St. Gabriel (Schwerzenbach)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Mai 2015 um 21:12 Uhr durch Charly Bernasconi (Diskussion | Beiträge) (→‎Entstehungsgeschichte und Namensgebung: Mitgliederzahl aktualisiert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Haus zum Wiesenthal
Kapelle St. Gabriel

Das römisch-katholische kirchliche Zentrum St. Gabriel steht im historischen Ortskern von Schwerzenbach im Kanton Zürich. Es befindet sich im 1803 erstellten Haus zum Wiesenthal an der Dorfstrasse 9a.

Geschichte

Vorgeschichte und Namensgebung

Schwerzenbach, das im Mittelalter zur Herrschaft Greifensee gehörte und zusammen mit dieser im Jahr 1402 an Zürich überging, besass bereits im Mittelalter eine Kirche, welche an der gleichen Stelle erbaut war wie die heutige, in den Jahren 1812–1813 im klassizistischen Stil errichtete Reformierte Kirche Schwerzenbach. Laut der Legende des heiligen Einhard hatte es einen Schwerzenbacher Lokalheiligen gegeben, welcher bei der mittelalterlichen Kirche begraben gewesen sein soll. Während des Alten Zürichkriegs zerstörten die Schwyzer im Jahr 1444 die mittelalterliche Kirche, welche in den darauffolgenden Jahren wiederaufgebaut wurde. Das Recht den Pfarrer einzusetzen, die sogenannte Kollatur, stand bis ins Jahr 1834 dem Kloster Einsiedeln zu, obwohl die Gemeinde Schwerzenbach als Untertanengebiet von Zürich schon 1524 zum reformierten Glauben gewechselt hatte. Ab der Reformation in Zürich waren die katholischen Gottesdienste für Jahrhunderte auf Zürcher Gebiet verboten.

Als im Jahr 1807 in Zürich die Tagsatzung stattfand, kam es zum sogenannten Toleranzedikt, das erstmals wieder katholische Gottesdienste gestattete, allerdings örtlich beschränkt. Ab 1833 durften im Fraumünster Zürich katholische Gottesdienste gefeiert werden. 1842 wurde den in Zürich lebenden Katholiken die Augustinerkirche zur Verfügung gestellt. Als am 8. Juni 1873 die Zürcher Katholiken gegen das Unfehlbarkeitsdogma protestierten, traten sie mehrheitlich zur neu gegründeten christkatholischen Kirche über, wodurch die in der römisch-katholischen Kirche Verbliebenen eine neue Kirche bauen mussten. So entstand im Jahr 1874 die Kirche St. Peter und Paul in Zürich-Aussersihl, welche zur römisch-katholischen Mutterpfarrei von der Stadt und Region Zürich wurde, zu der auch Schwerzenbach gehört.[1] Von St. Peter und Paul Zürich-Aussersihl aus entstand die Pfarrei Herz Jesu Zürich-Oerlikon im Jahr 1894, von der die spätere Pfarrei Maria Frieden in Dübendorf gegründet wurde. Im Jahr 1897 fand in Dübendorf der erste katholische Gottesdienst seit der Reformation statt, zunächst im Tanzsaal des Restaurants Kreuz. 1902 erwarb die katholische Pfarrei eine an der Wilstrasse gelegene ehemalige Sennhütte, die 50 Jahre lang als Pfarrhaus und Notkapelle diente.[2] Die Kapelle wurde am 21. Dezember 1902 geweiht. Im Jahr 1904 wurde Dübendorf zum Pfarrrektorat und am 7. Dezember 1926 zur Pfarrei erhoben und von Herz Jesu Zürich-Oerlikon abgetrennt. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Einwohner- und Katholikenzahl weiter anstieg, wurde ein Neubau in Dübendorf nötig. Die Grundsteinlegung der Kirche fand am 27. August 1950 statt, und am 27. April 1952 weihte der Bischof von Chur Christian Caminada die Kirche zu Ehren Marias, der Königin des Friedens.

Entstehungsgeschichte und Namensgebung

Seit der Errichtung der Seelsorgestation in Dübendorf im Jahr 1902 wurden die Katholiken von Schwerzenbach wie auch diejenigen von Fällanden von Dübendorf aus betreut. Im Jahr 1971 erwarb die Kirchgemeinde Dübendorf die baufällige Liegenschaft Haus zum Wiesenthal, um auf dem Areal ein kirchliches Zentrum zu bauen. Der von der politischen Gemeinde Schwerzenbach bereits genehmigte Abriss des Hauses zum Wiesenthal wurde jedoch gerichtlich angefochten. Es folgte ein jahrzehntelanger Rechtsstreit, der 1997 mit dem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts endete, welches die Schutzwürdigkeit des Hauses zum Wiesenthal höher gewichtete als das Interesse der Kirchgemeinde an kirchlichen Räumlichkeiten. Somit stand das Haus zum Wiesenthal unter Baudenkmalschutz. Es folgte eine Sanierung des baufälligen Wohntraktes, sodass 1999–2000 drei Wohnungen und im Erdgeschoss Räume für kirchliche Veranstaltungen entstanden. Im historischen Keller des Wohntraktes wurde eine Kapelle für 30 Personen eingerichtet, welche dem Engel Gabriel benediziert wurde. Da der Engel Gabriel der Jungfrau Maria die Geburt Jesu ankündigte, wird durch die Widmung der Schwerzenbacher Kapelle an den Engel Gabriel ein indirekter Bezug zur Mutterpfarrei Dübendorf hergestellt, deren Pfarrkirche Maria Frieden der Gottesmutter geweiht ist.

