Quartier des Halles

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Quartier des Halles (dt. Viertel der Hallen) ist der Name des zweiten der 80 Quartiers der Stadt Paris, die in ihrer heutigen Form im Zuge der letzten Eingemeindung im Jahr 1860 geschaffen wurden. Das Viertel liegt auf dem Rive Droite (dt. rechtes Ufer) der Seine im Zentrum der Stadt und ist Teil des 1. Arrondissements. Es ist nach dem ehemaligen Pariser Großmarkt (frz. Halles Centrales oder Halles de Paris) und seinen Markthallen benannt, die unter anderem durch Émile Zolas Roman Der Bauch von Paris bekannt sind. Entgegen vielen Meinungen spricht man bei Les Halles keine Liaison aus, sondern respektiert das h aspiré, indem man den Namen wie [le al] spricht.

1969 wurde der Großmarkt Rungis gebaut und der Großmarkt umgesiedelt; dem gingen langwierige Verhandlungen und Planungen sowohl bezüglich der Nutzung des freiwerdenden, 10 Hektar großen Geländes, als auch hinsichtlich der umfassenden Sanierung des gesamten Viertels voraus. Nach dem Abriss der Markthallen (1971–1973) entstanden in mehreren Kampagnen der unterirdische Umsteigebahnhof der Linien der S-Bahn RER und der U-Bahn Metro (1977), das Einkaufszentrum des Einzelhandels Forum des Halles (1979), weitere unterirdische Einrichtungen (1985), darunter ein Schwimmbad und ein Auditorium, und schließlich der Stadtpark Jardin des Halles (1986).

Seit dem Jahr 2004 sind mehrere Wettbewerbe für den Umbau des Forum des Halles ausgeschrieben worden, zum letzten Mal im Jahr 2007. Als Preisträger gingen die französischen Architekten Patrik Berger und Jacques Anziutti mit ihrem Entwurf La Canopée hervor. Mittlerweile wurde mit dem Umbau begonnen. Das Forum wurde zurückgebaut und es sind nur noch die Metro-Stationen begehbar. Das neue Forum wird nach aktueller Planung unterirdisch angelegt.[1]

Übersicht über Les Halles (2007)

Geschichte

Seit dem 12. Jahrhundert

1135 verlegte König Ludwig VI. den zentralen Marktplatz vom Place de Grève (heute: Place de l’Hôtel-de-Ville) in die damalige Ortschaft Les Champeaux (auch: Petits Champs). Dieser Ort war ein Sumpfgebiet außerhalb der Stadtmauern.

Im Jahre 1183 erwarb König Philipp II. das ganze Eigentum am Gelände. Schon zu der Zeit war es ein großer Markt, auf dem Lebensmittel, Textilien, Schuhe und Kurzwaren verkauft wurden. Die Händler ließen sich in Unterständen nieder, die sich in der Nähe der Häuser der Hersteller befanden. Nach und nach kamen weitere Händler zu den bereits ansässigen hinzu.

Aufgrund des Wachstums ließ Philipp II. die ersten Hallen aufstellen, um Weber und Tuchhändler zu beherbergen. Der Markt dehnte sich weiterhin aus, so dass man seit dem 16. Jahrhundert seine Neuorganisation und die Erweiterung der Wege in Betracht zog. Man ließ Häuser mit Säulenhallen im Erdgeschoss oder bedeckten Galerien bauen, die unter dem Namen Piliers des Halles (dt. Pfeiler der Hallen) bekannt sind.

18. und 19. Jahrhundert

Der nahe gelegene, 1780 geschlossene, Cimetière des Innocents wurde 1789 zum Blumen-, Obst- und Gemüsemarkt (Marché des innocents) ausgebaut. Während der Zeit der Französischen Revolution und des ersten Kaiserreiches wurde das Stadtbild stark verändert. Paris litt unter Sicherheits- und Hygieneproblemen und man begann, sich über die Versorgung der Hauptstadt Gedanken zu machen.

