Haarausfall

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Haarausfall ist ein permanenter Haarverlust, bei dem die ausgefallenen Haare nicht wieder nachwachsen. Die Grenzen vom nicht-haarvermindernden Ausfall bis zum stark haarvermindernden Ausfall sind nicht starr gesetzt. Es hängt davon ab, wie leicht und in welchen Bereichen wie viele Haare ausfallen. Beim Haarausfall unterscheidet man grundsätzlich zwei Erscheinungsformen:

  • Effluvium (aus dem lat. Ausfall) ist ein über die Norm gesteigerter Haarausfall, der nicht notwendigerweise zu einer Alopezie führt.
  • Alopezie / Alopecia ist ganz allgemein eine sichtbare Lichtung des Kopfhaars, d. h. ein Zustand mit abnorm schütterem Haupthaar (Hypotrichose) oder mit haarlosen Hautbezirken (Alopezie im engeren Sinne).

Dem Menschen fallen durchschnittlich zwischen 70 und 100 Kopfhaare pro Tag aus. Da aber die Haarwurzeln normalerweise in der Kopfhaut verbleiben und wieder nachwachsen, werden die ausgefallenen Haare ständig ersetzt und ein Haarausfall ist nicht sichtbar.

Arten des Haarausfalls und deren Ursachen

Androgenetischer Haarausfall (AGA)

Androgenetischer Haarausfall (Alopecia androgenetica oder androgenetische Alopezie, durch Androgene hervorgerufener Haarausfall) tritt vor allem bei Männern so häufig auf, dass er als eine normale Erscheinung des Älterwerdens verstanden wird, zumal die Erscheinung keinen pathologischen Charakter hat. Etwa 80 % der Männer sind in ihrem Leben von AGA betroffen.[1] Tritt er bereits in jungen Jahren auf, wird er häufig als ein kosmetisches Problem wahrgenommen, das Gleiche gilt für dessen Auftreten bei Frauen.

Bei Männern ist der Beginn der AGA durch das Zurücktreten der Stirn-Haar-Grenze an den Schläfen mit der Ausbildung von Geheimratsecken gekennzeichnet. Im weiteren Verlauf tritt eine zunehmende Haarlichtung in der Scheitelregion (Tonsurbereich) ein. Teilweise beginnt AGA bereits im Jugendlichenalter, was als Alopecia praematura oder simplex bezeichnet wird. Wegen des erblichen Hintergrunds tritt AGA nicht selten familiär gehäuft oder selten auf.

Auch bei etwa 50 % der Frauen kommt es innerhalb des Lebens zu AGA,[1] in der Regel nach der Menopause. Durch die Behandlung hormonabhängiger Tumoren wie Brustkrebs mit Aromatasehemmern können aber auch junge Frauen mit entsprechender genetischer Disposition androgenetischen Haarausfall entwickeln. Der Verlauf des Haarausfalls ist abweichend von dem der Männer nicht beginnend im Schläfen- und Tonsurbereich, sondern er setzt im Bereich des Mittelscheitels ein.

Ursache für den häufig als erblich bedingt bezeichneten Haarausfall ist eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegen das Steroidhormon Dihydrotestosteron (DHT). Hierdurch hervorgerufener Haarausfall ist genetisch bedingt.[2] Da DHT auch in der Kopfhaut vorhanden ist und eine ererbte Überempfindlichkeit dafür besteht, wird die Wachstumsphase (Anagenphase) des Haars verkürzt. Ein glatzköpfiger Mann hat dementsprechend nicht weniger Haarfollikel als ein Mann mit vollem Haarwuchs, lediglich die Wachstumsphase des Haars ist derart verkürzt, dass es – vergleichbar z. B. mit den Härchen auf der Stirn – kaum noch sichtbar hervortritt. Die Haarfollikel verkümmern also nach und nach, was auf die Überempfindlichkeit auf das DHT zurückzuführen ist. Unempfindlich gegen DHT ist das Kopfhaar im Hinterkopf- und Nackenbereich; es fällt deshalb auch nach einer Transplantation auf den Oberkopf nicht aus.

