Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945

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Luftbild 1945 von Osten

Die unterfränkische Stadt Würzburg gehörte zu den Städten im Deutschen Reich, die noch in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs bombardiert wurden. Dem schwersten Angriff am Abend des 16. März 1945, ausgeführt durch die britische Royal Air Force, fielen etwa 5000 Menschen zum Opfer; die historische Altstadt wurde zu 90 % zerstört.

Vorgeschichte

Mit der Casablanca-Direktive vom 21. Januar 1943 wurde eine gemeinsame aufeinander abgestimmte Bomberoffensive britischer und US-amerikanischer Luftstreitkräfte beschlossen. Dabei übernahm die 8. US-Luftflotte (USAAF) die systematische Zerstörung von Infrastruktur und strategischen Schlüsselindustrien, vor allem jedoch der Treibstoffherstellung und -versorgung in Deutschland durch Tagesangriffe. Das britische Bomber Command koordinierte Nachtangriffe auf Deutschland, da die Royal Air Force ihre Bomberverbände nicht durch Begleitjäger schützen konnte.

Der vom britischen Ministry of Economic Warfare (MEW) erstellte sogenannte Bomber-Baedeker klassifizierte Würzburg als Stadt von geringer Bedeutung für die deutsche Rüstungsindustrie. Dementsprechend wurden hier die Zielcodechiffren „GH 646“ für ein Eisenbahnzentrum geringer Wichtigkeit und „GH 5566“ für Transportanlagen verwendet.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Würzburg bombardiert werden würde, war angesichts dieser Einschätzung relativ gering, da sich Flächenbombardements nicht zur Ausschaltung von Verkehrs- und Transporteinrichtungen eigneten. Andererseits war der RAF durch die Area Bombing Directive bereits 1942 die negative Beeinflussung der Moral der Zivilbevölkerung mit Brandbomben vorgegeben worden („incendiary attacks“).[1]

Bis Ende 1944 waren die Großstädte Deutschlands schon weitgehend zerstört, den alliierten Bomberflotten gingen schlichtweg „die Ziele aus“. Von einer auf den 22. November 1944 datierten Liste von sogenannten Füllzielen für allgemeine Flächenangriffe wurden sieben Zielstädte gestrichen und zusammen mit drei weiteren Städten auf eine spezielle Liste für die von Churchill geforderten Flächenbombardements in Mittel- und Ostdeutschland gesetzt. Auf der allgemeinen Flächenangriffszielliste befanden sich damit nur noch sechs Städte. Das Combined Strategic Target Committee (Zielauswahlgremium) setzte daher elf neue Zielstädte auf eine neue Liste mit Datum vom 8. Februar 1945. Man orientierte sich dabei u. a. an einer älteren Liste vom 23. Januar 1945 für potentielle Flächenangriffsziele. Auf dieser Liste war zum ersten Mal der Name Würzburg aufgetaucht. Von dieser älteren Liste wurde Würzburg an 10. Stelle in die neu ergänzte Liste für filler targets vom 8. Februar 1945 aufgenommen. Der Stellvertreter von Arthur Harris, Luftmarschall Saundby, versah außerdem alle für Flächenbombardements geeigneten deutschen Städte mit einem sogenannten fishcode.[2] Würzburg erhielt als eine von 94 dafür ausgewählten Städten die Bezeichnung Bleak (Ukelei).

Städte ohne militärische Bedeutung wurden auf die Liste mit Zielen 1. und später 2. Ordnung für den Einsatz von Brandbomben gesetzt, wenn sie leicht zerstörbar und sehr feuergefährdet waren. Auf Grund von Brandplänen wurden mittelalterliche Stadtzentren bevorzugt.

