Anton Dohrn

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Anton Dohrn, um 1880

Felix Anton Dohrn (* 29. Dezember 1840 in Stettin; † 26. September 1909 in München) war Zoologe und einer der ersten Erforscher der Phylogenese.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anton Dohrn war der dritte Sohn von Carl August Dohrn und dessen Ehefrau Adelheid Dietrich. Zu seinen Paten zählte der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy. Er studierte an den Universitäten Königsberg, Bonn und Jena bei Rudolf Virchow, Ernst Haeckel und Carl Gegenbaur die Fächer Medizin und Zoologie. 1868 wurde er in Jena zum Thema Studien zur Embryologie der Arthropoden habilitiert und blieb dort die folgenden zwei Jahre als Dozent für Zoologie. Nach Meinungsverschiedenheiten mit Heckel ließ Dohrn jedoch den Plan fallen, eine Universitätslaufbahn anzustreben.[1] Zu seinen Studenten gehörten Hermon Carey Bumpus (1862–1943), William Morton Wheeler und Charles Otis Whitman (1842–1910).[2] Eindringlich beschäftigte er sich unter dem Eindruck des Darwinismus mit der Stammesgeschichte von Gliederfüßern auf der Basis von embryologischen und vergleichenden anatomischen Daten. Auf seinen Erkenntnissen aufbauend schlug er als erster die Abstammung der Wirbeltiere von ringelwurmartigen Vorfahren vor. Anton Dohrn beschrieb außerdem das Prinzip des Funktionswechsels. Später befreundete er sich mit dem Philosophen Friedrich Albert Lange, dessen Buch Die Geschichte des Materialismus Dohrn sehr beeindruckt hatte. Lange überzeugte Dohrn, dass er verpflichtet sei, seinen Reichtum sinnvoll einzusetzen.

1874 heiratete er die polnische Übersetzerin Maria Baranowska.

Zoologische Station in Neapel

Anton Dohrn gilt als Begründer des ersten modernen Forschungsinstituts.[3][4] Er ließ sich für diesen Zweck nach längeren Auseinandersetzungen mit seinem Vater sein recht großes Erbe vorzeitig ausbezahlen.[5] 1870 begann er mit der Einrichtung der „Zoologischen Station“, einer meeresbiologischen Forschungsanstalt in Neapel, die der Erforschung der Meeresfauna dienen sollte. Hierfür warb er öffentliche und private Gelder ein. Zu seinen Unterstützern und Förderern gehörten Charles Darwin, Karl Ernst von Baer, Thomas Henry Huxley, Emil Du Bois-Reymond, Hermann von Helmholtz, Rudolf Virchow und viele andere. Ab 1872 machte er die Station öffentlich zugänglich. Dohrn vermietete die Arbeitsplätze in der Station, damit vor Ort an lebendem Material geforscht werden konnte. Zudem waren entsprechende Instrumente und betreuendes Personal vorhanden, weshalb das Angebot von Wissenschaftlern in großem Maße genutzt wurde. So konnte sich die Station schnell in eine Begegnungsstätte internationalen Ranges verwandeln, in der Wissenschaftler wie auch Künstler verschiedener Nationen ihr Wissen austauschten. Als Periodikum erschien der Jahresbericht der Zoologischen Station in Neapel. Eine kunsthistorische Sehenswürdigkeit ist die Zoologische Station insbesondere durch Fresken, die Hans von Marées im Auftrag Dohrns an Wänden der dortigen Bibliothek schuf.[6]

Auch der sich mit vor allem mit der Entwicklungsgeschichte niederer Meeresorganismen beschäftigende russische Zoologe Ilja Iljitsch Metschnikow forschte für einige Zeit in Neapel bei Dohrn.[7]

Bis 1909 blieb Dohrn Direktor, danach übernahm sein Sohn Reinhard Dohrn die Leitung des Institutes, das bis heute als Stazione Zoologica Anton Dohrn existiert. Weitere Söhne von Anton Dohrn waren Wolf Dohrn, Boguslav Dohrn und Harald Dohrn, der Schwiegervater von Christoph Probst.

Sein Bruder Heinrich Dohrn, Reichstagsabgeordneter und Unternehmer, war ebenfalls malakologisch interessiert.

Der Nachlass von Dohrn ist in der Bayerischen Staatsbibliothek.

