch industriell produziert und verbreitet als [[Lebensmittelzusatzstoff|Zusatzstoff]] aus der Gruppe der [[Geschmacksverstärker]] in Lebensmitteln eingesetzt. Insbesondere im westlichen Europa wünschen sich Verbraucher einen geringeren Einsatz solcher Stoffe, da sie von Verbrauchern nicht als natürlich angesehen werden, auch wenn sie nach der Definition der verschiedenen Gesetzgeber natürlich sind.<ref>(Österreichisches) Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.): ''Entwicklung im Bereich von Zusatzstoffen, Aromen und Enzymen.'' Teil 2, März 2016, S.&nbsp;8f und S.&nbsp;14f; [http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/0/5/0/CH1176/CMS1435845259856/lebensmittelherstellung_teil2.pdf pdf]</ref>

== Geschichte ==
[[Datei:Kikunae Ikeda.jpg|mini|hochkant|[[Ikeda Kikunae|Kikunae Ikeda]] (1864–1936)]]
Die Bezeichnung geht zurück auf den [[japan]]ischen Chemiker [[Ikeda Kikunae|Kikunae Ikeda]], der aufgrund eigener Geschmackserlebnisse neben den vier Empfindungsvermögen für Ausprägungen des Süßen, Sauren, Salzigen und Bitteren einer Speise noch eine fünfte Grundqualität des Geschmacks vermutete. 1909 schlug er „Umami“ als Benennung für diese vor, nachdem er als deren wesentlichen Geschmacksträger Glutaminsäure identifiziert hatte, im Extrakt von [[Kombu]], einer aus [[Japanischer Blatttang|japanischem Blatttang]] (''Laminaria japonica'') hergestellten Komponente des traditionellen [[Dashi]].<ref name="ikeda">K. Ikeda: ''New seasonings.'' (japan.) In: ''Journal of the Chemical Society of Tokyo.'' Band 30, 1909, S.&nbsp;820–836. Englische teilweise Übersetzung in ''Chemical Senses.'' Band 27, Nr. 9, November 2002, S.&nbsp;847–849; [[doi:10.1093/chemse/27.9.847]], (PMID 12438213).</ref>

Noch im gleichen Jahr begannen Ikeda und ein Geschäftspartner mit der industriellen Produktion von [[Mononatriumglutamat|Mononatrium-<small>L</small>-glutamat]], gewonnen aus dem [[Hydrolysat]] von Weizenproteinen. Das [[Gluten]] wurde hierfür unter Einwirkung von [[Salzsäure]] [[Hydrolyse|hydrolysiert]] und in seine Aminosäuren aufgespalten, zu über einem Drittel [[Glutamin]] und [[Glutaminsäure]]. Das kristallisierte Salz der Glutaminsäure brachten sie als streufähiges Würzmittel auf den Markt unter dem Handelsnamen „Aji-no-moto“ ({{lang|ja|味の素}} ‚Essenz des Geschmacks‘). Es fand im ostasiatischen Raum wachsenden Zuspruch, ähnlich wie zuvor „[[Maggi]]“ in Mitteleuropa; aus dem Unternehmen ging im Verlauf ein Konzern hervor, der seit 1946 [[Ajinomoto]] heißt und heute weltweit agiert.<ref name="sano" />


== Umami-Geschmack ==
== Umami-Geschmack ==
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Der Schmackhaftigkeits-Eindruck von Glutaminsäure wird durch [[Purine]], wie [[Inosinmonophosphat]] IMP, [[Guanosinmonophosphat]] GMP und [[Adenosinmonophosphat]] AMP, die ebenfalls am Glutamat-Rezeptor andocken, verstärkt.<ref>S. Yamaguchi, K. Ninomiya: ''Umami and Food Palatability.'' In: ''Journal of Nutrition.'' 130, 2000, S. 921S-126S. PMID 10736353 [http://jn.nutrition.org/cgi/reprint/130/4/921S.pdf (PDF)]</ref><ref name="ss457:160">S. Shadan: ''A taste of umami.'' In: ''Nature.'' (News & Views) 457, 2009, S. 160.</ref>
Der Schmackhaftigkeits-Eindruck von Glutaminsäure wird durch [[Purine]], wie [[Inosinmonophosphat]] IMP, [[Guanosinmonophosphat]] GMP und [[Adenosinmonophosphat]] AMP, die ebenfalls am Glutamat-Rezeptor andocken, verstärkt.<ref>S. Yamaguchi, K. Ninomiya: ''Umami and Food Palatability.'' In: ''Journal of Nutrition.'' 130, 2000, S. 921S-126S. PMID 10736353 [http://jn.nutrition.org/cgi/reprint/130/4/921S.pdf (PDF)]</ref><ref name="ss457:160">S. Shadan: ''A taste of umami.'' In: ''Nature.'' (News & Views) 457, 2009, S. 160.</ref>


