Internationales Auschwitz Komitee

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Internationales Auschwitz Komitee
Gründung 1952
Sitz Berlin
Website www.auschwitz.info

Das Internationale Auschwitz Komitee (IAK) wurde 1952 von Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau gegründet. Viele der Leitungsmitglieder waren ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers, die als Gründer und Mitglieder des IAK als deren Aufgabe sahen, für „die Gesamtheit der Überlebenden und Opfer von Auschwitz“ zu sprechen.[1] Das Komitee diente und dient bis heute als „Interessenvertretung seiner Mitglieder, zur Koordinierung der Tätigkeiten nationaler Auschwitz-Komitees und fördert das Gedenken an den Holocaust“.[2]

Die IAK wurde als internationaler Dachverband gegründet, der die nationalen Lagerkomitees und Verbände der NS-Überlebenden koordinieren sollte. Dem Komitee gehören Organisationen aus 19 Ländern an (Australien, Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn und USA).

Im Juni 2002 wurde in Oświęcim beschlossen, in Berlin ein Koordinationsbüro des IAK zu errichten. Seit 2004 wird die Arbeit des IAK vom Bundesministerium des Innern institutionell und finanziell gefördert und seit 2003 befindet sich die Geschäftsstelle des IAK in Räumlichkeiten der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin. Ehrenpräsident war Kurt Goldstein († 2007), Präsident des IAK ist seit 2011 Roman Kent (New York).[3]

Gründung des IAKs

Die Landschaft der Verbände und Organisationen der NS-Verfolgten in der Nachkriegszeit war groß und vielseitig. 1947 wurde in Warschau die Fédération Internationale des Anciens Prisonniers Politiques (FIAPP) mit Sitz in Paris und Generalsekretariat in Warschau gegründet, die halbwegs politisch offen, aber zweifellos antifaschistisch orientiert war. Auf dem zweiten „Weltkongress“ der FIAPP mit dem Ziel, „die Kampagne gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands und gegen die Gleichsetzung der Sowjetunion mit dem Nationalsozialismus zu zentralisieren und sie von einer allzu deutlichen Nähe zu den osteuropäischen Regierungen abzusetzen“, wurde im Juli 1951 eine neue Organisation gegründet, die Fédération Internationale des Résistants (FIR). Deren Sitz war das neutrale Österreich und die Organisation sollte die Interessen von NS-Verfolgten vertreten, sich mit den Fragen der Entschädigung und mit deren sozialen und rechtlichen Situation befassen.[4] 1952 war Warschau der Ort, an dem Vertreter von NS-Überlebenden aus zahlreichen europäischen Ländern sich für eine Tagung versammelten, die auch die Kampagnen gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik zum Thema hatte. Dort wurde ein Zusammenschluss der NS-Verfolgten unter dem Dach der FIR beschlossen, der die Aufgabe hatte, Kampagnen und Aktionen durchzuführen, die den Frieden gefährden würden, als Auskunftsstelle über vermisste Personen dienen sollte und sich der Bearbeitung aller Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz widmen soll. Obwohl ein Komitee gewählt wurde, gab es keine Hinweise über die begonnene Arbeit. Die FIR berief Ende 1953 erneut eine internationale Tagung ein, die im März in Wien ausgerichtet wurde. Der polnische Journalist Henryk Korotinsky wurde als Präsident gewählt, Hermann Langbein als Generalsekretär und die Französin Louise Alcan als Sekretärin.[5] Langbein wurde 1961 aus politischen Gründen abgewählt – zunächst folgte der Ausschluss von der KPÖ und danach verlor er die Funktion des Generalsekretärs wegen Kritik an den kommunistischen Parteien. Dies führte zu Konflikten zwischen den kommunistisch geprägten Länderkomitees und der Leitung des IAK, was zur Folge hatte, dass Langbein aus seinen Funktionen entlassen wurde.[6] Langbeins Engagement war enorm und auf seine Initiative gingen zahlreiche Aktivitäten des Komitees zurück. Zur Zeit seiner Aussage im 1. Frankfurter Auschwitzprozess im März 1964 war er 51 Jahre alt und lebte als Schriftsteller in Wien.[7][8] Sein Nachfolger als Generalsekretär im IAK wurde Tadeusz Hołuj.[9]

