„Chromatin“ – Versionsunterschied

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Einleitung: Chromonema
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== Zeittafel wichtiger Entdeckungen ==
== Zeittafel wichtiger Entdeckungen ==
[[Datei:Chromatin study history.png|alternativtext=Zeitlicher Ablauf von Erforschung des Chromatins|zentriert|rahmenlos|800x800px|Zeitlicher Ablauf von Erforschung des Chromatins]]
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* 1842 [[Chromosom]] (Struktur) ([[Carl Wilhelm von Nägeli]])
* 1842 [[Chromosom]] (Struktur) ([[Carl Wilhelm von Nägeli]])
* 1874 [[Nukleinsäure]] ([[Friedrich Miescher]])
* 1874 [[Nukleinsäure]] ([[Friedrich Miescher]])
* 1878 Chromatin ([[Walther Flemming]])
* 1879 prägt [[Walther Flemming]] den Begriff Chromatin.
*1883 [[August Weismann]] verbindet Chromatin mit der Vererbung.
* 1884 [[Histon]]e ([[Albrecht Kossel]])
* 1884 [[Albrecht Kossel]] entdeckt [[Histon|Histone]].
* 1888 [[Chromosom]] (Begriff) ([[Heinrich Wilhelm Waldeyer|Wilhelm Waldeyer]])
*1888 [[Walter Sutton|Sutton]] und [[Theodor Boveri (Biologe)|Boveri]] schlagen die Theorie der Kontinuität von Chromatin während des Zellzyklus vor.<ref>{{Literatur |Autor=L.A.-C.P. Martins |Titel=Did Sutton and Boveri propose the so-called Sutton-Boveri chromosome hypothesis? |Sammelwerk=Genetics and Molecular Biology |Band=22 |Nummer=2 |Datum=1999-6 |ISSN=1415-4757 |DOI=10.1590/S1415-47571999000200022 |Seiten=261–272 |Online=http://www.scielo.br/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S1415-47571999000200022&lng=en&tlng=en |Abruf=2019-07-22}}</ref>
* 1888 [[Heinrich Wilhelm Waldeyer|Wilhelm Waldeyer]] prägt den Begriff [[Chromosom]]
* 1910 Chromosomen sind die Träger der Gene ([[Thomas Hunt Morgan]])
* 1910 Chromosomen sind die Träger der Gene ([[Thomas Hunt Morgan]])
*1928 [[Emil Heitz (Botaniker)|Emil Heitz]] prägt den Begriff [[Heterochromatin]] und [[Euchromatin]].
*1942 [[Conrad Hal Waddington|Conrad Waddington]] postuliert die [[Epigenetik|epigenetischen Landschaften]].
* ca. 1945 Basenpaarung von [[Adenin]] und [[Thymin]] sowie [[Cytosin]] und [[Guanin]] postuliert ([[Erwin Chargaff]], [[Chargaff-Regeln]])
* ca. 1945 Basenpaarung von [[Adenin]] und [[Thymin]] sowie [[Cytosin]] und [[Guanin]] postuliert ([[Erwin Chargaff]], [[Chargaff-Regeln]])
*1948 Rollin Hotchkiss entdeckt DNA-Methylierung<ref>{{Literatur |Autor=Haoyang Lu, Xinzhou Liu, Yulin Deng, Hong Qing |Titel=DNA methylation, a hand behind neurodegenerative diseases |Sammelwerk=Frontiers in Aging Neuroscience |Band=5 |Datum=2013 |ISSN=1663-4365 |DOI=10.3389/fnagi.2013.00085 |PMC=PMC3851782 |PMID=24367332 |Online=http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fnagi.2013.00085/abstract |Abruf=2019-07-22}}</ref>