== Glutamat ==
== Vorkommen ==
[[Datei:Glutamic Acid at physiological pH.png|mini|Glutaminsäure<br />bei pH von 7,4]]
[[Datei:Glutamic Acid at physiological pH.png|mini|Glutaminsäure<br />bei pH von 7,4]]

Besonders reichlich sind Glutamate in vollreifen [[Tomate]]n, [[Fleisch]], [[Shiitake]], [[Käse]] (insbesondere [[Parmesan]]), Würzmitteln (z.&nbsp;B. [[Sojasauce]], [[Fischsauce]], [[Brühe]], [[Fond (Lebensmittel)|Fond]], [[Fleischextrakt]], [[Hefeextrakt]], [[Maggi-Würze]], [[Sellerie]]saat) sowie in der menschlichen [[Muttermilch]] vorhanden.<ref>[[Thomas Vilgis]]: ''Kochuniversität – Geschmack.'' Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2010, S. 75 f.</ref><ref>C. Agostoni, B. Carratù, C. Boniglia, E. Riva, E. Sanzini: ''Free amino acid content in standard infant formulas: comparison with human milk.'' In: ''J Am Coll Nutr.'' Band 19(4), 2000, S. 434–438. PMID 10963461.</ref> Eine besondere Verwendung findet Glutaminsäure in der Nahrungsmittelindustrie, wo sie, [[Biotechnologie|biotechnisch]] hergestellt, als [[Geschmacksverstärker]] eingesetzt wird.
Besonders reichlich sind Glutamate in vollreifen [[Tomate]]n, [[Fleisch]], [[Shiitake]], [[Käse]] (insbesondere [[Parmesan]]), Würzmitteln (z.&nbsp;B. [[Sojasauce]], [[Fischsauce]], [[Brühe]], [[Fond (Lebensmittel)|Fond]], [[Fleischextrakt]], [[Hefeextrakt]], [[Maggi-Würze]], [[Sellerie]]saat) sowie in der menschlichen [[Muttermilch]] vorhanden.<ref>[[Thomas Vilgis]]: ''Kochuniversität – Geschmack.'' Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2010, S. 75 f.</ref><ref>C. Agostoni, B. Carratù, C. Boniglia, E. Riva, E. Sanzini: ''Free amino acid content in standard infant formulas: comparison with human milk.'' In: ''J Am Coll Nutr.'' Band 19(4), 2000, S. 434–438. PMID 10963461.</ref> Eine besondere Verwendung findet Glutaminsäure in der Nahrungsmittelindustrie, wo sie, [[Biotechnologie|biotechnisch]] hergestellt, als [[Geschmacksverstärker]] eingesetzt wird.


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Der Weltmarkt für industriell hergestelltes [[Mononatriumglutamat]] betrug 2009 etwa 2 Millionen Tonnen.<ref name="sano">Chiaki Sano: [http://ajcn.nutrition.org/content/90/3/728S.short ''History of glutamate production American Society for Nutrition.''] Report der American Society for Nutrition.</ref> Marktführer ist der börsennotierte japanische Würzmittelkonzern [[Ajinomoto]] mit Sitz in Tokyo und einem Jahresumsatz von etwa 12 Milliarden Euro.<ref>laut [http://www.ariva.de/ajinomoto-aktie/bilanz-guv Website des Börsendienstes Ariva.de]</ref>
Der Weltmarkt für industriell hergestelltes [[Mononatriumglutamat]] betrug 2009 etwa 2 Millionen Tonnen.<ref name="sano">Chiaki Sano: [http://ajcn.nutrition.org/content/90/3/728S.short ''History of glutamate production American Society for Nutrition.''] Report der American Society for Nutrition.</ref> Marktführer ist der börsennotierte japanische Würzmittelkonzern [[Ajinomoto]] mit Sitz in Tokyo und einem Jahresumsatz von etwa 12 Milliarden Euro.<ref>laut [http://www.ariva.de/ajinomoto-aktie/bilanz-guv Website des Börsendienstes Ariva.de]</ref>