DHT entsteht aus der Umwandlung des Hormons Testosteron mittels des Enzyms 5α-Reduktase. DHT ist sehr wichtig für die Entwicklung des männlichen Embryos/Fötus und später in der Pubertät für die Entwicklung vom Jungen zum Mann. Welche Funktionen das DHT nach der abgeschlossenen Pubertät hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Bei erblicher Veranlagung scheint ein Zusammenhang zwischen DHT und Herz-/Kreislauf- und Prostataerkrankungen zu bestehen.[2] Daher setzen viele Medikamente (z. B. Propecia, Pantostin, Ell-Cranell alpha) darauf, die Wirkung des DHT zu vermindern oder dessen Entstehung aus Testosteron zu hemmen.

Anfang 2012 konnte das Hormon Prostaglandin D2 (oder kurz: PGD2) als eigentlicher Inhibitor (= Hemmstoff) des Haarwachstums bei der androgenetischen Alopezie identifiziert werden.[3] Von den Forschern wird vermutet, dass Prostaglandin F2α ein möglicher Antagonist sei und die Haarmatrix wieder zum Sprießen anregen könnte.[4][5]

Alopecia areata

Alopecia areata

Unter Alopecia areata (auch: Alopecia circumscripta / Pelade / Areata celsis / kreisrunder Haarausfall) versteht man einen runden, lokal begrenzten krankhaften Haarausfall (bei über 80 % der betroffenen Personen ausgehend vom Kopf; bei Männern auch im Bartbereich oder in Ausnahmefällen im Bereich der Körperbehaarung), der erstmals von Hippokrates erwähnt wurde und damals in Anlehnung an eine Fuchskrankheit so genannt wurde (altgriech. ἀλώπηξ alopex „Fuchs“), weil man beobachten konnte, dass manchen Füchsen die Haare fleckenförmig ausfielen.

Alopecia areata ist die häufigste entzündliche Haarausfallerkrankung (ca. 1,4 Mio. Menschen in Deutschland) und tritt in jedem Lebensalter auf, bevorzugt im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt. Typischerweise liegen am behaarten Kopf eine oder mehrere kreisrunde kahle Stellen vor. Daher spricht man auch von kreisrundem Haarausfall. Im Randbereich findet man häufig sogenannte „Ausrufezeichen-Haare“. Dies sind kurz abgebrochene Haare, die an ihrem Ende immer dünner werden. Die Kahlstellen sind glatt, eingesunken, nichtschuppend, und die Haarfollikel bleiben erhalten. Häufig bestehen zusätzlich Veränderungen der Fingernägel mit Grübchen, Rillen oder sandpapierartigen Aufrauhungen.

Man nimmt an, dass Immunzellen, die sich eigentlich um die Abwehr von Viren, Bakterien und Pilzen kümmern sollen, ihre Aktivität gegen die Zellen in den Haarwurzeln des eigenen Körpers richten (Störung des Immunsystems/Autoimmunreaktion). Die Haare werden somit vom Immunsystem als „fremd“ erkannt und deshalb abgestoßen. Dies geschieht, indem zunächst eine Entzündungsreaktion entsteht, die das Haarwachstum stört und schließlich zum Ausfallen des Haars führt. Bei vielen Menschen wachsen diese kahlen Stellen auch ohne Behandlung wieder zu und sind daher lediglich zeitlich begrenzt. Jedoch kann der Haarausfall auch weiter fortschreiten und zum Verlust aller Kopfhaare (Alopecia totalis) oder auch zum Verlust aller Körperhaare (Alopecia universalis) führen.

Alopecia areata unter dem Kinn

Eine psychische Auslösung hat sich in Studien bisher nicht nachweisen lassen, obwohl man davon ausgeht, dass ein Schockerlebnis oder zu viel Stress der Auslöser von Alopecia areata sein können. Dies wird jedoch weiterhin sehr kontrovers diskutiert. Eine gewisse Vererbungskomponente liegt sicherlich vor, da über eine familiäre Häufung in 10–25 % der Fälle berichtet wird.