Die Arbeit des IAK in der Nachkriegszeit

Die Aktivitäten und Aufgaben, mit denen sich die IAK-Mitglieder beschäftigten, waren zahlreich, verschiedenartig und bedeutend. Das Komitee hatte sich in den wenigen Jahren zwischen 1956 und 1961 als internationale Organisation etabliert und seine Arbeitsschwerpunkte in vielerlei Richtungen entwickelt. Die Zielsetzungen der Organisation fasst Baron Maurice Goldstein, damaliger Präsident, so zusammen:

Das Internationale Auschwitz Komitee wurde […] mit verschiedenen Zielsetzungen gegründet: Um die Welt wissen zu lassen, was im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau geschah. Als Vertretung für die Interessen der Überlebenden. Um den Kontakt zwischen den nationalen Auschwitz Komitees zu fördern und zu unterstützen.
Vor dem Hintergrund des vermehrten Aufkommens von Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus und insbesondere der wachsenden Verleugnung dessen, was in Auschwitz passierte, wurde auf der Generalversammlung von 1992 entschieden, allen Organisationen, die aktiv daran arbeiten, ‚Auschwitz‘ eine wichtige Position in der moralischen und politischen Debatte und in der Ausbildung jüngerer Generationen zu sichern, die Möglichkeit einer Mitgliedschaft im IAK zu eröffnen. […]
[…] denken Sie daran, dass mit der Niederlage des Dritten Reiches, die Nazi-Ideologie nicht verschwunden ist, dass faschistische und neonazistische Bewegungen, Organisationen und Parteien bereit sind, neues Unheil über die Menschen zu bringen.[10]

An dieser Stelle wird ersichtlich, dass das IAK eine wichtige Rolle in der Vergangenheit gespielt hatte, aber es wird auch deutlich, dass ihre Ziele in der Zukunft liegen. Die politische und gesellschaftliche Rolle, vor allem wenn es um die jüngere Generation geht, ist ein klarer Schwerpunkt in der Arbeit des IAKs.

Die ehemaligen Häftlinge der Konzentrations- und Vernichtungslager und andere Verfolgte organisierten sich in einer Struktur – dem Internationalen Auschwitz-Komitee (IAK). Sie haben in vielerlei Hinsicht beachtliche Arbeit in der Nachkriegszeit geschaffen, die bis heute ihre Wirkung hat. Die NS-Verfolgten forschten und publizierten zur Geschichte und Auswirkungen der Konzentrationslager, sammelten Berichte, Informationen, Dokumente und Fotos, entwickelten Formen des Gedenkens und schufen Orte dafür. Ihre bedeutendsten Erfolge waren aber die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Verbrechen des Nationalsozialismus, der Kampf für die Entschädigung der Opfer und die Arbeit, die sie im Bereich der Strafverfolgung der Täter leisteten.

Die Bedeutung der Arbeit des IAK wird noch deutlich durch die Brückenfunktion, die sie im Kalten Krieg zwischen Ost- und Westeuropa hatte. Katharina Stengel beschreibt die Arbeit des IAK in der Nachkriegszeit folgendermaßen: „In der Hochphase des Kalten Krieges war dieses Komitee mit seinen grenzüberschreitenden Netzwerken und Aktivitäten und der proklamierten Überparteilichkeit ein fast einzigartiges Experiment“.[11] Die Erfolge in all diesen Bereichen und seine ununterbrochene Arbeit bis heute zeigen, dass das IAK nicht nur ein Experiment war, sondern Bedeutendes für die Nachwelt geleistet hat.

