Saretschje (Kaliningrad, Gurjewsk)
Siedlung
Saretschje/Kaymen (Kaimen)
Заречье
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Saretschje (russisch Заречье, deutsch Kaymen (1938–1946 Kaimen), litauisch Kaimė) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)) und gehört zur Dobrinskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Dobrino (Nautzken)) im Rajon Gurjewsk (Kreis Neuhausen).
Geographische Lage
Die Ortschaft liegt in der historischen Region Ostpreußen, nordwestlich der Stadt Kaliningrad (Königsberg), ganz im Osten des Rajon Gurjewsk an der Grenze zum Rajon Polessk (Kreis Labiau) bzw. Rajon Gwardeisk (Kreis Tapiau). Der Ort ist über Dobrino (Nautzken) an der russischen Fernstraße A 190 (ehemalige deutsche Reichsstraße 126) in südlicher Richtung auf einer Nebenstraße nach Wessjolowka (Sielkeim) und Ossinowka (Stampelken) erreichbar. Dobrino ist außerdem die nächste Bahnstation an der Bahnstrecke Kaliningrad–Sowetsk (Königsberg–Tilsit).
Geschichte
Die Gründung des einst Kaymen[1] genannten Dorfes reicht in die Zeit des beginnenden 13. Jahrhunderts zurück. Damals[2] lag zwischen dem Kurischen Haff (russisch: Kurschski Saliw) und dem Tal des Flusses Pregel (Pregolja) die prußische Landschaft Caym, von der heute noch das Gräberfeld von Kaymen beredte Auskunft erteilt. Kaymen war bereits damals der Mittelpunkt einer stark besiedelten Landschaft.
Vom Deutschen Orden, der hier eine Kirche errichtete (heute als Ruine westlich des Ortes Trostniki (Bothenen) gelegen), wurde die prußische Wallburg Caym übernommen und ausgebaut, und fand später als Wasserburg, unter Herzog Albrecht auch als Jagdschloss, Verwendung. Im Jahre 1525 nahm hier der Bauernaufstand seinen Anfang,[3] veranlasst durch das rigide Verhalten des Amtsverwalters Andreas Rippe, Nachkomme eines Söldnerführers.
1668 wurde die Burg als Sitz einer Domäne hergerichtet, und 1783 wurde das Schloss durch Baumeister Blasius Berwart erweitert.
Am 9. April 1874 wurde das damalige Caymen Amtsdorf und damit namensgebend für den neu errichteten Amtsbezirk,[4] dem anfangs sieben Landgemeinden bzw. Gutsbezirke zugehörten. Er gehörte zum Landkreis Labiau im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. Im Jahre 1910 zählte die Landgemeinde Kaymen 207 und der Gutsbezirk Domäne Kaymen 260 Einwohner.[5]
Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Domäne Kaymen in die Landgemeinde Kaymen eingegliedert. Die Einwohnerzahl der vereinigten Gemeinde betrug 1933 303 und 1939 363.[6]
Infolge des Zweiten Weltkrieges kam das seit 1938 Kaimen genannte Dorf innerhalb des nördlichen Ostpreußens zur Sowjetunion und erhielt die russische Bezeichnung Saretschje. Zwischen 1946 und 1947 zum Rajon Polessk (Kreis Labiau) gehörig, wurde es 1947 dem neu geschaffenen Rajon Gurjewsk (Kreis Neuhausen) zugeordnet. Von 1947 bis 2008 war Saretschje in den Dobrinski selski sowjet (Dorfsowjet Dobrino (Nautzken)) eingegliedert. Heute ist Saretschje aufgrund einer Struktur- und Verwaltungsreform[7] eine als Siedlung (russisch: possjolok) eingestufte Ortschaft innerhalb der Dobrinskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Dobrino).
Amtsbezirk Kaymen (1874–1945)
Zwischen 1874 und 1945 war Kaymen Verwaltungssitz eines Amtsbezirks, dem anfangs sieben, zuletzt noch drei Kommunen zugehörten[8]
Name | Russischer Name | Bemerkungen |
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Landgemeinden: | ||
Bothenen | Trostniki | |
Kaymen 1938–1946: Kaimen |
Saretschje | |
Sielkeim | Wessjolowka | |
Wilditten | Anetschkino | 1928 in die Landgemeinde Bothenen eingegliedert |
Gutsbezirke: | ||
Kaymen, Domäne | Saretschje | 1928 in die Landgemeinde Kaymen eingegliedert |
Lautkeim | Trostniki | 1928 in die Landgemeinde Bothenen, teilweise auch in die Landgemeinde Schulkeim eingegliedert |
Michelau (Enklave im Kreis Wehlau) |
Wolkowo | 1884 in den Gutsbezirk Pogirmen, Amtsbezirk Pomedien (Pruschaly) eingegliedert |
Burg Kaymen
Die mittelalterliche Wallburg Kaymen wurde in der Ordenszeit in der Anlage so verändert, dass sie – durch Stau des vorbeifließenden Baches und durch Aushebung eines Stichgrabens – eine Insel schufen, auf der zur zusätzlichen Sicherung ein Blockhaus entstand. Im 14. Jahrhundert wurde sie in Stein aufgeführt und zu einer Wasserburg verändert. Dann als Jagdschloss verwendet, wurde die Burg 1668 Sitz der Domäne Kaymen, wobei aber die Gesamtanlage als ehemalige Wasserburg nie geändert wurde. Noch 1827 war die Substanz der Burg in gutem Zustand. Erst nach 1945 verfielen die Bauanlagen stetig oder wurden durch Anbauten verunstaltet. Heute sind nur noch teilweise vorhandene Außenmauern, unter Bewuchs stark verdeckt, zu erkennen.