Folgende Methoden werden meistens angewendet, um den Stand der Alopecia areata festzustellen:

  • Kopfhautbiopsie: ein wenig Kopfhaut wird entnommen und untersucht
  • Trichogramm: mind. 50 Haare werden ausgerissen und dann untersucht

Eine Sonderform der Alopecia areata ist die Alopecia areata atrophicans, welche auch Pseudopelade Brocq genannt wird. Sie tritt besonders bei Frauen zwischen 30 und 55 Jahren auf und beginnt schleichend mit kleinen haarlosen Flecken und geröteter, glänzender Haut. Der Haarverlust ist hierbei – im Gegensatz zur häufigen Wiederbehaarung bei der normalen Alopecia areata – langsam, fortschreitend und irreversibel, da es hierbei zu einer herdförmigen Zerstörung der Haaranlagen kommt.

Behandlungserfolge bei kreisrundem Haarausfall:

Die wirkungsvollste Behandlung ist die topische Immuntherapie, die einen sehr hohen Prozentsatz an Heilung verspricht. Viele Unikliniken in Deutschland bieten diese an, obwohl sie nach wie vor nicht zugelassen ist. Dabei wird DCP (Diphenylcyclopropenon) oder auch bei Nichterfolg SADBE (Quadratsäuredibutylester) auf die Kopfhaut aufgetragen und eine Abwehrreaktion hervorgerufen. Die körpereigenen Abwehrstoffe, die für den Verlust der Haare verantwortlich sind, werden so auf dieses Präparat gelenkt und schaffen eine Ablenkreaktion. Die eigenen Haare können in Ruhe wieder wachsen. Die Nebenwirkungen sind u. a. Rötung, Juckreiz und Schuppung der Kopfhaut.

Erfahrungsgemäß wird von Ärzten in erster Linie eine lokale Behandlung mit stark wirksamen Glucocorticoid-Lösungen (Mometason, Clobetasol) angeraten, da diese Substanzen ebenfalls eine immunsuppressive Wirkung besitzen. Die Therapie ist meist längerfristig über Monate ausgelegt, aber nicht unbedingt aussichtsreicher. Zeitgleich, besonders bei sichtbaren Hautstellen wie im Gesicht, empfehlen Dermatologen spezielle Hautpflegemittel (z. B. Episoft A) einzusetzen, um die Nebenwirkungen (u. a. Verdünnung des Hautepithels) gering zu halten.

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die sogenannte PUVA-Therapie mit ultravioletten Strahlen bestimmter Wellenlänge in Kombination mit Psoralen, einem Medikament, das die Haut lichtempfindlicher macht. Die Expertenmeinungen zu dieser Methode gehen auseinander, zumal ihre langfristige Anwendung das Risiko erhöht, an Hautkrebs zu erkranken. PUVA wird daher nur noch selten angewendet.

Im Jahr 2012 haben koreanische Wissenschaftler eine Fallstudie veröffentlicht, in der topisch angewandtes Calcipotriol innerhalb von drei Monaten zu einer vollständigen Remission führte.[6] Vergleichbare Ergebnisse konnten in einer weiteren Studie jedoch nur bei rund einem Viertel (27,1 Prozent) der untersuchten Patienten beobachtet werden, während insgesamt 75 % der Patienten eine Rückbildung ≥ 50 % erzielten.[7]

Derzeit forschen Wissenschaftler an spezifisch wirkenden Immunsuppressiva, also Substanzen, die Allergien und Autoimmunerkrankungen gezielt unterdrücken. Es ist denkbar, dass man eines Tages auch einen Wirkstoff findet, der bei kreisrundem Haarausfall hilft und kaum Nebenwirkungen hat.

Ein weiterer Ansatzpunkt für Mediziner sind spezielle Östrogenrezeptorblocker. Diese Substanzen werden derzeit erforscht.

Diffuser Haarausfall

Vom diffusen Haarausfall (diffuse Alopezie, telogenes Effluvium) spricht man, wenn die Haare vom gesamten Kopf abfallen. Dieser Haarausfall tritt mehr bei Frauen als bei Männern auf. Ursachen können Hormonschwankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Eisenmangel, Infektionen, Kopfhauterkrankungen, Lupus, Stress oder eine Fettunterversorgung sein. Einige Medikamente (so z. B. der Wirkstoff Methylphenidat, der in der Behandlung von ADHS und Narkolepsie eingesetzt wird) können ebenfalls zu Haarausfall führen. Auch Infektionen (A. symptomatica) können zu einem zeitlich begrenzten Haarverlust führen. Dazu gehören unter anderem: Impetigo contagiosa, Karbunkel, Wundrose und Gürtelrose. Eine einheitliche Diagnosemethode gibt es hier nicht, weil viele Faktoren mit hineinspielen.