Die meisten Mitglieder des IAK und anderer Organisationen, für die sie als Dachverband galt, waren ehemalige KZ-Häftlinge. Ihr Weg zur Anerkennung des Unrechts und Leids, das ihnen zugefügt wurde, war nicht leicht und stets mit ihrer aktiven politischen Rolle als Akteure in der postnationalistischen Gesellschaft verbunden. Sie versuchten hartnäckig, „ihre Erfahrungen zu artikulieren, ihre Interessen in der Öffentlichkeit zu vertreten und das Beschweigen der NS-Vergangenheit zu verhindern“. Ihre Rolle als politische Akteure schuf kritische Ansätze für die „Bewältigung“ der Vergangenheit und zeigte die Bedeutung der NS-Verfolgten in den Auseinandersetzungen um Wiedergutmachung, die juristische Ahndung der NS-Verbrechen oder auch im Bereich der gesellschaftspolitischen und sozialpsychologischen Auseinandersetzung mit den Grundlagen des Nationalsozialismus.[12] Die NS-Überlebenden bzw. das IAK setzten sich für den Aufbau einer neuen Welt, für Frieden und Freiheit ein, um die Wiederkehr solcher schrecklichen Ereignisse zu verhindern.[13] In diesem Zusammenhang leistete das IAK Beachtliches für die folgenden Generationen und ist bemüht, diesem weiter gerecht zu bleiben.

Die Entschädigung der NS-Verfolgten

Das IAK befasste sich ab 1956 intensiv mit der Entschädigungsfrage von ehemaligen KZ-Häftlingen durch bundesdeutsche Behörden und Unternehmen. Diese Agenda stand von Beginn an auf der Tagesordnung des Komitees, aber nur ein ganz kleiner Teil der Auschwitz-Überlebenden konnte Entschädigungszahlungen erhalten. Eins der Probleme, warum keine Entschädigungen gezahlt werden konnten, war das 1953 erlassene Bundesergänzungsgesetz (BErG), dann das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) von 1956, das auf in Westdeutschland lebende Verfolgte ausgerichtet war, „die aus politischen, weltanschaulichen oder rassischen Gründen“ verfolgt worden waren. Die ausländischen Verfolgten mussten sich an ihre Staaten wenden, um Entschädigungen aus den Reparationszahlungen an die jeweiligen Länder zu bekommen. Diese wurden durch das Londoner Schuldenabkommen bis zum Abschluss von Friedensverträgen vertagt und so dauerten die Reparationen und somit auch die Entschädigungen jahrzehntelang.[14] Katharina Stengel sagt zu der Arbeit des IAK im Bereich der Entschädigung der NS-Verfolgten Folgendes:

Das IAK stand in seinen Bemühungen, Entschädigung für Auschwitz-Häftlinge zu erreichen, Industrieunternehmen, bundesdeutschen Behörden und Ministerien gegenüber, aber auch – in nicht minder konflikthaftem Verhältnis – Vertretern anderer Opfergruppen. Die Erfolge, die das Komitee in den Verhandlungen erzielen konnte, waren nur möglich geworden durch einen enormen Aufwand an Zeit und finanziellen Mitteln für die vielen Verhandlungen, Delegationsreisen, Tagungen, juristische Beratungen und Hilfen für die Antragsteller. Über solche Ressourcen verfügten die wenigsten Organisationen ehemaliger KZ-Häftlinge.[15]

Die juristische Verfolgung der NS-Verbrecher

Die womöglich bedeutendsten Erfolge des IAK in der Nachkriegszeit sind im Bereich der juristischen Verfolgung festzuhalten. Katharina Stengel beschreibt die Arbeit des Komitees im Nachkriegs-Deutschland als äußerst bedeutend und notwendig. Das war ein wichtiger Schritt in der umfangreichen Arbeit gegen die nationalsozialistischen Verbrecher, die danach langsam entstanden ist:

„In der Bundesrepublik war bis Anfang der 60er kaum einer der SS-Angehörigen aus Auschwitz angeklagt oder verurteilt worden, Ermittlungen waren nur zufällig oder auf Initiative der Opfer. 1955 schloss sich das IAK der Strafanzeige des Zentralrats der Juden in Deutschland gegen den berüchtigten Auschwitzer SS-Arzt Carl Clauberg an und begann damit seine umfangreiche »Aktion gegen die SS«.“[16]

Die Arbeit der Mitglieder und Begründer des IAK erstreckte sich weit und war schwer und gefährlich. Sie sammelten Informationen über die Lager und die Verbrechen, um die Verantwortlichen zu ermitteln. Sie erstatteten Strafanzeige auf eigener Initiative und versuchten persönliche Informationen über die NS-Täter zu erfahren. Sie sammelten Beweismaterial, versuchten Zeugen ausfindig zu machen und übergaben diese Informationen den zuständigen Behörden.

