Better Cotton

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Textlogo Better Cotton

Better Cotton (BC, bis 2021 Better Cotton Initiative, dt. etwa Initiative für bessere Baumwolle) ist eine Multi-Stakeholder-Initiative mit dem Ziel, nachhaltigeren Anbau von Baumwolle zu fördern. Die Organisation mit Sitzen in Genf und London[1] trägt den freiwilligen Nachhaltigkeitsstandard Better Cotton mit einem Anteil von etwa 20 % an der Weltproduktion.

Anders als Label wie Fair Trade, UTZ Certified oder dem Bio-Siegel zertifiziert BC keine Endprodukte. Nach Selbstdarstellung zielt sie darauf ab, die weltweite Baumwollproduktion insgesamt nachhaltiger zu machen, indem einerseits Baumwollfarmer in nachhaltiger Bewirtschaftung trainiert werden und gleichzeitig durch die baumwollverwertenden Mitglieder der Initiative Druck auf die Lieferkette ausgeübt wird, Baumwolle aus nachhaltiger Produktion zu verarbeiten.[2] BC ist Mitglied der ISEAL Alliance.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemaliges Logo

Die Gründung erfolgte 2005 von einer Reihe an Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Gründungsmitglieder aus der Industrie waren adidas, Gap (inzwischen ausgeschieden), H&M und IKEA sowie die Nichtregierungsorganisationen ICCO, IFAP, IFC, Organic Exchange, Oxfam (inzwischen ausgeschieden), das Pesticide Action Network UK und der WWF. 2009 wurde der neu erarbeitete Standard erstmals angewandt.[4] Seitdem sind neben weiteren Unternehmen und NGOs diverse Produzenten, Handelshäuser und Verarbeiter der Initiative beigetreten.[5]

Arbeitsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Arbeit von Better Cotton findet auf sechs Ebenen statt:[6]

  1. Definition von Produktionsstandards für "Better Cotton"
  2. Unterstützung von Baumwollfarmern bei der Umsetzung
  3. Regelmäßige Prüfung und Bewertung von landwirtschaftlichen Betrieben
  4. Aufbau von Lieferketten für "Better Cotton"
  5. Überwachung, Evaluation und Weiterentwicklung
  6. Bereitstellung von Foren zur Weitergabe von Wissen und Best practices

Anforderungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nachhaltigkeitsstandard konzentriert sich auf die Bereiche Pestizideinsatz, Wasserverbrauch, Bodenschutz, Produktqualität und Soziales.[7] Ähnlich wie bei UTZ Certified setzt die Zertifizierung von Produkten als Better Cotton nicht voraus, dass alle Kriterien erfüllt sind, sondern neben der Sicherstellung bestimmter Mindeststandards lediglich kontinuierliche Verbesserung. Mindestabnahmepreise wie beim fairen Handel gibt es nicht.

Mehrere andere Gütesiegel für den Baumwollanbau werden von BC gleichwertig anerkannt:

Standard Land/Region Zeitraum
my Best Management Practice (myBMP) Australien seit 2014[8]
Algodão Brasileiro Responsável (ABR) Brasilien seit 2014[9]
Agro-2 Griechenland seit 2020[10]
Israel Cotton Production Standard System (ICPSS) Israel seit 2020[11]
Cotton made in Africa (CmiA) Subsahara-Afrika 2013–2022[12]

Auswirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach vorläufigen Feststellungen der Initiative verbrauchten die zertifizierten Farmer in Indien in der Saison 2011–2012 im Schnitt 20 % weniger Wasser pro Hektar und 40 % weniger Pestizide, während die Ernte gleichzeitig um 20 % und die Rentabilität um 50 % höher lag als bei Vergleichsfarmern.[13]

Marktanteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Jahren 2021/22 wurden 5.411 Kilotonnen Baumwolle nach dem BC-Standard oder einem anerkannten Vergleichsstandard produziert. Das entsprach etwa 21,5 % der Weltproduktion. Davon wurden 2.356 kt (ca. 43,5 %) mit dem BC-Standard ausgezeichnet, der Rest nach den als gleichwertig anerkannten Nachhaltigkeitsstandards Algodão Brasileiro Responsável (1.978 kt), Cotton made in Africa (631 kt), myBMP (382 kt), Agro-2 (52 kt) und ICPSS (5 kt).[14]

Unethisches Handeln und Greenwashing[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut der französischen Dokumentation Coton: l’envers de nos tee-shirts der Magazinreihe „Cash Investigation“ des Fernsehsenders France 2 aus dem Jahr 2017 (deutscher Titel: „Schmutzige Baumwolle – Sklaven der Textilindustrie“, 2019[15]) sei BC effektiv nur ein Greenwashing-Label, das dazu führen könne, dass weniger rein biologische Baumwolle angebaut werde. Bauern, die vorher rein biologische Baumwolle ohne Zusatzstoffe und Pestizide und v. a. ohne genetisch manipulierte Samen anbauten, könnten dank der BC-Vergaberichtlinien jetzt die komplette Bandbreite an Pestiziden und gentechnisch veränderter Pflanzen verwenden. Ebenso werde nicht auf die Herkunft, sprich Ernte, und Verarbeitung Rücksicht genommen. Effektiv werde damit Kinder- und Zwangsarbeit in Kauf genommen, während die BCI-zertifizierten Produkte aber als „grüne“, sprich „saubere“ Baumwolle verkauft werden.[16]

Die britische Nichtregierungsorganisation Earthsight veröffentlichte 2024 Recherchen zum Baumwollanbau in den brasilianischen Cerrados. Die Agrarunternehmen SLC Agrícola und Grupo Horita betrieben dort Landgrabbing und zerstörten das Ökosystem in großem Stil. Die untersuchten Farmen seien aber alle BC-zertifiziert. In Brasilien, wo der Anbauverband ABRAPA das Siegel ABR vergebe, würden sich die Produzenten quasi selbst auszeichnen. Zudem seien die Standards von BC aber auch nicht ausreichend und würden nicht überprüfen, ob sich Unternehmen an lokale Gesetze zum Umwelt- und Landrechtsschutz halte. Earthsight warf BC daher Greenwashing vor bezeichnete das Zertifizierungsystem als „zutiefst fehlerhaft“. Die Handelsketten Inditex und H&M räumten daraufhin ihr Versagen ein.[17][18]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. https://bettercotton.org/about-bci/contact/
  2. Joe Confino: Can the Better Cotton Initiative transform the global textile industry? Englisch. Online auf Guardian.co.uk vom 9. Dezember 2011.
  3. panda.org: WWF - Better Cotton Initiative (Memento vom 14. Mai 2013 im Internet Archive)
  4. BCI History. In: bettercotton.org. Abgerufen am 16. November 2020 (englisch).
  5. Membership. In: bettercotton.org. Abgerufen am 10. April 2022 (englisch).
  6. bettercotton.org: The Better Cotton System (Memento vom 7. Mai 2013 im Internet Archive)
  7. Better Cotton Initiative - Production Principles and Criteria 2.0 (Memento vom 12. Juni 2013 im Internet Archive) (PDF; 528 kB)
  8. Better Cotton in Australia (myBMP). In: bettercotton.org. Abgerufen am 15. April 2022 (englisch).
  9. Better Cotton in Brazil (ABR). In: bettercotton.org. Abgerufen am 15. April 2022 (englisch).
  10. Better Cotton in Greece (Agro-2). In: bettercotton.org. Abgerufen am 15. April 2022 (englisch).
  11. Better Cotton in Israel. In: bettercotton.org. Abgerufen am 15. April 2022 (englisch).
  12. Aid by Trade Foundation und Better Cotton richten strategische Zusammenarbeit für 2023 neu aus. In: cottonmadeinafrica.org. 27. Januar 2022, abgerufen am 11. April 2022.
  13. bettercotton.org: Annual Report 2011 (Memento vom 7. Juni 2013 im Internet Archive; PDF; 4,62 MB)
  14. Textile Exchange (Hrsg.): Materials Market Report 2023. 1. Dezember 2023, S. 14–15 (englisch, textileexchange.org [PDF]).
  15. Schmutzige Baumwolle – Sklaven der Textilindustrie. Abgerufen am 17. Oktober 2019.
  16. French Documentary Team Exposes the Dirty Truth About Overseas Cotton. Abgerufen am 31. August 2019 (englisch).
  17. Maria Cristina Pavarini: The Brands: Why Earthsight NGO accuses H&M and Zara to use “dirty” cotton. In: The Spin Off. 12. April 2024, abgerufen am 14. April 2024 (englisch).
  18. Fashion Crimes. In: earthsight.org.uk. 11. April 2024, abgerufen am 14. April 2024 (englisch).