Würzburg erhielt seinen ersten kleineren Bombenangriff im Februar 1942 (Nähe Südbahnhof), in der Nacht 24./25. Februar 1944 stürzte ein angeschossener Lancaster-Bomber in die Innenstadt,[3] am 21. Juli 1944 „verirrten“ sich acht amerikanische B17-Bomber nach Würzburg, im Jahr 1945 erfolgten gemäß alliierten Unterlagen weitere Luftangriffe am:

  • 4./5. Februar – RAF – zwei De Havilland Mosquito (Löwenbrücke und Grombühl)[4]
  • 5./6. Februar – RAF – sechs De Havilland Mosquito (Innenstadt)[5]
  • 12./13. Februar – RAF – vier De Havilland Mosquito (??)[6]
  • 19./20. Februar – RAF – drei o.m. De Havilland Mosquito (nur Innenstadt)[7]
  • 23. Februar – USAAF– 37 B17-Bomber (Hauptbahnhof und Bahnanlagen)[8]
  • 3./4. März – RAF – 42 De Havilland Mosquito (gesamtes Stadtgebiet)[9]
  • 22. März – USAAF – acht B24-Bomber (Bahnanlagen)

Bis März 1945 lebte die Bevölkerung Würzburgs noch weitgehend in der Illusion, von einem Großangriff verschont zu bleiben, da die Stadt einerseits viele Krankenhäuser, andererseits keine nennenswerte kriegswichtige Industrie hatte. Der Hauptbahnhof und das Bahngelände waren als Eisenbahnknotenpunkt am 23. Februar 1945 durch einen gezielten amerikanischen Bombenangriff erheblich beschädigt worden. Schließlich sollte Anfang April der Krieg für Würzburg durch Einmarsch von US-Infanterie zu Ende gehen.

Aber bereits nach dem dritten kleineren Angriff vom 5. Februar 1945 ließ Gauleiter Otto Hellmuth als Reichsverteidigungskommissar in der Mainfränkischen Zeitung, dem amtlichen Organ der NSDAP und der Staats- und Gemeindebehörden, eine deutliche Warnung im Stil einer von Ohnmacht geprägten NS-Propaganda verkünden: „Der hasserfüllte Feind ist hemmungslos in seinem Vernichtungswillen. Sein Luftterror macht weder Halt vor Frauen und Kindern noch vor alten Kulturstätten. Mehr denn je ist es unsere Pflicht, für den Ernstfall das Menschenmögliche vorzubereiten. Wir haben keinerlei Grund mehr anzunehmen, dass die Luftpiraten Würzburg verschonen.“ Die Schäden an allen über die Stadt verteilten Kirchen- und Klostereinrichtungen berichtete das Würzburger Diözesanblatt am 6. April 1945.[10]

Hauptangriff

Beim Bomber Command der RAF in High Wycombe – westlich von London – war inzwischen die Entscheidung gefallen, aufgrund der vorausgesagten günstigen Witterungsverhältnisse am 16. März 1945 das bis dahin noch relativ unzerstörte Würzburg als filler target für einen Flächenangriff auszuwählen. Die von vielen Fachwerkbauten bestimmte Bausubstanz und die räumliche Enge der Altstadt versprachen die Auslösung eines Feuersturms. Beauftragt mit diesem Angriff wurde die No. 5 Bomber Group, die auch beim schwersten Angriff auf Dresden am 13./14. Februar 1945 entscheidend beteiligt war. Das kleine Würzburg wurde zu einem noch höheren Anteil zerstört als Dresden.

Am 16. März 1945 starteten ab 17:00 Uhr ca. 500 Bomber des viermotorigen Typs Avro Lancaster der No. 1, No. 5 und No. 8 Bomber Group von ihren Flugplätzen zu einem Sammelpunkt westlich von London und formierten sich zum Flug auf die Angriffsziele Würzburg und Nürnberg. Der Bomberstrom bewegte sich zur Täuschung der deutschen Luftabwehr auf einer gewundenen Route über die Mündung der Somme, Reims und die Vogesen auf seine Ziele zu. Der Rhein wurde südlich von Rastatt überquert. Gegen 21:00 Uhr passierten die für Würzburg bestimmten 225 Lancaster-Bomber und 11 Mosquito der No. 5 Bomber Group den Raum Lauffen am Neckar und steuerten von Süden kommend ihr Ziel an.