Weitere Formen

Neben diesen typischen Alopecie-Formen gibt es noch folgende:

  1. A. actinica: strahlenbedingte A.
  2. A. mechanis (Alopecia traumatica): Haarausfall aufgrund von Druck, Zug oder Reibung; z. B.: durch Haarausreißen, Tragen von schweren Lasten auf dem Kopf oder langes Aufliegen des Kopfes bei Bettlägerigen oder Säuglingen. Hier gibt es auch mehrere Unterformen wie die A. liminaris, A. marginalis frontalis traumatica, Kissen-A., Säuglingsglatze (= A. neonatorum),
  3. A. seborrhoica: Haarausfall mit begleitender Überproduktion von Talg (siehe Seborrhö),
  4. A. muciosa: Haarausfall infolge Muzinose,
  5. A. parvimaculata: Haarausfall infolge einer Infektion,
  6. A. senilis: normaler Haarausfall im Alter,
  7. A. specifica / A. syphilitica: Haarausfall im Zuge des 2. Syphilis-Stadiums (siehe Syphilis),
  8. A. triangularis congenita Sabouraud: angeborene Haarlosigkeit in einem dreieckigen Bereich an den Schläfen, dessen Ursache ein Mangel an Haarfollikeln in diesem Hautbezirk ist,
  9. A. congenita: angeborene Haarlosigkeit am gesamten Körper.

Zytostatikatherapie/Radiotherapien

Durch die Gabe bestimmter Chemotherapeutika wird die Produktion eines Haares in der Haarwurzel kurzfristig gestört. Im Anschluss wächst das Haar normal weiter aus der Haarwurzel heraus. Kommt nun aber die fehlerhafte Stelle an die Hautoberfläche, was je nach Wachstumsgeschwindigkeit etwa 2–3 Wochen dauert, bricht es ab. Es „fallen“ büschelweise die Haare „aus“, wobei es eigentlich nur zu einem massiven Abbrechen kommt. Die Haare wachsen fast immer nach, da es eigentlich nie zu einer massiven Schädigung aller Haarwurzeln kommt.

Durch lokale gezielte Kälteeinwirkung (Hypothermie) wird die Durchblutung im Haarwurzelbereich nahezu unterbunden. Das Chemotherapeutikum kann dann seine schädigende Wirkung an den Haarwurzeln nicht entfalten. Dem Verlust der Haare wird so entgegenzuwirken versucht. Die Hypothermie ist aber nur unter bestimmten Bedingungen (Intensität/Dauer der Behandlung) und bei bestimmten Zytostatika wirkungsvoll.

Die Radiotherapie (Bestrahlung) kann lokal (nur im bestrahlten Feld) zu einem Haarverlust führen. Bei intensiver Bestrahlung kann es zu einer Zerstörung der Haarwurzeln kommen, so dass der Haarverlust irreversibel ist.

Weitere Ursachen

Neben den bereits erwähnten Ursachen für Haarausfall kann dieser im Zuge von Hungerkuren, bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Mellitus, Morbus Crohn (einer Entzündung der Darmwand), bei Bulimie (einem krankhaften übermäßigen Essbedürfnis mit anschließendem selbstherbeigeführten Erbrechen bzw. Abführmittelmissbrauch), bei Anorexie (Magersucht), bei Hypothyreose (einer Unterfunktion der Schilddrüse), selten auch bei einer Schilddrüsen-Überfunktion, bei Anämie (einer Verminderung bzw. Missbildung roter Blutkörperchen bzw. deren erniedrigtem Hämoglobingehalt) hervorgerufen werden. Auch bei Grippe, dem Erysipel (der Wundrose, einer meistens durch Streptokokken hervorgerufenen Hautinfektion), bei Infektionskrankheiten wie Typhus und Scharlach, bei Lupus und bei Depressionen kann Haarausfall vorkommen. Auch Geschlechtskrankheiten wie Syphilis (im zweiten und dritten Stadium) und Pilzerkrankungen können zu Haarausfall führen. Als Ursachen werden Allergien, Gefäßspasmen, Herdgeschehen, Unterfunktion der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), Fehlfunktion des Sympathikusnervs sowie psychische Traumata ins Auge gefasst. Das giftige Metall Thallium erzeugt bereits in Mengen unter einem Gramm Haarausfall.

