Salis (Adelsgeschlecht)
Salis ist ein altes Schweizer Adelsgeschlecht aus Soglio im Bergell im Süden Graubündens.
Geschichte
Als erster sicher beurkundeter Angehöriger des Adelsgeschlechts erscheint in Soglio ser Rodolfus de Salice de Solio, der in den Jahren 1285–1293 urkundlich erwähnt und im Frühjahr 1300 verstorben ist. Er war vermutlich ein Nachkomme der seit 1202 nachweisbaren patrizischen Familie Salici zu Como. Als Ministeriale und Vasallen, auch mit der Knappen und Ritterwürde der Bischöfe von Chur, konnten sich die Salis im Bergell und auch im benachbarten Veltlin stark ausbreiten. Es entwickelten sich zwei grosse Hauptlinien, die Johannes-Linie und die Gubertus-Linie, die in zahlreichen Ländern Europas Einfluss gewannen.
Die ersten Ämter der Talschaften Graubündens, das des Podestà des Bergell, dazu später das Landeshauptmannsamt des Veltlin und auch die Präsidentenstellung innerhalb der Drei Bünde, sind von den Angehörigen, vor allem der Gubertus-Linie, sehr häufig besetzt worden. Zeitweilig waren u. a. die Burgen Castelmur, Neu-Süns, Rietberg, Campell, Wynegg, Elgg, Sulzberg sowie im fränkischen Wiesentfels oder Lobenstein im Besitz oder Pfandbesitz der Familie.
Als im Kampf zwischen Österreich und Frankreich (Bündner Wirren) während des 16. und 17. Jahrhunderts die Bedeutung der Schweizer Alpenpässe, der Söldnertruppen und der Einnahmen aus den Pensionen stieg und sich beide Kriegsparteien um die führenden Geschlechter Graubündens bemühten, traten die Salis auf die französisch-venezianische Seite und gelangten damit zu erheblichen Einfluss auf die Landesgeschicke. So diente Ulysses von Salis (1594–1674) als Bündner Offizier 27 Jahre überwiegend in französischen Diensten und brachte es zum Maréchal de camp von König Ludwig XIII. Um 1635 erwarb er aus seinen Soldeinnahmen das ruinierte Schloss Marschlins und baute es prachtvoll wieder auf. In der Folge wurde Ulysses von Salis zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten in den Drei Bünden. Im 18. Jahrhundert bildeten die Salis das „fast gebietende Geschlecht“ der Republik Graubünden, dessen wirtschaftliche und politische Macht erst kurz vor 1800 gebrochen wurde.
1582, 1588, 1632 und 1766 erlangten die Angehörigen der Zweiglinien Grüsch, Marschlins, Maienfeld, Seewis und Soglio aus der Gubertus-Linie den Reichsfreiherrenstand bzw. 1694, 1748 die Reichsgrafen- und 1777 die französische Grafenwürde (und Vienna, 1915), 1815 den Jonkheer- und 1822 den Baronstitel der Niederlande und preussische Bestätigungen zumeist mit den Linienbezeichnungen als Beinamen. Aus der Johannes-Linie erhielten 1913 die Salis-Samaden eine österreichische Freiherren-Anerkennung. In jüngerer Zeit befanden sich die Schlösser Paspels und Ebersberg zeitweilig im Besitz von Familienangehörigen. Weitere neuzeitliche Herrensitze sind dem Abschnitt "Besitzungen" zu entnehmen.
Das Geschlecht existiert heute mit dem Namen Freiherr von Salis-Soglio (Adelsrechtliche Nichtbeanstandung einer Adoption durch Beschluss des Ausschusses für adelsrechtliche Fragen von 1956) mit einem gemehrten Wappen von 1956 (Boeselager/Salis).