== Glutamatrezeptoren ==
Zur gustatorischen Wahrnehmung von Glutamat können verschiedene Typen ähnlich gebauter [[Geschmacksrezeptor]]en in den Geschmackszellen der Zunge beitragen. Hierzu gehören auch die [[metabotrop]]en [[Glutamatrezeptor]]en mGluR4 und mGluR1, neben einem aus den Rezeptortypen [[T1R1]] + [[T1R3]] zusammengesetzten Geschmacksrezeptor.<ref>K. Yasumatsu, T. Manabe, R. Yoshida, K. Iwatsuki, H. Uneyama, I. Takahashi, Y. Ninomiya: ''Involvement of multiple taste receptors in umami taste: analysis of gustatory nerve responses in metabotropic glutamate receptor 4 knockout mice.'' In: ''Journal of Physiology.'' Band 593, Nr. 4, Februar 2015, S.&nbsp;1021–1034; {{doi|10.1113/jphysiol.2014.284703}}, {{PMC|4398535}}.</ref><ref>X. Li u. a.: ''Human receptors for sweet and umami taste.'' In: ''Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A.'' 99(7), 2002, S. 4692–4696. PMID 11917125 [http://www.pnas.org/cgi/reprint/99/7/4692.pdf (PDF)]</ref> Bei letzterem handelt es sich um ein [[Heterodimer]] aus zwei verkürzten (trunkierten) Proteinen, ähnlich dem Rezeptor (T1R2 + T1R3) für die Geschmacksqualität süß. Alle genannten sind [[G-Protein-gekoppelter Rezeptor|G-Protein-gekoppelte Rezeptoren]] der Klasse C (C-GPCR). In diesen Rezeptoren ist eine sogenannte [[Venusfliegenfalle-Domäne]] an eine [[Transmembranprotein|Transmembrandomäne]] gebunden.<ref name="ss457:160" />


== Nebenwirkungen von Glutamat ==
== Nebenwirkungen von Glutamat ==
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[[Mononatriumglutamat]] stand seit 1969 im Verdacht, in höheren Dosen Nebenwirkungen hervorzurufen, wie Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen, das so genannte ''[[Glutamatunverträglichkeit#Chinarestaurant-Syndrom|China-Restaurant-Syndrom]]''.<ref>Hans-Dieter Belitz, Werner Grosch, Peter Schieberle: ''Lehrbuch der Lebensmittelchemie.'' Gabler Wissenschaftsverlage, 2001, ISBN 3-540-41096-1, S. 423.</ref><ref>Michael Frühlingsdort: [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelwissen/d-67337634.html ''Kochen mit der Schere''.] In: ''[[Der Spiegel]].'' 13. Oktober 2009.</ref> Jedoch konnte in bisherigen Studien nicht nachgewiesen werden, dass mit der Nahrung zusätzlich zugeführte Glutamate zu den beschriebenen Symptomen führen können.
[[Mononatriumglutamat]] stand seit 1969 im Verdacht, in höheren Dosen Nebenwirkungen hervorzurufen, wie Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen, das so genannte ''[[Glutamatunverträglichkeit#Chinarestaurant-Syndrom|China-Restaurant-Syndrom]]''.<ref>Hans-Dieter Belitz, Werner Grosch, Peter Schieberle: ''Lehrbuch der Lebensmittelchemie.'' Gabler Wissenschaftsverlage, 2001, ISBN 3-540-41096-1, S. 423.</ref><ref>Michael Frühlingsdort: [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelwissen/d-67337634.html ''Kochen mit der Schere''.] In: ''[[Der Spiegel]].'' 13. Oktober 2009.</ref> Jedoch konnte in bisherigen Studien nicht nachgewiesen werden, dass mit der Nahrung zusätzlich zugeführte Glutamate zu den beschriebenen Symptomen führen können.