Ein erheblicher Mangel an den Vitaminen K, H, A und B sowie an den Spurenelementen Zink oder Selen, der durch einseitige, über längere Zeit durchgeführte Diäten entsteht, kann ebenfalls Haarausfall auslösen. Auch eine massive Überdosierung an Folsäure, Vitamin A und C kann zum selben Effekt führen, besonders dann, wenn eine Nierenfunktionsstörung vorliegt. Auch eine vorgeschädigte Leber kann haartoxische Substanzen manchmal nicht schnell genug aus dem Stoffwechsel ziehen und abbauen.

Auch bestimmte Medikamente wie Antikoagulanzien (blutgerinnungshemmende Medikamente in hoher Dosierung), Beta-Blocker, Retinoide (Vitamin-A-Derivate, die bei Hautkrankheiten eingesetzt werden), Thyreostatika (Schilddrüsen-Medikamente), Gestagene (Kontrazeptiva), Statine (Cholesterinsenker), Pestizide sowie ionisierende Strahlung können zu Haarausfall führen.

Weiterhin liegen Hinweise darauf vor, dass ein Zusammenhang zwischen Nikotinkonsum und Haarausfall bei Männern bestehen könnte.[8][9]

Im Unterschied zu androgenetischem (erblichem) Haarausfall fällt das Haar durch diese Ursachen jedoch in der Regel diffus/ganzkörperlich und nicht in den typischen männlichen Stadien des Hamilton-Norwood-Schemas bzw. weiblichen Stadien mit diffusem Haarausfall mit Haarkranz am Kopf aus.

Aufgrund der hormonellen Schwankungen leiden Frauen oftmals in der Schwangerschaft und Stillzeit unter Haarausfall.

Feststellung der Ursachen des Haarausfalls

Um die mögliche Ursache des Haarausfalls herauszufinden, wird die Durchführung folgender Bluttests empfohlen: Blutbild, Blutsenkung, Schilddrüsen- und Nierenfunktionsparameter, Calcium, Zink, Selen und Eisen im Serum, Ferritin, Transaminasen und Immunglobulin E (IgE)-Spiegel. Wichtig sind auch die Hormone Testosteron, Östrogen und Progesteron sowie die antinukleären und Schilddrüsen-Antikörper.

Haarausfall und „Kopfhautschmerzen“, „Haarschmerz“

Rund ein Drittel der weiblichen und etwa 10 % der männlichen Haarausfall-Patienten leiden Studien zufolge zeitgleich unter „Haarschmerz“, „Haarkatarrh“, „Kopfhautschmerzen“ (Trichodynie).[10][11] Dieses Jucken, Spannen, Brennen oder Schmerzen auf der Kopfhaut bereitet den Betroffenen zusätzlich zum Haarausfall große Probleme.

Behandlung

Dem Haarausfall kann man unterschiedlich begegnen: Zum einen kann versucht werden, ihn medikamentös zu behandeln oder ihn mit kosmetischen Hilfsmitteln zu kaschieren. Bei starkem Haarausfall ist der Besuch eines Hautarztes empfehlenswert. Der normale Haarausfall wird mit etwa 60–120 Haaren pro Tag angegeben, bei Frauen gibt es allerdings hormonbedingte Schwankungen, die Einfluss auf das Haarwachstum haben können.

Medikamentöse Behandlung

Bei der Behandlung von Haarausfall gibt es verschiedene Behandlungsansätze. Die Medikamente werden entweder oral eingenommen oder topisch auf die betroffen Hautstellen aufgetragen. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Medikation von Männern und Frauen zumeist unterscheidet.