Napoleon I. reorganisierte die überdachten Märkte und ließ eine Regelung für die Schlachtung der Tiere ausarbeiten. Er plante, eine zentrale Markthalle zwischen dem Marché des innocents und der Getreide-Markthalle bauen zu lassen. Trotz allem veranlassten die ab 1830 auftretenden Hygiene- und Verkehrsprobleme den Präfekten Rambuteau, 1842 eine Kommission, die Commission des Halles, einzusetzen. Sie sollte untersuchen, ob die Hallen an ihrem bisherigen Standort bleiben oder verlegt werden sollten. Einen 1848 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewann Victor Baltard mit seinem Plan, am bisherigen Standort zwölf Pavillons aus Glas und Metall zu bauen. Der erste Pavillon war noch aus Stein gefertigt, gefiel aber Napoléon III. nicht mehr, nachdem er auf einer London-Reise den Crystal Palace besichtigt hatte, der aus vorgefertigten Eisenteilen und Glassegmenten errichtet worden war. So musste der erste Pavillon abgerissen und neu erbaut werden. Zehn Pavillons entstanden zwischen 1852 und 1870, die beiden letzten wurden 1936 vollendet.

Zur gleichen Zeit wurde unter Aufsicht von Eugénie de Montijo im Rahmen der Baupläne von Georges-Eugène Haussmann die Rue des Halles errichtet (am 21. Juni 1854 beschlossen, 1870 fertiggestellt), als prachtvolle Einfahrtsstrasse vom Place du Châtelet zu dem neuen Marktplatz, verbunden mit der gerade fertiggestellten Ost-West Achse, der Rue de Rivoli, und der Nord-Süd-Achse, dem Boulevard Sebastopol.

20. Jahrhundert

1959 wurde beschlossen, den Markt nach Rungis (im Pariser Umland) und in den Stadtteil La Villette zu verlagern. 1963 schlug der Pariser Präfekt vor, das rechte Seine-Ufer zwischen Seine und Gare de l’Est zu erneuern. Das Projekt wurde nicht angenommen, aber der Pariser Gemeinderat gründete ein Planungsbüro für die Einrichtung der Markthallen und angrenzenden Sektoren. Die ersten Projekte werden vom Gemeinderat der Stadt abgewiesen, die zu renovierende Fläche wurde von 32 auf 15 Hektar verkleinert und der Rest sollte saniert werden. Weiterhin wurde eine unterirdische Einrichtung der Hallen in Betracht gezogen.

Als 1969 der Markt endgültig verlegt wurde, fanden kulturelle Protestaktionen in den Pavillons statt. 1971 werden die ersten sechs Pavillons abgerissen, um einen RER-Bahnhof und das Forum des Halles zu bauen. Auf den Baustellenlöchern der abgerissenen Pavillons und angrenzenden Häuserblöcke wurden Filmszenen von Marco Ferreris Touche pas à la femme blanche! (Berühre nicht die weiße Frau) und Roman Polańskis Le locataire (Der Mieter) gedreht.

Am 7. Dezember 1977 wurde der neue RER-Bahnhof unter dem Namen Châtelet Les Halles eingeweiht, am 4. September 1979 folgte die Eröffnung des unterirdischen Einkaufs- und Freizeitzentrums Forum des Halles. Der zweite Teil des Forums (Architekt: Paul Chemetov) wurde 1985 eröffnet. Im gleichen Jahr wurden oberirdisch des Forums Gärten angelegt. Die ehemaligen Lebensmittel-Großhandelsgeschäfte sind nach und nach verschwunden und haben sich in moderne Boutiquen umgewandelt.

Les Halles heute

Dieser „Bauch von Paris“, der von Zola vor der Zeit der großen Märkte erwähnt wurde, ist das „Herz“ von Paris mit einer unterirdischen Stadt auf mehreren Ebenen geworden.

