Charlotte Delbo

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Charlotte Delbo (* 10. August 1913; † 1. März 1985; auch Charlotte Dudach) war eine französische Künstlerin und Schriftstellerin. Während der deutschen Besatzungszeit aktiv in der französischen Résistance tätig, wurde sie nach ihrer Verhaftung nach Auschwitz deportiert und war zwei Jahre in Birkenau und Ravensbrück inhaftiert. Nach ihrer Befreiung 1945 verarbeitete sie ihre Erfahrungen als Auschwitz-Überlebende in verschiedenen autobiografischen Erzählungen und Gedichten. Ihr bekanntestes Werk ist Trilogie – Auschwitz et après (in Deutsch erschienen unter dem Titel Trilogie. Auschwitz und danach.).

Leben

Delbo war die Älteste von vier Kindern eines Maschinenbauers und wuchs in Vigneux-sur-Seine, unweit von Paris, in einer französischen Mittelklassefamilie auf. Schon früh fühlte sie sich vom Theater und politischen Themen angezogen. Nach ihrem Baccalauréat (Abitur) nahm sie ein Philosophie-Studium an der Sorbonne auf. 1932 trat sie der Jeunesse communiste, der Liga junger französischer Kommunistinnen, bei. 1934 traf sie den Journalisten Georges Dudach, den sie 1936 heiratete.

Während ihres Studiums, Ende der 1930er Jahre, interviewte sie den damals sehr bekannten Schauspieler und Theaterdirektor Louis Jouvet und veröffentlichte das Interview in einer Studentenzeitschrift. Jouvet bot ihr daraufhin eine Stelle als seine Assistentin an. Delbo akzeptierte und brach ihr Studium ab. Als die deutsche Wehrmacht 1940 Frankreich besetzte, befand sie sich mit Jouvet in Buenos Aires.

Als Philippe Pétain, Führer des Vichy-Regimes, 1941 spezielle Strafverfahren zur Aburteilung von Mitgliedern der Résistance einsetzte und einer ihrer Freunde, ein junger Architekt namens André Woog zum Tode verurteilt wurde, kehrte Delbo zurück, um sich der Résistance anzuschließen. Wieder zuhause, stellte sie fest, dass ihr Mann Georges Dudach bereits aktiv in der Résistance mitarbeitete und als Kurier für den international bekannten Poeten Louis Aragon fungierte. Später schloss sich das Ehepaar der Widerstandsgruppe um den marxistischen Philosophen Georges Politzer an, die aus dem Untergrund unter anderem die Zeitschrift Les Lettres Françaises herausgab.

Am 2. März 1942 wurden die meisten Mitglieder dieser Gruppe verhaftet und Dudach, Politzer und die anderen Männer kurz darauf hingerichtet. Dudach wurde am 23. Mai 1942 erschossen, nachdem Delbo noch die Gelegenheit erhielt, sich von ihm zu verabschieden.

Delbo war eine von 49 Frauen, die die Deportation in demselben Transport überlebten. Sie starb 1985 an Lungenkrebs.

Inhaftierung und Deportation

Delbo blieb für den Rest des Jahres in verschiedenen französischen Gefängnissen inhaftiert, ehe sie mit dem Transport vom 24. Januar 1943 – dem letzten Transport von nichtjüdischen politischen Gefangenen aus Frankreich in dieses Lager – zusammen mit 229 weiteren Frauen von Romainville nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde. Der Transport kam am 27. Januar 1943 im Lager an.

Als französische Staatsangehörige und Nichtjüdin wurde Delbo als politische Gefangene klassifiziert, eine Kategorie, die ihr im Gegensatz zu ihren Landsleuten jüdischer Abstammung einige Vorteile einbrachte. Auch war sie nicht zum Tode verurteilt worden. So wurde sie sechs Monate später an ein privilegiertes Arbeitskommando in Raisko abkommandiert, ein Nebenlager, das für seine experimentellen Bauernhöfe bekannt war und wo die Lebensbedingungen deutlich besser waren als in Birkenau. 1944 wurde sie nach Ravensbrück deportiert.

Werk

Über ihre Erfahrungen schrieb Delbo später in Le convoi du 24 janvier. Unmittelbar nach ihrer Befreiung hat sie Aucun des nous ne reviendra verfasst, ein fragmentarisches, zwischen Erzählung und Prosagedicht angesiedeltes Werk, in dem sie „dans la palpitation du présent“ ein Zeugnis über ihre Lagererfahrung abzulegen versuchte. Es sollten noch zwanzig Jahre vergehen bis zu dessen Veröffentlichung im Rahmen von Trilogie – Auschwitz et après. Deren zweiter Teil, Une connaissance inutile, erschien 1970, der dritte und letzte Teil, La mesure de nos jours, 1971.

Werke

  • Trilogie. Auschwitz und danach. Übersetzung Eva Groepler, Elisabeth Thielicke. Nachwort von Ulrike Kolb Fischer. Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1993, ISBN 3-596-11086-6

Literatur

  • Christiane Page (Hrsg.): Charlotte Delbo : œuvre et engagements. Rennes : Presses Univ. de Rennes, 2014
  • Elizabeth Roberts Baer & Myrna Goldenberg: Experience and Expression: Women, the Nazis, and the Holocaust. Wayne State UP, Detroit 2003, ISBN 0-8143-3063-0
  • Anne-Berenike Binder: "Mon ombre est restée là-bas." Literarische und mediale Formen des Erinnerns in Raum und Zeit. Reihe: Romania Judaica. Studien zur jüdischen Kultur in den romanischen Ländern. (ISSN 1435-098X) Niemeyer, Tübingen 2008 ISBN 978-3-484-57008-5 (ferner über Bücher und Filme von Romain Gary Soazig Aaron, Alain Resnais’ Nacht und Nebel und Liliana Cavani)
  • Violaine Gelly, Paul Gradvohl: Charlotte Delbo. Fayard, Paris 2013 ISBN 2-213-66312-2 (nur in Französisch)
  • Silke Segler-Meßner, "Le genre, le récit et le corps: Charlotte Delbo, 'Aucun de nous ne reviendra' et Robert Antelme, 'L’espèce humaine'", in: Romanische Studien, Nr. 2 (2015), S. 21-156, online: http://romanischestudien.de/index.php/rst/article/view/59
  • Judith Klein: Literatur und Genozid : Darstellungen der nationalsozialistischen Massenvernichtung in der französischen Literatur. Wien : Böhlau, 1992, S. 78–95
  • Caroline Moorehead: A Train in Winter: An Extraordinary Story of Women, Friendship, and Resistance in Occupied France. New York : HarperCollins Publishers, 2011

Weblinks