* 1953 DNA-Struktur ([[James Watson]], [[Francis Crick]], [[Maurice Wilkins]], [[Rosalind Franklin]])
* 1953 Die DNA Struktur wird aufgeklärt von [[James Watson]], [[Francis Crick]], [[Maurice Wilkins]], [[Rosalind Franklin]]<ref>{{Internetquelle |url=https://profiles.nlm.nih.gov/SC/Views/Exhibit/narrative/doublehelix.html |titel=The Francis Crick Papers: The Discovery of the Double Helix, 1951-1953 |abruf=2019-07-22}}</ref>
* 1961 Aufklärung der genetischen Struktur ([[Marshall Warren Nirenberg]], [[Heinrich Matthaei]])
* 1961 Aufklärung der genetischen Struktur ([[Marshall Warren Nirenberg]], [[Heinrich Matthaei]])
*1961 [[Mary Frances Lyon|Mary Lyon]] postuliert das Prinzip der [[X-Inaktivierung]].
* 1966 [[Epigenetik|Histon-Modifikationen]]/-Acetylierung ([[Vincent Allfrey]])
* 1966 [[Epigenetik|Histon-Modifikationen]]/-Acetylierung ([[Vincent Allfrey]])
*1973/1974 Chromatinfasern werden entdeckt
* 1973–75 Vom nu-Body zum [[Nukleosom]] ([[Ada Olins]], [[Donald Olins]], [[Roger Kornberg]])
* 1973–75 Vom nu-Body zum [[Nukleosom]] ([[Ada Olins]], [[Donald Olins]], [[Roger Kornberg]])
* 1975 Nukleosomen-Überstruktur/[[Solenoid]] ([[John T. Finch]] und [[Aaron Klug]])
* 1975 Nukleosomen-Überstruktur/[[Solenoid]] ([[John T. Finch]] und [[Aaron Klug]])
*1975 [[Pierre Chambon]] prägt den Begriff der [[Nukleosom|Nukleosomen]].
*1976 Chromatinfäden werden entdeckt<ref>{{Literatur |Autor=Ute Deichmann |Titel=Epigenetics: The origins and evolution of a fashionable topic |Sammelwerk=Developmental Biology |Band=416 |Nummer=1 |Datum=2016-8 |DOI=10.1016/j.ydbio.2016.06.005 |Seiten=249–254 |Online=https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0012160616302974 |Abruf=2019-07-22}}</ref>
*1982 [[Chromosomenterritorium|Chromosomenterritorien]] werden entdeckt<ref>{{Literatur |Autor=T. Cremer, M. Cremer |Titel=Chromosome Territories |Sammelwerk=Cold Spring Harbor Perspectives in Biology |Band=2 |Nummer=3 |Datum=2010-03-01 |ISSN=1943-0264 |DOI=10.1101/cshperspect.a003889 |PMC=PMC2829961 |PMID=20300217 |Seiten=a003889–a003889 |Online=http://cshperspectives.cshlp.org/lookup/doi/10.1101/cshperspect.a003889 |Abruf=2019-07-22}}</ref>
*1984 John T. Lis entwickelt die [[Chromatin-Immunpräzipitation|Chromatin-Immunpräzipitationstechnik]].<ref>{{Literatur |Autor=D. S. Gilmour, J. T. Lis |Titel=Detecting protein-DNA interactions in vivo: distribution of RNA polymerase on specific bacterial genes. |Sammelwerk=Proceedings of the National Academy of Sciences |Band=81 |Nummer=14 |Datum=1984-07-01 |ISSN=0027-8424 |DOI=10.1073/pnas.81.14.4275 |PMC=PMC345570 |PMID=6379641 |Seiten=4275–4279 |Online=http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.81.14.4275 |Abruf=2019-07-22}}</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 22. Juli 2019, 20:49 Uhr