Besitzungen
Die folgenden Herrensitze gehörten (oder gehören bis heute) verschiedenen Linien der Familie:
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Das Grosshaus in Grüsch, 1590 erbaut von Herkules von Salis-Soglio
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Chesa Planta in Samedan, 1595 von den Salis-Samedan erbaut
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Schloss Salenegg in Maienfeld, 1604 von Vespasian von Salis ausgebaut
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Schloss Zizers, 1620 bis 1687 von den Salis-Zizers erbaut
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Schloss Seewis im Prättigau, 1630 für Freiherrn Johann Gottfried von Salis-Seewis erbaut
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Palazzo Salis in Soglio, 1630 von Baptista von Salis erbaut, bis heute im Besitz der Salis-Soglio
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Casa di Mezzo und Casa Antonio, Soglio
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Schloss Marschlins, um 1635 durch Marschall Ulysses von Salis zum Schloss ausgebaut, bis 1934 im Familienbesitz
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Rotes Haus (Chur), 1637 durch Rudolph von Salis erbaut
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Das Pfruondhus in Grüsch, 1699 als Salishaus erbaut
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Schloss Bothmar in Malans, von Gubert von Salis-Maienfeld (1664–1736) um 1716 umgebaut, bis heute im Besitz der Grafen Salis-Seewis
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Schloss Haldenstein, 1703 bis 1922 im Familienbesitz
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Altes Gebau, Chur, 1728-? im Familienbesitz
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Graues Haus in Chur, 1751 durch Andreas von Salis-Soglio erbaut
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Palazzo Salis in Tirano, bis heute im Besitz der Grafen Sertoli-Salis (Nachfahren der Rita von Salis-Zizers und des Don Francesco Sertoli)
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Palazzo Salis in Bondo, erbaut 1766–76 für den englischen Gesandten bei den Drei Bünden Graf Hieronymus von Salis-Soglio, vermählt mit Mary Fane aus dem Haus der Earls of Westmoreland; bis heute im Besitz der englischen Salis-Linie
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Chesa Salis in Bever, 1590 erbaut, 1877 von Rudolf von Salis-Muralt erworben
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Schloss Brunegg, Aargau, bis heute im Familienbesitz
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Schloss Gemünden im Hunsrück, seit 1822 bis heute im Besitz der Freiherren von Salis-Soglio
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Bourchier Castle, Lough Gur, County Limerick, Ireland, im Bourchier-Fane-de Salis Familienbesitz 1589-C20th
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Portnall Park, Virginia Water, Surrey, UK, seit 1872 bis 1923 im Familienbesitz
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Bourne House, East Woodhay, Hampshire, UK, seit 1946–2006 im Familienbesitz
Wappen
Das Stammwappen ist geteilt. Oben in Gold ein bewurzelter grüner Weidenbaum (italienisch salice „Weide“), unten fünfmal von Silber und Rot gespalten. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken steht eine wachsende, unbekleidete, goldgelockte und bekrönte Jungfrau (Bellona) mit rechts silbernem und links rotem Flügel statt der Arme.
Der Wahlspruch lautet: Mihi sunt pro fructibus arma oder Salix flectitur, sed non frangitur.
Bilder
Wappen
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Wappen an einem Haus in Bergün/Bravuogn
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Wappen der Capol und von Salis an der Porta Sura in Ilanz
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Wappen der von Salis am 'Roten Haus' in Chur
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Wappen auf einem Grabstein in Bondo GR
Münzen
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Salis-Münze, Haldenstein, Revers
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Salis-Münze, Haldenstein, Avers
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c1727, Altes Gebau, Chur
Fahnen der Regimenter der Familie Salis in französischen Diensten
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Regiment Salis-Samade (1782)
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Regiment Salis-Marschlins
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Regiment Salis-Maienfeld
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Regiment Salis-Soglio
Namensträger
- Ulysses von Salis (1594–1674), Bündner Offizier in französischen Diensten, Landammann
- Hans Wolf Freiherr von Salis 1597 † 22. April 1640, 1634 bayerischer Generalfeldwachtmeister; 11. März 1636 kaiserlicher Generalfeldwachtmeister, 1. Mai 1638 Feldzeugmeister
- Franz Simon Fidelis Rudolf von Salis (1777–1845), franz. Offizier in königlichen Diensten, 1821 Ritter der Ehrenlegion im 7. Garderegiment, das 1830 aufgelöst wurde, Gardehauptmann
- Ulysses von Salis-Marschlins (1728–1800), Bündner Politiker
- Carl Ulysses von Salis-Marschlins (1760-1818), Bündner Politiker und Publizist
- Jakob Arnold von Salis (1847–1923), Schweizer evangelischer Theologe
- Arnold von Salis (1881–1958), Schweizer Klassischer Archäologe
- Daniel von Salis-Soglio (1829–1919), österreichischer Feldzeugmeister
- Hortensia von Salis-Maienfeld (1659–1715), Schweizer Gelehrte, Heilkundige und Frauenrechtlerin
- Jean Rudolf von Salis (1901–1996), Schweizer Historiker und Publizist
- Johann Gaudenz Dietegen von Salis-Seewis (1825–1886), Schweizer Jurist und Politiker
- Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762–1834), Schweizer Dichter
- Johann Ulrich von Salis-Soglio (1790–1874), Schweizer Militärführer
- Meta von Salis (1855–1929), Schweizer Historikerin und Frauenrechtlerin
- Carl Albert v. Salis (1886–1941), Maler
- Ivan Salis-Seewis (1862–1940), österreichischer General
Literatur
- Peter Conradin von Planta: Salis [von]. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Otto Hupp: Münchener Kalender 1931. Verlagsanstalt Buch u. Kunstdruckerei AG, München/Regensburg 1931.
- Conradin von Planta: Salis, von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 373–375 (Digitalisat).
- Georg von Wyß: Salis, Herkules von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 233–240. (Familienartikel)
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XII, Seite 196f., Band 125 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 2001, ISSN 0435-2408.
- Staatsarchiv Graubünden: Privatarchiv v. Salis-St. Margrethen, Dauerdepositum des Familienverbandes der von Salis
Siehe auch
Weblinks
- Wappen der Salis in www.chgh.net
- Jerome de Salis (1709–1794), British Resident in the Grisons (1743–1749). Englische Wikipedia.
- Ivan (Johann) Graf Salis-Seewis in der Liste der habsburgischen Generale (Seite 157)