Landesbank Sachsen

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Logo der Sachsen LB – Landesbank Sachsen Aktiengesellschaft

Die Landesbank Sachsen Aktiengesellschaft (Sachsen LB) war die Landesbank des Freistaates Sachsen mit Sitz in Leipzig.

Die am 1. Januar 1992 in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts gegründete und als Landesbank Sachsen Girozentrale firmierende Landesbank wurde 2007 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und firmierte vom 26. Oktober 2007 bis 30. März 2008 als Landesbank Sachsen Aktiengesellschaft.[1] Zuletzt wurde sie in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt und firmierte für einen Tag vom 31. März 2008 bis 1. April 2008 als Sachsen Bank Anstalt öffentlichen Rechts & Co. KG. Sie war seit dem 1. Januar 2008 eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und wurde zum 1. April 2008 auf diese verschmolzen.

Das regionale Kundengeschäft wird seither von der LBBW zusammen mit den bisherigen BW-Bank-Filialen in Halle (Saale), Leipzig und Dresden unter dem neuen Markennamen Sachsen Bank weiterbetrieben. Die Sachsen Bank übernimmt als regionale Kundenbank das Geschäftsfeld des Unternehmenskundengeschäfts mit Fokus auf das Mittelstandsgeschäft und das Geschäftsfeld Private Banking als operativ selbstständige Einheit innerhalb der LBBW.[2]

Aufgaben

Der Bank oblagen die Aufgaben einer Staats- und Kommunalbank der sächsischen Sparkassen. Sie wurde aus einer Förderbank, die zum Beispiel Kredite und Bürgschaften für Wirtschaftsprojekte vergab, in eine Investmentbank umgestaltet. Nach dem Wegfall der Gewährträgerhaftung 2005 hafteten die Träger der Bank, also der Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe, nicht mehr im vollem Umfang und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Bank.[3] Die Sachsen LB war Geschäftsbank und betrieb als öffentlich-rechtliches Wettbewerbsunternehmen Bankgeschäfte aller Art und sonstige Geschäfte, die ihren Zwecken dienten.

Organisationsstruktur

Vorstand der Landesbank Sachsen Girozentrale

Folgende Personen waren Vorsitzende des Vorstandes:

  • Michael Weiss von 1992 bis 2005
  • Hans-Jürgen Klumpp kommissarisch 2005
  • Herbert Süß von 2005 bis 15. September 2007[4]
  • Joachim Hoof vom 15. September 2007 bis 26. Oktober 2007[4]

Folgende Personen waren Mitglieder im Vorstand:

  • Eckhard Laible
  • Hans-Jürgen Klumpp von 1993 bis November 2005[5]
  • Dieter Burgmer von 2000 bis 2001
  • Rainer Fuchs von 2002 bis 2005
  • Gerrit Raupach von 2005 bis 30. Juni 2006[4]
  • Stefan Leusder vom 1. November 2005 bis 23. August 2007[4]
  • Yvette Bellavite-Hövermann vom 1. September 2006 bis 30. August 2007[4]
  • Werner Eckert vom 1. September 2006 bis 30. August 2007[4]
  • Wolf-Dieter Ihle vom 30. August 2007 bis 26. Oktober 2007[4]
  • Harald R. Pfab vom 4. September 2007 bis 26. Oktober 2007[4]

Verwaltungsrat der Landesbank Sachsen Girozentrale

  • Uwe Albrecht (unbekannt–30. November 2006), Mitglied
  • Christine Boragk (31. Mai 2007–26. Oktober 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Michael Czupalla (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Achim Eißler (unbekannt–30. Mai 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Michael Geisler (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Reiner Grimm, Mitglied
  • Andrea Haas (31. Mai 2007–26. Oktober 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Wieland Hiller (unbekannt–30. MAi 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Claus Friedrich Holtmann (1. Februar 2007–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Joachim Hoof (20. März 2006–4. September 2007), Mitglied
  • Burkhard Jung (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Thomas Jurk, Mitglied
  • Petra Kockert, Mitglied
  • Peter Krakow (unbekannt–19. März 2006), Mitglied
  • Catrin Kullmann (unbekannt–30. Mai 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Rainer Kutschke (unbekannt–19. März 2006), Mitglied
  • Dirk Lindner (31. Mai 2007–26. Oktober 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Bernd Michallik (unbekannt–19. März 2006), Mitglied
  • Reimund Neugebauer (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Benedikt Niemeyer, Mitglied
  • Ingolf Roßberg, Mitglied
  • Matthias Rößler (1. Dezember 2006–14. Oktober 2007), Mitglied
  • Arthur Scholz (unbekannt–19. März 2006), Mitglied
  • Andreas Schramm (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Friedhelm Schutt (31. Mai 2007–26. Oktober 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Jörg-Udo Veldten (unbekannt–30. Mai 2007), Mitglied Arbeitnehmervertreter
  • Rainer Voigt (unbekannt–31. Dezember 2006), Mitglied
  • Ronald Weckesser (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied
  • Hermann Winkler (20. März 2006–26. Oktober 2007), Mitglied