Eine sehr bedeutende Rolle hatte das IAK während des Kalten Krieges. Es hatte eine Brückenfunktion, indem Kontakte zwischen westdeutschen und polnischen Ermittlungsbehörden – und überhaupt zwischen West und Ost – hergestellt werden konnten. Es war aber nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Beweissammlung jenseits des Eisernen Vorhangs. Hinzu kam, dass die Mitglieder Zeugen und NS-Verbrecher in der ganzen Welt ausfindig machen konnten.[17][18]

Die Bedeutung für das Zustandekommen des 1. Frankfurter Auschwitzprozesses

Dass der 1. Frankfurter Auschwitzprozess stattfinden konnte, ist zum großen Teil den Ermittlungen des IAK zu verdanken. Er wäre aber auch nicht ohne das persönliche Engagement von Hermann Langbein möglich gewesen, der dessen Generalsekretär war. Langbein wurde aber 1961 aus politischen Gründen abgewählt und gehörte 1963 zu den Mitbegründern des Comité International des Camps in Warschau, dessen Sekretär er in der Folgezeit war. Durch seine ausgezeichneten Kontakte war Langbein in der Lage, Zeugen für die Frankfurter Staatsanwaltschaft in Polen zu finden, und hatte auch Verbindungen zu polnischen Juristen, obwohl in der Zeit des Kalten Krieges keine diplomatischen Beziehungen bestanden. Er trieb die Ermittlungen durch das IAK voran und ermöglichte es Zeugen, die sich nach dem Ende der NS-Zeit in verschiedenen Ländern verstreut hatten, ausfindig zu machen und sie zu Aussagen für einen Prozess zu überreden.[19] An dieser Stelle wird ersichtlich, dass Langbeins Rolle in den Ermittlungen für den Prozess eine leitende war, da er über die Aktivitäten des IAK hinaus agierte.[20]

Die Bedeutung des 1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses liegt zunächst einmal darin, dass er überhaupt zustande kam, da es enorme Schwierigkeiten und Hindernisse zu bewältigen gab, die ihm im Weg standen. Eine zentrale Rolle spielte der ehemalige hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der als Initiator des Prozesses gilt. Ohne die erforderlichen Informationen, ohne bestimmte Dokumente oder das Ausfindigmachen von Zeugen, die für den Prozess aussagten, wäre der Prozess jedoch unmöglich gewesen.[21] Hier rückt die Bedeutung von Hermann Langbein für das Zustandekommen des 1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses in den Vordergrund. Er leistete Beachtliches, aber nicht nur unmittelbar vor dem Prozess, sondern sein Engagement reicht bis zu den Ermittlungen für den Eichmann-Prozess zurück.

Langbein hatte sich die Verhaftung und Verurteilung Adolf Eichmanns zum persönlichen Ziel gemacht und 1959 in Österreich Strafanzeige gegen ihn erstattet. Im selben Jahr hatte Fritz Bauer über Henry Ormond, der seit 1950 als Rechtsanwalt in Frankfurt wirkte, Kontakt zu Langbein aufgenommen, weil dieser angeboten hatte, eine Ortsbesichtigung in Auschwitz zu ermöglichen. Nach Informationen aus dem Briefwechsel von Henry Ormond gab es zwischen dem 3. und 6. März 1961 ein denkwürdiges Treffen in einem Frankfurter Hotel. Hermann Langbein aus Wien, Thomas Harlan aus Warschau und Henry Ormond aus Frankfurt, die sich persönlich bemühten, Informationen für einen Prozess im Fall Adolf Eichmann zu beschaffen, machten Fritz Bauer das damals umfangreichste Exemplar der Argentinien-Papiere zugänglich, das kurz zuvor noch bei Robert Eichmann – dem Bruder – gelegen hatte. Sie wurden am 6. Mai begutachtet und man kam zu dem Ergebnis, dass sie echt waren und die Handschrift eindeutig von Eichmann stammte. Diese Dokumente belasteten Eichmann enorm.[22]

