Kirche Alt-Rahlstedt

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Die Kirche von der Pfarrstraße gesehen
Sakristei, Chor und Kriegerdenkmal
Innenraum, Blick auf Altar, Kanzel und Triumphkreuz
Glasfenster Stillung des Seesturms

Die zur Nordkirche gehörende Alt-Rahlstedter Kirche ist eines der ältesten Kirchengebäude im norddeutschen Raum mit sehenswerten Kunstwerken. Sie gehört heute zum Hamburger Bezirk Wandsbek und liegt im Stadtteil Rahlstedt zwischen der Pfarrstraße und dem Fluss Wandse. Bis zum Groß-Hamburg-Gesetz gehörten der Ort Rahlstedt und damit auch die Kirche zu Stormarn, daher wird die Kirche in älterer Literatur häufig zu Stormarn gezählt. Bis heute haben sich Verbindungen in das Hamburger Umland erhalten, so ist z.B. die Kirche von Braak eine Tochterkirche der Kirche Alt-Rahlstedt.

Bau und Erweiterungen bis 1964

Die Kirche wurde in mehreren Abschnitten errichtet und stellt sich heute als Ergebnis verschiedener Bauperioden dar. Der Hauptraum ist aus Feldsteinen errichtet und flach gedeckt, der polygonale Chor weist ein Gewölbe auf. Chor und Hauptraum sind einheitlich mit einem Satteldach überdacht. Der mit Holzschindeln gedeckte und in Fachwerkbauweise errichtete Turm ist auf der Wetterseite massiv in Backstein ausgeführt.

Die Kirche wurde 1248 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, ihre ältesten Teile stammen wahrscheinlich aus dem späten 12. Jahrhundert.[1] Unter dem Chor fanden sich Hinweise auf einen Vorgängerbau, die jedoch nicht datiert werden konnten. Wahrscheinlich wurde das Langhaus zuerst gebaut und in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts um den heutigen Chor mit seiner früh-gotischen Apsis erweitert. Um das Jahr 1400 herum erhielt das Langhaus vergrößerte Fenster, von denen sich noch eines auf der Südseite, unmittelbar neben der Vorhalle, erhalten hat. Die heutige Sakristei ist ein kleiner Vorbau auf der Südseite, dessen Alter sich bisher nicht genau feststellen lässt, der aber erst nach der Reformation errichtet worden sein dürfte. Von einem früher angenommenen zweiten Vorbau auf der Nord- bzw. Flussseite[2] fanden sich bis heute keine konkreten Spuren. Der steinerne Turm wurde zusammen mit der westlichen Vorhalle im frühen 17. Jahrhundert errichtet, hatte aber wahrscheinlich einen frei stehenden hölzernen Vorgänger. Ein vergleichbares Alter weisen alle Teile der heutigen Dachkonstruktionen auf, das Dach über dem Chor stammt von 1587, das Turmdach von 1610 und das Dach das Langhauses von 1619. Alle Dachkonstruktionen sind im Laufe der Geschichte mehrfach repariert, jedoch nie vollständig ausgetauscht worden. Im Hauptraum wurde erst 1633 der Lehmboden durch einen Steinfußboden ersetzt.

Die Kirche war früher von einem Friedhof umgeben, der 1844 eingeebnet wurde, nachdem man von 1829 an einen neuen Friedhof angelegt hatte. An der Kirche erinnern heute nur noch eine Gedenksäule zu Ehren der im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 gefallenen Alt-Rahlstedter Bürger und einige Grabsteine an der Außenwand an den alten Friedhof.

Die Höhe des Turms beträgt 30 m, das Kirchenschiff ist 11 m hoch, 49 m lang und 10 m breit.