Liquiditätskrise 2007

Die Sachsen LB hatte über ihre irische Tochtergesellschaft „Sachsen LB Europe plc“,[6] Dublin und die Conduits „Ormond Quay Funding“[7] und „Georges Quay Funding“[8] Verbriefungsgeschäfte mit amerikanischen Hypothekenmarktkrediten, jedoch nicht aus dem Subprime-Segment, betrieben.[9] Im Zuge der amerikanischen Hypothekenmarktkrise im Sommer 2007 waren diese Conduits zeitweise nicht mehr in der Lage, ausreichend kurzfristige Anleihen auf dem Kapitalmarkt zu platzieren, um ihre erworbenen langfristigen Kredite in vollem Umfang zu refinanzieren.[10]

Obwohl die Sachsen LB noch am 10. August 2007 mitteilte, dass sie über ausreichende Liquidität verfüge,[11] mussten ihr nur sieben Tage später die Sparkassen-Organisationen eine Kreditlinie von 17,3 Mrd. Euro zur Verfügung stellen,[12] da wegen mangelnder Liquidität ihre Existenz gefährdet war[13] und auf Grund der Gewährträgerhaftung das Land Sachsen sämtliche bis 2005 begründeten Forderungen daraus hätte erfüllen müssen. Diese Kreditlinie war an die Bedingung geknüpft, dass sich die Sachsen LB einer Übernahme durch einen finanzkräftigen Investor stellt.[14]

In den darauffolgenden Tagen schied zunächst der für das Kapitalmarktgeschäft zuständige Vorstand Stefan Leusder aus dem Unternehmen aus,[15] die Veröffentlichung des Halbjahresberichts wurde verschoben[16] und es begann die Suche nach einem Investor, um die Sachsen LB durch eine Übernahme vor drohenden Verlusten aus weiteren Kapitalmarktfonds zu retten.[17]

Am 26. August 2007 übernahm die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die Sachsen LB mit Wirkung zum 1. Januar 2008 für einen Kaufpreis von zunächst „mindestens 300 Mio. Euro“, dessen endgültige Festlegung aber erst nach einer abschließenden Bewertung des Unternehmens am Jahresende 2007 erfolgen soll. Im Rahmen dieser Übernahme stellte die LBBW weitere 250 Mio. Euro Soforthilfe zur Verfügung.[18][19]

Ende August 2007 wurden zwei weitere Vorstandsmitglieder abberufen, und der Vorstandsvorsitzende Herbert Süß erklärte seinen Rücktritt zum 15. September 2007.[20] In einer Sondersitzung des Sächsischen Landtags zum Verkauf der Sachsen LB erklärte der sächsische Finanzminister Horst Metz seinen Rücktritt zum 30. September 2007. Der Landtag wurde über den erfolgten Verkauf in der Sitzung lediglich informiert und durfte unter Begründung eines drohenden Finanznotstands nicht selber entscheiden.[21]

Nachdem die endgültige Übernahme Anfang Dezember zu scheitern drohte, wurde in der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 2007 eine abschließende Einigung über die Übernahme der Sachsen LB durch die LBBW erzielt. Diese beinhaltet u. a. weitreichende finanzielle Bürgschaften über 2,75 Milliarden Euro durch das Land Sachsen.[22] Von diesen Bürgschaften wurden mittlerweile (Stand Oktober 2015) rund 1,34 Milliarden abgerufen.[23] [24] [25] Da mittlerweile auch die sächsische Landesregierung eingesehen hat, dass sie offenbar die gesamte Garantiesumme wird übernehmen müssen, wurden nun auch die restlichen 1,75 Milliarden Euro in einen Garantiefonds zurückgelegt.[26]

Am 1. April 2008 wurde die Sachsen LB auf die LBBW verschmolzen und erlosch damit. Das regionale Kundengeschäft wird seither von der LBBW zusammen mit den bisherigen BW-Bank-Filialen in Halle, Leipzig und Dresden unter dem neuen Markennamen Sachsen Bank weiterbetrieben. Dies betrifft allerdings nur einen Teil der 600 Mitarbeiter der ehemaligen Sachsen LB. Weitere Teile des Geschäfts der Sachsen LB wurden von einer neu gegründeten LBBW-Niederlassung in Leipzig übernommen.[2]