Das Forum Les Halles

Überdachung des Forum Les Halles bei der Einweihung am 5. April 2016

Das Gelände zwischen der Rue Rambuteau, der Rue Lescot und der Rue Pierre-Lescot wird heute vom Einkaufs- und Freizeitzentrum Forum Les Halles bestimmt. Es ist das größte dieser Art in ganz Paris und wird jedes Jahr von über 41 Millionen (meist jungen) Kunden besucht. Es beherbergt mehr als 160 Einzelhandelsgeschäfte, unter ihnen auch einen der wichtigsten und größten Buchläden der Stadt. Die Geschäfte und Restaurants sind auf drei Etagen um einen 13 m tiefen Krater, der auch im dritten Untergeschoss noch für Tageslicht sorgt, angeordnet. Im westlichen Teil finden sich 26 Kinosäle mit großer Filmauswahl und eine Schwimmhalle, die durch die oberirdischen Gärten hindurch ebenfalls mit Tageslicht versorgt wird.

Diese Schwimmhalle ist das größte Bad von Paris, die Bahn ist 50 m lang, und der Sprungturm ist 15 m hoch.

Der Bahnhof Châtelet – Les Halles

Neben den Rolltreppen, die ins Einkaufszentrum führen, finden sich an der Porte Lescot auch Expressrolltreppen, die den Reisenden sofort in den Bereich unterhalb des Forums bringen. Hier findet sich eine riesige Ansammlung von Gängen und Gleisen: Die Station Châtelet – Les Halles, zentraler RER-Umsteigebahnhof (Linien A, B und D), der auch von einem Großteil der Métrolinien bedient wird, ist mit 800.000 Pendlern täglich der meistgenutzte Nahverkehrsknotenpunkt in Europa. In 17,5 m Tiefe befindet sich der Umsteigebereich zwischen Métro und RER, in 24,5 m Tiefe dann der RER-Bahnhof.

Kritik am Forum des Halles und erneuter Umbau

Schon während der Bauphase wurden die Pläne zum Forum des Halles – wie jedes öffentliche Bauprojekt dieser Größenordnung – stark kritisiert. Die kritisierten Unterhaltskosten sind dabei allerdings in Relation zu den Mieteinnahmen und der neu gewonnenen Nutzfläche in bester City-Lage zu sehen. Auch der – zeitweilige – Drogenhandel war eher ein ordnungspolitisches als ein städtebauliches Problem.

Nicht wegzudiskutieren war allerdings die labyrinthische Unübersichtlichkeit der Anlage; ein Ärgernis nicht nur für Touristen, das auch den Wert der Ladenflächen stark minderte. Auch die langen Wege (teilweise Umsteigezeiten über 10 Minuten zwischen den Metro- und RER-Linien) wurden schon bald als Fehlplanung empfunden.

Im Jahre 2004 ging aus einem Architekturwettbewerb ein Entwurf des Architekten David Mangin hervor, der vorsieht, Grünanlagen und Infrastruktur zu verändern. Insbesondere sollen neue Eingänge für Forum und RER-Station geschaffen werden, die den Einkaufenden wie den Pendler nach unten bewegen sollen.[2]

Allerdings wurde erst im Jahr 2014 mit einem großen Umbau begonnen: Das Forum wurde dazu komplett geschlossen; lediglich die rein unterirdischen Teile der Anlage blieben in Betrieb.

Geschichte und Architektur ausgewählter Markthallen von Paris

Getreide-Markthalle

Plan der Getreidehalle von Nicolas Le Camus de Mézières, 1763

Die Getreidemarkthalle (halle aux blés) wurde auf dem Gelände des ehemaligen Schlosses von Soissons gebaut. Das Schloss, gebaut im 17. Jahrhundert unter Katharina von Medici enthielt eine 31 Meter große astronomische Säule. Sie wurde vom persönlichen Astrologen Côme Ruggieri Katharinas zu astrologischen Beobachtungen genutzt.

