Saretschje (Kaliningrad, Gurjewsk)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Juni 2016 um 21:35 Uhr durch Mehlauge (Diskussion | Beiträge) (HC: Ergänze Kategorie:Samland). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Siedlung
Saretschje/Kaymen (Kaimen)
Заречье
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Gurjewsk
Gegründet vor 1258
Frühere Namen Caymis (um 1258),
Caym (nach 1320),
Cayme (um 1404),
Keymen (nach 1540),
Caimen (nach 1692),
Caymen (um 1871),
Kaymen (nach 1905),
Kaimen (1938–1946)
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40151
Postleitzahl 238323
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 209 807 011
Geographische Lage
Koordinaten 54° 47′ N, 20° 53′ OKoordinaten: 54° 47′ 13″ N, 20° 53′ 4″ O
Saretschje (Kaliningrad, Gurjewsk) (Europäisches Russland)
Saretschje (Kaliningrad, Gurjewsk) (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Saretschje (Kaliningrad, Gurjewsk) (Oblast Kaliningrad)
Saretschje (Kaliningrad, Gurjewsk) (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Vorlage:Infobox Ort in Russland/Wartung/Daten

Saretschje (russisch Заречье, deutsch Kaymen (1938–1946 Kaimen), litauisch Kaimė) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)) und gehört zur Dobrinskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Dobrino (Nautzken)) im Rajon Gurjewsk (Kreis Neuhausen).

Geographische Lage

Die Ortschaft liegt in der historischen Region Ostpreußen, nordwestlich der Stadt Kaliningrad (Königsberg), ganz im Osten des Rajon Gurjewsk an der Grenze zum Rajon Polessk (Kreis Labiau) bzw. Rajon Gwardeisk (Kreis Tapiau). Der Ort ist über Dobrino (Nautzken) an der russischen Fernstraße A 190 (ehemalige deutsche Reichsstraße 126) in südlicher Richtung auf einer Nebenstraße nach Wessjolowka (Sielkeim) und Ossinowka (Stampelken) erreichbar. Dobrino ist außerdem die nächste Bahnstation an der Bahnstrecke Kaliningrad–Sowetsk (Königsberg–Tilsit).

Geschichte

Kaymen, nordöstlich der Stadt Königsberg, auf einer Landkarte von 1910.

Die Gründung des einst Kaymen[1] genannten Dorfes reicht in die Zeit des beginnenden 13. Jahrhunderts zurück. Damals[2] lag zwischen dem Kurischen Haff (russisch: Kurschski Saliw) und dem Tal des Flusses Pregel (Pregolja) die prußische Landschaft Caym, von der heute noch das Gräberfeld von Kaymen beredte Auskunft erteilt. Kaymen war bereits damals der Mittelpunkt einer stark besiedelten Landschaft.

Vom Deutschen Orden, der hier eine Kirche errichtete (heute als Ruine westlich des Ortes Trostniki (Bothenen) gelegen), wurde die prußische Wallburg Caym übernommen und ausgebaut, und fand später als Wasserburg, unter Herzog Albrecht auch als Jagdschloss, Verwendung. Im Jahre 1525 nahm hier der Bauernaufstand seinen Anfang,[3] veranlasst durch das rigide Verhalten des Amtsverwalters Andreas Rippe, Nachkomme eines Söldnerführers.

1668 wurde die Burg als Sitz einer Domäne hergerichtet, und 1783 wurde das Schloss durch Baumeister Blasius Berwart erweitert.

Am 9. April 1874 wurde das damalige Caymen Amtsdorf und damit namensgebend für den neu errichteten Amtsbezirk,[4] dem anfangs sieben Landgemeinden bzw. Gutsbezirke zugehörten. Er gehörte zum Landkreis Labiau im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. Im Jahre 1910 zählte die Landgemeinde Kaymen 207 und der Gutsbezirk Domäne Kaymen 260 Einwohner.[5]

Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Domäne Kaymen in die Landgemeinde Kaymen eingegliedert. Die Einwohnerzahl der vereinigten Gemeinde betrug 1933 303 und 1939 363.[6]