  1. Beeinflussung des Hormonstatus: Oft ist die Ursache für den Haarausfall ein zu hoher Spiegel von Dihydrotestosteron, welches dem aktivierten Testosteron entspricht. Bei Männern kann versucht werden, die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron zu hemmen. Beispiele für Wirkstoffe, die diesen Mechanismus anwenden, sind zum einen Finasterid (siehe auch Post-finasteride syndrome) oder Dutasterid, wobei Dutasterid jedoch für diese Anwendung nicht zugelassen ist (nur Off-Label-Use möglich). Hierbei muss beachtet werden, dass gerade schwangere Frauen diese Substanzgruppe keinesfalls einnehmen dürfen, da dies ihr Kind gefährden kann. Anders als bei Männern kann bei Frauen versucht werden, Antiandrogene wie Cyproteron einzusetzen. Die meisten dieser Stoffe sind verschreibungspflichtig.
  2. Minoxidil ist eine flüssige Substanz, die man auf die betroffenen Stellen aufträgt.
  3. Alfatradiol ist ein Stereoisomer des weiblichen Sexualhormons 17β-Estradiol. Es ist in Deutschland als Medikament gegen androgenetischen Haarausfall bei Männern und Frauen zugelassen und insgesamt gut verträglich. Aufgrund des Anteils an 2-Propanol kann bei der Anwendung ein kurzfristiges Brennen auf der Kopfhaut entstehen.
  4. Hauptsächlich gegen die Alopecia areata bzw. entzündliche Veränderungen der Kopfhaut angewendet werden cortisonhaltige Medikamente. Bei dieser Erkrankung gibt es außerdem eine Reiztherapie.
  5. Gegen diffusen Haarausfall gibt es unterschiedliche rezeptfreie Produkte, die oft unter anderem Cystin und B-Vitamine enthalten, die den Haarausfall stoppen und das Haarwachstum wieder normalisieren sollen. Cystin ist der Hauptbestandteil des Haarkeratins, die Vitamine B1 und B5 spielen bei der Zellteilung, also auch der Bildung von neuen Haarzellen, eine wichtige Rolle. Ferner gibt es rezeptfreie Aufbaustoffe, deren Wirksamkeit aber nur teilweise wissenschaftlich belegt ist. Man kann z. B. Biotin-Präparate (auch Vitamin H oder Vitamin B7 genannt) verwenden. Biotin ist essentiell für die Bildung der Hornsubstanz Keratin und trägt somit wesentlich zum gesunden Wachstum von Haut, Haaren und Fingernägeln bei. Hochdosiert kann es das Haarwachstum fördern und die Haarqualität und Widerstandsfähigkeit (z. B. bei dünnem oder brüchigem Haar) verbessern. Es ist allerdings in größeren Studien noch nicht gezeigt worden, dass Biotin gegen Haarausfall hilft.

Für fast alle Produkte gilt: Setzt man die Substanz ab, so fällt das neugewonnene Haar wieder aus. Das heißt, man muss die Substanzen ein Leben lang einnehmen bzw. auftragen, um einen dauerhaften Erfolg zu erreichen. Alle Präparate benötigen mindestens zwei Monate, bevor überhaupt eine Besserung möglich ist, da ein neuwachsendes Haar diese Zeit benötigt, um durch die Haut zu wachsen. Finasterid-basierte Produkte müssen etwa sechs Monate angewandt werden, bevor erste Erfolge sichtbar werden können.

Behandlungserfolge

Die Stiftung Warentest untersuchte 2003 in einer umfassenden Studie[12] 21 häufig verkaufte bzw. verschriebene Mittel gegen androgenetischen Haarausfall. Darunter befanden sich Arzneimittel, Kosmetika, Haarelixiere, Shampoos und Haarkuren. In einer Bewertungsskala von 1 (geeignet) bis 4 (wenig geeignet) wurden 19 der Mittel mit der Note 4 (wenig geeignet) bewertet. Die abschließende Bewertung zu den gesamten frei verkäuflichen Mitteln gegen Haarausfall lautete: „Eine spezifische Wirkung bei Haarausfall ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegt, deshalb zur Behandlung von Haarausfall wenig geeignet“. Auch bei den Arzneimitteln schnitten fast alle untersuchten Mittel mit der Note 4 (wenig geeignet) ab. Lediglich zwei Arzneimittel erreichten die Bewertungsstufe 3 (Finasterid, Minoxidil). Beide Behandlungsansätze wirken sich in einer nachgelagerten Phase der Verursachungskette ein wenig auf die Durchblutung der Kopfhaut beziehungsweise auf die Anlagerung von DHT aus. Des Weiteren gibt es zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel, die dem Haarausfall entgegenwirken sollen. Die Wirkung dieser Produkte konnte klinisch bisher aber nicht bestätigt werden.

