Walter Hasenclever
Walter Hasenclever (* 8. Juli 1890 in Aachen; † 21. Juni 1940 in Les Milles bei Aix-en-Provence) war ein expressionistischer deutscher Schriftsteller.
Biografie
Hasenclever wurde 1890 als Sohn des Mediziners Carl Georg Hasenclever (1855–1934) und dessen Frau Mathilde Anna, geb. Reiss (1869–1953) sowie als Enkel des Landrates Georg Hasenclever in Aachen geboren. Nach seinem Abitur am Aachener Einhard-Gymnasium begann er 1908 ein Jurastudium in Oxford, wechselte dann aber nach Lausanne. Während seines Studiums in Leipzig (1909 bis 1914) wurde sein Interesse an Literatur und Philosophie geweckt. 1910 erschien sein erster Gedichtband Städte, Nächte und Menschen. 1914 gelang ihm mit dem Stück Der Sohn das erste große Werk des expressionistischen Dramas.
Seine Kriegsbegeisterung, die ihn zur freiwilligen Meldung zum Kriegsdienst bewog, wandelte sich bald in eine Ablehnung des Krieges. Er simulierte ein psychisches Leiden und wurde daraufhin 1917 aus dem Kriegsdienst entlassen. Im selben Jahr erhielt er den Kleist-Preis für seine leidenschaftliche Adaption des Antigone-Stoffes von Sophokles.
1924 lernte er Kurt Tucholsky kennen. Mit großem Erfolg veröffentlichte er 1926 die Komödie Ein besserer Herr und 1928 die Komödie Ehen werden im Himmel geschlossen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden seine Werke verboten und nach der Bücherverbrennung aus den Bibliotheken entfernt. Hasenclever ging daraufhin ins Exil nach Nizza. 1934 heiratete er dort Edith Schäfer. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er als „feindlicher Ausländer“ in Frankreich zweimal (u.a. im Fort Carré in Antibes) interniert. Nach der Niederlage Frankreichs nahm er sich in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 1940 im Internierungslager Les Milles bei Aix-en-Provence mit einer Überdosis Veronal das Leben, um nicht den Nazis in die Hände zu fallen.
Hasenclevers Nachlass liegt im Deutschen Literaturarchiv Marbach. Das Manuskript zu Die Menschen ist im Literaturmuseum der Moderne in Marbach in der Dauerausstellung zu sehen.
Ehrungen
- Die Walter-Hasenclever-Gesellschaft wurde 1996 in Aachen gegründet. Seitdem wird von ihr alle zwei Jahre der Walter-Hasenclever-Literaturpreis verliehen.
- In Berlin-Wilmersdorf erinnert eine Gedenktafel an ihn und seinen Wohnsitz von 1930 bis 1932.
- Die Hasencleverstraße in Bremen-Obervieland, Ortsteil Habenhausen, und die Hasencleverstraße im Hamburger Stadtteil Horn wurden nach ihm benannt.
Werke
- Nirwana. Eine Kritik des Lebens in Dramaform, 1909
- Städte, Nächte, Menschen (Gedichte), 1910
- Das unendliche Gepräch. Eine nächtliche Szene („Der jüngste Tag“, Band 2), 1913
- Der Jüngling (Gedichte), 1913
- Der Retter (Dramatische Dichtung), 1916
- Der Sohn (Drama), 1914
- Tod und Auferstehung (Gedichte), 1917
- Antigone (Tragödie), 1917
- Die Menschen (Schauspiel), 1918
- Die Entscheidung (Komödie), 1919; Digitalisat
- Der politische Dichter (Gedichte und Prosa), 1919
- Die Mörder sitzen in der Oper, 1917
- Antigone, 1917
- Die Pest (Film), 1920 (der erste gedruckte Filmtext)
- Jenseits (Drama), 1920; Digitalisat
- Gedichte an Frauen, 1922
- Gobseck (Drama), 1922; Digitalisat
- Mord (Drama), 1926
- Ein besserer Herr (Lustspiel), 1926
- Ehen werden im Himmel geschlossen (Drama), 1928
- Christoph Kolumbus oder die Entdeckung Amerikas (Komödie), zusammen mit Kurt Tucholsky, 1932; 1969 von Helmut Käutner für den Hessischen Rundfunk verfilmt[3]
- Münchhausen (Schauspiel), 1934
- Konflikt in Assyrien (Komödie), 1938/39
- Gedichte, Dramen, Prosa (aus dem Nachlass herausgegeben von Kurt Pinthus), 1963.
- Irrtum und Leidenschaft (herausgegeben von Kurt Pinthus), 1969.
Literatur
- Horst Denkler: Walter Hasenclever (1890–1940). In: Bernhard Poll (Hrsg.): Rheinische Lebensbilder, Band 4. Rheinland Verlag, Köln 1970, S. 251–272.
- J. L. Styan: Max Reinhardt. 1982.
- Sabina Becker, Dirk Baldes (Hrsg.): Kurt Tucholsky. Gesamtausgabe. Band 19: Briefe 1928–1932. Rowohlt-Verlag, Reinbek 2005, ISBN 3-498-06548-3.
- Miriam Raggam: Walter Hasenclever. Leben und Werk. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 1973, ISBN 3-8067-0197-0.
- Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-03962-7, S. 82 f.
- Bernhard Zeller: Hasenclever, Walter Georg Alexander. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 29 f. (Digitalisat).
- Marlen Mertens, Vatersuche und Vatermord. Der Vater-Sohn-Konflikt am Beispiel von Walter Hasenclevers Der Sohn und Arnolt Bronnens Vatermord. Phil. Diss. Hannover 2014.
- Hörspielbearbeitungen
- 1992: Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas, Regie: Gottfried von Einem mit Kurt Ackermann, Maud Ackermann, Matthias Fuchs, Gert Haucke, Ben Becker, Hans Paetsch, Ilja Richter u. a., Radio Bremen
- 1992: Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas, Bearbeitung: Heidemarie Böwe, Musik: Mario Peters, Regie: Walter Niklaus mit Eberhard Esche, Annekathrin Bürger, Hans-Joachim Hegewald, Otto Mellies, Martin Seifert, Rolf Hoppe u. a., MDR
Fußnoten
- ↑ Spielplatzangabe aus J. L. Styan: Max Reinhardt. 1982.
- ↑ Jürgen Egyptien (Hrsg.): Literatur in der Moderne, Jahrbuch der Walter-Hasenclever-Gesellschaft, Band 7 (2010/2011), S. 140.
- ↑ IMDB
Ikonographie
Charles Crodel: Kopf Hasenclever, 1920 Lithographie (Werkverzeichnis Nr. 78)
Weblinks
- Literatur von und über Walter Hasenclever im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Walter Hasenclever in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Walter Hasenclever bei IMDb
- Homepage der Walter-Hasenclever-Gesellschaft
- Vita Walter Hasenclever bei "Wege gegen das Vergessen"
Personendaten | |
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NAME | Hasenclever, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher expressionistischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 8. Juli 1890 |
GEBURTSORT | Aachen |
STERBEDATUM | 21. Juni 1940 |
STERBEORT | Les Milles bei Aix-en-Provence |