Infolge des Zweiten Weltkrieges kam das seit 1938 Kaimen genannte Dorf innerhalb des nördlichen Ostpreußens zur Sowjetunion und erhielt die russische Bezeichnung Saretschje. Zwischen 1946 und 1947 zum Rajon Polessk (Kreis Labiau) gehörig, wurde es 1947 dem neu geschaffenen Rajon Gurjewsk (Kreis Neuhausen) zugeordnet. Von 1947 bis 2008 war Saretschje in den Dobrinski selski sowjet (Dorfsowjet Dobrino (Nautzken)) eingegliedert. Heute ist Saretschje aufgrund einer Struktur- und Verwaltungsreform[7] eine als Siedlung (russisch: possjolok) eingestufte Ortschaft innerhalb der Dobrinskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Dobrino).

Amtsbezirk Kaymen (1874–1945)

Zwischen 1874 und 1945 war Kaymen Verwaltungssitz eines Amtsbezirks, dem anfangs sieben, zuletzt noch drei Kommunen zugehörten[8]

Name Russischer Name Bemerkungen
Landgemeinden:
Bothenen Trostniki
Kaymen
1938–1946: Kaimen
Saretschje
Sielkeim Wessjolowka
Wilditten Anetschkino 1928 in die Landgemeinde Bothenen eingegliedert
Gutsbezirke:
Kaymen, Domäne Saretschje 1928 in die Landgemeinde Kaymen eingegliedert
Lautkeim Trostniki 1928 in die Landgemeinde Bothenen, teilweise
auch in die Landgemeinde Schulkeim eingegliedert
Michelau
(Enklave im Kreis Wehlau)
Wolkowo 1884 in den Gutsbezirk Pogirmen,
Amtsbezirk Pomedien (Pruschaly) eingegliedert

Burg Kaymen

Die mittelalterliche Wallburg Kaymen wurde in der Ordenszeit in der Anlage so verändert, dass sie – durch Stau des vorbeifließenden Baches und durch Aushebung eines Stichgrabens – eine Insel schufen, auf der zur zusätzlichen Sicherung ein Blockhaus entstand. Im 14. Jahrhundert wurde sie in Stein aufgeführt und zu einer Wasserburg verändert. Dann als Jagdschloss verwendet, wurde die Burg 1668 Sitz der Domäne Kaymen, wobei aber die Gesamtanlage als ehemalige Wasserburg nie geändert wurde. Noch 1827 war die Substanz der Burg in gutem Zustand. Erst nach 1945 verfielen die Bauanlagen stetig oder wurden durch Anbauten verunstaltet. Heute sind nur noch teilweise vorhandene Außenmauern, unter Bewuchs stark verdeckt, zu erkennen.

Kirche

Kirchengebäude

Die aus dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts stammende Kirche Kaymen wurde nordwestlich des damaligen Ortes Kaymen 450 Meter westlich von Bothenen[9] (heute russisch: Trostniki) errichtet, wo es bis 1945 den „Kirche Kaymen“[10] genannten Ortsteil mit dem Gotteshaus gab. Es handelt sich um einen Feldstein- und Ziegelbau mit eingezogenem Chor. Der Turmabschluss wurde erst 1852 vollendet. Von der Kirche stehen heute nur noch Ruinenreste wie Mauern des Langhauses und auch noch der Turm ohne Spitze.

Kirchengemeinde

Bereits in vorreformatorischer Zeit bestand das Kirchspiel Kaymen, in dem dann schon 1525 die Reformation Fuß fasste. Früher zur Inspektion Schaaken (russisch: Schemtschuschnoje) gehörig war Kaymen bis 1945 dem Kirchenkreis Labiau (Polessk) innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union zugehörig. Heute liegt Saretschje im Einzugsbereich der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Polessk (Labiau), einer Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) in der Propstei Kaliningrad[11] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER).

