Crotonöl

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Crotonöl, Krotonöl
Rohstoffpflanze(n) Croton tiglium L.
Herkunft Samen
Farbe

klar, braungelb

Fettsäuren in den Fetten
Ölsäure 37–56 %[1]
Linolsäure 19–29 %[1]
Palmitinsäure Spuren[1]
Weitere Fettsäuren

bis 7,5 % Myristinsäure, 1,5 % Arachinsäure, Stearinsäure in Spuren, Tiglinsäure in Spuren

Sonstige Inhaltsstoffe
Weitere Inhaltsstoffe

Ameisensäure, Crotonsäure, Essigsäure, Isobuttersäure, Isovalerinsäure, Laurinsäure

Eigenschaften
Dichte 0,94–0,95 kg/l bei 15 °C
Schmelzpunkt –16 °C[1]
Iodzahl ca. 102
Herstellung und Verbrauch
Verwendung Pharmazie, Medizin

Crotonöl wird aus den Samen von Croton tiglium L., einem südostasiatischen Baum oder Busch aus Gattung Croton in der Familie der Wolfsmilchgewächse, hergestellt. Es wirkt stark haut- und schleimhautreizend und ist aufgrund seiner tumorsteigernden Wirkung als Arzneimittel verboten.

Gewinnung und Eigenschaften

Crotonöl wird aus den Samen des Krotonölbaums Croton tiglium gewonnen

Das Crotonöl wird durch Kaltpressung aus den geschälten Samen des Krotonölbaums Croton tiglium oder durch Pressen der reifen und schwach gerösteten Samen bei leichter Wärmezufuhr gewonnen. Die Samen enthalten etwa 53–57 % Crotonöl sowie etwa 18 % Protein. Das Öl ist etwas dickflüssig und halbfest, seine Farbe ist klar und braungelb. Der schwache Geruch ist „eigentümlich“ und „unangenehm“, der Geschmack anfangs mild, danach scharf im Abgang und anhaltend kratzend und schmerzhaft brennend.[1]

Allgemeine chemische Struktur von Ölen, wie Crotonöl. Darin sind R1, R2 und R3 Alkylreste (≤ 56 %) oder Alkenylreste (≥ 44 %) mit einer meist ungeraden Anzahl von Kohlenstoffatomen. Crotonöl ist, wie andere Öle, ein Gemisch von Triestern des Glycerins.

Der Schmelzpunkt des Crotonöls liegt bei ca. -16 °C., weshalb es bei Raumtemperatur flüssig ist. Die Triglyceride im Crotonöl weisen einen besonders hohen Anteil an Ölsäure (37–56 %) auf. Daneben sind weitere Triglyceride enthalten, die sich von Fettsäuren ableiten, wie 19–29 % Linolsäure, ca. 7,5 % Myristinsäure sowie in geringen Anteilen Arachinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure und Tiglinsäure. Daneben sind im Crotonöl weitere teils flüchtige organische Säuren wie Ameisensäure, Crotonsäure, Essigsäure, Isobuttersäure, Isovalerinsäure und Laurinsäure sowie mehrere Phorbolester, darunter das tumorpromovierende Phorbol-12-myristat-13-acetat (PMA; auch 12-O-Tetradecanoylphorbol-13-acetat (TPA)), enthalten.[1]

Toxikologie und weitere Wirkungen

Das Crotonöl wirkt aufgrund der Zusammensetzung auf unterschiedliche Weise. Vor allem die tumorpromovierende Wirkung des Phorbol-12-myristat-13-acetat (PMA) und anderer Diterpenester im Krotonharz wurde in Tierversuchen bestätigt.[1]

Der entzündungsauslösende Effekt des Crotonöls auf Hautzellen wurde in Tierversuchen bestätigt. Bereits bei der Anwendung einer 0,25%-igen Lösung auf die Ohren von Labormäusen kommt es zu einer Ödembildung mit epidermaler Hyperplasie und einer Konzentration von Granulozyten in die Epidermis. Der Effekt konnte gesteigert werden und war bei einer einmaligen Verwendung 4%-igen Lösung am stärksten. Die Ödembildung erreichte ein Maximum nach 6 bis 7 Stunden und ging dann innerhalb von 30 Stunden wieder zurück.[2]