Ein früherer Auschwitz-Häftling, der damals in Bruchsal in der Landesstrafanstalt einsaß, erstattete im März 1958 Anzeige gegen den SS-Oberscharführer und ehemaligen Angehörigen der politischen Abteilung in Auschwitz, Wilhelm Boger, und wusste, wo Boger wohnte. Er informierte auch das IAK in Wien.[23] Hermann Langbein wandte sich mehrfach an die Staatsanwaltschaft in Stuttgart und an die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Sachen Boger und erklärte seine Bereitschaft, noch weiteres Material zur Verfügung zu stellen, da er sich ebenfalls an die Taten des NS-Verbrechers erinnerte. Langbein befürchtete, dass Boger einen Fluchtversuch unternehmen würde, wenn sich die Ermittlungen weiter verzögern würden, und nannte der Staatsanwaltschaft noch weitere Zeugen, die in diesem Fall aussagen konnten. Boger wurde daraufhin schließlich im Jahr 1958 verhaftet und der Auschwitz-Prozess wurde langsam in Bewegung gesetzt.[24]

Im Fortgang des Ermittlungsverfahrens gelang es, vor allem durch die Mithilfe des IAK bzw. des persönlichen Engagements von Hermann Langbein zahlreiche Auschwitz-Täter ausfindig zu machen. Die Bekanntschaft, die Langbein noch 1959 mit Fritz Bauer machte, spielte durchaus eine Rolle bei den Ermittlungen zum Auschwitz-Prozess. Langbein ermöglichte es zudem noch, Kontakt zur Volksrepublik Polen herzustellen, mit der die Bundesregierung damals noch keine diplomatischen Beziehungen unterhielt. Diese „deutsch-polnische Zusammenarbeit“ ermöglichte dem Gericht einen Ortstermin auf dem Gelände des Vernichtungslagers Auschwitz. Hermann Langbein setzte sich persönlich dafür ein, genügend Zeugen für den Prozess zu finden und sie zu ermutigen, nach Deutschland zu kommen.[25]

Die Arbeit des IAK heute

Die Arbeit des Internationalen Auschwitz Komitees widmet sich vor allem der Erinnerungskultur in Deutschland, aber auch auf der ganzen Welt. Ihre Bemühungen, die Öffentlichkeit weiterhin über die Verbrechen des Nationalsozialismus zu informieren, werden durch die weiter bestehenden antisemitischen Einstellungen in der Gesellschaft, die eine Bedrohung für die Erinnerungskultur darstellen, bestätigt. Christoph Heubner äußert seine Bedenken und bestärkt die Notwendigkeit, sich weiterhin mit dieser Thematik zu beschäftigen und die Öffentlichkeit darüber aufzuklären:

„Und heute kriechen der Antisemitismus und antijüdische Stereotypen in Deutschland erneut aus den Ecken – teils in altbekannter Weise. Neu ist jedoch, dass der Antisemitismus in die Mitte der Gesellschaft wächst, dass er immer öfter salonfähig wird. Für die Überlebenden ist das zum Verzweifeln: Wenn dreißig Prozent der Befragten in einer kürzlich in Deutschland vorgelegten Studie meinen, dass „die Juden die Erinnerung an den Holocaust heute für ihren eigenen Vorteil ausnutzen“, ist das ein Angriff auf die Würde und ein Schlag ins Gesicht jedes Menschen, der Auschwitz und andere deutsche Konzentrationslager überlebt hat.“[26]

Antisemitismus ist nicht nur in Deutschland präsent, sondern in vielen anderen Ländern. Das IAK und die Länderkomitees führen deshalb ihre Arbeit nicht begrenzt auf einzelne Länder aus, sondern auf der ganzen Welt. Im Fokus der Arbeit des Komitees stehen die Jugendlichen. Sie sollen wissen, was passiert ist, und dafür verantwortlich sein, dass solche Taten nie wieder passieren. Christoph Heubner sagt dazu:

Die Überlebenden haben nicht geschwiegen. Sie haben ihre Erinnerungen bei unzähligen Gesprächen mit jungen Menschen weitergegeben. Ich kenne viele junge Menschen für die diese Begegnungen mit Überlebenden zu einem ganz prägenden Teil ihres Erwachsenwerdens gehören, die sie nicht vergessen werden: Sie sind die Zeugen der Zeitzeugen geworden.“[27]