== Geschichte ==
[[Datei:Kikunae Ikeda.jpg|mini|hochkant|[[Ikeda Kikunae|Kikunae Ikeda]] (1864–1936)]]
Die Bezeichnung geht zurück auf den [[japan]]ischen Chemiker [[Ikeda Kikunae|Kikunae Ikeda]], der aufgrund eigener Geschmackserlebnisse neben den vier Empfindungsvermögen für Ausprägungen des Süßen, Sauren, Salzigen und Bitteren einer Speise noch eine fünfte Grundqualität des Geschmacks vermutete. 1909 schlug er „Umami“ als Benennung für diese vor, nachdem er als deren wesentlichen Geschmacksträger Glutaminsäure identifiziert hatte, im Extrakt von [[Kombu]], einer aus [[Japanischer Blatttang|japanischem Blatttang]] (''Laminaria japonica'') hergestellten Komponente des traditionellen [[Dashi]].<ref name="ikeda">K. Ikeda: ''New seasonings.'' (japan.) In: ''Journal of the Chemical Society of Tokyo.'' Band 30, 1909, S.&nbsp;820–836. Englische teilweise Übersetzung in ''Chemical Senses.'' Band 27, Nr. 9, November 2002, S.&nbsp;847–849; [[doi:10.1093/chemse/27.9.847]], (PMID 12438213).</ref>

Noch im gleichen Jahr begannen Ikeda und ein Geschäftspartner mit der industriellen Produktion von [[Mononatriumglutamat|Mononatrium-<small>L</small>-glutamat]], gewonnen aus dem [[Hydrolysat]] von Weizenproteinen. Das [[Gluten]] wurde hierfür unter Einwirkung von [[Salzsäure]] [[Hydrolyse|hydrolysiert]] und in seine Aminosäuren aufgespalten, zu über einem Drittel [[Glutamin]] und [[Glutaminsäure]]. Das kristallisierte Salz der Glutaminsäure brachten sie als streufähiges Würzmittel auf den Markt unter dem Handelsnamen „Aji-no-moto“ ({{lang|ja|味の素}} ‚Essenz des Geschmacks‘). Es fand im ostasiatischen Raum wachsenden Zuspruch, ähnlich wie zuvor „[[Maggi]]“ in Mitteleuropa; aus dem Unternehmen ging im Verlauf ein Konzern hervor, der seit 1946 [[Ajinomoto]] heißt und heute weltweit agiert.<ref name="sano" />


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 21. September 2018, 14:01 Uhr

Mit dem Lehnwort umami (von japanisch うまみ umami ‚Schmackhaftigkeit‘, zu うまい umai ‚schmackhaft, würzig‘) wird in der Physiologie eine Qualität des Geschmackssinnes bezeichnet,[1] die neben süß, sauer, salzig, bitter zu den grundlegenden Sinnesqualitäten der gustatorischen Wahrnehmung beim Menschen zählt und als „fleischig“, „würzig“ oder „wohlschmeckend“ beschrieben wird.[2] Nicht darunter fällt eine gesonderte Detektion von aus Fetten freigesetzten Fettsäuren.[3]

Eigenschaften

Zur gustatorischen Wahrnehmung von Glutamat können verschiedene Typen ähnlich gebauter Geschmacksrezeptoren in den Geschmackszellen der Zunge beitragen. Der Geschmacksqualität Umami entsprechen in den Geschmacksknospen der Zunge bestimmte chemorezeptive Sinneszellen mit einem spezifischen Geschmacksrezeptor, bestehend aus den beiden Proteinen T1R1 und T1R3 in der Membran der Geschmackszellen. Dabei handelt es sich um ein Heterodimer aus zwei verkürzten (trunkierten) Proteinen, ähnlich dem Rezeptor (T1R2 + T1R3) für die Geschmacksqualität süß. Alle genannten sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren der Klasse C (C-GPCR). In diesen Rezeptoren ist eine sogenannte Venusfliegenfalle-Domäne an eine Transmembrandomäne gebunden.[4] Zu den Rezeptoren für den Umami-Geschmack gehören auch die metabotropen Glutamatrezeptoren GluR4 und GluR1.[5][6] Der Komplex aus T1R1 und T1R3 erkennt einige Nukleotide und Aminosäuren mit hoher Spezifität, neben Asparagin insbesondere Glutaminsäure. Die eine Hälfte des Rezeptors für den Umami-Geschmack (T1R3) wird auch für den Rezeptor für Süße verwendet. Der Inhibitor Lactisol hemmt den menschlichen Süß- und Umamigeschmack durch Bindung an T1R3.[7][8]