Kirche
Kirchengebäude
Die aus dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts stammende Kirche Kaymen wurde nordwestlich des damaligen Ortes Kaymen 450 Meter westlich von Bothenen[9] (heute russisch: Trostniki) errichtet, wo es bis 1945 den „Kirche Kaymen“[10] genannten Ortsteil mit dem Gotteshaus gab. Es handelt sich um einen Feldstein- und Ziegelbau mit eingezogenem Chor. Der Turmabschluss wurde erst 1852 vollendet. Von der Kirche stehen heute nur noch Ruinenreste wie Mauern des Langhauses und auch noch der Turm ohne Spitze.
Kirchengemeinde
Bereits in vorreformatorischer Zeit bestand das Kirchspiel Kaymen, in dem dann schon 1525 die Reformation Fuß fasste. Früher zur Inspektion Schaaken (russisch: Schemtschuschnoje) gehörig war Kaymen bis 1945 dem Kirchenkreis Labiau (Polessk) innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union zugehörig. Heute liegt Saretschje im Einzugsbereich der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Polessk (Labiau), einer Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) in der Propstei Kaliningrad[11] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER).
Kirchspielorte (bis 1945)
Zum Kirchspiel Kaymen gehörten außer dem Ort Kaymen selbst insgesamt mehr als vierzig Ortschaften:[12]
Name | Russischer Name | Name | Russischer Name | Name | Russischer Name | |||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Annenau | Karlshof | Sowchosnoje | Schulkeim | Altaiskoje | ||||
Bendiesen | Dalneje | Klein Hermeninken | Schwesternhof | |||||
Blöcken | Ossokino | Lautkeim | Trostniki | Sellwethen | Jegorjewskoje | |||
Bothenen | Trostniki | Legehnen | Barsukowka | Senseln | Olegowo | |||
Brandt | Lethenen | Uroschainoje | Sergitten | Mordowskoje | ||||
Duhnau | Barsukowka | Lichtenthal | Sielkeim | Wessjolowka | ||||
Eichenhorst | Lindenberg | Stenken | Lipowka | |||||
Eulenhaus | Louisenfelde | Rasino | Thiemsdorf | Asowskoje | ||||
Gaue | Mettkeim | Nowgorodskoje | Wachsnicken | Kurgany | ||||
Greiben | Michelau | Wolkowo | Wangen | |||||
Groß Hermeninken | Nautzken | Dobrino | Wanghusen | Gribojedowo | ||||
Groß Sittkeim | Neu Sielkeim | Ismailowskoje | Wilditten | Anetschkino | ||||
Haferhaus | Perkappen | Poltawskoje | Wulfshöfen | Zwetkowo | ||||
Hempelstube | Poduhren | Zandersdorf | Dmitrijewka | |||||
Kadgiehnen | Prudy | Rentengut | Lossewo | Zatten |
Pfarrer (1525–1945)
Von der Reformation bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges amtierten an der Kirche Kaymen als evangelische Geistliche:[13][14]
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Schule
Es gab in Kaymen ein Schulgebäude von 1886 und 1925 mit zwei Klassen. Hier wurden auch die Kinder aus Bothenen (heute russisch: Trostniki) und Wilditten (Anetschkino) unterrichtet. Letzter Schulhalter vor 1945 war Kantor Bruno Schmidt.
Das Schulgebäude brannte in den 1980er Jahren ab. An seinem Platz entstand ein Wohnhaus, dahinter die neue russische Schule.
Literatur
- Karl Emil Gebauer: Kunde des Samlandes oder Geschichte und topographisch-statistisches Bild der ostpreussichen Landschaft Samland. Königsberg 1844, S. 94–95..
- Robet Albinus: Königsberg Lexikon. Stadt und Umgebung. Lizenzausgabe, Würzburg, 2002, ISBN 3-88189-441-1.
- Notiz über eine alte höchst curiose Kirchthurmsfahne und eine hübsche Jungfrau Maria zu Caymen. In: Preußische Provinzial-Blätter. Band 25, Königsberg 1841, S. 84–89.
Weblinks
- Saretschje bankgorodov.ru (russisch)
Einzelnachweise
- ↑ Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Kaimen
- ↑ Geschichte von Dorf und Burg Kaymen bei ostpreussen.net
- ↑ Bauernkrieg in Ostpreußen 1525
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Kaimen
- ↑ Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Labiau
- ↑ Michael Rademacher, Deutsch-österreichisches Ortsbuch, Landkreis Labiau
- ↑ Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 254 vom 30. Juni 2008, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Kaimen (wie oben):
- ↑ Trostniki - Bothenen bei ostpreussen.net
- ↑ Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Kirche Kaimen
- ↑ Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad
- ↑ Patrick Plew, Ortsfamilienbuch Kaimen, 1647–1763, Labiau, Ostpreußen
- ↑ Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, S. 27.
- ↑ Kaymen in der Deutschen Nationalbibliothek