In Würzburg wurde gegen 19:00 Uhr öffentliche Luftwarnung (Kleinalarm) und gegen 20:00 Uhr Voralarm ausgelöst. Aufgrund einer Meldung des Funk-Horchdienstes in Limburg an der Lahn an die Befehlsstelle des mainfränkischen Gauleiters wurde für die Würzburger Bevölkerung um 21:07 Uhr Vollalarm gegeben.

Mit dem Abwurf der ersten Markierungsbomben um 21:25 Uhr begann die erste Welle des Angriffes. Als Angriffszeit H (Hour) war für Würzburg 21:35 Uhr festgelegt worden. Die Zeit über dem Zielgebiet – d. h. über der gesamten Innenstadt – wurde mit H + 7 min. = 21:42 Uhr vorgegeben. Dem Angriffszeitpunkt H ging die Zielmarkierung voraus. Hierzu wurde das Stadtgebiet kurz vorher (H - 9 min.) = 21:26 Uhr durch die 627th Squadron aus zweimotorigen Mosquito-Bombern mit grünen Leuchtbomben markiert. Die Ausleuchtung dieses abgesteckten Zielgebietes erfolgte durch Leuchtbomben an kleinen Fallschirmen (flares), von der deutschen Bevölkerung auch als Christbäume bezeichnet. Als Markierungspunkt für die einfliegenden Bomber wurden die Sportplätze an der Mergentheimer Straße in Höhe des Judenbühlweges bestimmt. Dieser Punkt wurde um 21:28 Uhr mit roten Zielmarkierungsbomben kenntlich gemacht. Die Bombardierung erfolgte sodann mit Zeitverzögerung in Sektoren (sector bombing). Hierzu mussten die Bomber den roten Markierungspunkt überfliegen, eine speziell für jedes Flugzeug zugewiesene Flughöhe und Flugbahn einnehmen und ihre Bombenlast zeitversetzt auslösen. Das abgesteckte Zielgebiet wurde also fächerförmig überflogen, und die unterschiedlichen Bomben-Auslösezeiten bewirkten eine flächendeckende Wirkung. Überwacht wurde der detailliert geplante Ablauf vom sogenannten master bomber. (Bei einer Marschgeschwindigkeit von 350 km/h hat ein Bomber in weniger als einer Minute das gesamte Zielgebiet überflogen.)

Luftmine HC 4000 LB (1780 kg)
Eine Lancaster wirft 1945 während eines Tagangriffs zuerst eine 2 t-Luftmine (links) und dann gebündelt 2 kg-Stabbrandbomben (rechts) ab.
Britische Stabbrandbombe INC 4 LB (2 kg) und Überreste vom 16. März 1945

Der Bombenhagel traf Würzburg in den folgenden zwei Angriffswellen in der Zeit von 21:35 bis 21:42 Uhr. Zuerst wurden die meisten Dächer und Fenster in der Altstadt mit 256 schweren Sprengbomben und Luftminen (396 t) zerstört, um so die brandentfachende Wirkung der ca. 315.000 Stabbrandbomben (582 t) zu begünstigen. Innerhalb kurzer Zeit entstand aus vereinzelten Brandnestern ein einziger flächendeckender Brandherd, der sich zu einem Feuersturm mit Temperaturen von 1500 bis 2000 °C entwickelte. Die Menschen konnten nur in provisorisch vorbereiteten Kellerräumen (Schutzraum) Zuflucht suchen, befestigte Bunker gab es kaum. Um das Auffinden dieser Schutzräume und die Rettung von Verschütteten zu erleichtern, wurden die Schutzräume und deren Ausgänge mit Beschriftungen auf Hauswänden und Schildern markiert (z. B. SR/LSR für Schutzraum/Luftschutzraum, NA für Notausgang, KSR für Kein Schutzraum). Diese Markierungen finden sich heute noch vereinzelt im Stadtbild. Um während des Großbrandes nicht verschüttet zu werden oder zu ersticken, stürzten viele Menschen ins Freie und versuchten, das Mainufer oder den Stadtrand zu erreichen. Die Feuerwehren nahmen einen aussichtslosen Kampf gegen das Feuer auf und versuchten Wassergassen zu schaffen.

Beim Anflug auf Würzburg wurde eine Lancaster von einem deutschen Nachtjäger bei Aufstetten abgeschossen, fünf weitere gingen während oder nach dem Angriff verloren.[11] Aus den Trümmern der Stadt wurden in den Folgetagen etwa 3000 Tote geborgen, mit ca. 2000 unter Trümmern verschütteten Leichen von nicht angemeldeten Flüchtlingen wurde gerechnet.

Noch in einer Entfernung von 240 Kilometern konnten die abfliegenden Bomberbesatzungen den Feuerschein der brennenden Stadt erkennen. Gegen 2:00 Uhr morgens am 17. März 1945 kehrten die letzten Bomber zu ihren Stützpunkten zurück.

Der Abschlussbericht von No. 5 Bomber Group vom 10. April 1945 bemaß den Zerstörungsgrad der Innenstadt mit 89 (in der Altstadt blieben sechs Häuser an der Juliuspromenade und ein Haus in der Büttnergasse vermutlich durch Löschen oder Entfernen der eingeschlagenen Stabbrandbomben erhalten) und für die Randbezirke mit 68 Prozent. Überdurchschnittlich stark zerstört (85 Prozent) wurde auch der Stadtteil Heidingsfeld, da einige Bomberbesatzungen schon vor Erreichen der ersten Zielmarkierungen ihre Bomben auslösten. Der britische Abschlussbericht nennt sogar 1207 t Bomben. Unbetroffen von diesem Großangriff blieben der heutige Stadtteil Versbach und die Randgemeinde Veitshöchheim. Der durchschnittliche Zerstörungsgrad für Würzburg wurde mit 82 Prozent errechnet. 21.062 Wohnungen und 35 Kirchen in Würzburg waren zerstört. Zu den zerstörten Baudenkmälern gehörten unter anderem der Dom und Teile der Würzburger Residenz, darunter der Spiegelsaal (das Treppenhaus mit dem berühmten Fresko von Giovanni Battista Tiepolo blieb stehen; die für das 18. Jahrhundert kühne Deckenkonstruktion hielt sogar dem einstürzenden Dachstuhl stand). Die US-Besatzungstruppen sorgten nach Kriegsende sofort und vorbildlich für eine bauliche Sicherung einsturzgefährdeter Baudenkmäler. Es gab 2,7 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt; erst 1964 waren diese vollständig geräumt.

Fluchtwege durch den Feuersturm

Vom Zeitzeugen Hans Schwabacher gibt es eine Schilderung, wie er mit seinen beiden Geschwistern aus dem Keller seines Hauses in der Domerschulstraße 25 weder aus dem normalen Ausgang noch aus dem Notausgang des brennenden Hauses sich retten konnte. Erst nach Durchquerung der Keller von fünf weiteren benachbarten Häusern kam er in der Kettengasse auf die Straße. Dann floh er in den Hofgarten, passierte die Orangerie, tränkte die Kleider im Teich mit Wasser. Denn Funken flogen durch die Luft, Bäume brannten, und sie mussten durch die Büsche kriechen. Sie fanden im Hofgarten erst Schutz in einem Luftschutzraum 500 Meter hinter der Residenz und überlebten so das Inferno.[12]

Bergung der Bombenopfer

Die Einwohnerzahl Würzburgs betrug vor Kriegsbeginn ca. 108.000, Anfang 1945 werden sich dort – auch angesichts des nahen Kriegsendes (Versorgungslage, Militärdienst etc.) – noch ca. 75.000 bis 85.000 Menschen aufgehalten haben. Am Tag der Einnahme durch amerikanische Truppen (6. April) wurden 36.850 Stadtbewohner registriert, am Jahresende 1945 war die Einwohnerzahl wieder auf 53.000 gestiegen.