Haartransplantation

Der letzte Ausweg ist die Haartransplantation, welche jedoch nicht bei an einer Autoimmunkrankheit oder an entzündlichem Haarausfall leidenden Personen angewendet werden kann.

Kaschieren

Kaschieren bzw. Kosmetik ist eine häufig angewendete Methode, um die Zeit zu überbrücken, bis die anderen Mittel angeschlagen haben. Denkbar sind hierbei diverse Methoden der Haarverdichtung (sofern wenig Resthaar vorhanden) oder Haarteile (bei fehlendem Resthaar oder großen kahle Stellen). Eine weitere Möglichkeit ist es den Kopf ganz zu rasieren.

Sonstiges

Darüber hinaus gibt es noch zwei Ansätze bei der Behandlung von Alopecia areata. Die erste Variante ist, das Immunsystem so weit zu schwächen, dass es die Haare nicht mehr angreifen kann. Die zweite Variante ist, dem Immunsystem beizubringen, die Haare nicht mehr anzugreifen und abzustoßen.

Haarausfall – Einfluss auf Psyche und Berufswahl

Selbstbild/Fremdbild – Psyche

Nach Ansicht des Psychologen Ronald Henss (Universität Saarbrücken),[13] sind die Auswirkungen des (männlichen) Haarausfalls primär psychischer Natur und lassen sich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten u. a.:

  • Wirkung auf Andere (Fremdbild)
  • Psychologische Konsequenzen (Selbstbild, psychische Probleme)
  • Soziale Konsequenzen (z. B. Partnerschaft, Beruf)

Ausführliche Darstellungen zur Wirkung auf Andere bieten z. B. die hair-language Studien von Reinhold Bergler.[14] Dabei wurden die Probanden u. a. gebeten, Eigenschaften von Personen zu bewerten, die über volles Haar verfügten oder unter Haarausfall in den unterschiedlichen Verlaufsformen (Hamilton-Norwood-Schema, Ludwig-Schema) litten.

Zu bewertende Eigenschaften waren u. a.

  • Optimismus, Flexibilität, Jugendlichkeit
  • Soziale Aufgeschlossenheit, Lebenszufriedenheit, Spontaneität, Durchsetzungsvermögen
  • Sportliche Aktivität, Gesundheitsbewusstsein, Intelligenz
  • Physische Attraktivität und (eingeschätztes) Selbstwertgefühl
  • Berufliche Orientierung und Leistungsmotivation
  • Soziale Attraktivität und Modebewusstsein
  • Ordnungswille

An diesen Kriterien orientiert werden Männer mit wenigen oder keinen Haaren im Vergleich zu Männern mit vielen Haaren z. B. als älter und intelligenter,[15] aber auch als weniger dominant, weniger dynamisch und weniger maskulin wahrgenommen.[16]

In der Eigenwahrnehmung der Betroffenen geht der Verlust der Haare z. B. mit dem Verlust des Selbstwertgefühls, Introversion, Depressionen, Neurotizismus und Gefühlen der Unattraktivität im Selbstbild einher.[17] Dieses negative Selbstbild kann sich im sozialen Umfeld, in der beruflichen Entwicklung und selbstverständlich auch im Bereich der Partnerwahl auswirken.

Einfluss von Haarausfall auf Personalentscheidungen

Neben den oben beschriebenen Einflüssen von Haarausfall auf Fremd- und Selbstbild – und somit auch auf die Partnerwahl – stellt eine EMNID-Studie aus dem Jahr 1999 die Auswirkungen der Fremdwirkung von Haarausfall für Personalentscheidungen dar.[18] Danach werden Bewerber, die auf dem Foto ihrer Bewerbungsunterlagen volles Haar hatten, von Personalleitern deutlich häufiger zum Bewerbungsgespräch eingeladen als bei Bewerbern bzw. Bewerbungen mit schütterem Haar – bei sonst gleichen Voraussetzungen.