Ernst & Young hat dem ehemaligen Vorstandsgremium der Sachsen LB eklatante Fehler vorgeworfen. So sei das Kreditersatzgeschäft außerbilanziell auch nicht vom Risikoanalysesystem der Bank erfasst worden. Ernst & Young kritisiert darüber hinaus, dass zu Beginn der Finanzmarktkrise 2007 keine „erkennbaren Maßnahmen“ getroffen wurden, um die Risiken zu senken; stattdessen aber das Geschäft ausgeweitet und neue Zweckgesellschaften gegründet wurden. Ernst & Young wurde im September 2007 durch die Sächsische Staatsregierung beauftragt, die Vorgänge in der Sachsen LB zu begutachten.[27]

Schließlich kündigte der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt am 14. April 2008 u. a. wegen der Krise bei der Landesbank Sachsen seinen Rücktritt von allen seinen Ämtern (u. a. als Ministerpräsident und als Landesvorsitzender der CDU) an.

In der Folgezeit ermittelte die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen ehemalige Vorstandsmitglieder. Eine erste Anklage wurde im September 2011 erhoben. Darin warf die Staatsanwaltschaft drei früheren Vorständen vor, die Jahresabschlüsse 2003 und 2004 unrichtig erstellt zu haben.[28]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung 26. Oktober 2007: Rechtsformwechsel zur Aktiengesellschaft vollzogen.
  2. a b Sachsen LB heißt jetzt Sachsen Bank. In: FAZ, 27. März 2008
  3. Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen im Freistaat Sachsen. Vom 13. Dezember 2002, §67, §36 (PDF)
  4. a b c d e f g h Landesbank Sachsen: Jahresabschluss zum 31. Dezember 2006 und 2007 Suche im elektronischen Bundesanzeiger
  5. Artikel In: Sächsische Zeitung, 28. Februar 2008, abgerufen am 7. Januar 2011.
  6. https://search.cro.ie/company/CompanyDetails.aspx?id=312697&type=C
  7. https://search.cro.ie/company/CompanyDetails.aspx?id=383193&type=C
  8. https://search.cro.ie/company/CompanyDetails.aspx?id=367304&type=C
  9. sachsenlb.ie On the right Track. (Memento vom 18. November 2007 im Internet Archive) (PDF; archive.org; 1,3 MB)
  10. sachsenlb.de
  11. Stellungnahme zur Situation am ABS-Markt. (PDF; 27 kB) Mitteilung der Sachsen LB vom 10. August 2007
  12. Ad-hoc-Mitteilung der Sachsen LB vom 17. August 2007; http://www.sachsenbank.de/sb/1000012130-de.html
  13. Unternehmen droht Kreditklemme. In: Handelsblatt, 20. August 2007.
  14. Hilfsaktion für Landesbank – Retter setzen Sachsen unter Druck. In: Spiegel Online, 20. August 2007
  15. Stefan Leusder scheidet aus dem Vorstand aus. (PDF; 22 kB) Mitteilung der Sachsen LB vom 23. August 2007.
  16. Sachsen LB veröffentlicht Halbjahresbericht am 31. August 2007 Mitteilung der Sachsen LB vom 24. August 2007.
  17. SachsenLB soll bis Sonntag gerettet sein (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive)
  18. Kabinett stimmt Verkauf der Sachsen LB zu (tagesschau.de-Archiv), Tagesschau (ARD) vom 26. August 2007.
  19. LBBW übernimmt Sachsen LB. Presseinformation der LBBW vom 26. August 2007
  20. Veränderungen im Vorstand Mitteilung der Sachsen LB vom 30. August 2007
  21. Minister stürzt wegen Bankenkrise. In: Die Zeit online, 2007
  22. Eigentümer einigen sich auf Rettung der Sachsen LB. In: Spiegel Online, 13. Dezember 2007
  23. Sachsen zahlt wieder für Landesbank-Desaster
  24. Sachsen zahlt weitere Millionen für frühere Landesbank
  25. Weitere Millionen für Fast-Pleite der Sachsen LB
  26. http://www.mdr.de/nachrichten/landesbank-sachsen-schuldentilgung100_zc-e9a9d57e_zs-6c4417e7.html
  27. Prüfer rügen Sachsen-LB-Manager. (Memento vom 6. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) In: Financial Times Deutschland, 11. März 2008
  28. FAZ, 8. September 2011, S. 15