Die Bombenopfer wurden an der Stirnwand des linken Seitenschiffes im Würzburger Dom gelagert, bis sie in das Sammelgrab überführt werden konnten. An dieser Stelle im Dom befindet sich heute ein Andachtsraum zur Erinnerung an die Kriegsopfer.[13]

Wiederaufbau aus den Ruinen

Würzburg, Hofstraße 10: Hausinschrift zur Erinnerung an den Wiederaufbau nach Zerstörung 1945.

An zahlreichen Gebäuden erinnern Hinweise an den Wiederaufbau nach der Zerstörung vom 16. März 1945. An die Trümmerfrauen und Trümmermänner, die den Wiederaufbau Würzburgs erst wieder möglich machten, erinnern zwei Gedenkstätten, zum einen ein (historisch falscher) Bergbauwagen sowie – in dessen Sichtweite – eine Gedenktafel (mit der historisch korrekten Darstellung einer Kipplore, die in Würzburg zahlreich zur Trümmerräumung eingesetzt wurden) aus Buntsandstein zwischen Altem Kranen und Kranenkai. Die Trümmerfrauen und -männer halfen zuerst freiwillig, am 18. Dezember 1945 wurde ein allgemeiner Arbeitsdienst angeordnet, ab 8. März 1946 galt dann ein verpflichtender „Ehrendienst“, verpflichtend deshalb, weil eine Ausgabe von Lebensmittelmarken an die Teilnahme an diesen Räumeinsätzen gekoppelt war. Ab dem 2. April 1947 wurde die Räumung nach und nach von privaten Unternehmen übernommen. Insgesamt wurden zweieinhalb Millionen Kubikmeter Schutt auf Loren geladen und mit Mainkähnen abgefahren oder in Außenbezirken abgelagert.

Dokumentations- und Gedenkstätten

Würzburg, Grafeneckart: Hinweistafel zum Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945. Dokumentationsraum.
Kriegsgräberstätte Bombenopfer des Zweiten Weltkriegs Würzburg. Massengrab am Eingang zum Hauptfriedhof: Glocke zur Erinnerung.

Nahe der Alten Mainbrücke rechts beim Eingang zum Grafeneckart des Rathauses werden das Ausmaß der Zerstörung der Innenstadt und die Namen der identifizierten Toten in einer Dauerausstellung dokumentiert. Ausschnitte aus Zeitzeugenberichten auf Tafeln sollen nachfolgenden Generationen die Auswirkungen jenseits von statistischen Zahlen fassbar machen.

Links vor dem Haupteingang zum Hauptfriedhof Würzburg befindet sich das Massengrab für die ca. 3000 geborgenen Bombenopfer. Der Hauptfriedhof selber war durch die Bombardierung nicht mehr benutzbar (keine Friedhofswärter, aufgerissene Gräber, umgestürzte Grabsteine).[14] Am Rand des Ehrenmals ist die Nachbildung eines Sprengbombenbruchstücks, das zur Versöhnungsglocke von Würzburg aufbereitet wurde, zu sehen. In der Mitte des Massengrabgeländes wurde eine Denkmalplatte des Würzburger Bildhauers Fried Heuler in den Boden eingelassen, die symbolisch einen Mann, eine Frau und zwei Kinder überlebensgroß in Todesstarre zeigen. Das Massengrab säumen Gedenksteine an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie ein Obelisk für die Gefallenen von 1870/1871.

In der Marienkapelle am Marktplatz wird jeden Freitag zur Mittagszeit das Gebet von Coventry im Geiste der Versöhnung gesprochen wie im weltweiten Netz der Nagelkreuzzentren.

