Patrick Breyer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Oktober 2016 um 15:30 Uhr durch BurghardRichter (Diskussion | Beiträge) (→‎Landtagsabgeordneter Schleswig-Holstein). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Patrick Breyer (2013)

Patrick Breyer (* 1977) ist ein deutscher Politiker der Piratenpartei, Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein und seit April 2016 Fraktionsvorsitzender der Piratenfraktion.

Leben

Patrick Breyer lebt in Kiel.[1] Breyer studierte Jura und wurde 2004 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main mit einer Dissertation zum Thema Vorratsdatenspeicherung zum Dr. jur. promoviert. Bis zu seiner Wahl in den Landtag war er als Richter am Amtsgericht Meldorf tätig.[2]

Politisches Wirken

Patrick Breyer 2013

Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung

Er engagiert sich im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung für Datenschutz und Bürgerrechte und war dort zusammen mit dem Rechtsanwalt und späteren Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin Meinhard Starostik an der Organisation der Sammelklage gegen die Vorratsdatenspeicherung beteiligt.[3] 2012 reichte Breyer eine Klage gegen die EU-Kommission auf Herausgabe von Dokumenten zur Vorratsdatenspeicherung ein.[4] Breyer erhob 2008 eine Unterlassungsklage vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die Klage richtete sich gegen die Speicherung von IP-Adressen über den Nutzungsvorgang hinaus beim Besuch von Web-Angeboten der Bundesrepublik. Diese Speicherung verstoße gegen das Telemediengesetz. Nachdem das Amtsgericht mit Urteil vom 13. August 2008 die Klage abgewiesen hatte[5], gab das Landgericht Berlin dem Begehren mit Urteil vom 31. Januar 2013 teilweise statt[6]. Gegen die Entscheidung legten Breyer und die Bundesrepublik Deutschland Revision ein. Am 16. September 2014 verhandelte der Bundesgerichtshof über die Revision.[7][8] Am 28. Oktober 2014 wurde bekannt, dass der Bundesgerichtshof das Revisionsverfahren aussetzt und zwei Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vorlegt. Dabei geht es darum, ob IP-Adressen personenbezogene Daten sind.[9]

Landtagsabgeordneter Schleswig-Holstein

Nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2012 erhielt er als Listenkandidat der Piratenpartei Schleswig-Holstein ein Mandat für den Schleswig-Holsteinischen Landtag und wurde am 21. Mai 2012 zum Vorsitzenden der Landtagsfraktion gewählt.[10] Den Vorsitz hatte er bis zur turnusmäßigen Neuwahl des Fraktionsvorstands am 21. Mai 2013 inne. Zwischen November 2012 und Mai 2013 überwies Breyer Zulagen in Höhe von zusammen 33.525,06 Euro auf ein Spendenkonto des Landes Schleswig-Holstein unter dem Verwendungszweck „Absenkung Neuverschuldung“.[11] Er begründete dies unter anderem damit, dass er den Fraktionsvorsitzenden zustehenden Aufschlag von 72 Prozent für „vermessen“ halte.[12]

Im Januar 2013 kritisierte Patrick Breyer, dass „die Automatenindustrie – namentlich um Herrn Gauselmann – seit Jahren Politiker aller etablierten Parteien mit Großspenden schmiert“. Gauselmann ließ ihn dafür abmahnen, Breyer gab aber keine Unterlassungserklärung ab.[13]