Da im 18. Jahrhundert die Getreideversorgung der Stadt im Mittelpunkt der Ökonomen stand, wurde dieser Standort aufgrund seiner Nähe zum Seine-Ufer ausgewählt: der Getreidehandel konnte so durch die anlegenden Getreideschiffe effizient gestaltet werden.

Die Brüder Bernard und Charles Oblin planten, eine große Halle zu bauen, die umliegenden Straßen zu öffnen und Gebäude zu bauen, deren Vermietung die Ausführung des Baus finanzieren sollten. Der Architekt Nicolas Le Camus de Mézières wurde mit dem Bau der Halle und den umliegenden Gebäuden zwischen 1767 und 1767 beauftragt. Le Camus entschied sich für ein ringförmiges Gebäude von 122 m Umfang, durchdrungen von 25 Arkaden. Das Gebäudeinnere sollte nicht überdacht sein, aber zwei konzentrische Galerien gaben einen behaglichen Unterstand. Dort fanden auch Räumlichkeiten für Polizei, Statistiker und die Überwachung von Gewichten und Maßen Platz. Im zweiten Stock befanden sich riesige Getreidespeicher, überdacht mit spitzförmigen Wölbungen aus Stein.

Das neue Gebäude wurde sehr bewundert. Es illustrierte die Konzepte, die sich in der Zeit ausbreiteten: Der Begriff des allein stehenden öffentlichen Gebäudes, losgelöst vom städtischen Gewebe, was insbesondere die Risiken einer Brandkatastrophe verringerte.

Die Getreidehalle nach den Arbeiten von Bélanger und Brunet

Ursprünglich sollte die astronomische Säule von Ruggieri im Zentrum des Gebäudes aufgestellt werden, dieser Plan musste aber verworfen werden. Man begnügte sich, sie am Gebäudeäußeren stehen zu lassen, fügte aber einen Brunnen und eine vom Astronomen Guy Pingré gestaltete Sonnenuhr hinzu.

Der offene Innenhof schadete der Getreidespeicherung. 1782/83 wurde sie von den Architekten Jacques-Guillaume Legrand und Jacques Molinos durch eine 38 Meter hohe Kuppel überdacht, allerdings schon 1802 durch einen Brand zerstört. Der Wiederaufbau (1806–1811) wurde von François-Joseph Bélanger und François Brunet durchgeführt. Die neue Kuppel war aus Eisen und mit Blattkupfer bedeckt, welches 1838 durch Fenster ersetzt wurde.

1854 verwüstete ein weiterer Brand das Gebäude. 1873 wurde die Halle geschlossen, 1875 der Handelskammer übergeben und nach einem Umbau von Hendri Blondel 1889 als Börse wiedereröffnet.

Leder-Markthalle

Vorgänger der Leder-Markthalle (halle aux cuirs) befanden sich im 5. Arrondissement von Paris und in der rue de la lingerie. Sie wurde auf einem Grundstück des ehemaligen Hospice des Cent filles gebaut und wurde am 18. März 1866 eröffnet. Über einem 1350 m² großen Hof wurden zwei Ladenstockwerke gebaut. Im Untergeschoss wurden Öl, Benzin, Lacke und fettige Körper in Kellern gelagert.

In der Nacht vom 11. zum 12. Mai 1906 zerstörte ein Feuer die Leder-Markthalle.

Wein-Markthalle

Die Wein-Markthalle (halle aux vins) befand sich seit 1866 auf dem Gebiet des heutigen Campus von Jussieu (Fakultät der Wissenschaften) immer im 5. Distrikt von Paris, entlang der Seine, wo Schleppkähne ankamen. Seit 1987 befindet sich auf dem Gelände außerdem das Institut du Monde Arabe.

Einzelnachweise

  1. Neubau Les Halles (FAZ)
  2. L'aménagement du quartier des Halles. Stadt Paris, abgerufen am 15. September 2008 (französisch).

Weblinks

Commons: Les Halles – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:WS Die Gartenlaube

Koordinaten: 48° 51′ 46″ N, 2° 20′ 40″ O