Ausstattung

Auf dem Altar der Kirche steht ein Altaraufsatz aus dem Jahre 1695. Im Bogen am Eingang des Chorraumes hängt ein Triumphkreuz aus dem 14. Jahrhundert, das ursprünglich ein Vortragekreuz für Prozessionen und Beerdigungen war. Die Barockkanzel von 1634 stammt aus der ersten Wandsbeker Kirche.[3] Graf Christian von Schimmelmann hat sie 1801, als diese Kirche abgebrochen wurde, der Alt-Rahlstedter Kirche geschenkt, weil sie ihm für die neue Wandsbeker Kirche zu klein erschien. Die beiden im Innenraum hängenden Messingkronleuchter mit dem charakteristischen Doppeladler stammen aus dem Jahr 1744.

Vom ehemaligen Altar aus dem 15. Jahrhundert sind noch zwei Apostelfiguren vorhanden, die heute die Nordwand des Chorraumes schmücken und die Petrus und Jakobus den Älteren darstellen. Da die Kirche als Stationskirche eines mittelalterlichen „Jakobspilgerweges“ erwähnt wird, schließen manche Autoren zusammen mit den erhaltenen Apostelfiguren darauf, dass der Apostel Jakobus der ursprüngliche Namenspatron der Kirche gewesen sein könnte.

Taufschale, Osterkerzenleuchter und die zwei Altarkerzenleuchter sind aus Silber und stammen vom Hamburger Silberschmied Wilfried Moll.[4]

Viele der farbigen Glasfenster sind 1937 von Ina Hoßfeld geschaffen worden.[5] Die meisten dieser Fenster wurden 1943 bei einem Bombenangriff zerstört, heute sind noch das Weihnachtsfenster, die Stillung des Seesturms und Teile des Kreuzigungsfensters erhalten. Das älteste Glasfenster der Kirche auf der Nordseite stammt vom Ende des 17. Jahrhunderts und zeigt vier Stifterwappen von Familien, die einen Großteil der Renovierungen nach dem Dreißigjährigen Krieg finanziert haben.

Glocken

Die Kirche besitzt drei Glocken, eine kleine Uhrschlagglocke von 1819 draußen am Turm und zwei große im Turmhelm für das Geläut.

Die kleinere der Glocken im Turm ist die älteste Glocke der Kirche und stammt aus dem Jahr 1494. Sie trägt die Inschrift: Anno DM.M.IIIIC.XC.IIII Do.makede.meister.Harmen.Bonstede.desse.Klocken („Anno Domini.1000.4einhundert.90.4 da machte Meister Harmen Bonstede diese Glocke“). Sie gilt heute als die älteste noch vorhandene Glocke, die von Hamburger Gießern nach Stormarn geliefert wurde. Ihr Schlagton ist f′, sie wiegt 930 kg und hat einen Durchmesser von 1160 mm.

Die große Glocke aus dem Jahre 1580 wurde im Ersten Weltkrieg wegen des Rohstoffmangels für die Rüstungsproduktion eingeschmolzen und erst 1930 durch eine neue Bronzeglocke ersetzt. Diese fiel im Zweiten Weltkrieg ebenfalls wieder dem Rohstoffmangel zum Opfer. Die heutige Glocke aus Gussstahl mit der Inschrift Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit stammt aus dem Jahre 1955. Ihr Schlagton ist as′, sie wiegt 430 kg und hat einen Durchmesser von 1050 mm.

Instandsetzungen und Sanierungen nach 1964

Im Jahre 1964 wurde die Kirche unter der Leitung der Architekten Friedhelm Grundmann und Horst Sandtmann umfangreich restauriert, wobei diese Arbeiten mit archäologischen Forschungen verbunden wurden. Seit diesem Jahr gab es nur noch im Innenraum größere Veränderungen. Im Zuge der Sanierung entfernte man das bisher auf dem Altar stehende Marmorkruzifix, da es sich für den neu gestalteten Raum als zu wuchtig erwies. Das Kruzifix steht heute auf dem Gräberfeld der Pastoren auf dem Rahlstedter Friedhof. Der Altaraufsatz wurde 1981 wieder auf den Altartisch gestellt, nachdem er 1904 an die Nordwand gehängt wurde. Der Turm erhielt 1981 ein neues Dach aus Holzschindeln. Bei diesen Arbeiten wurde zeitgleich der Wetterhahn restauriert.[6] In den Jahren 2008 bis 2010 mussten weite Teile der hölzernen Bauelemente (Dachstuhl, Deckenbalken, Fachwerk) auf Grund eines Befalls mit dem bunten Nagekäfer saniert werden.[7]

Wegen des erhalten gebliebenen Charakters einer mittelalterlichen Dorfkirche ist die Altrahlstedter Kirche heute eine der beliebtesten Hochzeitskirchen Hamburgs.