Im Sommer 2014 veröffentlichte Breyer auf seiner Website vom Innenministerium zuvor per E-Mail übersandte polizeiliche und richterliche Anordnungen von Gefahrengebieten in Schleswig-Holstein, innerhalb derer anlasslose Polizeikontrollen zugelassen waren.[14] In den über 100 Seiten umfassenden Dokumenten hatte das Innenministerium Namen, dienstliche Telefonnummern und E-Mail-Adressen der sachbearbeitenden Polizisten, die teilweise auch im kriminellen Rockermilieu ermitteln, nur unzureichend geschwärzt. Nach Bekanntwerden des Problems entschuldigte sich Breyer öffentlich dafür, die Unterlagen vor der Veröffentlichung nicht ausreichend geprüft zu haben, und löschte die Polizistendaten.[15] Er wurde parteiübergreifend kritisiert. Die Gewerkschaft der Polizei erstattete Strafanzeige gegen Breyer.[16][17][18][19] Die Staatsanwaltschaft leitete kein Ermittlungsverfahren ein, da keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Straftaten vorlagen.[20] Der Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert beanstandete in einem Gutachten das Vorgehen des Innenministeriums bei Übersendung der angeforderten Gefahrengebietsanordnungen in mehreren Punkten.[21] Das Ministerium habe Schwärzungen nicht wirksam und nicht vollständig vorgenommen. Ob die als VS-NfD eingestuften Dokumente tatsächlich so eingestuft werden mussten, sei zumindest fraglich. Auf eine gewollte vertrauliche Behandlung sollte explizit hingewiesen werden.[22]

Am 12. April 2016 wurde Patrick Breyer erneut zum Fraktionsvorsitzenden gewählt.[23]

Werke

  • Die systematische Aufzeichnung und Vorhaltung von Telekommunikations-Verkehrsdaten für staatliche Zwecke in Deutschland (Vorratsspeicherung, traffic data retention). Bearb.-Stand: November 2004. Berlin: Rhombos 2005, ISBN 3-937231-46-3 (Volltext)

Weblinks

Commons: Patrick Breyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Offizielle Website, 19. Dezember 2012
  2. Piraten-Fraktionschef zahlt 23.000 Euro zurück, Süddeutsche vom 17. Januar 2013
  3. Der private Herr Breyer, Die Tageszeitung–Website vom 23. April 2012
  4. Piraten etablieren sich als Protestpartei, Spiegel Online vom 6. Mai 2012
  5. Az. 2 C 6/08.
  6. Az. 57 S 87/08
  7. Pressemitteilung Nr. 125/14 des BGH vom 1. September 2014
  8. Streit um IP-Adressen: Klage gegen Bundesrepublik vor dem BGH, Die Zeit Online vom 16. September 2014.
  9. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Speicherung-von-IP-Adressen-BGH-hat-Fragen-an-den-EuGH-2437088.html
  10. Schleswig-Holstein Magazin im NDR Fernsehen, 21. Mai 2012
  11. http://fraktion.piratenpartei-sh.de/finanzielle-burgernahe-abgeordneter-patrick-breyer-piratenpartei-zahlt-bezuge-in-hohe-von-uber-30-000-euro-zuruck-landesverfassungsgericht-pruft-extra-diaten/
  12. Landtag in Schleswig-Holstein: Pirat zahlt 22.000 Euro Zulagen zurück, Spiegel-Online vom 17. Januar 2013
  13. Piraten-Politiker contra Glücksspielunternehmer, Heise online. Abgerufen am 5. September 2013.
  14. http://www.patrick-breyer.de/?p=376412
  15. http://www.patrick-breyer.de/?p=422979
  16. Bastian Modrow: Strafanzeige gegen Patrick Breyer. In: Kieler Nachrichten. 25. Juni 2014, abgerufen am 26. August 2014.
  17. Strafanzeige gegen Piraten. In: taz. 25. Juni 2014, abgerufen am 26. August 2014.
  18. Wolfgang Schmidt: Pirat veröffentlicht Polizistendaten im Internet. In: Die Welt. 26. Juni 2014, abgerufen am 26. August 2014.
  19. Bastian Modrow: Patrick Breyer unter Beschuss. In: Kieler Nachrichten. 9. Juli 2014, abgerufen am 26. August 2014.
  20. http://www.patrick-breyer.de/?p=461639
  21. http://www.kn-online.de/Schleswig-Holstein/Landespolitik/Fall-Breyer-Datenschuetzer-Weichert-kritisiert-Innenministerium
  22. https://datenschutzzentrum.de/tb/tb35/kap03.html#32
  23. http://www.piratenfraktion-sh.de/2016/04/12/die-segel-fuer-den-wahlkampf-sind-gesetzt-piraten-waehlen-einen-neuen-fraktionsvorstand-6piraten/