Ruine

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Ruine der Burg Drachenfels im Siebengebirge am Rhein

Ruine (von lateinisch ruere für „stürzen“, Pl. Ruinen) bezeichnet ein zerfallenes Bauwerk, wie ein Haus, Schloss oder Burg beziehungsweise dessen Überreste. Im Plural für verfallene oder ausgegrabene Städte bzw. Teile davon, Tempelanlagen oder auch ganze Landstriche gebraucht.

Tempelruine der Mayas (Chac II) auf der Halbinsel Yucatán
Verschiedene Ruinen im Kosovo: vorn ein verfallenes Haus, dahinter Zerstörungen aus dem Kosovokrieg
Rückseite der Ruine des Empfangsgebäudes des Ostbahnhofs im Frankfurter Ostend, ein prominentes Beispiel für Stadtverfall, September 2008

Entstehung

Eine Ruine entsteht entweder durch natürlichen Zerfall, wenn Pflege und Erhalt des Bauwerks aus wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Gründen unterbleiben, durch gewaltsame Einwirkung wie Krieg oder auch durch Naturkatastrophen, wie z. B. der Ausbruch eines Vulkans (vgl. hierzu Pompeji).

Man kann Ruinen dem Zerfall überlassen, ihre Reste in die Konstruktion eines neuen Bauwerks am selben Ort einbeziehen oder durch Abtragung sekundär weiterverwenden. Die nur teilweise Wiederverwendung der Materialien eines Gebäudes kann dabei auch eine Ruine entstehen lassen, wenn etwa die Dacheindeckung zur Wiederverwendung entfernt wird und das restliche Gebäude durch fehlenden Wetterschutz zerfällt.

Ruinen können auch dadurch entstehen, wenn ein Bauprojekt vor der Fertigstellung beendet und halbfertig aufgegeben wird. Man spricht dann von einer Bau- oder einer Investitionsruine.

Ruinen können aber auch geplant errichtet werden. So entstanden z. B. im 19. Jahrhundert Burgen und Staffagebauten in Schlossparks in Form von künstlichen Ruinen, unter anderem die Burg Schwarzenstein bei Geisenheim, die Magdalenenklause im Schlosspark Nymphenburg in München, die Grotte der Egeria im Wörlitzer Park (UNESCO-Welterbe) oder die Löwenburg im Bergpark Kassel.

Geschichte

Während der Antike und im Mittelalter wurden die Ruinen zerstörter Gebäude häufig als Steinbruch für Baumaterial genutzt, wobei ihr Material meist rein praktisch, manchmal aber auch bewusst als Spolien und deutlich sichtbar wiederverwendet wurde. Letzteres geschah dann, wenn es sich um besonders kostbares Material handelte oder man bewusst an die Tradition anknüpfen wollte.

Antike Ruinen sind mit der Renaissance (um 1500) in das Interesse von Kunst und Kultur getreten. Am Vorabend der Französischen Revolution wurden die antiken Ruinen durch Constantin François Volney zu Symbolen der politischen Gleichheit.

Mit der Aufklärung und der Romantik gewann auch die mittelalterliche Ruine an Wertschätzung, denn sie wurde als sichtbares Zeugnis vergangener Zeiten mit historischer Bedeutung entdeckt. Ihr Anblick bot zudem ein emotionales Festhalten an einer idealisierten Vergangenheit angesichts der als bedrohlich empfundenen fortschreitenden industriellen Revolution. Die Huldigung an die Ästhetik des Zerfalls kommt auch in der englischen Gartenkunst des 18. Jahrhunderts zum Ausdruck, wo Parkanlagen als Landschaftsinszenierungen angelegt und mit künstlichen Ruinen ausgestattet wurden.

Zahlreiche Ruinen von Burgen, Schlössern oder Klöstern gewannen im 19. Jahrhundert eine hohe, teilweise symbolische Bedeutung. Künstler der Romantik wie Caspar David Friedrich schufen sich mit der Darstellung vergänglicher Ruinen (Kloster Eldena) unvergänglichen Ruhm.

Auf philosophischer Ebene ist Georg Simmels Text „Die Ruine“ von 1907 der erste Versuch, das, was die Ruine evoziert, zu erklären. Simmel schreibt: „Die Ruine schafft die gegenwärtige Form eines vergangenen Lebens, nicht nach seinen Inhalten oder Resten, sondern nach seiner Vergangenheit als solcher.“[1]

Heute wird der Wert der Ruinen durch den Denkmalschutz gewürdigt. Über den Abriss oder Wiederaufbau von Ruinen gibt es viele Diskussionen. So wurde die Frauenkirche in Dresden, deren Ruine ursprünglich als Mahnmal gegen den Krieg stehen bleiben sollte, nachdem die Stadt aus Ruinen neu errichtet wurde, wieder aufgebaut. Andere Ruinen wurden bewusst als Mahnmale konserviert, wie die alte Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche oder die ehemalige Handelskammer in Hiroshima, die beim Atombombenabwurf am 6. August 1945 zerstört worden war.

Beim Wiederaufbau ist zwischen Rekonstruktion und Anastylose zu unterscheiden. Gemäß der Charta von Venedig (1964) ist die Anastylose die denkmalpflegerisch zu bevorzugende Form des Wiederaufbaus.

Die Symbolhaftigkeit von Ruinen zeigt sich auch am Titel der Nationalhymne der Deutschen Demokratischen Republik Auferstanden aus Ruinen. Neue Ruinen entstehen auch heute durch Kriege, Anschläge, Naturkatastrophen und durch Zerfall von Gebäuden aufgrund von wirtschaftlichen Veränderungen. Typisches Beispiel hierfür ist der Ostbahnhof im Frankfurter Ostend. Die sarkastische Losung Ruinen schaffen ohne Waffen ist als Vorwurf einer fehlgeleiteten Politik gemeint.

Fundamentreste von Holz- und Stahltürmen

Entbehrlich gewordene Türme aus Stahl werden im Regelfall demontiert, da die Konstruktion abgebaut und anderen Orts wiederaufgebaut wird bzw. wenn der Bauzustand keine direkte Verwertung mehr zulässt, das Metall der Konstruktion als Schrott noch wirtschaftlich verwertet werden kann. Allerdings bleiben hierbei gelegentlich die Betonfundamente im Boden zurück, da deren Entfernung oft recht aufwändig ist. Man findet zum Beispiel in Herzberg an der Elster noch heute das Fundament des Sendemastes des einstigen Deutschlandsender III.

Auch von einigen ehemaligen großen Holztürmen sind noch die schwer zu entfernenden Fundamente vorhanden. So existieren heute noch die Fundamente des einstigen Holzturms der Sendeanlage Ismaning.

Bilder

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wikiquote: Ruine – Zitate
Wiktionary: Ruine – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Ruins – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Georg Simmel: Philosophische Kultur, 1911, S. 132.