Enterovirus

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Enterovirus

Coxsackie B4 Virionen, EM

Systematik
Klassifikation: Viren
Ordnung: Picornavirales
Familie: Picornaviridae
Gattung: Enterovirus
Taxonomische Merkmale
Genom: (+)ssRNA linear
Baltimore: Gruppe 4
Symmetrie: ikosaedrisch
Hülle: keine
Wissenschaftlicher Name
Enterovirus
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Enterovirus ist eine Gattung der Familie Picornaviridae. Für den Menschen besonders bedeutend sind Poliovirus, Coxsackie-Virus, ECHO-Virus und die Humanen Enteroviren mit ihren Subtypen Humanes Enterovirus 70 und Humanes Enterovirus 71. Die Gattung Enterovirus umfasst neun Spezies mit insgesamt 68 verschiedenen Subtypen. Die Infektionen mit Enteroviren kommen weltweit vor und lösen in Deutschland in der Sommerzeit häufig Erkrankungen aus. Das Rhinovirus ist ebenfalls eng verwandt mit den Enteroviren.

Übertragung

Die Übertragung aller zur Gattung Enterovirus gehörenden Virusarten erfolgt vorwiegend fäkal-oral, jedoch kommt für einige Erreger auch die Tröpfcheninfektion als Infektionsweg in Frage. Ebenfalls möglich ist die diaplazentare (über die Plazenta) Übertragung der Viren mit Infektion des Fetus. Infizierte scheiden das Virus oftmals über mehrere Wochen mit dem Stuhl aus. Bei der Übertragung von Mensch-zu-Mensch spielen kontaminierte Hände die wichtigste Rolle. Enteroviren bleiben auf kontaminierten Gegenständen, zum Beispiel Spielsachen, über längere Zeit stabil. Solche Gegenstände gelten als mögliche Infektionsquelle, insbesondere bei intrafamiliären Ausbrüchen oder Kleinraumepidemien in kinderbetreuenden Einrichtungen.

Eine weitere Infektionsquelle ist kontaminiertes Trinkwasser. Nach einer Kontamination von Schwimmbädern oder Seen durch Fäkalien Infizierter ist eine Übertragung dieser Viren möglich, weswegen es oftmals zu Häufungen von aseptischen Meningitiden, insbesondere verursacht durch ECHO-Viren, gerade unmittelbar nach heißen Sommertagen kommt.

Infektionsfolgen

Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 35 Tage. Die durch Enteroviren verursachten Krankheitsbilder reichen von Kinderlähmung, Infektionen des oberen Respirationstrakts (Erkältung, „Sommer-Grippe“), Herpangina, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Gastroenteritis, fieberhaften generalisierten Exanthemen, hämorrhagische Konjunktivitis, Myalgia epidemica, Pneumonie, Pleurodynia epidemica, Myokarditis, Perikarditis, Hepatitis, Meningitis, Enzephalitis, Paralysen, fetale Schädigung bis zu einer schweren Neugeborenenerkrankung mit Pneumonie, Myokarditis und Meningoenzephalitis.

Therapie

Die Therapie erfolgt symptomatisch und richtet sich nach dem betroffenen Organsystem. Eine spezifische antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. An experimentellen Impfstoffen und antiviralen Mitteln wird gearbeitet. Zum Beispiel wirken Rinder- und menschliche Laktoferrine als Inhibitoren von EV71-Infektionen [1] und Ribavirin könnte ein potenzieller Anti-Drogen-EV71 - Hemmer sein.[2] In den USA wurde 2006 als US Patent 7090855[3] eine auch noch nachträglich wirkende Enterovirus-Prophylaxe angemeldet. Myocarditis wurde im Test erfolgreich mit Interferon-a behandelt[4]. Amantadin kann ebenfalls als allgemeiner Vermehrungshemmer für RNA-Viren das Immunsystem unterstützen.

Nach der Infektion resultiert eine vermutlich lebenslange serotypen-spezifische Immunität. Begünstigt werden diese Infektionen durch schlechte hygienische Verhältnisse sowie eine mangelnde Wasserhygiene. Bei normaler Umgebungstemperatur sind die Erreger sehr stabil. Größere Ausbrüche werden regelmäßig, wie zum Beispiel im Sommer 2002 aus Athen, berichtet, wo es zu Häufungen von Coxsackie-B-Virus bedingten Myokarditiden mit Todesfällen gekommen war. In Deutschland werden bei größeren Ausbrüchen meist Echoviren, Serotyp 30, nachgewiesen, der eine aseptische Meningitis verursacht.

Vorbeugung

Ein Impfstoff steht für die meisten Virusarten nicht zur Verfügung. Maßnahmen zur Risikoreduzierung sind gründliches Händewaschen, ggf. mit Händedesinfektion bei Infizierten, nach der Defäkation, Einhaltung hygienischer Maßnahmen bei der Zubereitung von Speisen, Verzehr von gekochten Speisen und geschältem Obst.

Systematik

  • Gattung Enterovirus

Literatur

  • Werner Köhler [Hrsg.]; Rainer Ansorg et al.: Medizinische Mikrobiologie. 8., völlig neu bearbeitete Auflage, Urban & Fischer, München / Jena 2001, ISBN 3-437-41640-5.

Einzelnachweise

  1. Tung WS, Bakar SA, Sekawi Z, Rosli R: DNA vaccine constructs against enterovirus 71 elicit immune response in mice. In: Genet Vaccines Ther. 5. Jahrgang, 2007, S. 6, doi:10.1186/1479-0556-5-6, PMID 17445254 (gvt-journal.com).
  2. Li ZH, Li CM, Ling P, et al: Ribavirin reduces mortality in enterovirus 71-infected mice by decreasing viral replication. In: J. Infect. Dis. 197. Jahrgang, Nr. 6, 2008, S. 854–7, doi:10.1086/527326, PMID 18279075.
  3. Enterovirus-Prophylaxe
  4. Erfolgreiche Behandlung von durch Enteroviren verursachter Myocarditis mit Interferon-α, doi: 10.1016/S1053-2498(02)00565-X

Weblinks

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