In einer weiteren Studie konnte die direkte schädigende Wirkung von Crotonöl auf menschliche Darmschleimhautzellen. Bei einer vergleichsweise hohen Dosis von 80 mg/l kommt es zu einem verzögerten Zellwachstum und zum Zelltod, niedrige Dosen von 4 mg/l haben dagegen keinen messbaren Effekt. Verabreichungen über einen längeren Zeitraum mit ansteigender Dosis können die Zellproliferation (Vermehrung der Zellen) und den Gehalt an heteroploiden Genomen steigern sowie die Umwandlung in maligne Zellen hervorrufen. Die Freisetzung der Cyclooxygenase-2 (COX-2) wurde deutlich reduziert und die Expression des Gens für COX-2 deutlich erhöht, zudem wurde auch die Expression weiterer Gene verändert.[3]

Verwendung

Medizin und Heilkunde

Crotonölhaltige Rezepturen sind – auch wegen möglicher Krebsgefährdung – als bedenklich eingestuft und dürfen als Arzneimittel nicht mehr in Verkehr gebracht werden.[4] Auch für Anwendung in der Kosmetik ist Crotonöl verboten.[1]

Früher wurde Crotonöl als starkes Abführmittel (Drastikum) genutzt. Es ist eines der stärksten Abführmittel und wurde entsprechend nur in äußerst dringenden Fällen genutzt. Die Maximale Einzeldosis wird mit 0,05 Gramm angegeben, die Maximale Tagesdosis mit 0,15 Gramm und die letale Dosis mit 4–20 ggt Öl. Beim Auftragen auf die Haut genügen bereits kleine Mengen, um eine starke örtliche Entzündung mit Pusteln und Infektionsgefahr auszulösen. Im Rahmen des Krotonöltests wird das Öl entsprechend zur Auslösung von Hautödemen genutzt, um die Wirksamkeit von entzündungshemmenden Substanzen zu bestimmen. In der plastischen Chirurgie wird es in einer Emulsion mit Phenol zur Hautschälung genutzt.[1]

Pseudo- und Parawissenschaften

Früher wurde Crotonöl zur Baunscheidttherapie genutzt. In der Homöopathie wird Croton nach Verdünnung von 1:104 bis 1:1012 verwendet.[1] In der Volksmedizin wurde das Öl in Verdünnungen mit anderen Ölen als Hautreizungsmittel genutzt, um zahlreiche Entzündungskrankheiten, Rheuma, Asthma bronchiale und Amenorrhoe zu behandeln, wobei die tatsächliche Wirkung nicht ausreichend belegt ist.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k S. Krist, G. Buchbauer und C. Klausberger, 2008: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Springer Verlag, Wien. S. 221–224, ISBN 978-3-211-75606-5
  2. M. Shwaireb: Inflammatory effects of the tumor promoter croton-oil in BALB/c mice skin. Oncology Reports 2(1), 1995; S. 133-135, PMID 21597704.
  3. X. Wang, M. Lan, HP. Wu, YQ. Shi, J. Lu, J. Ding, K.C. Wu, JP. Jin, DM. Fan: Direct effect of croton oil on intestinal epithelial cells and colonic smooth muscle cells. World Journal of Gastroenterology 8 (1), 2002; S. 103-7, PMID 11833082.
  4. Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker: Bedenkliche Rezepturarzneimittel. Stand: Februar 2011. (PDF; 423 kB) Abgerufen am 29. November 2011.

Literatur

  • „Krotonöl“. In: S. Krist, G. Buchbauer und C. Klausberger, 2008: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Springer Verlag, Wien. S. 221–224, ISBN 978-3-211-75606-5
  • K. Federspiel, V. Herbst, Stiftung Warentest (Hrsg.): Die Andere Medizin – Nutzen und Risiken sanfter Heilmethoden. Berlin 1996, ISBN 3-93788-008-9