Chromatin (DAPI-Färbung, blau) in einem Mauszellkern. Links mit einem Konfokalmikroskop aufgenommen, rechts mit der verbesserten Auflösung eines 3D-SIM-Mikroskops. Daneben sind Kernporen (anti-NPC, rot) und die Lamina unter der Kernhülle dargestellt (anti-Lamin B, grün). In den Detailvergrößerungen rechts unten lässt sich erkennen, dass unter den Kernporen jeweils ein chromatinfreier Raum besteht. Der Maßstab entspricht 5 µm (oben) und 1 µm (unten).
Übergeordnet
Chromosom
Untergeordnet
Euchromatin
Heterochromatin
zytoplasm./nukl. Chromatin
aktives/ruhendes Chromatin
Gene Ontology
QuickGO

Chromatin ist das Material, aus dem die Chromosomen bestehen. Es handelt sich um einen Komplex aus DNA und speziellen Proteinen, von denen wiederum etwa die Hälfte Histone sind. Der Name kommt von griech. chroma (Farbe), weil sich Chromatin mit basischen Kernfarbstoffen anfärben lässt. Im Lichtmikroskop erscheint es als sichtbares Fadengerüst im Zellkern einer eukaryotischen Zelle. Im funktionalen Sinn gilt alles, was sich während der Teilung des Zellkerns (Mitose oder Meiose) in den Chromosomen wiederfindet, als Chromatin – ausgenommen einige Strukturproteine. Chromatin ist neben den Nucleoli, der Kern-Grundsubstanz und der Kernhülle eine wichtige Strukturkomponente des Zellkerns (Nucleus).[1]

Chromatin besteht aus der DNA, die um die Histone gewickelt ist, sowie aus weiteren Proteinen, die sich an die DNA anlagern. DNA und Histone bilden die Nucleosomen, die kettenförmig aneinandergereiht sind. Die Nucleosomen werden mit Hilfe der Nichthiston-Proteine dichter gepackt. Chromatin ist somit das Produkt von Interaktionen der eukaryotischen DNA mit unterschiedlichen DNA-Bindeproteinen, die einen kompakten filamentösen Komplex bilden, den sogenannten Desoxyribonucleoprotein-Komplex, man spricht auch von Chromatinfasern oder Chromatinfäden (englisch: chromatin fibers). Durch die Komplexbildung werden die langen chromosomalen DNA-Stränge in ihrer Länge um das rund 10.000- bis 50.000-fache verkürzt (kondensiert), so dass sie in den Zellkern passen. Trotz der dichten Packung der DNA liegen die Chromosomen weiterhin in einer Form vor, die regulatorischen Proteinen Zugang zur DNA erlaubt, so dass die Biosynthese von RNA und Proteinen aus den genetischen Informationen (Genexpression) bzw. die Duplikation der chromosomalen DNA (Replikation) möglich ist.[2]

Während der Mitose und Meiose kondensieren die Chromosomen, so dass sie im Lichtmikroskop erkennbar werden. Die kleinsten lichtmikroskopisch sichtbaren Chromatinstrukturen nennt man Chromonema.

Das Verständnis der Chromatinstruktur und ihres Beitrags zu Regulation der Gene ist Inhalt der Epigenetik.

Chromatinstrukturen machen Stäbchen bei nachtaktiven Säugetieren empfindlicher, da sie die Lichtausbreitung beeinflussen. Bei Nicht-Säugern ist das Phänomen noch nicht untersucht worden (Stand 2010).[3]

Chromatin-Typen

Es werden zwei Typen von Chromatin unterschieden:

  • Euchromatin, dessen DNA aktiv ist, d. h., zu Proteinen exprimiert werden kann. Die euchromatischen Abschnitte des Chromosoms weisen keine Unterschiede in ihrer Struktur auf, gleichgültig, in welchem Kondensationsgrad sich ein Chromosom befindet.
  • Heterochromatin, das hauptsächlich aus inaktiver DNA besteht. Es scheint strukturelle Funktionen in den verschiedenen Kondensationsstufen auszuüben. Die heterochromatischen Abschnitte des Chromosoms weisen in der Interphase den gleichen Kondensationsgrad auf wie in der Metaphase, d. h., es bleibt auch im Interphasekern kondensiert und tritt in Form dichter Chromozentren in Erscheinung. Heterochromatin kann in zwei Untertypen unterteilt werden:
    • Konstitutives Heterochromatin, das nie exprimiert wird. Es findet sich im Bereich des Centromers und besteht gewöhnlich aus repetitiven (sich wiederholenden) DNA-Sequenzen.
    • Fakultatives Heterochromatin, das manchmal exprimiert wird.