Ehrungen und Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte vom mittleren Bereich Rockall-Trog und Rockall-Plateau

Das deutsche Fischereiforschungsschiff Anton Dohrn war nach ihm benannt. Ebenso sind die von der Anton Dohrn 1955 zwischen Island und Ostgrönland entdeckte Anton-Dohrn-Bank in der Irmingersee und die ebenfalls von der Anton Dohrn entdeckte Tiefseekuppe (Guyot) Anton Dohrn Seamount (auch Anton-Dohrn-Kuppe genannt) im Rockall-Trog westlich der Hebriden nach ihm benannt.[8]

Im Jahr 1882 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt, 1898 zum Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, 1900 zum Mitglied der Königlichen Physiographischen Gesellschaft in Lund und 1904 zum korrespondierenden Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg.[9]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Ursprung der Wirbelthiere und das Princip des Functionswechsels. Genealogische Skizzen, Leipzig 1875
  • Die Pantopoden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres-Abschnitte, Leipzig 1881
  • Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers, Leipzig 1881–1886

Aufsätze (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der gegenwärtige Stand der Zoologie und die Gründung zoologischer Stationen (1872), Wiederabdruck in: Die Naturwissenschaften, 7. Mai 1926, Band 14, Heft 19, S. 412–424, mit einem Epilog von Reinhard Dohrn, zuerst in: Preußische Jahrbücher, Band 30, 1872.
  • Aus Vergangenheit und Gegenwart der Zoologischen Station in Neapel. In: Deutsche Rundschau, Band 72, 1892, S. 275–298.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Theodor Heuss, Margret Boveri (Nachwort): Anton Dohrn in Neapel. Atlantis, Berlin 1940. Die erw. Neuaufl. 1948 und 1962 sind nur betitelt „Anton Dohrn“. Wunderlich, Tübingen. Mit einem farb. Fresko von Hans von Marées und weit. Abb.
  • Theodor Heuss: Dohrn, Anton. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 54–56 (Digitalisat).
  • Hans-Reiner Simon (Hrsg.): Anton Dohrn und die Zoologische Station Neapel. Erbrich, Frankfurt 1980 (Reihe: Bibliographia et scientia Band 1) ISBN 3-88682-000-9.
  • Karl Josef Partsch: Die Zoologische Station in Neapel: Modell internationaler Wissenschaftszusammenarbeit. V&R Göttingen 1980, ISBN 3-525-42210-5.
  • Christiane Groeben: Impact of Travels on Scientific Knowledge: Ralum (New Britain): A Research Station (1894–1897) sponsored by the Naples Zoological Station (Stazione Zoologica Anton Dohrn di Napoli), aus den Sitzungsberichten der California Academy of Science, Band 55, Supplement II, Heft 6, S. 57–76, 17 Abb., vom 19. November 2004 (PDF; 851 kB). Dieser Text ist in englischer Sprache. Er enthält zahlreiche biographische Angaben und beschreibt die Zusammenarbeit mit Richard Parkinson.
  • Christiane Groeben (Hrsg.): Karl Ernst von Baer (1792–1876), Anton Dohrn (1840–1909). Correspondence. Transactions of the American Philosophical Society, Band 83, 1993, 1–156
  • Christiane Groeben, M. Ghiselin: The Zoological Station in Naples and its impact on Italian Zoology. in A. Minelli, S. Casellato, Giovanni Canestrini: zoologist and Darwinist, Venedig 2001, 321–347
  • Andreas W. Daum: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert. Bürgerliche Kultur, naturwissenschaftliche Bildung und die deutsche Öffentlichkeit, 1848–1914. 2., erg. Auflage. Oldenbourg, München 2002, ISBN 978-3-486-56551-5.
  • M. Ghiselin: Carl Gegenbaur versus Anton Dohrn. Theory in Bioscience, 122, 2003, 142–147
  • P. Werner: Anton Dohrn und die Gründung der Biologischen Anstalt Helgoland. Historisch-Meereskundliches Jahrbuch, Deutsche Gesellschaft für Meeresforschung 1, 1992, 45–54[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Maximilian Probst: Das Seegras, mein Vorfahr und ich. In: DIE ZEIT Nr. 5 vom 25. Januar 2024. S. 28–29.
  2. Felix Anton Dohrn. nceas.ucsb.edu, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Mai 2012; abgerufen am 6. Mai 2012.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nceas.ucsb.edu
  3. Vgl. Neue deutsche Biographie, Band 4, Berlin 1959, S. 55.
  4. Anatomischer Anzeiger 35, 1909, S. 596–603. Link
  5. Zoologische Station in Neapel.
  6. Paul Schubring: Hans von Marées’ Fresken in Neapel. In: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur. Heft 8, 1902, S. 169–172 (Digitalisat)
  7. Gundolf Keil: Robert Koch (1843–1910). Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 79.
  8. anton-dohrn.de
  9. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Anton Dohrn. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 28. August 2015 (englisch).
  10. Dohrn war ein Gegner der Gründung der Biologischen Anstalt Helgoland, die er als Konkurrenz zum Institut in Neapel sah

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Anton Dohrn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Anton Dohrn – Quellen und Volltexte