Studie: Eine Glatze verschafft Macht und Erfolg

Laut einer Studie[19] aus dem Jahr 2012 von Albert Mannes von der Wharton Business School wird die Glatze gesellschaftlich mittlerweile anders beurteilt. Die Studie ergab, dass die Glatze für Größe, Achtung und Macht stehe. Unbehaarte wirkten dominanter und kräftiger. Sie wurden im Experiment um durchschnittlich 2,5 cm größer eingeschätzt. Weitere Eigenschaften, die mit Glatze in Verbindung stünden, seien Aggressivität, Männlichkeit, Wettbewerbsstärke und Erfolg. Dagegen wirkten Toupets und überkämmte Haarlücken als lächerlich.

Herkunft des Begriffs Alopezie

Die Bezeichnung Alopezie entstand bereits in der Antike. Es war zu der Zeit bereits ein Haarausfall mit kahlen Stellen bei Füchsen bekannt (s. Fuchsräude), was dazu führte, dass von der griechischen Bezeichnung für Fuchs, Alopex, die Bezeichnung des Krankheitsbildes Alopezie abgeleitet wurde.[20]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Alopecia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Haarausfall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b B. M. Piraccini, A. Alessandrini: Androgenetic alopecia. In: Giornale Italiano di Dermatologia e Venereologia. Band 149, Nr. 1, 2014, ISSN 0392-0488, S. 15–24, PMID 24566563.
  2. a b Androgenetic alopecia
  3. Luis A. Garza u. a.: Prostaglandin D2 Inhibits Hair Growth and Is Elevated in Bald Scalp of Men with Androgenetic Alopecia. In: Sci Transl Med. Band 4, Nr. 126, 2012, S. 126ra34, doi:10.1126/scitranslmed.3003122.
  4. Androgenetische Alopezie: Prostaglandin erklärt Haarausfall. auf: aerzteblatt.de
  5. The yin and yang of male pattern baldness. auf: sciencenews.org
  6. DH Kim et al.: Successful Treatment of Alopecia Areata with Topical Calcipotriol. In: Annals of Dermatology., 2012 Aug, 24(3), S. 341–344, doi:10.5021/ad.2012.24.3.341, PMC 3412244 (freier Volltext)
  7. AA Çerman et al.: Topical Calcipotriol Therapy for Mild-to-Moderate Alopecia Areata: A Retrospective Study. In: Journal of Drugs in Dermatology., 2015, 14(6), S. 616–620, PMID 26091388.
  8. Smoking accelerates men’s hair loss. auf: reuters.com
  9. A. A. Iyanda: Serum Vitamin Levels in Different Categories of Androgenetic Alopecia Subjects. (2012) 1, S. 137. doi:10.4172/scientificreports.137
  10. A. Rebora, M. T. Semino, M. Guarrera: Trichodyniea. In: Dermatology, 1996, 192(3), S. 292–293.
  11. I. Kivanc-Altunay u. a.: The presence of trichodynia in patients with telogen effluvium and androgenetic alopecia. In: Int J Dermatol. 2003 Sep;42(9), S. 691–693.
  12. Mittel gegen Haarausfall. In: Test, 10/2003.
  13. Ronald Henss: Social perceptions of male pattern baldness. A Review. In: Dermatology + Psychosomatics. 2, 2001, S. 63–71.
  14. R. Bergler, T. Hoff: Psychologie des ersten Eindrucks, Die Sprache der Haare. Dt. Inst.-Verlag, 2001.
  15. M. S. Wogalter u. a.: Effects of cranial and facial hair on perceptions of age and person. In: Journal of Social Psychology, 1991, S. 589–591.
  16. J. Butler u. a.: impression formation as a function of male baldness. In: Perceptual and Motor Skills, 1998. 86, S. 347–350.
  17. Wells u. a.: Does fortune favour the bald? Psychological correlates of hair loss in males. In: British Journal of Psychology, 1995, 86, S. 337–344.
  18. B. Tischer: Einfluss von Haarausfall auf Personalentscheidungen. EMNID-Institut, Healthcare, Pullach 1999.
  19. : Eine Glatze verschafft Macht und Erfolg. Die Zeit Online, 11. Oktober 2012, abgerufen am 23. Februar 2013.
  20. Zusammenfassung zu Wolfgang Raab: Haarerkrankungen in der dermatologischen Praxis. Springer, Berlin/ Heidelberg 2012, Kap. Alopecia areata. doi:10.1007/978-3-642-20528-6_5