Kirchspielorte (bis 1945)

Zum Kirchspiel Kaymen gehörten außer dem Ort Kaymen selbst insgesamt mehr als vierzig Ortschaften:[12]

Name Russischer Name Name Russischer Name Name Russischer Name
Annenau Karlshof Sowchosnoje Schulkeim Altaiskoje
Bendiesen Dalneje Klein Hermeninken Schwesternhof
Blöcken Ossokino Lautkeim Trostniki Sellwethen Jegorjewskoje
Bothenen Trostniki Legehnen Barsukowka Senseln Olegowo
Brandt Lethenen Uroschainoje Sergitten Mordowskoje
Duhnau Barsukowka Lichtenthal Sielkeim Wessjolowka
Eichenhorst Lindenberg Stenken Lipowka
Eulenhaus Louisenfelde Rasino Thiemsdorf Asowskoje
Gaue Mettkeim Nowgorodskoje Wachsnicken Kurgany
Greiben Michelau Wolkowo Wangen
Groß Hermeninken Nautzken Dobrino Wanghusen Gribojedowo
Groß Sittkeim Neu Sielkeim Ismailowskoje Wilditten Anetschkino
Haferhaus Perkappen Poltawskoje Wulfshöfen Zwetkowo
Hempelstube Poduhren Zandersdorf Dmitrijewka
Kadgiehnen Prudy Rentengut Lossewo Zatten

Pfarrer (1525–1945)

Von der Reformation bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges amtierten an der Kirche Kaymen als evangelische Geistliche:[13][14]

  • Paul Sommer, 1525–1541
  • Rütger Textor, 1551
  • Johann Werner, bis 1573
  • Theobald Axt, 1573–1574
  • Johann Baumgart, 1572/1598
  • Heinrich Möller, 1598–1617
  • Anton Sartorius, 1617–1653
  • Johann Wisenerus, 1650–1675
  • Andreas Hamilton, 1675–1697
  • Salomo Jester, 1697–1733
  • Chr. Salomo Jester, 1733–1763
  • Johann Gottfried Keip, 1763–1767
  • Carl Friedrich Hoffmann, 1767–1802
  • Johann Matth. Boretius, 1803–1816
  • Johann Ernst Horn, 1816–1827
  • Johann Samuel Heinemann, 1827–1848
  • Heinrich Friedrich Wilhelm Hempel,
    1842–1844
  • Friedrich Eduard Michalik, 1844–1851
  • Ernst Albert F. Kalle, 1851–1869
  • Eduard Erdsiek, 1870–1896
  • Otto Alexander Besch, 1896–1905
  • Heinrich Otto Johannes Besch, 1899–1900
  • Theophil Besch, 1903
  • Hans Carl W. Gerlich, 1905–1920
  • Ferdinand Lubenau, 1920–1929
  • Reinhold Thulcke, 1929–1941
  • Arnulf Quandt, 1939–1945

Schule

Es gab in Kaymen ein Schulgebäude von 1886 und 1925 mit zwei Klassen. Hier wurden auch die Kinder aus Bothenen (heute russisch: Trostniki) und Wilditten (Anetschkino) unterrichtet. Letzter Schulhalter vor 1945 war Kantor Bruno Schmidt.

Das Schulgebäude brannte in den 1980er Jahren ab. An seinem Platz entstand ein Wohnhaus, dahinter die neue russische Schule.

Literatur

  • Karl Emil Gebauer: Kunde des Samlandes oder Geschichte und topographisch-statistisches Bild der ostpreussichen Landschaft Samland. Königsberg 1844, S. 94–95..
  • Robet Albinus: Königsberg Lexikon. Stadt und Umgebung. Lizenzausgabe, Würzburg, 2002, ISBN 3-88189-441-1.
  • Notiz über eine alte höchst curiose Kirchthurmsfahne und eine hübsche Jungfrau Maria zu Caymen. In: Preußische Provinzial-Blätter. Band 25, Königsberg 1841, S. 84–89.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Kaimen
  2. Geschichte von Dorf und Burg Kaymen bei ostpreussen.net
  3. Bauernkrieg in Ostpreußen 1525
  4. Rolf Jehke, Amtsbezirk Kaimen
  5. Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Labiau
  6. Michael Rademacher, Deutsch-österreichisches Ortsbuch, Landkreis Labiau
  7. Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 254 vom 30. Juni 2008, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009
  8. Rolf Jehke, Amtsbezirk Kaimen (wie oben):
  9. Trostniki - Bothenen bei ostpreussen.net
  10. Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Kirche Kaimen
  11. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad
  12. Patrick Plew, Ortsfamilienbuch Kaimen, 1647–1763, Labiau, Ostpreußen
  13. Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, S. 27.
  14. Kaymen in der Deutschen Nationalbibliothek