Alljährlich am 16. März erinnert Würzburg mit verschiedenen Aktionen an die Bombardierung und deren Opfer. Während der Zeit des Bombenangriffs (21:20 – 21:40 Uhr) läuten jedes Jahr sämtliche Kirchenglocken Würzburgs.[15]

Zum 60. Jahrestag des Luftangriffs führte die rechtsextremistische NPD in Würzburg eine Kundgebung unter dem Motto „Kein Vergessen – kein Vergeben“ durch. Ein breites Bündnis aus Parteien und Verbänden organisierte Gegendemonstrationen.

Zitate von Zeitzeugen

„… Unter den Toten ist jedes Alter und Geschlecht vertreten, vom Säugling bis zum Greis. Es gibt unversehrte, blutige, zerquetschte, staubige, schwarze und verbrannte. Auch Teile von Leibern sind dabei. …“

Zeitzeuge Würzburger Domkaplan Fritz Bauer[16]

„… Offenbar entwickelte sich eine so entsetzlich große Hitze mit Rauchentwicklung, dass sämtliche Insassen des Luftschutzkellers, nur Frauen und Kinder, schließlich erstickten und verschmorten. …“

Zeitzeuge Otto Stein[14]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. RAF: Sprengbomben für Industrieziele, Brandbomben für Städte
  2. Fishcode der RAF (Memento vom 25. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF; 299 kB)
  3. Roland Flade, Zukunft die aus Trümmern wuchs (1944–1960), S. 24 ff, Mainpost-Verlag 2009. - Auf dem Rückmarsch aus Schweinfurt stürzt ein RAF-Bomber mit kanadischen Besatzungsmitgliedern nach Abschuss auf die Grombühler Josefschule, Steinheilstraße. Alle Besatzungsmitglieder kamen in den Trümmern ums Leben („all KIA“). Gefrierendes Löschwasser am Josephsplatz.
  4. Flade S.49f: Test der brit. Navigationsgeräte, zwei Luftminenabwürfe, Löwenbrücke 20 Tote, Grombühl 10 Tote. - Eine dritte Maschine des 105. Squadrons (Typ B.XVI Bomber, Ser. Nummer MM151 (Memento vom 25. Februar 2012 im Internet Archive)) stürzte beim Anflug aufgrund techn. Probleme bereits in Belgien ab.
  5. u. a. Häfnergasse und Marienkapelle
  6. Es ist wahrscheinlich, daß dieser Angriff auf Würzburg wetter- oder abwehrbedingt nie stattgefunden hatte. - Die RAF-Einsatzplanung für Würzburg existierte, die Augenzeugen- und Schadensberichte aus Würzburg fehlen.
  7. Flade S.55: Luftminenabwürfe, u. a. Kürschnerhof, Neumünster und Dom, Juliusspital, Bürgerspital. 112 Tote
  8. Flade S.56: 250 Sprengbomben, 178 Tote
  9. Flade S.59: Luftminenabwürfe, 86 Tote
  10. Würzburger Diözesanblatt 3a, S. 19–26 (1945)
  11. Ein Bomberabschuss durch deutsche Nachtjäger 21.43 hrs; Hptm. Wilhelm Johnen (1) von Stab III./NJG6 und/oder Oblt. Erich Jung (2) von 5./NJG2.
  12. Roland Flade: Flucht durch den Feuersturm. In: Mainpost vom 14. März 2015, S. 33
  13. Das ist der neue Dom. Sonderbeilage in: Main Post vom 12. Dezember 2012.
  14. a b Roland Flade: Hoffnung, die aus Trümmern wuchs. 1945 bis 1948: Würzburgs dramatischste Jahre. Mainpost, Würzburg 2008, ISBN 3-925232-60-5 (mit vielen Zeitzeugenberichten), S. 78, Zeitzeuge Otto Stein: Samstag, 24. März 1945. Transport der Schwester zum Massengrab.
  15. Gisela Rauch: Sehr schlimme Erinnerungen. In: Main-Post. 18. März 2016, S. 11 (Am Dom versammeln sich etwa 500 Menschen zu schweigendem Gedenken).
  16. Roland Flade: Hoffnung, die aus Trümmern wuchs. 1945 bis 1948: Würzburgs dramatischste Jahre. Mainpost, Würzburg 2008, ISBN 3-925232-60-5 (mit vielen Zeitzeugenberichten), S. 76 Zeitzeuge Domkaplan Fritz Bauer: Donnerstag, 22. März 1945. Drei oder vier Schichten von Toten übereinander.

Literatur

  • Hans Oppelt: Würzburger Chronik des denkwürdigen Jahres 1945. Würzburg 1947
  • Christoph Daxelmüller (Hrsg.): „…froh, dass der Scheißkrieg vorbei war!“ Alltag in Würzburg nach 1945. Würzburg 2009
  • Max Domarus: Der Untergang des alten Würzburg. Würzburg 1950
  • Heinrich Dunkhase: Würzburg, 16. März 1945, 21.25 Uhr – 21.42 Uhr. Hintergründe, Verlauf und Folgen des Luftangriffs der No. 5 Bomber Group, in: Mainfränkische Jahrbücher 32. 1980
  • Ursula R. Moessner: Neue Erkenntnisse zum Luftkrieg der Alliierten 1944/45, in: Mainfränkische Jahrbücher 46. 1994
  • Herbert Schott: Heimatkrieg. Das Gebiet zwischen Margetshöchheim und Gelchsheim im Luftkrieg, in: Mainfränkische Jahrbücher 44. 1992
  • Heinz Otremba (Hrsg.): Würzburg 1945. Würzburg 1995
  • Leo Weismantel: Totenklage über eine Stadt. Würzburg 1985
  • Dieter W. Rockenmaier: Als Feuer vom Himmel fiel. Würzburg 1995
  • Klaus M. Höynck, Eberhard Schellenberger (Hrsg.): 16. März 1945. Erinnerungen an Würzburgs Schicksalstag und das Ende des Krieges. Echter Verlag, Würzburg 2005.
  • Roland Flade: Hoffnung, die aus Trümmern wuchs. 1945 bis 1948: Würzburgs dramatischste Jahre. Mainpost, Würzburg 2008, ISBN 3-925232-60-5 (mit vielen Zeitzeugenberichten).
  • Sonderbeilage der Mainpost/Schweinfurter Tagblatt vom 16. März 1985 (Fotos der Ruinenlandschaft und viele erschütternde Zeitzeugenberichte)
  • Stadt Würzburg (Hrsg.): Würzburg. Durch Schutt und Asche hinaus in die Zeit. 16. März 1945. Schicksalstag einer Stadt. Ca. 2004.(Begleit-Faltblatt zur Dauerausstellung im Grafeneckart, Strategie des Sir Arthur Travers Harris, „Bomber-Harris“, Brandbomben, Würzburg brennt lichterloh, „Nie wieder Krieg“)
  • Ökumenische Nagelkreuzinitiative Würzburg: Ökumenisches Gebet für Frieden und Versöhnung. Coventry-Würzburg. Ca. 2007.
  • Felix Hüttel & Johannes Schnös: Krieg und andere Kleinigkeiten: Otmar Scheuring 1929-heute. Würzburg 2011

Filmdokumentationen

  • N-TV vom 14. Juli 2007, 20:10–21:00: Bomben gegen Deutschland – Reportage („7“ Original RAF-Aufnahmen,„8“ Dokumente und Überlegungen, die zur Auswahl von Würzburg führten)
  • (In einem US-Archiv entdeckte Farbaufnahmen vom zerstörten Würzburg)
  • BR vom 15. März 2010, 22:30–23:15: Würzburg, 16. März 1945, Doku. Produktion des Bayrischen Rundfunks 2005. (Zeitzeugen, Bombentypen, Einflugschneisen, Massengrab vor dem Friedhof, maschinengeschriebene Auflistung der Todesopfer, Bilder der Ruinenstadt, Tiefflieger)

Weblinks