Seit 2010 wird die Skulptur „to B remembered“ vom IAK an Persönlichkeiten vergeben, „die nach dem Gedanken der Überlebenden von Auschwitz ‚Nie wieder!‘ handeln.“ 2013 wurde in Berlin auch ein öffentliches Denkmal mit der Statue „to B remembered“ geschaffen.[28]

Das IAK forscht weiter über die Thematik von Auschwitz und die Erinnerungskultur und hat zahlreiche Publikationen dazu herausgegeben. Des Weiteren existiert die Zeitung „Remember to Think“, die sich dieser Thematik widmet.

Siehe auch

Literatur

  • Eichmüller, Andreas: „Die Mörder sind unter uns“ – Die zweite Hälfte der 50er Jahre. In: Keine Generalamnestie. Die Staatsverfolgung von NS-Verbrechen in der frühen Bundesrepublik. Oldenbourg Verlag, München 2012, ISBN 978-3-486-70412-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). S. 135–142.
  • Heinisch, Ingrid: Das Zentrum des Weltgewissens. (Zur Geschichte des IAK) (aus Neues Deutschland vom 13. Oktober 2005)
  • Irmer, Thomas: „Ihr langes Schweigen ist sicherlich Resignation …“ Norbert Wollheim, Edmund Bartl, Hermann Langbein und die Auseinandersetzung um Entschädigung für NS-Zwangsarbeit nach 1945. In: Opfer als Akteure. Interventionen ehemaliger NS-Verfolgten. Fritz Bauer Institut (Hrsg.). Campus Verlag, Frankfurt/Main 2008, ISBN 978-3-593-38734-5, S. 87–106.
  • Neumann, Philipp: Rezension zu: Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. Frankfurt am Main 2012. 29. April 2013. In: H-Soz-u-Kult, abgerufen am 1. Juni 2013
  • Pendas O., Devin: Der Auschwitz-Prozess. Völkermord vor Gericht. 2013, S. 40.,PDF, abgerufen am 1. Juni 2013
  • Stangneth, Bettina: „Nein, das habe ich nicht gesagt“. Eine kurze Geschichte der Argentinien-Papiere. In: Geschichte und Wirkung des Holocausts. Adolf Eichmann vor Gericht. Der Prozess in Argentinien. Fritz Bauer Institut. Einsicht 05. Bulletin des Fritz Bauer Instituts. S. 18–26., Fritz Bauer Institut (PDF), abgerufen am 4. Juni 2013
  • Stengel, Katharina: Auschwitz zwischen Ost und West. Das Internationale Auschwitz-Komitee und die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Auschwitz. Zeugen und Berichte. In: Fritz Bauer Institut (Hrsg.) Opfer als Akteure. Interventionen ehemaliger NS-Verfolgten. Campus Verlag, Frankfurt/Main 2008, ISBN 978-3-593-38734-5, S. 174–197.
  • Stengel, Katharina: Die ehemaligen NS-Verfolgten – Zeugen, Kläger, Berichterstatter. In: NS-Prozesse und deutsche Öffentlichkeit – Besatzungszeit, frühe Bundesrepublik und DDR. Jörg Osterloh, Clemens Vollnhals (Hrsg.). Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung; #045. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, 2011, ISBN 978-3-525-36921-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). S. 307–323
  • Stengel, Katharina: Die ersten Jahre des Internationalen Auschwitz-Komitees. In: Hermann Langbein: ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. Wissenschaftliche Reihe des Fritz-Bauer-Instituts. Campus Verlag, Frankfurt [u. a.] 2012, ISBN 978-3-593-39788-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).S. 143–280
  • Wojak, Irmtrud: „Die Mauer des Schweigens durchbrochen“. In: „Gerichtstag halten über uns selbst …“ Geschichte und Wirkung des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses. Fritz Bauer Institut (Hrsg.). Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2001, S. 21–31.
  • Wojak, Irmtrud: Fritz Bauer und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen nach 1945. Blickpunkt Hessen. S. 1–20. Hessische Landeszentrale für politische Bildung (PDF), abgerufen am 4. Juni 2013

Weblinks

Commons: Internationales Auschwitz Komitee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stengel, Katharina: Auschwitz zwischen Ost und West. Das Internationale Auschwitz-Komitee und die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Auschwitz. 2008, S. 177–179.
  2. Internationales Auschwitz-Komitee. Das Komitee, abgerufen am 4. Juni 2013
  3. Internationales Auschwitz-Komitee. Das Komiteeabgerufen am 4. Juni 2013
  4. Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. 2012, S. 127.
  5. Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. 2012, S. 143.
  6. Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. 2012, S. 460–463.
  7. Irmer, Thomas: „Ihr langes Schweigen ist sicherlich Resignation …“ Norbert Wollheim, Edmund Bartl, Hermann Langbein und die Auseinandersetzung um Entschädigung für NS-Zwangsarbeit nach 1945. Fritz Bauer Institut (Hrsg.). 2008, S. 100–104.
  8. Stengel, Katharina: Auschwitz zwischen Ost und West. Das Internationale Auschwitz-Komitee und die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Auschwitz. 2008, S. 178.
  9. Pendas O., Devin: Der Auschwitz-Prozess. Völkermord vor Gericht. 2013, S. 40.
  10. Baron Maurice Goldstein, damaliger Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees am 27. Januar 1995 in Birkenau anlässlich der Zeremonie zum 50. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz.Internationales Auschwitz-Komitee. Geschichte des IAK, abgerufen am 4. Juni 2013
  11. Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. 2012, S. 9.
  12. Stengel, Katharina: Auschwitz zwischen Ost und West. Das Internationale Auschwitz-Komitee und die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Auschwitz. 2008, S. 8.
  13. Internationales Auschwitz-Komitee. Das Vermächtnis der Überlebenden. Berlin, 25. Januar 2009, abgerufen am 4. Juni 2013
  14. Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. 2012, S. 223.
  15. Stengel, Katharina: Hermann Langbein. Ein Auschwitz-Überlebender in den erinnerungspolitischen Konflikten der Nachkriegszeit. 2012, S. 276.
  16. Stengel, Katharina: Die ehemaligen NS-Verfolgten – Zeugen, Kläger, Berichterstatter. 2011, S. 181.
  17. Stengel, Katharina: Auschwitz zwischen Ost und West. Das Internationale Auschwitz-Komitee und die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Auschwitz. 2008, S. 181–183.
  18. Stengel, Katharina: Die ehemaligen NS-Verfolgten – Zeugen, Kläger, Berichterstatter. 2011, S. 318.
  19. vgl. Stangneth, Bettina: „Nein, das habe ich nicht gesagt“. Eine kurze Geschichte der Argentinien-Papiere. Fritz Bauer Institut. S. 22.
  20. vgl. Irmer, Thomas: „Ihr langes Schweigen ist sicherlich Resignation …“ Norbert Wollheim, Edmund Bartl, Hermann Langbein und die Auseinandersetzung um Entschädigung für NS-Zwangsarbeit nach 1945. Fritz Bauer Institut (Hrsg.). 2008, S. 101.
  21. vgl. Wojak, Irmtrud: Fritz Bauer und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen nach 1945. Blickpunkt Hessen. 2011, S. 6.
  22. Stangneth, Bettina: „Nein, das habe ich nicht gesagt“. Eine kurze Geschichte der Argentinien-Papiere. Fritz Bauer Institut. S. 22–25.
  23. Wojak, Irmtrud: „Die Mauer des Schweigens durchbrochen“. Fritz Bauer Institut (Hrsg.). Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2001, S. 7.
  24. vgl. Wojak, Irmtrud: „Die Mauer des Schweigens durchbrochen“. Fritz Bauer Institut (Hrsg.). Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2001, S. 22.
  25. vgl. Wojak, Irmtrud: Fritz Bauer und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen nach 1945. Blickpunkt Hessen. 2011, S. 7.
  26. Internationales Auschwitz-Komitee. Aktuellesabgerufen am 4. Juni 2013
  27. Internationales Auschwitz-Komitee. Aktuellesabgerufen am 4. Juni 2013
  28. Internationales Auschwitz-Komitee. B-die Skulpturabgerufen am 4. Juni 2013