Die Kirchgemeinde Dübendorf, zu der auch Schwerzenbach und Fällanden gehören, ist nach Winterthur und Uster mit 11'514 Mitgliedern (Stand 2014) die drittgrösste katholische Kirchgemeinde des Kantons Zürich.[3]

Baubeschreibung

Ansicht von Norden auf den Scheunentrakt

Von der Dorfstrasse etwas zurückgesetzt, befindet sich das Haus zum Wiesenthal in der Kernzone von Schwerzenbach, die im Inventar der kantonal geschützten Ortsbilder aufgeführt ist. Das Haus zum Wiesenthal ist ein Bohlenständerbau, dessen Konstruktion durch Ständer bestimmt wird, welche von der Schwelle bis zum Dach das tragende System des Gebäudes bilden. Dieser Bautyp herrscht im Schweizerischen Mittelland vor, im Gegensatz zum Blockbau in den Voralpen und Alpen sowie zum Fachwerkbau in der nördlichen Schweiz bis zur Region Winterthur. Das Haus zum Wiesenthal besitzt ein Giebeldach, das von Südwest nach Nordost verläuft. Der nördliche Teil des Hauses ist der Scheunentrakt, in dem die Bohlenständerkonstruktion gut sichtbar ist, der südliche Teil ist der Wohntrakt, dessen Fassaden im Südosten und Südwesten aus weiss verputzten Steinen besteht; die nordwestliche Fassade des Wohntraktes besteht aus Holz.

Wohntrakt mit Kapelle

Der Wohntrakt des Hauses zum Wiesenthal besitzt drei Wohnungen auf vier Etagen sowie im Erdgeschoss Räumlichkeiten, welche für pfarreiliche Zwecke verwendet werden. Im Untergeschoss wurde im historischen Keller eine Kapelle für 30 Personen eingerichtet. Die am 24. Juni 2000 benedizierte Kapelle St. Gabriel wurde 2007 durch Bildhauer Toni Walker aus Flüelen neu gestaltet. Er wählte für die geschnitzten Elemente sowie für das liturgische Mobiliar Eichenholz, um dem Raum einen warmen Charakter zu verleihen. Die tragenden Elemente von Volksaltar und Ambo sind aus Chromstahl. Der Tabernakel ist in einer historischen Wandnische eingelassen. Die Besonderheit des Kruzifix ist, dass Jesus schon nicht mehr der Leidende des Karfreitags ist, sondern bereits österlich verklärt seine Hand vom Kreuz nimmt und den Menschen entgegenstreckt. Durch diese Gestaltung entsteht ein direkter Bezug zur Eucharistiefeier, welche in dieser Kapelle gefeiert wird. Neben der Madonna prägt eine Gabrielsstatue aus Bronze den Raum. Alle diese Gegenstände wurden aufeinander abgestimmt gestaltet und prägen als Ensemble den Raum.

Scheunentrakt mit Kirchensaal

Scheunentrakt 2015 vor dem Umbau

Bereits der Kauf der Liegenschaft im Jahr 1971 hatte das Ziel gehabt, in Schwerzenbach ein kirchliches Zentrum zu realisieren. Aufgrund des langwierigen Rechtsstreits und der Unterschutzstellung des Hauses zum Wiesenthal war die Realisierung des benötigten kirchlichen Zentrums während Jahrzehnten verunmöglicht. Erst nach der Sanierung des Wohntraktes konnte das Bauvorhaben unter Berücksichtigung der neuen Rahmenbedingungen angegangen werden. Hierzu wurde 2011 ein Gestaltungsplan des Areals ausgearbeitet. Im Jahr 2012 erfolgte ein Architekturwettbewerb. Nach weiteren Abklärungen und Verhandlungen mit dem Baudenkmalschutz und der politischen Gemeinde Schwerzenbach bewilligte am 3. Februar 2015 die Kirchgemeindeversammlung Dübendorf den Ausbau des Scheunentraktes zu einem kirchlichen Zentrum. Im Erdgeschoss des Scheunentrakts entsteht ein Foyer samt Küche, im ersten Obergeschoss werden Unterrichts- und Sitzungsräume eingebaut und vom zweiten Obergeschoss bis zum Dachfirst einsteht auf drei Etagen ein Kirchensaal, der auch für profane Veranstaltungen Verwendung findet.

Literatur

  • Bischöfliches Ordinariat Chur (Hrsg.): Schematismus des Bistums Chur. Chur 1980.

Weblinks

Commons: Sankt Gabriel Schwerzenbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Josef Hürlimann: Chilebuech Wangen-Brüttisellen. S. 169.
  2. Alois Ender, in: Katholische Pfarrei Dübendorf. 1977, S. 27.
  3. Katholische Kirche im Kanton Zürich. Jahresbericht 2014. S. 78.

Koordinaten: 47° 22′ 53,08″ N, 8° 39′ 3,84″ O; CH1903: 691555 / 248549