Ein Umami-Geschmack wird vornehmlich durch Salze der Glutaminsäure hervorgerufen, genauer durch das in wässriger Lösung vorkommende Anion der Glutaminsäure, die als Aminosäure ein natürlicher Baustein verschiedener Proteine (Eiweiße) in allen Lebewesen ist, und daher sowohl in fleisch-, fisch- und milchhaltigen Lebensmitteln vorkommt wie auch in Gemüse oder Algen. Dabei spricht die in den (zubereiteten) Speisen enthaltenen freie Glutamate die Rezeptoren von Umami-Geschmackszellen an, indem es gebunden wird. Umgangssprachlich vereinfachend wird von Glutamat gesprochen, jedoch handelt es sich dabei um verschiedene Salze und das Anion. Daneben wirken auch Purin-Ribonucleotide[9] wie Inosinmonophosphat (IMP), Guanosinmonophosphat (GMP) und Adenosinmonophosphat (AMP) synergistisch verstärkend mit Glutamaten.

Die Signale der Geschmackszellen werden auf Endigungen zugeordneter Nervenzellen übertragen und über deren Fortsätze (Geschmacksfasern von Hirnnerven) zum Gehirn weitergeleitet. Die im Markhirn liegenden Kerngebiete (Nucleus tractus solitarii) dienen für den weiteren Verlauf als Umschaltstelle. Von hier aus bestehen Bahnen, über die zum einen via Pons der Hypothalamus und Regionen des limbischen Systems erreicht werden. Zum anderen führen via Thalamus Nervenfortsätze zu Arealen des Gyrus postcentralis und der Insula. Erst im Cortex cerebri sind nach gängiger Auffassung Wahrnehmungen möglich, die verbal mitgeteilt werden können, etwa als „schmackhafter“ Eindruck einer Speise.

Salze der Glutaminsäure wie Mononatrium-Glutamat (MNG) werden auch industriell produziert und verbreitet als Zusatzstoff aus der Gruppe der Geschmacksverstärker in Lebensmitteln eingesetzt. Insbesondere im westlichen Europa wünschen sich Verbraucher einen geringeren Einsatz solcher Stoffe, da sie von Verbrauchern nicht als natürlich angesehen werden, auch wenn sie nach der Definition der verschiedenen Gesetzgeber natürlich sind.[10]

Umami-Geschmack

Der hauptsächliche Träger des Umami-Geschmacks ist die freie, durch Proteolyse aus den Proteinen herausgelöste Aminosäure Glutaminsäure. Sie bildet das physiologisch relevante wasserlösliche Glutamat-Zwitterion. Ihre Salze werden als Glutamate bezeichnet. Das Natriumsalz der Glutaminsäure heißt Mononatriumglutamat MNG (engl. Monosodium glutamate MSG) und dissoziiert in wässrigen Lösungen zu Natrium-Ionen und deprotonierter Glutaminsäure. Glutaminsäure kommt in allen proteinhaltigen Lebensmitteln vor. Die Freisetzung der Glutamate durch Risse in den Zellmembranen wird durch Garen, Trocknen oder Fermentieren verstärkt.