Orgel

Orgelprospekt

Die erste Orgel der Kirche wird 1697 erwähnt, sie wurde auf Grund ihres „sehr mäßigen“ Klanges 1880 durch eine Marcussen-Orgel ersetzt. Diese war bis 1964 in Gebrauch, ihr Nachfolger ist eine 1969 eingebaute und heute noch vorhandene Führer-Orgel. Sie verfügt über 16 Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Ihre Disposition lautet:[8]

I Hauptwerk C–
1. Gemshorn 8′
2. Rohrflöte 8′
3. Prinzipal 4′
4. Gedackt 4′
5. Waldflöte 2′
6. Mixtur IV
II Rückpositiv C–
7. Gedackt 8′
8. Rohrflöte 4′
9. Prinzipal 2′
10. Quinte 11/3
11. Scharff III
12. Krummhorn 8′
Tremulant
Pedal C–
13. Subbass 16′
14. Pommer 8′
15. Prinzipal 4′
16. Clarine 2′

Fotografien

Koordinaten: 53° 35′ 48″ N, 10° 9′ 2″ O

Karte: Hamburg
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Kirche Alt-Rahlstedt

Literatur

  • Ralf Lange: Architektur in Hamburg. Junius Verlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-88506-586-9, S. 208.
  • Thilo Schöfbeck: Bauhistorisches Gutachten der Kirche Alt-Rahlstedt. 2009, S. 1–7 (online [abgerufen am 25. November 2011]).
  • Gottwalt Hübner, Gerhard Modersitzki: Die Alt-Rahlstedter Kirche in Geschichte und Gegenwart. Selbstverlag Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt, Hamburg 1965.
  • Annemarie Lutz: Rahlstedt 1927 bis 1977. Streifzüge durch ein halbes Jahrhundert. M+K Hansa Verlag, Hamburg 1977, ISBN 3-920610-17-2.
  • Annemarie Lutz: Altrahlstedt an der Rahlau. Heimatgeschichtliche Betrachtungen aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Hiltrud Tiedemann Verlag, Hamburg 1989, ISBN 3-926102-04-7.
  • Peter Kriz, Horst Klöckner: Kirche zu Alt-Rahlstedt (Informationsflyer). Selbstverlag Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt, Hamburg 2011.

Einzelnachweise

  1. Dietrich Hellmund: Der historische Kontext der Urkunde von 1248, die als erste den Ort „Rahlstedt“ erwähnt. In: Rahlstedter Jahrbuch für Geschichte & Kultur. Nr. 8. Rahlstedter Kulturverein, 2006, S. 68–72.
  2. Kirchgang in Alt-Rahlstedt von Otto Speckter, 1861. Abgerufen am 6. Dezember 2011.
  3. Helmuth Fricke, Michael Pommerening, Richard Hölck: Die Kirchen am Wandsbeker Markt. Mühlenbek-Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-9807460-2-X, S. 22–24.
  4. Beispiele der Arbeit Wilfried Molls für Kirchen. Abgerufen am 5. März 2012.
  5. Biographie von Ina Hoßfeld. Webseite des Museums Naumburg. Abgerufen am 25. November 2011.
  6. Hans G. Stark: Der Hahn zeigt wieder, woher der Wind weht. In: Hamburger Abendblatt. 13. Oktober 1981.
  7. Ergebnis der Sanierung auf der Homepage der Gemeinde. Abgerufen am 25. November 2011.
  8. Eintrag in der Orgeldatenbank orgbase.nl. Abgerufen am 26. September 2012.

Weblinks

Commons: Kirche Alt-Rahlstedt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien