Jörg Schulze (Physiker)

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Jörg Schulze
Erfindung des Tunneltransistors (v. l. n. r.: Jörg Schulze, Christoph Fink, Walter Hansch)

Jörg Schulze (* 8. Mai 1972 in Leipzig) ist ein deutscher Physiker und Elektrotechnik-Ingenieur sowie Universitätsprofessor an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und Institutsleiter des Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schulze wuchs in Leipzig auf und studierte von 1990 bis 1996 Physik an der Technischen Universität „Carolo Wilhelmina“ zu Braunschweig. Dies beendete er 1996 als Diplom-Physiker. Von 1997 bis 2000 promovierte er unter der Leitung von Ignaz Eisele am Institut für Physik der Universität der Bundeswehr in München mit dem Dissertationsthema „Bor-Oberflächenphasen in vertikalen Si- und SiGe-Schichtstrukturen“[1] zum Doktor-Ingenieur. Im Anschluss daran habilitierte Schulze am selben Institut zum Thema „Das Vertikal- und Quasivertikalkonzept der Silizium-basierten MOSFET-Technologie“ und schloss diese erfolgreich im Jahr 2004 ab.[2] Ein Forschungsaufenthalt bei Kang L. Wang am Device Research Laboratory (DRL) der University of California in Los Angeles (UCLA) unterstützte seine Arbeit an der Habilitation. Schulze besitzt die Venia Legendi für Mikroelektronik und Halbleiterphysik.

In den Jahren 2004 bis 2008 ergänzte Schulze seine Hochschulausbildung durch eine Tätigkeit in der Industrie bei der Siemens Corporate Technology (CT) der Siemens AG in München als Senior Consultant „Technisches Risikomanagement“ und Kompetenzfeldleiter „Mathematical Engineering“.

Im Oktober 2008 erhielt Schulze den Ruf als ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Halbleitertechnik an der Universität Stuttgart. In dieser Zeit hat Schulze das Konzept des „ei-bauhaus“ ins Leben gerufen, welches – angelehnt an das Lehrkonzept des Bauhauses Weimar – progressive Wege in der forschungsbasierten Lehre und praxisorientierten Ausbildung gehen und so die universitäre Ingenieursausbildung des 21. Jahrhunderts neu gestalten soll.[3] Junge Menschen sollen durch eine praxisorientiertere Ausbildung befähigt werden, schöpferisch und kreativ in Teams zu lernen und zu arbeiten.

Seit September 2021 ist Schulze Universitätsprofessor am Department Elektrotechnik-Elektronik-Informationstechnik (EEI) der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und hat den Lehrstuhl für Elektronische Bauelemente inne.[4] Weiterhin ist er Institutsleiter des Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen.[5]

Wissenschaftliche Arbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während seiner frühen Tätigkeit an der Universität der Bundeswehr München beschäftigte sich Schulze intensiv mit der Heteroepitaxie (Molekularstrahlepitaxie) von Silizium-Germanium-Halbleiterlegierungen und Bor-Oberflächenphasen auf Silizium und deren Integration in vertikalen, nanoelektronischen Bauelementen wie Nano-MOSFETs und Tunneltransistoren. Bei einem Besuch 1998 bei Walter Hansch an der Universität Hiroshima, Japan entwickelten die beiden das Konzept eines vertikalen Tunneltransistors, der die Schwächen der damaligen planaren MOSFETs (Kurzkanaleffekte) überwinden konnte. Sie nannten den Transistor in Erinnerung an den Nobelpreisträger Leo Esaki (Nobelpreis 1973) zum 25-jährigen Nobelpreis-Jubiläum Esakis „Esaki-Tunneltransistor“. In den Laboren des Institutes für Physik an der Universität der Bundeswehr in München realisierte dann Jörg Schulze zusammen mit Christoph Fink den Tunneltransistor. Die Ergebnisse publizierten sie erstmalig unter dem Titel „Realization of Silicon Esaki Tunneling Transistor“ auf der International Joint Conference on Silicon Epitaxy and Heterostructures (IJC-Si) in Miyagi, Japan im September 1999.[6] Seit der 62nd Annual Device Research Conference (DRC-62) an der University of Notre Dame, USA, im Juni 2004 erfährt das Konzept des Tunneltransistors eine breite internationale Aufmerksamkeit als Schulze zusammen mit Krishna K. Bhuwalka und Ignaz Eisele theoretisch zeigen konnte, dass die Unterschwellwertsteigung des Tunneltransistors bei Raumtemperatur nicht auf 60 Millivolt pro Dekade begrenzt ist.[7] Seit 2009 ist der Tunneltransistor als „Emerging Research Device“ Gegenstand der International Roadmap for Semiconductors (ITRS).[8]

An der Universität Stuttgart beschäftigte er sich intensiv mit der Materialsynthese des Halbleiterlegierungssystems Silizium-Germanium-Zinn und der Herstellung nanoelektronischer Halbleiterbauelemente aus diesen Legierungen. Konkret beschäftigte er sich dabei mit Halbleiterbauelementen aus den Gebieten Leistungselektronik, Bipolartechnik, Photonik, Nano-CMOS und Quantenelektronik. Zentraler Fokus lag dabei auf der Integration dieser Bauelemente in die Silizium-Standardtechnologieplattform.

In seiner heutigen Forschung fokussiert sich Schulze neben der Halbleitertechnik und Halbleitertechnologie Silizium-Germanium-Zinn-basierter Bauelemente auf die Herstellung von Leistungshalbleiterbauelementen aus sogenannten „Wide Bandgap“-Halbleitern wie Siliziumkarbid, Galliumnitrid und Gallium(III)-oxid und auf die Erforschung von Farbzentren in Siliziumkarbid und darauf aufbauenden Quantentechnologien.

Schriften und Publikationen (Auszug)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jörg Schulze: Bor-Oberflächenphasen in vertikalen Si- und SiGe-Schichtstrukturen. 2000 (unibw.de [abgerufen am 5. Mai 2022]).
  2. Jörg Schulze: Konzepte Silizium-basierter MOS-Bauelemente : mit 29 Tabellen / Jörg Schulze. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23437-3 (dnb.de [abgerufen am 5. Mai 2022]).
  3. ei-bauhaus stuttgart | Fakultät 5: Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik | Universität Stuttgart. Abgerufen am 5. Mai 2022.
  4. Jörg Schulze › Lehrstuhl für Elektronische Bauelemente. Abgerufen am 5. Mai 2022.
  5. Amtsantritt Prof. Jörg Schulze. Abgerufen am 5. Mai 2022.
  6. W Hansch, C Fink, J Schulze, I Eisele: A vertical MOS-gated Esaki tunneling transistor in silicon. In: Thin Solid Films. Band 369, Nr. 1, 3. Juli 2000, ISSN 0040-6090, S. 387–389, doi:10.1016/S0040-6090(00)00896-8 (sciencedirect.com [abgerufen am 5. Mai 2022]).
  7. K.K. Bhuwalka, J. Schulze, I. Eisele: Scaling the Vertical Tunnel FET With Tunnel Bandgap Modulation and Gate Workfunction Engineering. In: IEEE Transactions on Electron Devices. Band 52, Nr. 5, Mai 2005, ISSN 0018-9383, S. 909–917, doi:10.1109/TED.2005.846318 (ieee.org [abgerufen am 5. Mai 2022]).
  8. ITRS Reports. Abgerufen am 5. Mai 2022.