Der Schmackhaftigkeits-Eindruck von Glutaminsäure wird durch Purine, wie Inosinmonophosphat IMP, Guanosinmonophosphat GMP und Adenosinmonophosphat AMP, die ebenfalls am Glutamat-Rezeptor andocken, verstärkt.[11][4]

Vorkommen

Glutaminsäure
bei pH von 7,4

Besonders reichlich sind Glutamate in vollreifen Tomaten, Fleisch, Shiitake, Käse (insbesondere Parmesan), Würzmitteln (z. B. Sojasauce, Fischsauce, Brühe, Fond, Fleischextrakt, Hefeextrakt, Maggi-Würze, Selleriesaat) sowie in der menschlichen Muttermilch vorhanden.[12][13] Eine besondere Verwendung findet Glutaminsäure in der Nahrungsmittelindustrie, wo sie, biotechnisch hergestellt, als Geschmacksverstärker eingesetzt wird.

Künstlich zugefügte Glutaminsäure wird vor allem in der asiatischen Küche in Form von Sojasoße und Sojapaste sowie bei der industriellen Herstellung von vorgefertigten Lebensmitteln eingesetzt. Dort soll sie den Geschmacksverlust ausgleichen, der durch Kochen, Sterilisieren und Tiefgefrieren entsteht.[14] Manche Salze der Glutaminsäure verstärken als Geschmacksverstärker bestimmte Geschmacksrichtungen in ihrer Intensität. Dadurch sind sie in der Lage, mögliche Geschmacksfehler zu überlagern, die durch zu lange Lagerung oder Verderbnis von Lebensmitteln zustande kommen können.[15]

Der Weltmarkt für industriell hergestelltes Mononatriumglutamat betrug 2009 etwa 2 Millionen Tonnen.[16] Marktführer ist der börsennotierte japanische Würzmittelkonzern Ajinomoto mit Sitz in Tokyo und einem Jahresumsatz von etwa 12 Milliarden Euro.[17]

Nebenwirkungen von Glutamat

Mononatriumglutamat stand seit 1969 im Verdacht, in höheren Dosen Nebenwirkungen hervorzurufen, wie Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen, das so genannte China-Restaurant-Syndrom.[18][19] Jedoch konnte in bisherigen Studien nicht nachgewiesen werden, dass mit der Nahrung zusätzlich zugeführte Glutamate zu den beschriebenen Symptomen führen können.

Geschichte

Kikunae Ikeda (1864–1936)

Die Bezeichnung geht zurück auf den japanischen Chemiker Kikunae Ikeda, der aufgrund eigener Geschmackserlebnisse neben den vier Empfindungsvermögen für Ausprägungen des Süßen, Sauren, Salzigen und Bitteren einer Speise noch eine fünfte Grundqualität des Geschmacks vermutete. 1909 schlug er „Umami“ als Benennung für diese vor, nachdem er als deren wesentlichen Geschmacksträger Glutaminsäure identifiziert hatte, im Extrakt von Kombu, einer aus japanischem Blatttang (Laminaria japonica) hergestellten Komponente des traditionellen Dashi.[20]

Noch im gleichen Jahr begannen Ikeda und ein Geschäftspartner mit der industriellen Produktion von Mononatrium-L-glutamat, gewonnen aus dem Hydrolysat von Weizenproteinen. Das Gluten wurde hierfür unter Einwirkung von Salzsäure hydrolysiert und in seine Aminosäuren aufgespalten, zu über einem Drittel Glutamin und Glutaminsäure. Das kristallisierte Salz der Glutaminsäure brachten sie als streufähiges Würzmittel auf den Markt unter dem Handelsnamen „Aji-no-moto“ (味の素 ‚Essenz des Geschmacks‘). Es fand im ostasiatischen Raum wachsenden Zuspruch, ähnlich wie zuvor „Maggi“ in Mitteleuropa; aus dem Unternehmen ging im Verlauf ein Konzern hervor, der seit 1946 Ajinomoto heißt und heute weltweit agiert.[16]

Einzelnachweise

  1. Stefan Silbernagl, Agamemnon Despopoulos: Taschenatlas Physiologie. 8. Auflage. Thieme, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-567708-8, S. 360 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Q. Chen, S. Alarcon, A. Tharp, O. Ahmed, N. Estrella, T. Greene, J. Rucker, P. Breslin: Perceptual variation in umami taste and polymorphisms in TAS1R taste receptor genes. In: American Journal of Clinical Nutrition. Band 90, Nr. 3, September 2009, S. 770–779; doi:10.3945/ajcn.2009.27462N, PMC 3136006 (freier Volltext).
  3. F. Laugerette u. a.: CD36 involvement in orosensory detection of dietary lipids, spontaneous fat preference, and digestive secretions. In: J Clin Invest. 115, Nr. 11, 2005, S. 3177–3184, ISSN 0021-9738 PMC 1265871 (freier Volltext).
  4. a b S. Shadan: A taste of umami. In: Nature. (News & Views) 457, 2009, S. 160.
  5. K. Yasumatsu, T. Manabe, R. Yoshida, K. Iwatsuki, H. Uneyama, I. Takahashi, Y. Ninomiya: Involvement of multiple taste receptors in umami taste: analysis of gustatory nerve responses in metabotropic glutamate receptor 4 knockout mice. In: Journal of Physiology. Band 593, Nr. 4, Februar 2015, S. 1021–1034; doi:10.1113/jphysiol.2014.284703, PMC 4398535 (freier Volltext).
  6. X. Li u. a.: Human receptors for sweet and umami taste. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 99(7), 2002, S. 4692–4696. PMID 11917125 (PDF)
  7. M. Zhao, X. Q. Xu, X. Y. Meng, B. Liu: The Heptahelical Domain of the Sweet Taste Receptor T1R2 Is a New Allosteric Binding Site for the Sweet Taste Modulator Amiloride That Modulates Sweet Taste in a Species-Dependent Manner. In: Journal of molecular neuroscience : MN. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] August 2018, doi:10.1007/s12031-018-1156-5, PMID 30120716.
  8. H. Xu, L. Staszewski, H. Tang, E. Adler, M. Zoller, X. Li: Different functional roles of T1R subunits in the heteromeric taste receptors. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 101, Nummer 39, September 2004, S. 14258–14263, doi:10.1073/pnas.0404384101, PMID 15353592, PMC 521102 (freier Volltext).
  9. F. Zhang, B. Klebansky, R. M. Fine, H. Xu, A. Pronin, H. Liu, C. Tachdjian, X. Li: Molecular mechanism for the umami taste synergism. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 105, Nummer 52, Dezember 2008, S. 20930–20934, doi:10.1073/pnas.0810174106, PMID 19104071, PMC 2606899 (freier Volltext).
  10. (Österreichisches) Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.): Entwicklung im Bereich von Zusatzstoffen, Aromen und Enzymen. Teil 2, März 2016, S. 8f und S. 14f; pdf
  11. S. Yamaguchi, K. Ninomiya: Umami and Food Palatability. In: Journal of Nutrition. 130, 2000, S. 921S-126S. PMID 10736353 (PDF)
  12. Thomas Vilgis: Kochuniversität – Geschmack. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2010, S. 75 f.
  13. C. Agostoni, B. Carratù, C. Boniglia, E. Riva, E. Sanzini: Free amino acid content in standard infant formulas: comparison with human milk. In: J Am Coll Nutr. Band 19(4), 2000, S. 434–438. PMID 10963461.
  14. Ian Humphery-Smith, Michael Häcker: Microbial proteomics: functional biology of whole organisms. Band 49, John Wiley and Sons, 2006, ISBN 0-471-69975-6, S. 138.
  15. Eva Derndorfer: Lebensmittelsensorik. Facultas Verlag, 2010, ISBN 978-3-7089-0588-4, S. 33.
  16. a b Chiaki Sano: History of glutamate production American Society for Nutrition. Report der American Society for Nutrition.
  17. laut Website des Börsendienstes Ariva.de
  18. Hans-Dieter Belitz, Werner Grosch, Peter Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. Gabler Wissenschaftsverlage, 2001, ISBN 3-540-41096-1, S. 423.
  19. Michael Frühlingsdort: Kochen mit der Schere. In: Der Spiegel. 13. Oktober 2009.
  20. K. Ikeda: New seasonings. (japan.) In: Journal of the Chemical Society of Tokyo. Band 30, 1909, S. 820–836. Englische teilweise Übersetzung in Chemical Senses. Band 27, Nr. 9, November 2002, S. 847–849; doi:10.1093/chemse/27.9.847, (PMID 12438213).