Eine weitere begriffliche Abgrenzung kann somit auch nach den Kernteilungsphasen getroffen werden: Hierbei ist das Interphasechromatin gegenüber dem Metaphasechromatin mit seinen sehr kompakten Chromosomen stark aufgelockert.

Prokaryonten haben im Gegensatz zu Eukaryonten eine ringförmige DNA-Struktur. Die Eukaryonten haben Chromosomen, die die Struktur der DNA bilden.

Zeittafel wichtiger Entdeckungen

Zeitlicher Ablauf von Erforschung des Chromatins
Zeitlicher Ablauf von Erforschung des Chromatins


Literatur

Evolution:

  • R. Ammar, D. Torti u. a.: Chromatin is an ancient innovation conserved between Archaea and Eukarya. In: eLife. 1, 2012, S. e00078–e00078, doi:10.7554/eLife.00078.

Histon-Modifikationen:

  • V. G. Allfrey: Structural modifications of histones and their possible role in the regulation of ribonucleic acid synthesis. In: Proceedings. Canadian Cancer Conference. Band 6, 1966, S. 313–335, PMID 5934780.
  • B. G. Pogo, A. O. Pogo, V. G. Allfrey, A. E. Mirsky: Changing patterns of histone acetylation and RNA synthesis in regeneration of the liver. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 59, Nr. 4, 1968, S. 1337–1344, PMC 224872 (freier Volltext).

Nukleosomen:

  • A. L. Olins, D. E. Olins: Spheroid chromatin units (v bodies). In: Science. Band 183, Nr. 4122, 1974, S. 330–332, PMID 4128918.

Solenoid-Modell:

Einzelnachweise

  1. Hans Kleinig und Peter Sitte: Zellbiologie. Ein Lehrbuch. 3. Auflage, S. 176, Gustav Fischer Verlag (1992).
  2. The Chromatin Database: Chromatin and chromosome structure (Zugriff am 12. Juni 2009).
  3. schattenblick.de: Nachtsehen - Wenn jedes Lichtquant zählt. 17. April 2009.
  4. L.A.-C.P. Martins: Did Sutton and Boveri propose the so-called Sutton-Boveri chromosome hypothesis? In: Genetics and Molecular Biology. Band 22, Nr. 2, 1999-6, ISSN 1415-4757, S. 261–272, doi:10.1590/S1415-47571999000200022 (scielo.br [abgerufen am 22. Juli 2019]).
  5. Haoyang Lu, Xinzhou Liu, Yulin Deng, Hong Qing: DNA methylation, a hand behind neurodegenerative diseases. In: Frontiers in Aging Neuroscience. Band 5, 2013, ISSN 1663-4365, doi:10.3389/fnagi.2013.00085, PMID 24367332, PMC 3851782 (freier Volltext) – (frontiersin.org [abgerufen am 22. Juli 2019]).
  6. The Francis Crick Papers: The Discovery of the Double Helix, 1951-1953. Abgerufen am 22. Juli 2019.
  7. Ute Deichmann: Epigenetics: The origins and evolution of a fashionable topic. In: Developmental Biology. Band 416, Nr. 1, 2016-8, S. 249–254, doi:10.1016/j.ydbio.2016.06.005 (elsevier.com [abgerufen am 22. Juli 2019]).
  8. T. Cremer, M. Cremer: Chromosome Territories. In: Cold Spring Harbor Perspectives in Biology. Band 2, Nr. 3, 1. März 2010, ISSN 1943-0264, S. a003889–a003889, doi:10.1101/cshperspect.a003889, PMID 20300217, PMC 2829961 (freier Volltext) – (cshlp.org [abgerufen am 22. Juli 2019]).
  9. D. S. Gilmour, J. T. Lis: Detecting protein-DNA interactions in vivo: distribution of RNA polymerase on specific bacterial genes. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 81, Nr. 14, 1. Juli 1984, ISSN 0027-8424, S. 4275–4279, doi:10.1073/pnas.81.14.4275, PMID 6379641, PMC 345570 (freier Volltext) – (pnas.org [abgerufen am 22. Juli 2019]).
Wiktionary: Chromatin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen